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Unser leuchtendes Leben

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Hoffmann und Campe Verlagerschienen am03.08.2024
Eine Familiensaga aus Island - funkensprühend und unvergesslich | Ausgezeichnet mit dem Isländischen Literaturpreis Island 2089. Die junge Programmiererin Jóhanna versucht verzweifelt den Spagat zwischen ihrem anspruchsvollen Beruf und ihrem neuen Leben als alleinerziehende Mutter. Aber ihr Virtual-Reality-Projekt stockt, und so beginnt sie eines einsamen Abends, endlich das Romanmanuskript ihres Vaters zu lesen, zu dem sie seit einem heftigen Streit keinerlei Kontakt mehr hat. Vor ihr entfaltet sich überraschend ein zunehmend gewaltiges, Jahrhunderte und Kontinente umspannendes Familientableau. Immer dringlicher fragt sich Jóhanna, warum sie hier zum ersten Mal von den Wurzeln ihrer Familie erfährt. Welchem so lange unsagbaren Kern nähert sich ihr Vater mit seiner Erzählung? Und wird ihnen am Ende vielleicht doch eine Versöhnung möglich sein? Die isländische Variante von Hundert Jahre Einsamkeit für unser Hier und Jetzt - ein magisches Familienepos: humorvoll, spannungsgeladen, klug und höchst unterhaltsam.

Pedro Gunnlaugur Garcia, geboren 1983 in Lissabon als Sohn einer Isländerin und eines Portugiesen, zog im Alter von fünf Jahren nach Island und wuchs in Reykjavík auf. Er studierte Soziologie und Kulturvermittlung und veröffentlichte 2019 seinen ersten Roman Málleysingjarnir (Die Sprachlosen), der für die frische Sprache und den neuen Ton in der isländischen Literatur hochgelobt wurde. Sein zweiter Roman Unser leuchtendes Leben, erschienen im Herbst 2022, wurde mit dem Isländischen Literaturpreis ausgezeichnet, mit dem wichtigsten Literaturpreis des Landes.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR26,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR20,99

Produkt

KlappentextEine Familiensaga aus Island - funkensprühend und unvergesslich | Ausgezeichnet mit dem Isländischen Literaturpreis Island 2089. Die junge Programmiererin Jóhanna versucht verzweifelt den Spagat zwischen ihrem anspruchsvollen Beruf und ihrem neuen Leben als alleinerziehende Mutter. Aber ihr Virtual-Reality-Projekt stockt, und so beginnt sie eines einsamen Abends, endlich das Romanmanuskript ihres Vaters zu lesen, zu dem sie seit einem heftigen Streit keinerlei Kontakt mehr hat. Vor ihr entfaltet sich überraschend ein zunehmend gewaltiges, Jahrhunderte und Kontinente umspannendes Familientableau. Immer dringlicher fragt sich Jóhanna, warum sie hier zum ersten Mal von den Wurzeln ihrer Familie erfährt. Welchem so lange unsagbaren Kern nähert sich ihr Vater mit seiner Erzählung? Und wird ihnen am Ende vielleicht doch eine Versöhnung möglich sein? Die isländische Variante von Hundert Jahre Einsamkeit für unser Hier und Jetzt - ein magisches Familienepos: humorvoll, spannungsgeladen, klug und höchst unterhaltsam.

Pedro Gunnlaugur Garcia, geboren 1983 in Lissabon als Sohn einer Isländerin und eines Portugiesen, zog im Alter von fünf Jahren nach Island und wuchs in Reykjavík auf. Er studierte Soziologie und Kulturvermittlung und veröffentlichte 2019 seinen ersten Roman Málleysingjarnir (Die Sprachlosen), der für die frische Sprache und den neuen Ton in der isländischen Literatur hochgelobt wurde. Sein zweiter Roman Unser leuchtendes Leben, erschienen im Herbst 2022, wurde mit dem Isländischen Literaturpreis ausgezeichnet, mit dem wichtigsten Literaturpreis des Landes.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783455017151
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum03.08.2024
SpracheDeutsch
Dateigrösse1966 Kbytes
Artikel-Nr.12577068
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
CoverTitelseiteHerbst 2089I.OlivenSaluteII.JupiterIII.DatenbankMein Herz, das in dieser Welt schlägtIch will niemanden, der mich nicht willFokusIV.SüdfrankreichNestbauDachbodenV.Die LercheSeminarVI.LandeanflugNoch nicht so weit oder schon zu spätVII.LiebeVIII.Koste es, was es wolleIX.InnenlebenX.Ich bin der Welt abhandengekommenXI.AtmeXII.Über Pedro Gunnlaugur GarciaImpressummehr
Leseprobe

Oliven

Enzo wusste nie, wann seine Großmutter Beatrice die Wahrheit sagte. Nicht, weil ihre Geschichten unglaubwürdig waren, sondern wegen der Art, wie sie ihn gegen Ende der Erzählung anschaute, mit diesem neckischen Glitzern in den Augen. Dann argwöhnte er, dass sie sich wieder einmal ein Lügenmärchen ausgedacht hatte.

- Aber du schwindelst doch!

Wenn er sich als Erwachsener die Geschichten ins Gedächtnis rief, konnte er sich nicht wortwörtlich an sie erinnern und überlegte, wo seine kindliche Phantasie etwas hinzugedichtet haben mochte - ob das eine oder andere nicht auch aus einem Missverständnis herrühren konnte.

Beispielsweise die Geschichte über seine Urgroßmutter, Maria del Cielo, oder die Geschichte über die fliegenden Frauen.

- Del Cielo, sagte Großmutter, die auf ihrem Stuhl in der Küche saß. Maria des Himmels. So hieß die Mutter deines Großvaters.

Besagter Großvater stand mit einer Schürze um die Hüften neben ihnen und rupfte einen Vogel, den es zum Essen geben sollte. Er sah nicht so aus, als würde er zuhören.

- Und sein Vater, der hieß Dall´inferno - von der Hölle.

Sofort stellte Enzo sich vor, wie seine Uroma Maria gemächlich vom klaren, blauen Himmel hinabstieg, bis er Großmutters lächelnden Blick auf sich ruhen spürte. Sie neckte ihn. Natürlich konnte sein Uropa nicht von der Hölle heißen.

- Du musst mir sagen, wenn du schwindelst, Oma!

- Was? Ich schwindele?

- Ich weiß nie, wann du die Wahrheit sagst.

- Ach, mein Kleiner.

- Du musst mir ein Zeichen geben!

Seine Großmutter tupfte sich mit einer Serviette die Augen ab und schmunzelte. In diesem Moment reckte sich Großvater Giacomo, der hinter ihr stand, nach einem Teller im Regal und ließ bei der Anstrengung einen Furz.

- Da hast du dein Zeichen, sagte Großmutter, wieder mit diesem fröhlichen Glitzern in den Augen. Sie fing an zu lachen, und Enzo musste mitlachen. Bald heulten sie beide vor Lachen, während Großvater nur den Kopf schüttelte und weiter Federn rupfte.

Als Erwachsener verknüpfte Enzo diese Begebenheit mit einer anderen Erzählung, der Geschichte, wie Großmutter Beatrice als junge Frau ihre Cousins zur Gänsejagd begleiten durfte. Nachdem sie in der Nacht zuvor in der Berghütte an etwas Hochprozentigem genippt hatten, brachen sie im Morgengrauen auf, schlaftrunken und wackelig auf den Beinen. Beatrice war erst siebzehn und nicht an Alkohol gewöhnt, aber sie hielt sich wacker, stapfte mit ihrer Büchse voran und summte Jagdlieder, die sie in der Nacht gelernt hatte, setzte gedankenlos einen Fuß vor den anderen.

Die Stimmen der Männer verloren sich im Dunst, und auf einmal war es ganz still. Die junge Beatrice trat in die Nebelschwaden, die ihre Beine umwaberten - und stellte fest, dass sie vollkommen allein war.

Sie rief, doch niemand antwortete, und plötzlich nahm ihr dichter Nebel die Sicht. Die junge Frau, die sich in den Bergen nicht auskannte und vor kurzem noch an Gespenster geglaubt hatte, bekam es mit der Angst zu tun.

Sie ging bergauf, bis sich endlich ein Loch in der Nebelwand auftat und den Blick in ein grünes Tal freigab. Dann brach die Sonne hervor. Vor ihr erstreckte sich ein unbekannter Gebirgszug.

Und in der Ferne schwebte ein weißbekleidetes Wesen. Zuerst dachte sie, es sei ein Vogel - wunderschön und leuchtend weiß, aber mit schwarzen Flügeln wie ein Storch -, doch dann sah sie, dass es eine Frau war.

Die Frau glitt mühelos mit geschlossenen Augen durch die Lüfte, als hinge sie an einem Draht, obwohl über ihr nur der wolkenlose Himmel zu sehen war. Sie hatte den friedlichen Gesichtsausdruck einer Schlafwandlerin, die nicht dieser Welt angehört.

Hinter ihr entdeckte Beatrice eine weitere Frau in der Luft; sie sahen sich ähnlich und mussten Schwestern sein, hatten beide helle Haut, als wären sie nie mit Sonnenlicht in Berührung gekommen. Beatrice setzte sich auf die Wiese und legte das Jagdgewehr ab. Eine ganze Weile beobachtete sie die Frauen, wie sie ihre Kreise zogen, sah, wie sie die Augen öffneten, langsam die Hände hoben und die Arme ausbreiteten. Da füllte sich Beatrices Brust mit einer unbeschreiblichen Trauer.

Sie war kurz davor, in Tränen auszubrechen, als jemand aus dem dichten Nebel heraustrat. Ihr Cousin, ein Tischler namens Lamberto, fasste sie an der Schulter und schüttelte sie.

Beatrice zuckte zusammen, wie von einem Bann befreit. Lamberto half ihr auf die Beine und brachte sie wortlos zu den anderen. Sie lag schlafend im Gras, sturzbesoffen, sagte er, und die Jagdkumpane lachten schallend - Großmutter Beatrice beteuerte dem kleinen Enzo jedoch, sie habe das wirklich mit eigenen Augen gesehen und keinesfalls geträumt.

Diese Bilder brachte Enzo immer miteinander in Verbindung: seine Urgroßmutter Maria vom Himmel und die fliegenden Frauen. Wenn er sich das eine ins Gedächtnis rief, ging ihm auch das andere durch den Kopf.

Die Erinnerungen an die Geschichten seiner Großmutter sah er klarer vor sich als viele andere Erlebnisse seiner Kindheit. Das Fliegende und das Traumartige begleiteten ihn.

Als seine Frau mit ihrem ersten Kind schwanger war, sah Enzo einen Schwarm Gänse im Formationsflug. Er fragte sich, wie es wohl wäre, der jüngste Vogel zu sein, der nicht ahnte, welch langer Flug ihm bevorstand, an Orte, von denen er keine Vorstellung hatte.

Als die Vögel aus seinem Blickfeld verschwanden, durchfuhr ihn ein Schauer. Er stürmte los und rannte bergab, als wäre ihm der Teufel auf den Fersen, zum Dorf und auf den Hof, ohne innezuhalten, obwohl man ihm hinterherrief.

Er stieß die Tür zum Schlafzimmer auf und fand seine Liebste weinend neben dem Bett vor. Benedetta blickte ihn mit Panik in den Augen an, ein zusammengeknautschtes, blutiges Laken in den Händen.

An den darauffolgenden Tagen bemühten sich die Leute, sie mit Versprechungen zu trösten, bald würden sie mit Kindern überflutet, innerhalb weniger Jahre würde es im ganzen Haus vor Kindern nur so wimmeln, sodass es ihnen bald zu viel würde. In jener Zeit lief der Krieg schlecht, und mitten in seiner Trauer erhielt Enzo die Nachricht, das Wehrpflichtalter sei herabgesetzt worden. Kurz darauf kam die Einberufung, er musste zum Militär.

- Zum Militär! Welch eine Katastrophe, welch ein Unglück, die jungen Männer in den Krieg zu schicken!, rief seine Großmutter und war so aufgewühlt, dass die Aufregung und der Stolz, die Enzo beim Öffnen des Briefes verspürt hatte, im Handumdrehen verschwanden. Was ist, wenn du an die Front geschickt wirst, Enzo? Sie werden auf dich schießen!

Enzo legte den Brief weg und ging aus dem Haus. Er streifte umher und fühlte sich elend, erklomm einen Hügel, wo sich ein Olivenbaum vor dem violetten Himmel abzeichnete. Dort blieb er stehen, blickte auf das Dorf hinab, das im Sonnenuntergang leuchtete, und fragte sich, ob er jemals an diesen Ort zurückkehren würde.

Seine Eltern waren tot. Salvatore war bei einem Brand ums Leben gekommen, als Enzo drei Jahre alt war, und Teresa einige Jahre später an einer inneren Erkrankung gestorben. Der Name Coniglio war dem Tode geweiht. Enzo blieb lange auf der Wiese liegen und betrachtete die gleitenden Wolken. Als er sich endlich aufsetzte, fiel sein Blick auf getrockneten Hundekot, der in der Sonne gebacken war, und selbst das betrübte ihn. War das Leben bedeutungslos? Er bat den Schöpfer, ihm ein Zeichen zu senden, einen fliegenden Vogel, einen brennenden Busch, irgendetwas. Doch nichts geschah, nur die Sonne sank hinter dem Berg.

Die Blätter des Olivenbaums raschelten in der schwachen Brise. Als Enzo die Früchte musterte, bekam er Lust, den Geschmack roher Oliven zu probieren, die demselben Erdboden entsprungen waren wie er. Er pflückte eine und steckte sie in den Mund, schmeckte die Bitterkeit auf der Zunge, während er vergeblich versuchte, die steinharte, ungenießbare Frucht zu kauen, bis er sie schließlich ganz hinunterschluckte. Er pflückte noch eine Olive und wiederholte das Spiel, dann noch eine und noch eine, schluckte eine Handvoll nach der anderen aus trotzigem Groll, bis sein Hals brannte. Danach machte er sich auf den Heimweg.

Als er am nächsten Tag aufwachte, fühlte er sich so elend, dass ein Arzt gerufen werden musste. Nach der Untersuchung verkündete er, der junge Mann befinde sich an der Schwelle des Todes und müsse sofort ins Krankenhaus. Enzo bekam vor Bauchschmerzen kaum ein Wort heraus, doch als wäre es ein Wink des Schicksals, gab es im Spital ein nagelneues Röntgengerät. Enzo bekam Schmerzmittel, und als es ihm besser ging, überbrachte ihm ein Facharzt die Diagnose.

- Ich habe mir die Röntgenbilder angeschaut, sagte er.

- Und? Ist alles in Ordnung?

- Ich fürchte nicht. Wir haben Schatten entdeckt.

- Was heißt das?

- Schatten. Krebs, junger Mann. Er hat sich im ganzen Darm ausgebreitet. So etwas habe ich noch nie gesehen. Da ist es völlig normal, dass Sie Schmerzen haben. Bei diesen Röntgenbildern ist es ein Wunder, dass Sie sich überhaupt noch auf den Beinen halten können.

- Aber Herr Doktor, stöhnte Enzo. Die wollen mich in den Krieg schicken!

- Junger Mann, Sie müssen nirgendwohin, um zu sterben. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass Sie das Ende des Monats noch erleben. Gehen Sie nach Hause.

Enzo nahm seinen Hut, den Tränen nah. Der Arzt setzte sich an den Schreibtisch, schob die Brille auf der Nase zurecht und kritzelte etwas auf...
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Autor

Pedro Gunnlaugur Garcia, geboren 1983 in Lissabon als Sohn einer Isländerin und eines Portugiesen, zog im Alter von fünf Jahren nach Island und wuchs in Reykjavík auf. Er studierte Soziologie und Kulturvermittlung und veröffentlichte 2019 seinen ersten Roman Málleysingjarnir (Die Sprachlosen), der für die frische Sprache und den neuen Ton in der isländischen Literatur hochgelobt wurde. Sein zweiter Roman Unser leuchtendes Leben, erschienen im Herbst 2022, wurde mit dem Isländischen Literaturpreis ausgezeichnet, mit dem wichtigsten Literaturpreis des Landes.
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Garcia, Pedro Gunnlaugur