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Die Champs-Élysées

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Insel Verlag GmbHerschienen am10.03.2024Originalausgabe
In diesem reich illustrierten Buch erzählt Rainer Haubrich, ausgezeichnet mit dem Deutsch-Französischen Journalistenpreis, wie aus der grünen Promenade Ludwigs XIV. der berühmteste Boulevard der Welt wurde.

Seit mehr als 300 Jahren sind die Champs-Élysées ein Spiegel der französischen Geschichte und Kultur. Die Prachtstraße steht für Luxus und Vergnügen, für große Feiern und Demonstrationen. Hier wurde Napoleon bejubelt und zur letzten Ruhestätte geleitet, hier wurde Mata Hari verhaftet. Hitler fuhr die Avenue frühmorgens im offenen Wagen hinauf, General de Gaulle marschierte sie hinunter. Hier tanzten die Kessler-Zwillinge im Lido, hier war Jean-Paul Belmondo »Außer Atem«, hier kam Jan Ullrich bei der Tour de France als Erster ins Ziel.



Rainer Haubrich, geboren 1965, ist Welt-Redakteur und Architekturkritiker. Er hat zahlreiche Bücher zur Stadtentwicklung Berlins veröffentlicht. 2015 erhielt er den Schinkel-Preis der Karl-Friedrich-Schinkel-Gesellschaft.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR16,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR15,99

Produkt

KlappentextIn diesem reich illustrierten Buch erzählt Rainer Haubrich, ausgezeichnet mit dem Deutsch-Französischen Journalistenpreis, wie aus der grünen Promenade Ludwigs XIV. der berühmteste Boulevard der Welt wurde.

Seit mehr als 300 Jahren sind die Champs-Élysées ein Spiegel der französischen Geschichte und Kultur. Die Prachtstraße steht für Luxus und Vergnügen, für große Feiern und Demonstrationen. Hier wurde Napoleon bejubelt und zur letzten Ruhestätte geleitet, hier wurde Mata Hari verhaftet. Hitler fuhr die Avenue frühmorgens im offenen Wagen hinauf, General de Gaulle marschierte sie hinunter. Hier tanzten die Kessler-Zwillinge im Lido, hier war Jean-Paul Belmondo »Außer Atem«, hier kam Jan Ullrich bei der Tour de France als Erster ins Ziel.



Rainer Haubrich, geboren 1965, ist Welt-Redakteur und Architekturkritiker. Er hat zahlreiche Bücher zur Stadtentwicklung Berlins veröffentlicht. 2015 erhielt er den Schinkel-Preis der Karl-Friedrich-Schinkel-Gesellschaft.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783458779698
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum10.03.2024
AuflageOriginalausgabe
SpracheDeutsch
Dateigrösse9744 Kbytes
Artikel-Nr.12533243
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


I. KAPITEL: bis 1852

Die königliche Achse nach Westen


Ludwig XIV. hatte 1667 viel zu tun. Der 28-jährige König von Frankreich legte sich wegen einer Erbschaftssache mit Spanien an und ließ seine Truppen in dessen niederländische Besitzungen einmarschieren. Er brachte eine Reform des Justizwesens auf den Weg. Er beschäftigte sich mit dem Ausbau des damals noch bescheidenen Jagdschlosses in Versailles. Im Juni legte er den Grundstein für das Königliche Observatorium in Paris. Im Juli diktierte er neue Qualitätsstandards für die Seidenmanufakturen in Lyon. Und im August, als seine Truppen die Stadt Lille belagerten, befahl er per Dekret die Anlage der längsten Allee von Paris.

Er nahm dabei eine Idee auf, die schon unter seinen Vorgängern Heinrich IV. und Ludwig XIII. entstanden war: Beginnend in der Mitte des Tuilerien-Schlosses sollte eine schnurgerade Straße nach Westen führen - bis hinauf zum Chaillot-Hügel (der heutigen Place de l´Étoile) und weiter bis nach Neuilly. Der wichtigste Landschaftsarchitekt Frankreichs, André Le Nôtre, erhielt den Auftrag, diese majestätische Achse mit vier Baumreihen anzulegen, genannt Avenue des Tuileries, die eine Verbindung herstellen sollte zum Schloss von Saint-Germain-en-Laye, wo Ludwig XIV. geboren wurde, und nach Versailles. Sein Dekret vom 24.August 1667 gilt als Gründungsdokument der späteren Avenue des Champs-Élysées.


Abb. 3. Die älteste Darstellung der Champs-Élysées: Ausschnitt aus dem Stadtplan von Rochefort (1672). Hier rot markiert: Champs-Élysées (1), Cours la Reine (2), Tuilerien-Schloss (3), Louvre (4) und Invalidendom (5).


Paris war damals mit rund 400000 Einwohnern die größte Stadt Europas. Sie endete im Osten an der Bastille und im Westen am Festungsgraben hinter dem Lustgarten des Tuilerien-Schlosses. Jenseits davon lag unbewohntes Gelände mit Sümpfen, Getreidefeldern und Wiesen. Nur eine kleine Brücke führte hinüber auf dieses Terrain, auf dem sich schon eine Allee mit Ulmen und Lindenbäumen befand: der Cours la Reine entlang des Seine-Ufers, eine Promenade zum Lustwandeln, die Ludwigs Großmutter Maria de´ Medici ein halbes Jahrhundert zuvor nach einem Vorbild aus ihrer Heimat Florenz hatte anlegen lassen. Dort trafen sich - schon lange vor den Champs-Élysées - die ersten Ausflügler der besseren Gesellschaft. Die Schriftstellerin Madeleine de Scudéry schrieb damals über den Cours la Reine: »Hier ist der Ort, an dem alle Damen am Abend in kleinen offenen Kutschen hin und her fahren. Die Männer reiten ihnen hinterher auf eine Weise, die sie mal zu der einen, mal zu der anderen führt. Diese Promenade ist ein Ort der Konversation, und alle beobachten sich ganz genau.«


Abb. 4. Blick vom Beginn der Champs-Élysées zum Chaillot-Hügel hinauf. Die Bäume wurden streng geometrisch gepflanzt.


Bald ist der erste Abschnitt der neuen Allee des Tuileries bepflanzt. Er führt bis zu einem runden Platz (dem heutigen Rond-Point des Champs-Élysées), von dort stellen zwei weitere Alleen Verbindungen zum Cours la Reine an der Seine her. Auch das Gelände dazwischen wird in einer geometrischen Ordnung dicht mit Bäumen bepflanzt, in den rechteckigen Lichtungen werden Rasenflächen angelegt. Aus dem einst öden Gelände ist ein Ort geworden, der besonders im Sommer durch seine Schatten spendenden Bäume und die frische Luft zu Spaziergängen einlädt und bald Champs-Élysées genannt wird - elysische Felder. Diese waren in der griechischen Mythologie ein paradiesischer Ort in der Unterwelt, an dem die Helden und Halbgötter auf Wiesen des ewigen Frühlings das Leid der Welt hinter sich lassen konnten. Erstmals erscheint diese Bezeichnung auf einem Stadtplan von 1692.

Nach dem Tod Ludwigs XIV. im Jahr 1715 kehrte die Hofgesellschaft mit dem erst fünfjährigen Thronfolger und dem Regenten Philipp II. von Orléans von Versailles nach Paris zurück, wo sie das Tuilerien-Schloss bewohnte. Der Umzug sollte nur ein Zwischenspiel bleiben, 1722 zog der Hof wieder nach Versailles. Aber in diesen sieben Jahren erlebten die Pariser Stadtquartiere rund um den Louvre einen Aufschwung, besonders die Rue du Faubourg St.Honoré. Auf deren Südseite entstanden mehrere repräsentative Palais mit rückwärtigen Gärten, die bis an die Champs-Élysées heranreichten: das Hôtel de Pontalba (heute Botschaft der USA), das Hôtel de Charost (heute Britische Botschaft) und das Hôtel d´Évreux. Letzteres bewohnte bald die Marquise de Pompadour, die Maitresse Ludwigs XV. Es wurde später in Palais de l´Élysée umbenannt, weil der vergrößerte Garten bis in das Gelände der Champs-Élysées hineinreichte. Seit 1873 ist es der Sitz des französischen Staatspräsidenten.

Schon als André Le Nôtre die Achse nach Westen plante, gab es Ideen, wie man den höchsten Punkt der Avenue auf dem Chaillot-Hügel, den man wegen der sternförmig abgehenden Straßen inzwischen »butte de l´Étoile« nannte, durch ein Monument besonders markieren könnte. So findet sich in den Aufzeichnungen Jean-Baptiste Colberts, Finanzminister unter Ludwig XIV., der Hinweis auf eine geplante Pyramide, die aber, wie Colbert schreibt, »schwierig zu konstruieren« sei. Niemand nahm die Idee auf. Bis 300 Jahre später unter François Mitterrand tatsächlich eine Pyramide gebaut wurde: allerdings im Hof des Louvre - und aus Glas.


Ein steinerner Elefant für die Place de l´Étoile


Einen spektakulären Vorschlag präsentierte 1758 der Architekt Charles François Ribart de Chamoust. Zu Ehren von König Ludwig XV. wollte er auf dem Hügel einen steinernen Elefanten mit einer Höhe von fünf Stockwerken errichten. Dessen hohle Innenräume sollten jeweils für einen bestimmten Zweck genutzt werden: Geplant waren u.a. ein Salon, ein Speisezimmer und ein kleines Theater, aus dem die Musik über die Ohren des Elefanten nach draußen dringen würde. Aus dem Rüssel sollte eine Fontäne in ein Bassin sprudeln. Stabilität hätte dem Bauwerk eine zentrale Säule mit dem Treppenhaus gegeben. Das Projekt kam nie zustande, aber es diente sechzig Jahre später als Vorbild, als man auf dem Platz der Bastille einen 24 Meter hohen Elefanten aus Gips errichtete, der dort drei Jahrzehnte lang stand.


Abb. 5. Eine Idee von Charles Ribart aus dem Jahr 1758: Dieser begehbare Elefant sollte dort stehen, wo später der Triumphbogen gebaut wurde.


Bis zur Mitte des 18.Jahrhunderts fehlte zwischen dem Tuilerien-Garten und dem Beginn der Champs-Élysées (wo sich heute die Place de la Concorde befindet) immer noch eine repräsentativ gestaltete Verbindung. Die Trampelpfade, die sich dort kreuzten, empfand man nicht mehr als angemessen. Am Anfang der Platzplanung stand eine Initiative von Pariser Kaufleuten: 1748 gaben sie ein Standbild für Ludwig XV. in Auftrag, um dessen Genesung nach schwerer Krankheit zu feiern. Als idealer Ort wurde ein neu anzulegender Platz zwischen Tuilerien und Champs-Élysées ins Auge gefasst, er sollte entsprechend Place Louis XV. heißen. Ange-Jacques Gabriel, »Erster Architekt des Königs«, entwarf eine achteckige Platzfigur, die an den Rändern begrenzt war durch tieferliegende Rasenflächen, ähnlich einem Festungsgraben. Die Gräben verschwanden später, aber die Struktur des Achtecks ist bis heute auf der Place de la Concorde zu erkennen.

In der Mitte des Platzes, genau am Schnittpunkt der Achse Louvre/ Champs-Élysées und der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Rue Royale, wo heute der Obelisk von Luxor steht, befand sich die Statue für Ludwig XV., die den König zu Pferd darstellte. 1772 war die Anlage fertig. Auf der Nordseite des Platzes errichtete Gabriel zwei symmetrisch angeordnete Gebäude mit identischen klassizistischen Fassaden. Sie sind bis heute erhalten und beherbergen zur Linken das Hotel de Crillon und den französischen Automobilclub und zur Rechten das Museum Hôtel de la Marine.

Parallel zur Anlage der Place de la Concorde erhielten die oberen Champs-Élysées eine wirkungsvolle städtebauliche Korrektur: Um der Avenue auf ihrem obersten, steil ansteigenden ...

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