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Camus muss sterben

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
160 Seiten
Deutsch
Emons Verlagerschienen am19.10.2023
Albert Camus' mysteriöser Todesfall neu aufgerollt: eine perfide Verschwörung des KGB? Eine Mischung aus Investigativ-Roman und Spionage-Thriller - glänzend recherchiert und hochspannend. Frankreich, Januar 1960: Albert Camus und sein Verleger Michel Gallimard sind auf dem Weg nach Paris, als ihr Auto ins Schleudern gerät und gegen einen Baum prallt - Camus ist sofort tot. Die Kollision wird als tragischer Unfall zu den Akten gelegt. Doch mehr als vierzig Jahre später tauchen Informationen auf, die ein neues Licht auf das angebliche Unglück werfen: Sind dem Autor seine sowjetkritischen Reden letztlich zum Verhängnis geworden? Wurde Camus' Tod vom KGB geplant?

Giovanni Catelli ist italienischer Schriftsteller, Dichter und Experte für die Kultur und Geopolitik Osteuropas. Seine Erzählungen sind in renommierten Zeitungen und Zeitschriften erschienen, u.a. Corriere della Sera, Nouvelle Revue Française, Nazione Indiana, L'Indice dei Libri. Catelli hat zehn Bücher veröffentlicht, die in verschiedene Sprachen übersetzt wurden, und ist Korrespondent des East Journal für den ehemaligen sowjetischen Raum. Seit mehr als zwanzig Jahren verfolgt er die literarischen, historischen und politischen Ereignisse in Osteuropa und reiste als Korrespondent in die Länder des ehemaligen Sowjetblocks.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextAlbert Camus' mysteriöser Todesfall neu aufgerollt: eine perfide Verschwörung des KGB? Eine Mischung aus Investigativ-Roman und Spionage-Thriller - glänzend recherchiert und hochspannend. Frankreich, Januar 1960: Albert Camus und sein Verleger Michel Gallimard sind auf dem Weg nach Paris, als ihr Auto ins Schleudern gerät und gegen einen Baum prallt - Camus ist sofort tot. Die Kollision wird als tragischer Unfall zu den Akten gelegt. Doch mehr als vierzig Jahre später tauchen Informationen auf, die ein neues Licht auf das angebliche Unglück werfen: Sind dem Autor seine sowjetkritischen Reden letztlich zum Verhängnis geworden? Wurde Camus' Tod vom KGB geplant?

Giovanni Catelli ist italienischer Schriftsteller, Dichter und Experte für die Kultur und Geopolitik Osteuropas. Seine Erzählungen sind in renommierten Zeitungen und Zeitschriften erschienen, u.a. Corriere della Sera, Nouvelle Revue Française, Nazione Indiana, L'Indice dei Libri. Catelli hat zehn Bücher veröffentlicht, die in verschiedene Sprachen übersetzt wurden, und ist Korrespondent des East Journal für den ehemaligen sowjetischen Raum. Seit mehr als zwanzig Jahren verfolgt er die literarischen, historischen und politischen Ereignisse in Osteuropa und reiste als Korrespondent in die Länder des ehemaligen Sowjetblocks.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783987070716
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum19.10.2023
Seiten160 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4542 Kbytes
Artikel-Nr.12577990
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Camus und Pasternak

In Marie Zábranovás Erzählung und in der persönlichen Geschichte dieser Autoren können wir zwei Spuren für unsere Recherche ausmachen: Eine ist verbunden mit der Beziehung - und dem Briefverkehr - zwischen Camus und Pasternak, die zur Verleihung des Literaturnobelpreises 1958 an Letzteren führte und die eine anwachsende Feindseligkeit der Sowjets gegenüber Camus zur Folge hatte, der die Kandidatur unterstützt hatte. Die zweite Spur ist mit den wirklich romanhaften Wirrungen verbunden, die es Jan Zábrana ermöglichten, die russische Fassung des »Doktor Schiwago« zu erhalten und den Text ins Tschechische zu übersetzen.

Albert Camus war seit einiger Zeit ein Bewunderer Pasternaks und hatte schon in seiner Nobelpreisrede 1957 »den großen Pasternak« zitiert. Er war an der Gesamtheit seines Werkes interessiert und dachte darüber nach, eine Theateraufführung zu inszenieren, die sich auf dessen Werk »Slepaja krasavica« (Die blinde Schönheit) gründete. Das Erscheinen des Romans »Doktor Schiwago« auf der Bildfläche, der große Tumult, der in Europa durch das steinige und wechselhafte Schicksal des Manuskripts im Heimatland ausgelöst wurde, und das letztendliche Potenzial der Pasternak schen Erzählung überzeugten die europäischen Unterstützer des Autors noch mehr, ihn als Kandidaten für den Nobelpreis 1958 ins Spiel zu bringen.

Das Buch war schon Anfang 1956 fertig, und Pasternak war sich bewusst, dass der Text in der Sowjetunion »quasi unpublizierbar« war, zumindest in jenem bestimmten historischen und politischen Moment. Dennoch schickte er eine Kopie des Manuskripts an das Verlegerbüro der Zeitschrift Nowy Mir, ohne besondere Hoffnungen, dass es günstig aufgenommen würde.

Er fertigte dann einige Druckexemplare an und verteilte sie an Personen, die mit ihm befreundet waren und denen er vertraute. Isaiah Berlin erhielt eine dieser Kopien, die französische Doktorandin Jacqueline de Proyart, die später von dem Schriftsteller die Prokura erhielt, ihn im Ausland zu vertreten, und vor allem der italienische Journalist Sergio D Angelo, der den Roman zu Giangiacomo Feltrinelli gelangen ließ. Dieser erkannte sofort die Wichtigkeit des Textes und bemühte sich, einen Exklusivvertrag mit Pasternak abzuschließen. Er hatte mit dieser Absicht Erfolg, auch wenn der Schriftsteller sich andere Möglichkeiten nicht verbauen wollte, und es begann ein unermüdlicher Kampf darum, das Buch publizieren zu können - gegen den Willen der Sowjets und die Bedenken der italienischen Kommunisten.

Nach langem Armdrücken und der Überwindung von Widerständen und Schmeicheleien aller Art hatte Feltrinellis verlegerischer Spürsinn die Nase vorn, und am 23. November 1957 erschien »Il dottor Zivago« in Italien, in der italienischen Übersetzung von Pietro Zveteremich.

Der Verkaufserfolg des Werks stellte sich sofort ein, das Buch schlug ein wie ein Blitz. Verleger aus ganz Europa beeilten sich, Feltrinellis Spur zu folgen. Am 23. Juni 1958 erschien »Le Docteur Jivago« in Frankreich bei Gallimard.

Schon am 9. Juni 1958 schrieb Albert Camus, der als Lektor von Gallimard über alle Ereignisse im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Buches auf dem Laufenden war, einen Brief an Pasternak, der voller Bewunderung war und subtile Anspielungen darauf enthielt, welche Unterstützung er zu leisten bereit war. Nicht durch Zufall enthielt der Brief eine Kopie seiner Rede zur Nobelpreisverleihung in Stockholm, in der er Pasternak explizit lobt. Es war ein Zeichen der Befürwortung, die Camus ihm in Hinsicht auf den Nobelpreis 1958 zu leisten beschlossen hatte. Mit Diskretion, aber ohne öffentlich seine eigene Meinung zu verhehlen, unterstützte Camus Pasternaks Kandidatur gegenüber dem Preiskomitee und bemühte sich darum, dass andere Intellektuelle von Rang sich zu dessen Gunsten aussprächen.

Bereits sehr berühmt und gerade erst mit dem Nobelpreis ausgezeichnet, war Camus zu dieser Zeit vielleicht der einflussreichste und am meisten gehörte Intellektuelle der Welt. Seine Figur des aufrechten Mannes, seine ununterbrochene Suche nach Gerechtigkeit, sein Kampf gegen die Diktaturen und seine Verteidigung aller Unterdrückten, wo immer sie sich befanden - all das machte aus ihm eine vorbildliche Persönlichkeit, überall respektiert und geachtet. Sein Urteil, sein Wort bekamen ein unschätzbares Gewicht. Nach dem eklatanten und rückhaltlosen Protest, den Camus gegen den Einmarsch in Ungarn geäußert hatte, war seine Unterstützung Pasternaks für die sowjetische Macht eine weitere Ohrfeige.

Zum wiederholten Mal trat Camus dazwischen, um die sowjetischen Anstrengungen, den Eklat rund um Pasternak zu ersticken, zu behindern. Er war zu ihrer Nemesis geworden - der fortschrittliche Intellektuelle, der in Europa (und vielleicht in der gesamten Welt) am meisten beachtet wurde, der die französischen Kommunisten als Marionetten entlarvte, der angesichts des ungarischen Massakers die Empörung der öffentlichen Meinung erregte und der jetzt den Skandal nährte, der von einem literarischen zu einem politischen wurde und der dazu beitrug, die Illusion wegzuwischen, es hätte nach 1956 eine wirkliche Entstalinisierung stattgefunden.

Vielleicht war tatsächlich der Fall Pasternak der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte - der Beweis, dass Camus inzwischen zu einem erklärten Feind geworden war und dass der Moment gekommen war, ihn zu eliminieren.

Hier der Text des Briefes, den Camus am 9. Juni 1958 an Pasternak schrieb:

Lieber Boris Pasternak [10],

René Char, der mein bester Freund ist, hat mir Ihre Adresse mitgeteilt, weil er die gefestigte freundschaftliche und bewundernde Meinung kennt, die ich für Ihr Werk hege und für den Menschen, den man dahinter leben spürt. Ich wollte Ihnen nur den kleinen Text schicken, der keine andere Bedeutung hat, als dass er ein fernes, aber treues Zeichen in Ihre Richtung beinhaltet [gemeint ist der Text der Rede in Stockholm anlässlich der Nobelpreisverleihung]. Wir sind unter denen in Frankreich, die Sie kennen und in gewisser Weise Ihr Leben teilen. Ich, der ich nichts wäre ohne das russische 19. Jahrhundert, finde in Ihnen das Russland, das mich genährt und gestärkt hat. Es ist falsch zu sagen, dass die Grenzen nicht existieren. Sie existieren, provisorischerweise. Aber gemeinsam mit ihnen existiert eine Kraft des Schöpferischen und der Wahrheit, die uns alle vereint, in der Demut und im Stolz zur gleichen Zeit. Ich habe das nie besser wahrgenommen, als wenn ich Sie gelesen habe, und dies ist der Grund, weshalb ich Ihnen meine Dankbarkeit und meine Solidarität aussprechen wollte.

Ich sende Ihnen warmherzige Grüße für Sie und die Ihren, für Ihr Werk und für Ihr großes Land.

Ich schüttele Ihre Hand,

Albert Camus

Am 28. Juni antwortet Pasternak und beginnt seinen Brief wie folgt:

Lieber Herr,

ich kann kaum [11] meinen Augen trauen, dass ich Ihnen, Camus, schreibe. Eine neue Seite hat sich in meinem Leben aufgetan, die mir einen Vorwand und das Recht, die Gelegenheit gibt, Ihnen meine Bewegtheit und meine Dankbarkeit für die besonderen Akzente im Spiel des universalen Denkens von heute, die Ihnen geschuldet sind, auszudrücken.

Er schließt folgendermaßen:

Sie sind ängstlich bezüglich dessen, was mir geschehen könnte, und vergessen, dass kein Preis vergleichbar ist mit dieser neuen Verwandtschaft, die es hundertmal verdient, gelebt zu werden, bis zu der Grenze, dafür leiden zu müssen. Danke, danke für alles.

Darunter keine Unterschrift. Pasternak unterzeichnete seine Briefe nicht, in der Hoffnung, dass sie so leichter der Zensur entkämen. Am 14. August schreibt Pasternak erneut und fragt am Ende des Schreibens, ob Camus seinen vorherigen Brief erhalten habe. Aber der Ton ist noch warmherziger und brüderlicher und lässt erkennen, dass er, wenn nicht eine Antwort, so doch Signale von Camus erhalten hatte oder Nachrichten, für die er Dankbarkeit und Wertschätzung empfinden konnte.

Der Brief beginnt mit folgenden Worten:

Lieber und großer Freund [12],

woher soll ich die Worte nehmen, Ihnen meine tiefe Dankbarkeit für die seltene Unterstützung auszudrücken, die mir allein Ihre Existenz gibt, die Ordnung der Ideen, die Ihnen eigen ist, Ihre Art, die Dinge zu sehen, Ihr Werk, Ihr Sein? Ich werde mich dafür entscheiden, nicht ohne ein Körnchen von Unbescheidenheit zu sagen, wie sehr mich die Nähe unserer Ansichten beeindruckt.

In jenen Tagen begann die Zeit für die Kandidatur für den Nobelpreis bereits knapp zu werden, denn es ergab sich, wenn auch nicht offiziell vorgesehen, eine entscheidende Schwierigkeit: Der Text von »Doktor Schiwago« war zwar auf Italienisch und Französisch erschienen, jedoch nicht in der Originalsprache, auf Russisch. In Ermangelung einer russischen Ausgabe hätte die Schwedische Akademie Pasternak nicht in Betracht ziehen können.

Das Rennen, um dem Autor den Sieg in dieser eigenen Schlacht zu ermöglichen, hatte schon vor einiger Zeit begonnen. Feltrinelli war dabei, den russischen Text auf der Basis der Kopie, die er von Jacqueline de Proyart erhalten hatte, in Italien zu publizieren. Die Vorbereitung des Bandes bei dem holländischen Verleger Mouton war bereits ebenso weit gediehen.

Einige Forscher sind der Ansicht, dass die Ausgabe bei Mouton von der CIA gefördert worden sei, die den Band auch letztlich bei der Weltausstellung 1958 in Brüssel verbreitet hätte, wo zahlreiche Exemplare auf Russisch ohne das...
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Giovanni Catelli ist italienischer Schriftsteller, Dichter und Experte für die Kultur und Geopolitik Osteuropas. Seine Erzählungen sind in renommierten Zeitungen und Zeitschriften erschienen, u.a. Corriere della Sera, Nouvelle Revue Française, Nazione Indiana, L'Indice dei Libri. Catelli hat zehn Bücher veröffentlicht, die in verschiedene Sprachen übersetzt wurden, und ist Korrespondent des East Journal für den ehemaligen sowjetischen Raum. Seit mehr als zwanzig Jahren verfolgt er die literarischen, historischen und politischen Ereignisse in Osteuropa und reiste als Korrespondent in die Länder des ehemaligen Sowjetblocks.
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