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Das verborgene Genie

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Kiepenheuer & Witsch GmbHerschienen am07.03.2024
Marie Benedict widmet sich einer weiteren klugen Frau, die die Weltgeschichte entscheidend geprägt hat und deren Namen wir dennoch nicht kennen. Rosalind Franklin fand nach jahrelanger Forschung die Doppelhelixstruktur unserer DNA, doch für diesen Coup geehrt wurden fälschlicherweise drei Männer. Rosalind Franklin war schon immer eine Außenseiterin - brillant, aber anders. Sie fühlt sich der Wissenschaft am nächsten, den unveränderlichen Gesetzen der Physik und Chemie, die ihre Experimente leiten. Sie wird beauftragt, das Geheimnis unserer DNA zu entschlüsseln. Rosalind weiß, dass, wenn sie nur eine weitere Röntgenaufnahme macht - eine weitere nach Tausenden -, sie die Bausteine des Lebens enträtseln kann. Nie wieder wird sie sich die Beschwerden ihrer Kollegen anhören müssen, insbesondere die von Maurice Wilkins, der lieber mit James Watson und Francis Crick über Genetik konspiriert, als mit ihr zusammenzuarbeiten. Dann ist es endlich so weit - die Doppelhelixstruktur der DNA offenbart sich ihr in vollkommener Klarheit. Doch was dann folgt, hätte Rosalind niemals vorhersehen können.

Marie Benedict, geboren 1973, studierte am Boston College Geschichte und Kunstgeschichte und an der Boston University School of Law. Ihre Bücher über starke Frauen der Weltgeschichte haben Bestsellerstatus. Ihr Roman »Frau Einstein« verkaufte sich über 100.000 Mal allein in Deutschland. Sie ist Anwältin und lebt mit ihrer Familie in Pittsburgh.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR17,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR13,99

Produkt

KlappentextMarie Benedict widmet sich einer weiteren klugen Frau, die die Weltgeschichte entscheidend geprägt hat und deren Namen wir dennoch nicht kennen. Rosalind Franklin fand nach jahrelanger Forschung die Doppelhelixstruktur unserer DNA, doch für diesen Coup geehrt wurden fälschlicherweise drei Männer. Rosalind Franklin war schon immer eine Außenseiterin - brillant, aber anders. Sie fühlt sich der Wissenschaft am nächsten, den unveränderlichen Gesetzen der Physik und Chemie, die ihre Experimente leiten. Sie wird beauftragt, das Geheimnis unserer DNA zu entschlüsseln. Rosalind weiß, dass, wenn sie nur eine weitere Röntgenaufnahme macht - eine weitere nach Tausenden -, sie die Bausteine des Lebens enträtseln kann. Nie wieder wird sie sich die Beschwerden ihrer Kollegen anhören müssen, insbesondere die von Maurice Wilkins, der lieber mit James Watson und Francis Crick über Genetik konspiriert, als mit ihr zusammenzuarbeiten. Dann ist es endlich so weit - die Doppelhelixstruktur der DNA offenbart sich ihr in vollkommener Klarheit. Doch was dann folgt, hätte Rosalind niemals vorhersehen können.

Marie Benedict, geboren 1973, studierte am Boston College Geschichte und Kunstgeschichte und an der Boston University School of Law. Ihre Bücher über starke Frauen der Weltgeschichte haben Bestsellerstatus. Ihr Roman »Frau Einstein« verkaufte sich über 100.000 Mal allein in Deutschland. Sie ist Anwältin und lebt mit ihrer Familie in Pittsburgh.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783462310252
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum07.03.2024
SpracheDeutsch
Dateigrösse2388 Kbytes
Artikel-Nr.12531327
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Teil 1
Kapitel 1


3. Februar 1947

Paris


Ein dünner Nebel hängt über der Seine in der frühen Morgenluft. Seltsam, denke ich, diese blaugrünliche Färbung. Ganz anders als der gelbe Dunst über der trüben Themse daheim in London. Könnte es sein, dass der Dunstschleier - der ja leichter ist als Nebel, eine geringere Dichte hat, weil er weniger Wassermoleküle enthält - vielleicht das klarere Wasser der Seine reflektiert? Staunend betrachte ich das Zusammentreffen von Himmel und Wasser, in dem die Türme von Notre-Dame zwischen dünnen Wolkenfetzen herausragen, auch im Winter ein atemberaubendes Schauspiel. Das Himmelreich berührt die Erde, würde Papa sagen, aber ich glaube an die Wissenschaft, nicht an Gott.

Ich schüttle die Gedanken an meine Familie ab und versuche, mich ganz dem Spaziergang von meiner Wohnung im sechsten hinunter ins vierte Arrondissement hinzugeben. Je weiter ich komme, desto spärlicher gesät sind die Cafés an der Rive Gauche mit ihren Tischen auf den Gehsteigen, die selbst an einem frühen Februarmorgen gut besucht sind, und als ich den Fluss schließlich überquere, gelange ich in die geordnete, elegante Welt der Rive Droite. So unterschiedlich sich die beiden Arrondissements auch geben, tragen sie beide doch noch immer Narben aus dem Krieg, viele Gebäude sind beschädigt, die Bewohner noch immer auf der Hut. Bei uns ist es nicht anders, auch wenn in Paris offenbar die Menschen mehr von der Wucht des Krieges abbekommen haben als die Häuser; vielleicht sitzt ihnen ja auch immer noch das Schreckgespenst der Nazibesatzung im Nacken.

Eine unerhörte, verstörende Frage kommt mir in den Sinn, eine Frage, die sich wohl kaum wissenschaftlich ergründen lässt. Als die Nazis unschuldige Franzosen und unbescholtene Juden erschossen - schlugen da möglicherweise Moleküle der deutschen Soldaten über die Gewehrkugeln durch die Opfer hindurch? Ist Paris vielleicht nicht nur von physischen Überresten des Krieges gezeichnet, sondern zugleich durchsetzt von mikroskopisch kleinen wissenschaftlichen Relikten der Feinde und Opfer, auf eine Weise miteinander verschmolzen, die bei den Nazis pures Entsetzen hervorrufen würde? Würden sich die Überreste von Deutschen und Juden bei näherer Betrachtung am Ende gar als identisch erweisen?

Diese Art der Fragestellung hatte der französische Physiker Jean Perrin wohl kaum vor Augen, als er 1926 für den Nachweis der Existenz von Molekülen mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Unvorstellbar, denke ich kopfschüttelnd, dass noch vor zwanzig Jahren umstritten war, ob es das Subuniversum, das heute meine gesamte Arbeit ausmacht, überhaupt gibt.

Als ich mich dem Laboratoire Central des Services Chimiques nähere, bleibe ich stehen. Ich bin verwirrt. Das soll das ehrwürdige Chemie-Institut sein? Das Gebäude hat zwar durchaus Patina, aber die Ehrbarkeit und Erhabenheit, die ich von einer Institution erwartet hätte, in der eine derart herausragende innovative Forschung betrieben wird, strahlt es nicht gerade aus. Das hier könnte genauso gut ein x-beliebiges Regierungsgebäude irgendwo auf der Welt sein. Als ich die Stufen zum Haupteingang hinaufsteige, kann ich förmlich hören, wie Papa an meiner Entscheidung herummäkelt: Deine harte Arbeit und dein Engagement für die Wissenschaft sind ja lobenswert, hatte er gemeint, aber warum musst du ausgerechnet nach Paris gehen, warum ausgerechnet in eine Stadt, die noch immer mit den Folgen der Besatzung und der schrecklichen Verluste zu kämpfen hat? Warum ausgerechnet in eine Stadt, in der die Nazis - das Wort auszusprechen, hatte ihn sichtlich Mühe gekostet - geherrscht und überall Spuren ihres Grauens hinterlassen haben? Es verlangt mir einiges ab, Papa wieder aus meinen Gedanken zu verscheuchen.

»Bonjour«, begrüße ich die Empfangsdame. »Je m´appelle Rosalind Franklin, et j´ai un rendez-vous.«

In meinen Ohren klingt meine Stimme rau und mein Französisch gestelzt. Aber die adrett gekleidete junge Frau - mit knallroten Lippen und einem breiten Ledergürtel um die schmale Taille - antwortet ungezwungen und freundlich lächelnd. »Ah, bienvenue! Monsieur Mathieu vous attend.«

»Monsieur Mathieu persönlich erwartet mich?«, platze ich heraus, ohne daran zu denken, dass ich mich besser kurz zügeln sollte, bevor ich etwas sage. Ohne dieses kurze Innehalten und das sorgfältige Abwägen meiner Worte werde ich nämlich schnell als brüsk wahrgenommen, in einer etwas hitzigeren Stimmung sogar als angriffslustig. Vermutlich ein Relikt aus meiner Kindheit und Jugend - die ich bei Eltern verbrachte, die nicht nur die Söhne, sondern immer auch ihre Tochter ermutigten, sich am Gespräch zu beteiligen und mitzudiskutieren, und einem Vater, der beides perfekt beherrschte.

»Genau der, Monsieur Mathieu persönlich!«, ruft eine Stimme vom anderen Ende der Lobby, und als ich hinüberblicke, sehe ich eine vertraute Gestalt mit ausgestreckter Hand auf mich zukommen. »Ich will doch unseren neuesten chercheur angemessen begrüßen! Herzlich willkommen in Paris!«

»Welch unerwartete Ehre, Monsieur«, antworte ich dem leitenden Wissenschaftler des Verteidigungsministeriums, der an einem Großteil der staatlichen wissenschaftlichen Forschung des Landes beteiligt ist, und finde, dass mein Titel - chercheur, Forscher beziehungsweise Forscherin in meinem Fall - aus dem Mund eines französischen Muttersprachlers ganz wundervoll klingt. Richtig exotisch, wenn auch auf dem Papier nicht ganz so hochtrabend wie meine frühere Funktion als Forschungsassistentin bei der British Coal Utilisation Research Association (die wir unter uns nur BCURA nannten). »Ich habe nicht damit gerechnet, Ihnen schon am ersten Tag zu begegnen.«

»Immerhin sind Sie ein Protegé meiner teuren Freundin Madame Adrienne Weill, und deren Zorn möchte ich bestimmt nicht auf mich ziehen«, sagt er grinsend, und ich muss lächeln über diesen so überraschend schelmischen Gentleman, der für sein wissenschaftliches Talent genauso bekannt ist wie für seinen Untergrundeinsatz bei der Résistance während des Krieges. Meine Freundschaft mit der französischen Wissenschaftlerin Adrienne, die ich während meiner Jahre in Cambridge kennengelernt hatte, hatte mir schon viele unerwartete Vorteile eingebracht, nicht zuletzt die Bekanntschaft mit Monsieur Mathieu - gerade dann, als ich es am dringendsten brauchte.

»Sie und Madame Weill haben schon so viel für mich getan«, antworte ich in Gedanken an all die Gefallen, die mir Adrienne im Laufe der Jahre erwiesen hat. »Sie haben mir diese Stelle vermittelt und Adrienne hat eine Wohnung für mich gefunden.«

»Ein außerordentlicher Geist verdient eben außerordentlich viel Aufmerksamkeit.« Das Grinsen ist verschwunden, sein Gesicht ist ernst. »Nachdem ich Ihre Präsentation an der Royal Institution in London gesehen hatte und wie Sie darin so mühelos Ordnung in das ungeordnete Reich der Kohle brachten - und als Sie dann auch noch so elegant die Messungen der Röntgenspektren dieses anderen Redners korrigierten -, da musste ich Ihnen einfach eine Stelle anbieten. Wie könnten wir uns die Gelegenheit entgehen lassen, uns einen chercheur mit einem derart mühelosen Verständnis für trous dans le charbon ins Haus zu holen?« Er hält kurz inne, dann erstrahlt sein Lächeln erneut und er sagt: »Oder Löcher in Kohle, wie Sie es nannten.«

Zu meiner Erleichterung lacht er herzhaft über meine englische Formulierung »Löcher in Kohle« und über die Erinnerung an meinen Vortrag. Denn als ich damals während der Konferenz der Royal Institution aufgestanden war, um auf die Fehler in den Daten des anderen Referenten hinzuweisen, war das nicht bei jedem auf Begeisterung gestoßen. Zwei der Wissenschaftler im Publikum hatten mich sogar aufgefordert, mich wieder zu setzen - »Eine Frau sollte wissen, wo sie hingehört«, hatte der eine gerufen -, und ich sah die Bestürzung in den Gesichtern einiger anderer. Bestürzung wohlgemerkt nicht über die Ausfälligkeit der beiden Wissenschaftler, sondern über meine Dreistigkeit, einen männlichen Kollegen zu korrigieren.

Wir müssen beide lachen, dann lobt er meine Forschung über die Mikrostruktur von Kohle. Es stimmt zwar, dass ich meine eigenen Versuchsmethoden angewandt und unübliche Messungen durchgeführt habe - nämlich mittels Helium -, aber ich würde nicht behaupten, dass das Arbeitsgebiet Kohle dadurch vollständig entschlüsselt ist.

»Sie wissen, dass ich meine Methoden auch auf andere Bereiche anwenden kann?«, frage ich und denke dabei, wie überrascht meine Familie wäre, würde sie mich so spielerisch und scherzhaft auf Französisch parlieren hören. So ein leichtfüßiger Small Talk fällt mir im Französischen fast leichter als im Englischen, wo ich mich manchmal etwas ungeschickt anstelle - nämlich entweder zu schüchtern oder zu unverblümt. Als würde mir die französische Sprache Mut machen und zugleich meine scharfen Kanten schleifen.

»Genau darauf zählen wir«, sagt er. Unser Lachen ist verstummt, er aber lächelt noch immer. »Wobei Sie wahrscheinlich bald schon merken werden, dass eine gute Wohnung im Nachkriegsfrankreich schwerer zu ergattern ist als eine ordentliche Stelle als Wissenschaftler. Sie werden...
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Marie Benedict, geboren 1973, studierte am Boston College Geschichte und Kunstgeschichte und an der Boston University School of Law. Ihre Bücher über starke Frauen der Weltgeschichte haben Bestsellerstatus. Ihr Roman »Frau Einstein« verkaufte sich über 100.000 Mal allein in Deutschland. Sie ist Anwältin und lebt mit ihrer Familie in Pittsburgh.Kristin Lohmann, geboren 1971 in München, übersetzt zeitgenössische literarische Texte aus dem Englischen, Spanischen, Französischen und Katalanischen - hauptsächlich Romane für Erwachsene und Jugendliche, Essays sowie Sachbücher aus den Bereichen Politik, Gesellschaft, Feminismus, Kultur und Geschichte. Für ihre Arbeit wurde sie mehrfach ausgezeichnet, u.a. zweimal durch den Übersetzerpreis der Spanischen Botschaft in Berlin sowie durch mehrere Stipendien. Wenn sie nicht gerade einen neuen Ort erkundet, lebt und arbeitet sie in München.