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Mörder werden ist nicht schwer?

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
328 Seiten
Deutsch
treditionerschienen am10.05.20221. Auflage
Erik mag's ordentlich. Aber am Niederrhein stören der Kohleausstieg und Agrarskandale die Ordnung. Sex-Clubs und Kinderschänder verstecken sich hinter bürgerlichen Fassaden. Automatensprenger, Autodiebe und unliebsame Nachbarn stören das alltägliche Leben. Schräge und verkommene Typen tauchen auf, wo man sie nicht vermutet. Und vier Frauen, die Eriks Leben bestimmen. Heute aber macht Erik der Unordnung ein lange geplantes Ende - wortwörtlich. Die Lesenden erleben, wie Erik sich immer tiefer in einem Schlamassel verstrickt, verursacht durch den Umbruch, den die Energiewende mit sich bringt, aber auch selbst verschuldet. Und den Befreiungsschlag.

Geboren 1951, verheiratet, lebt in Düsseldorf und Mecklenburg. Hobbys: Kochen, Malen, Lesen, Oldtimer, Reisen. Schreibt regelmäßig seit 30 Jahren Glossen, Fachartikel und über verschiedene, gesellschaftliche Themen.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
BuchGebunden
EUR22,00
BuchKartoniert, Paperback
EUR17,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,00

Produkt

KlappentextErik mag's ordentlich. Aber am Niederrhein stören der Kohleausstieg und Agrarskandale die Ordnung. Sex-Clubs und Kinderschänder verstecken sich hinter bürgerlichen Fassaden. Automatensprenger, Autodiebe und unliebsame Nachbarn stören das alltägliche Leben. Schräge und verkommene Typen tauchen auf, wo man sie nicht vermutet. Und vier Frauen, die Eriks Leben bestimmen. Heute aber macht Erik der Unordnung ein lange geplantes Ende - wortwörtlich. Die Lesenden erleben, wie Erik sich immer tiefer in einem Schlamassel verstrickt, verursacht durch den Umbruch, den die Energiewende mit sich bringt, aber auch selbst verschuldet. Und den Befreiungsschlag.

Geboren 1951, verheiratet, lebt in Düsseldorf und Mecklenburg. Hobbys: Kochen, Malen, Lesen, Oldtimer, Reisen. Schreibt regelmäßig seit 30 Jahren Glossen, Fachartikel und über verschiedene, gesellschaftliche Themen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783347613386
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum10.05.2022
Auflage1. Auflage
Seiten328 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2064 Kbytes
Artikel-Nr.12572426
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Kontaktlinsen

Auf Patenonkel Erich war eigentlich immer Verlass. Da reichte manchmal ein Telefongespräch oder ein kurzer Besuch in Köln, und Erik konnte auf seine Unterstützung rechnen. So auch, als er seinen ersten Motorroller haben wollte. Onkel Erich verdoppelte das Ersparte und bezahlte den Führerschein. Beim notwendigen Sehtest erfuhr Erik zum ersten Mal, dass er ein wenig kurzsichtig war. Bisher, und heute immer noch, kam er im Alltag gut ohne Brille zurecht, aber beim Autofahren, besonders nachts, beim Fernsehen oder auch im Stadion empfand er seine Brille als große Hilfe. Und jetzt sollte er sie aus beruflichen Gründen den ganzen Tag tragen. Da lag der Gedanke an Kontaktlinsen nahe.

Eine Kollegin, seit Jahren mit ihren Linsen zufrieden, empfahl ihm einen alteingesessenen Augenoptiker, der bequem zu Fuß nach Feierabend oder in der Mittagspause zu besuchen war. Dort arbeitete Martina, eine junge Augenoptikermeisterin, die all ihren Ehrgeiz hineinsetzte, dem netten jungen Mann perfekte Kontaktlinsen anzupassen. Aber das war nicht so einfach.

Erik Stoffels war ein forscher, junger Mann, Anfang zwanzig. Er machte einen selbstsicheren Eindruck, war aber ruhig und zurückhaltend. Obwohl er nur von mittlerer Statur war, hatte er ein beeindruckendes Auftreten. Er hatte braune Haare, sah gut aus, ohne schön zu sein, pflegte sich und kleidete seinen sportlich geformten Körper mit Geschmack und Sorgfalt. Ein wahres Mannsbild. Aber als die Anpasserin zum ersten Mal mit der Kontaktlinse kam und versuchte sein Auge aufzuhalten, um sie einzusetzen, da bekam er es doch mit der Angst zu tun. Er - und wahrscheinlich auch die junge Optikerin - merkte, wie ihm der Schweiß ausbrach. Aber schließlich gelang es dennoch.

Das Sehen war prima, die Augenoptikerin kontrollierte sein Auge mit einer Art Mikroskop und war auch zufrieden. Blieb nur ein kleines, aber entscheidendes Hindernis: Er konnte sich nicht selbst ans Auge fassen, sich selbst die Linsen also nicht einsetzen, geschweige denn herausnehmen. Aber er gab nicht auf. Ein ums andere Mal lief er in der Pause herüber, um eine Viertelstunde zu üben. Martina, wie er sie inzwischen nannte, kümmerte sich rührend um ihn. Immer wieder kam sie dazu, beobachtete seine Bemühungen und half mit kleinen Tricks und Korrekturen. Er liebte es, wenn er ihr Haar und ihr Parfum riechen konnte sobald sie ihm nahekam. Beide verloren bei der Prozedur nicht den Humor, hatten sogar viel Spaß an seiner Ungeschicklichkeit.

Also Erik, ich gebe Ihnen die Linsen erst, wenn Sie damit klarkommen. Hinterher rufen Sie mich sonst mitten in der Nacht an, damit ich sie Ihnen herausnehme. Das wollen wir doch beide nicht, oder?

Ooch, ich könnte mir Schlimmeres vorstellen, als von Ihnen mitten in der Nacht besucht zu werden. Aber klar, ich will die Linsen auch erst, wenn ich mich damit sicher fühle. Schließlich will ich die ja auch im Beruf den ganzen Tag tragen. Da darf nichts schiefgehen.

Nach zwei Wochen war auch diese Hürde genommen. Der letzte Besuch beim Augenoptiker stand bevor.

Und jetzt sehen wir uns nie wieder? , fragte Erik mit gespielter Enttäuschung. Tatsächlich stand er sich in solchen Situationen manchmal selbst im Weg. Er war so zurückhaltend, dass er bisweilen auf andere abweisend wirkte.

Oh doch! Sie kommen brav alle halben Jahre vorbei, damit ich mir Ihr Auge ansehen und die Sehschärfe auf den letzten Stand bringen kann. Sie lächelte ihn an. Er würde ihr auch ein wenig fehlen. Sie hatten so viel Zeit miteinander verbracht, sie hatte mit ihm gelitten und sie hatten oft zusammen gelacht. Natürlich können Sie auch sonst vorbeikommen, wenn es Probleme geben sollte - oder wenn Sie Sehnsucht nach mir haben⦠Martina wollte ihm die Tür ein bisschen aufmachen, ohne zu neckisch zu wirken. Sie sah, wie er seinen ganzen Mut zusammennahm.

Martina, Sie haben sich so viel Mühe mit mir gegeben, und die ganze Prozedur hat mir letztendlich so viel Spaß gemacht, ich möchte mich revanchieren. Einen Moment überlegte er, ob er wohl nach ihren Vorlieben bei Wein und Sekt fragen sollte, da hatte er einen Einfall, auf den er noch Jahre später stolz sein würde.

Wissen Sie, ich habe heute Frühdienst, das heißt ich habe schon Feierabend, und Sie haben doch gleich Ihre Mittagspause. Wenn Sie nichts anderes vorhaben, würde ich Sie gerne zum Mittagessen einladen. Und zwar schlage ich vor, wir gehen in das Drehrestaurant auf dem Rheinturm. Das Wetter ist heute ideal. Da sieht man bis hinter Köln, Wuppertal, Duisburg und Mönchengladbach.

Oh, das ist aber nett! Gute Idee. Ich wollte zwar etwas einkaufen, aber wenn ich jetzt zu Mittag esse, dann kann ich heute Abend sowieso fasten.

Das haben Sie doch wirklich nicht nötig. Martina war relativ groß gewachsen und schlank. Sie hatte wirklich eine gute Figur, einzig die Hüftknochen standen etwas hervor. Sie zog die Aufmerksamkeit auf sich, mit ihren rötlichen, leicht lockigen Haaren und den großen, grünen Augen, aber am meisten mit ihrer Fröhlichkeit. Sie hatte ein offenes, zugewandtes Gesicht, vermittelte Sympathie auf den ersten Blick und verbreitete in jeder Gesellschaft sofort Frohsinn im wahren Sinn des Wortes.

Ich sage nur noch kurz meinem Chef Bescheid, dass ich eventuell etwas länger in der Pause bleibe. Sie zwinkerte ihm zu. Eine Runde dauert, glaube ich, schließlich schon eine Stunde.

Erik fischte sein Mobiltelefon aus der Tasche und tippte auf der Tastatur die Nummer der Auskunft, ließ sich mit dem Restaurant verbinden und fragte nach einem Tisch am Fenster. Er hatte Glück. Mitten in der Woche waren noch Plätze frei. Und so saßen sie wenig später hinter den schrägen Glasscheiben und ließen den Niederrhein und das Bergische Land an sich vorbeiziehen. Die Landschaft musste aber in ihrer Aufmerksamkeit zurückstehen hinter dem gegenseitigen Interesse, den Kontakt über die Linsen auszudehnen. Sie redeten über Gott und die Welt, berichteten ein wenig aus ihrem privaten Umfeld und mussten feststellen, dass sie beide am linken Niederrhein, zwischen Neuss und Mönchengladbach aufgewachsen waren, in dieselben Kneipen und Diskos gegangen waren, sich eigentlich hätten schon früher begegnen müssen. Natürlich überzog Martina ihre Pause kräftig. Zusammen mittags zu essen, wenn auch nicht in so feinem Rahmen, wurde für beide bald zur schönen Gewohnheit. Nach gut einem Jahr hatten Sie die preiswerte, große Wohnung nahe Neuss gefunden und unternahmen alles, sie auch auszufüllen. Noch ein Jahr später richteten sie ein Kinderzimmer ein.

 

06:05

Erik beschleunigt wieder auf die linke Spur, als wolle er der Erinnerung davonfahren, die dieser liebliche Ausblick eben in ihm auslöst. Die sanfte Stimmung will so gar nicht zu diesem Tag passen, an dem er zum Mörder werden würde.

Auf der anderen Seite der Autobahn dagegen liegt das gigantische Loch des Tagebaus Garzweiler. Der weite Blick zeigt die Gewalt, die der Landschaft angetan wird. Soweit man sehen kann, ist das Dreieck zwischen Köln, Mönchengladbach und Aachen von Menschenhand umgestaltet worden. Die Höhenzüge sind Abraumhalden mit geometrisch gestaltetem Profil und künstlich angelegten Wegen und Anpflanzungen. Alle Bäume haben die gleiche Höhe. Wo die Tagebaue rekultiviert werden, entstehen geplante Landschaften und kleine Seen. Furchterregend liegen dazwischen die offenen Wunden der Bergwerke, die unterschiedlichen Farben der Erdschichten, von den Baggern freigelegt und von der Sonne erhellt. Die riesigen, häuserhohen Maschinen, mit denen dieser Raubbau seit Jahrzehnten betrieben wird, sehen in den gigantischen, bis zu fünfhundert Meter tiefen Löchern wie Spielzeuge aus. Dazwischen fließen noch die Erft und die Rur, an ihren Ufern die letzten gewachsenen, historischen Dörfer. Früher lebten hier gut katholische Bauern. Nach dem Weltkrieg blieben einige Zwangsarbeiter unterschiedlicher Nationen und Bekenntnisse wegen der Arbeitsmöglichkeiten im Lande. Vertriebene aus den östlichen Kohlerevieren kamen hinzu und mussten eingegliedert werden. Viele Ortschaften, die dem Bergbau weichen mussten, entstanden an anderen Stellen wieder, mit der Vorsilbe Neu.

Die Einwohner wurden frühzeitig und ausführlich vorbereitet. Sie wurden großzügig entschädigt und die meisten verbesserten sich durch die Umsiedlung, wenn man nur ihre Wohnsituation und die Infrastruktur betrachtet. Niederrheinische Straßendörfer wurden ersetzt durch Neubausiedlungen für Bergarbeiter. Aber auch nach vierzig, fünfzig Jahren will sich dort eine dörfliche Tradition nicht wieder einstellen. Nachbarschaften und familiäre Bindungen lassen sich nicht so einfach verpflanzen.

Es wurde laufend neues Bauland geschaffen, was die Lage zusätzlich verschlechterte. In der Nähe der Großstädte, durchzogen von Autobahnen und gut ausgebauten Landstraßen, ist es für junge, aufstrebende Familien allzu verlockend, im rheinischen Revier ein...

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