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Narzisstische Störung

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
107 Seiten
Deutsch
Hogrefe Verlag GmbH & Co. KGerschienen am11.09.20231. Auflage 2023
Narzisstische Patient:innen sind bei Therapeut:innen nicht nur unbeliebt, sondern sehen sich häufig auch mit einem unzureichend auf ihre Störung ausgerichteten Therapieangebot konfrontiert. Nicht selten kommt es zu einem schwierigen Therapieverlauf oder gar einem frühzeitigen Therapieabbruch. Dabei kann gerade die Arbeit mit diesen schwierigen Patient:innen nicht nur erfolgreich, sondern auch interessant und befriedigend sein, wenn Therapeut:innen über das notwendige Wissen und die praktischen Kompetenzen im Umgang mit ihnen verfügen. Der Band bringt die wesentlichen Aspekte der Therapie auf den Punkt und gibt Antworten auf die häufigsten Fragen und Probleme. Zum tieferen Verständnis der narzisstischen Erlebnis- und Verhaltensweisen werden zunächst zentrale Aspekte der narzisstischen Selbstwertregulation erläutert, welche von grundlegender Bedeutung für die therapeutischen Interventionen sind. Da viele Therapieversuche an der schwierigen Beziehungsgestaltung mit den Patient:innen scheitern, vermittelt das Buch spezifische Beziehungskonzepte, die einerseits die Bereitschaft der Patient:innen zur Zusammenarbeit unterstützen sollen, andererseits aber auch der direkten Bearbeitung ihres narzisstischen Konfliktes in der therapeutischen Beziehung dienen. Weiterhin stellt der Band spezifische Techniken vor, wie z.B. die Arbeit an dysfunktionalen Schemata, die Analyse und Bearbeitung interaktioneller Konflikte, das Training von Empathie und kommunikativen Fertigkeiten sowie den Aufbau prosozialer Verhaltensweisen. Schließlich wird die Arbeit an dem häufig vorhandenen Gefühl der inneren Leere und Sinnlosigkeit thematisiert, dem mit Ansätzen der existenziellen Psychotherapie begegnet werden kann.mehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR19,95
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR16,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR16,99

Produkt

KlappentextNarzisstische Patient:innen sind bei Therapeut:innen nicht nur unbeliebt, sondern sehen sich häufig auch mit einem unzureichend auf ihre Störung ausgerichteten Therapieangebot konfrontiert. Nicht selten kommt es zu einem schwierigen Therapieverlauf oder gar einem frühzeitigen Therapieabbruch. Dabei kann gerade die Arbeit mit diesen schwierigen Patient:innen nicht nur erfolgreich, sondern auch interessant und befriedigend sein, wenn Therapeut:innen über das notwendige Wissen und die praktischen Kompetenzen im Umgang mit ihnen verfügen. Der Band bringt die wesentlichen Aspekte der Therapie auf den Punkt und gibt Antworten auf die häufigsten Fragen und Probleme. Zum tieferen Verständnis der narzisstischen Erlebnis- und Verhaltensweisen werden zunächst zentrale Aspekte der narzisstischen Selbstwertregulation erläutert, welche von grundlegender Bedeutung für die therapeutischen Interventionen sind. Da viele Therapieversuche an der schwierigen Beziehungsgestaltung mit den Patient:innen scheitern, vermittelt das Buch spezifische Beziehungskonzepte, die einerseits die Bereitschaft der Patient:innen zur Zusammenarbeit unterstützen sollen, andererseits aber auch der direkten Bearbeitung ihres narzisstischen Konfliktes in der therapeutischen Beziehung dienen. Weiterhin stellt der Band spezifische Techniken vor, wie z.B. die Arbeit an dysfunktionalen Schemata, die Analyse und Bearbeitung interaktioneller Konflikte, das Training von Empathie und kommunikativen Fertigkeiten sowie den Aufbau prosozialer Verhaltensweisen. Schließlich wird die Arbeit an dem häufig vorhandenen Gefühl der inneren Leere und Sinnlosigkeit thematisiert, dem mit Ansätzen der existenziellen Psychotherapie begegnet werden kann.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783844432060
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum11.09.2023
Auflage1. Auflage 2023
Reihen-Nr.90
Seiten107 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3592 Kbytes
Artikel-Nr.12528700
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


2  Störungstheorien und Entstehungsmodelle

Zu den Entstehungsfaktoren von Persönlichkeitseigenschaften wie auch Persönlichkeitsstörungen werden zum einen entwicklungspsychologische Bedingungen, soziale Verstärkungsmechanismen und Umweltfaktoren gerechnet und zum anderen konstitutionelle, d.âh. genetische Eigenschaften, welche sich insbesondere in den Temperamentsunterschieden zeigen. Das Zusammenspiel dieser Faktoren führt dann zu der individuellen Ausprägung der Persönlichkeit, welche durch Instrumente wie dem NEO-PI-R (Big Five) erfasst werden kann (Borkenau & Ostendorf, 2008). Man spricht diesbezüglich von einem biopsychosozialen Modell.

Der Stand der Forschung zur Entstehung der NPS ist rudimentär, da ein entsprechendes prospektives Studiendesign sehr aufwändig ist. Insofern nimmt es kein Wunder, dass es bis dato keine einzige prospektive Studie zur NPS gibt, welche insbesondere den Einfluss von Erziehung und frühen Bindungserfahrungen untersucht hätte.

Die wenigen prospektiven Studien seitens der Sozialpsychologie, welche sich mit der Frage nach psychosozialen Einflussfaktoren auf narzisstische Persönlichkeitseigenschaften beschäftigen, beziehen sich ausschließlich auf gesunde Personen. Die Ergebnisse dieser Studien dürfen aber nicht ohne Weiteres auf Patient:innen mit einer NPS angewendet werden, sodass hier viele Fragen offenbleiben. Es erscheint nach heutigem Wissensstand eher wahrscheinlich, dass es Unterschiede bezüglich der Entstehungsbedingungen narzisstischer Persönlichkeitseigenschaften bei gesunden Menschen und bei narzisstischen Patient:innen gibt. Die Theorien zur Entstehung der NPS |25|beruhen bislang alleinig auf einer retrospektiven Betrachtung der problematischen Beziehungserfahrungen in der Lerngeschichte in Form von Einzelfallberichten.
2.1  Neurobiologie

Der konsistenteste Befund zur Entstehung der NPS kommt aus genetischen Untersuchungen. Zwillingsstudien ergaben eine Erblichkeit von ca. 50 bis 70â%, womit die NPS eine der höchsten genetische Komponenten von allen Persönlichkeitsstörungen aufweist (Torgersen, 2021).

Was genau sich hinter dieser genetischen Komponente verbirgt, ist jedoch noch nicht geklärt. Man kann allenfalls z.âB. über eine besondere Sensitivität des dopaminergen Belohnungssystems und dadurch auf Temperamentsfaktoren (z.âB. Extravertiertheit, Offenheit für neue Reize) und andere neurobiologische Veränderungen spekulieren.

Sehr wenige Studien haben sich bislang mit hirnmorphologischen Auffälligkeiten bei narzisstischen Patient:innen beschäftigt. Zusammenfassend konnten strukturelle Defizite in der Insula, in den rechten präfrontalen und den bilateral medial-präfrontalen Hirnregionen der grauen Substanz gefunden werden (Röpke & Nadic, 2021). Da die anteriore Region in der Insula für das Erleben von Empathie notwendig ist, ist das Ergebnis einer Studie an Patient:innen mit einer NPS von besonderem Interesse, welche eine Korrelation zwischen deren Empathievermögen und strukturellen Defiziten in dieser Region fand. Hierzu passend ist der Befund, dass die Hirnaktivierung während einer Aufgabe zum Empathievermögen eine verminderte Aktivierung in der rechten vorderen Inselrinde bei gesunden Proband:innen mit hohen Narzissmus-Werten zeigt. Dieser Befund passt zu dem Ergebnis einer anderen Studie (Röpke & Vater, 2014), welche zeigt, dass Patient:innen mit einer NPS die Gefühle, Gedanken und Absichten anderer gut einschätzen können (kognitive Empathie), jedoch über weniger Mitgefühl verfügen (emotionale Empathie).
2.2  Soziale Einflussfaktoren

Gemäß dem biopsychosozialen Modell stellt sich beim Narzissmus die Frage nach sozialen Einflussfaktoren. Hier wird insbesondere häufig diskutiert, ob gerade die moderne westliche Gesellschaft, welche im Gegensatz zu asiatischen Gesellschaften einen großen Wert auf Individualität legt, mit einer Zunahme an narzisstischen Eigenschaften einhergeht bzw. diese bewirkt. Auch wenn in den Augen der Öffentlichkeit kein Zweifel daran besteht, dass der |26|Narzissmus in den letzten Dekaden deutlich zugenommen hat, so sprechen jedoch die Ergebnisse der Wissenschaft nicht zwingend dafür.

Während initiale metaanalytische Studien eine Zunahme an narzisstischen Persönlichkeitseigenschaften, gemessen mit dem NPI, in der Normalbevölkerung fanden, verschwand dieser Effekt bei erneuten metaanalytischen Untersuchungen, welche die initialen Datensätze mit Daten neuerer Studien ergänzten (Wetzel et al., 2017). Auch kann ein Anstieg der Werte auf dem NPI über die letzten Dekaden auch positive Ursachen haben, da er zeitlich mit der weiblichen Emanzipation korreliert. Der öffentliche Eindruck, dass Narzissmus in einer bedenklichen Art und Weise zugenommen hat, mag u.âa. daran liegen, dass histrionische Verhaltensweisen (im Mittelpunkt stehen, Aufmerksamkeit erregen, oberflächliche Affekte etc.), welche gerade durch die modernen Medien stark zugenommen haben, fälschlicherweise als narzisstisch bezeichnet werden. Außerdem darf man kontextgebundene Verhaltensweisen (z.âB. in sozialen Medien) nicht mit stabilen Persönlichkeitseigenschaften gleichsetzen. Dennoch konnte eine Studie ausgeprägtere grandiose narzisstische Persönlichkeitseigenschaften in der westdeutschen Bevölkerung im Vergleich zur ehemals ostdeutschen Bevölkerung feststellen (Vater, Moritz & Röpke, 2018). Ein Unterschied, welcher jedoch für die ostdeutsche Bevölkerung, die nach der Wende zur Schule gingen, nicht mehr feststellbar war.



Merke

Es gibt keine Studie, welche eine Zunahme der NPS über die letzten Dekaden untersucht hat und daher die Zunahme hätte bestätigen können. Die Behauptung, dass narzisstische Persönlichkeitseigenschaften in der modernen Gesellschaft zugenommen haben, muss anhand neuerer Studien zumindest infrage gestellt werden.


2.3  Psychologische Erklärungsmodelle

Wie bei anderen Persönlichkeitsstörungen auch, stellt sich die Frage nach den prägenden Einflüssen in der Lerngeschichte, insbesondere dem Einfluss der Eltern bzw. anderer früher Bezugspersonen, welcher zur Entstehung sogenannter maladaptiver Schemata und entsprechender Bewältigungsstrategien führen. Unter dem Schemabegriff werden hierbei grundlegende Organisationseinheiten psychischer Prozesse verstanden, die größtenteils automatisch und emotionsgesteuert stattfinden.

Im Wesentlichen gibt es zwei psychologische Erklärungsmodelle zum Narzissmus, welche offenkundig auch die unterschiedlichen Entwicklungsbedin|27|gungen für die Ausprägung narzisstischer Persönlichkeitseigenschaften bei gesunden Personen einerseits und Patient:innen mit einer NPS andererseits widerspiegeln.
2.3.1  Empathiearme, invalidierende, vernachlässigende Eltern
Aus dem klinisch-therapeutischen Bereich, welcher sich eher mit schwerer narzisstisch gestörten Patient:innen beschäftigt, kommt die Hypothese, dass empathiearme, invalidierende und vernachlässigende Eltern, welche ihrem Kind nur Aufmerksamkeit für besondere Leistungen bzw. Eigenschaften geben, die Entwicklung narzisstischer Eigenschaften fördern. Die fehlende unkonditionale Liebe und geringe Aufmerksamkeit, verbunden mit Kritik und Abwertung, rufen Emotionen wie Scham, Einsamkeit und Traurigkeit hervor, welche zusammen mit negativen Grundannahmen (z.âB. Ich bin nicht liebenswert ) zur Entwicklung eines vulnerablen Selbst beitragen. Einen besonders großen Einfluss auf die Entwicklung eines vulnerablen Selbst haben überdies verbale, emotionale und physische Missbrauchserfahrungen durch die Eltern bzw. nahe Bezugspersonen.

Das Kind versucht das hierdurch bedingte niedrige Selbstwertgefühl zu kompensieren, indem es sich auf anderen Wegen die Aufmerksamkeit und Bewunderung der Eltern zu sichern versucht. Hierzu gehören Leistungen, Erfolge, besondere Eigenschaften und Fähigkeiten, was in einem grandiosen Selbst mündet. Letztlich handelt es sich hierbei aber um eine Ersatzbefriedigung, denn auf diese Art und Weise kann das Kind zwar die Aufmerksamkeit und Bewunderung der Eltern binden, jedoch nicht deren unkonditionale Liebe und Wertschätzung erhalten. Die Beachtung und Bewunderung sind kontingent, was in einem instabilen Selbstwertgefühl seinen Ausdruck...

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