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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
392 Seiten
Deutsch
Klartext Verlagerschienen am15.10.2023
Hendrik Wüst ist ein Wandlungskünstler der Macht. Der nordrheinwestfälische Ministerpräsident schafft es immer wieder, ein neues öffentliches Bild von sich zu entwerfen. Er startet als schneidiger Jungunionist, macht Karriere als rechter Hardliner, erfindet sich als Mann des CDU-Wirtschaftsflügels neu und erklimmt die Spitze schließlich im Gewand des sanften Konservativen mit schwarz-grüner Agenda. Inzwischen zählt Wüst, der nie ein Parteidarling war, zur smarten Führungsreserve der Union, der man die Kanzlerkandidatur zutraut. Wie macht er das? Was ist echt an ihm? Der Band ist das analytische Porträt eines Vertreters der ersten Politikergeneration, die verinnerlicht hat, dass in der modernen Mediengesellschaft das Performative oft das Programmatische überlagert.

Tobias Blasius, Jahrgang 1974, ist promovierter Historiker und seit 1999 bei der WAZ angestellt. Als landespolitischer Korrespondent in Düsseldorf begleitet er die Karriere von Hendrik Wüst journalistisch seit fast 15 Jahren. Moritz Küpper, Jahrgang 1980, ist promovierter Politikwissenschaftler und arbeitet seit 2009 beim Deutschlandradio. Er ist Autor diverser politischer Sachbücher. Küpper interviewt Hendrik Wüst regelmäßig für den Deutschlandfunk.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR22,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR18,99

Produkt

KlappentextHendrik Wüst ist ein Wandlungskünstler der Macht. Der nordrheinwestfälische Ministerpräsident schafft es immer wieder, ein neues öffentliches Bild von sich zu entwerfen. Er startet als schneidiger Jungunionist, macht Karriere als rechter Hardliner, erfindet sich als Mann des CDU-Wirtschaftsflügels neu und erklimmt die Spitze schließlich im Gewand des sanften Konservativen mit schwarz-grüner Agenda. Inzwischen zählt Wüst, der nie ein Parteidarling war, zur smarten Führungsreserve der Union, der man die Kanzlerkandidatur zutraut. Wie macht er das? Was ist echt an ihm? Der Band ist das analytische Porträt eines Vertreters der ersten Politikergeneration, die verinnerlicht hat, dass in der modernen Mediengesellschaft das Performative oft das Programmatische überlagert.

Tobias Blasius, Jahrgang 1974, ist promovierter Historiker und seit 1999 bei der WAZ angestellt. Als landespolitischer Korrespondent in Düsseldorf begleitet er die Karriere von Hendrik Wüst journalistisch seit fast 15 Jahren. Moritz Küpper, Jahrgang 1980, ist promovierter Politikwissenschaftler und arbeitet seit 2009 beim Deutschlandradio. Er ist Autor diverser politischer Sachbücher. Küpper interviewt Hendrik Wüst regelmäßig für den Deutschlandfunk.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783837526165
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum15.10.2023
Seiten392 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse892 Kbytes
Artikel-Nr.12578067
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Der Geprägte
Herkunft, Heimat und die Suche nach Halt

Wer eine Konstante sucht im Leben des einst schlaksigen Schülers Hendrik und des heute mächtigen Ministerpräsidenten Wüst, findet sie in Raum E3 D22 des Düsseldorfer Landtags. Das Büro im dritten Stock ist nur mit einiger Ortskenntnis zu finden. Lange und etwas düstere Gänge voller endloser Türreihen winden sich durch den Parlamentsrundbau am Rhein, bis endlich ein Plexiglasschild an der Wand auftaucht: SPD-Landtagsfraktion. Dr. Timo Grunden, Grundsatzreferent . Ein freundlicher Mittvierziger mit einem roten SPD-Mehrwegbecher in der Hand bittet herein. Grunden entschuldigt die Unordnung. Es ist Februar 2023 und die Legislaturperiode in Nordrhein-Westfalen noch nicht sehr alt, viele Büros der Fraktionsmitarbeiter sind gerade erst neu zugeteilt worden. Ein großformatiges Bild der US-Kultfamilie Simpson lehnt senkrecht an der Wand. Bücher liegen verstreut über dem Sofa. Auf dem Tisch stapeln sich Papiere. Allerlei Notizen lassen erahnen, dass sich hier jemand hauptberuflich damit beschäftigt, Angriffsflächen zu identifizieren. Gerade die Problematik rund um schlechte Rohstoffe und verzögerte Baubeginne lässt sich gut emotionalisieren , steht da gut lesbar auf einem Zettel. Es werden Parlamentsanfragen oder Öffentlichkeitsarbeit zu akuten Brücken- und Autobahnproblematiken empfohlen. Auch eine Oppositionsbotschaft ist schon vorformuliert: Der Weg zur Arbeit müsse für Arbeitnehmer*innen möglich sein: Damit der Tag nicht schon morgens gelaufen ist . Grunden kennt die politische Achillesferse der schwarz-grünen Landesregierung von Ministerpräsidenten Wüst, der vorher fünf Jahre lang Verkehrsminister in Nordrhein-Westfalen war. Vor allem weiß Grunden besser als die meisten anderen im politischen Betrieb, wer dieser Hendrik Wüst eigentlich ist.

Sie stammen beide aus der 20.000-Einwohner-Gemeinde Rhede im Westmünsterland, sind gleich alt und kennen sich seit Kindheitstagen: Grundens Cousins wohnen damals bei Wüsts gegenüber. Wenn er dort zum Familienbesuch ist, spielen die Jungen schon mal draußen mit Hendrik zusammen. Nach der Realschule wechselt Grunden zum Euregio-Gymnasium nach Bocholt, wo er Wüst wiedertrifft. Sie machen 1995 gemeinsam Abitur. Grunden hat auch den Politiker Wüst von Tag eins an erlebt. Schon als Oberstufenschüler kandidieren sie beide 1994 für den Rheder Stadtrat. Wüst für die CDU, Grunden für die SPD. Wüst gewinnt im schwarzen Münsterland auf Anhieb den Rheder Stadtbezirk 7 und startet eine nunmehr fast 30-jährige Laufbahn voll von Ämtern und Mandaten. Grunden verliert im Wahlbezirk 16 gegen den CDU-Ratsfraktionschef Alfons Kalkofen. Er muss sich mit der Rolle des sachkundigen Bürgers im Stadtrat begnügen, zieht aber später aus, um ein einflussreicher Politikberater zu werden. Der eine übt Macht aus, der andere kann sie erklären.

Nach der Schule geht Grunden zunächst nach Marburg, um Politikwissenschaften und Philosophie zu studieren. Über eine Station in Prag landet er bei der NRW School of Governance an der Universität Duisburg-Essen. Grundens Doktorarbeit trägt den Titel: Politikberatung im Innenhof der Macht: Zu Einfluss und Funktion der persönlichen Berater deutscher Ministerpräsidenten . Er steigt auf zum Leiter der Forschungsgruppe Regieren und wird Akademischer Rat. Später übernimmt er Vertretungsprofessuren und ist Mitautor des Standardwerks Regieren in Nordrhein-Westfalen: Strukturen, Stile und Entscheidungen 1990 bis 2006 . Die Rheinische Post bezeichnet Grunden einmal als akademischen Ziehsohn des Politikprofessors und TV-Wahlanalysten Karl-Rudolf Korte. Nach einigen Jahren in der Wissenschaft erreicht Grunden ein Anruf aus der SPD-Landtagsfraktion. Ob er jemanden wisse, der die politische Arbeit der Fraktion ein wenig strukturieren könne? Grunden überlegt. Eigentlich wäre das der ideale Job für einen politischen Kopf mit Praxissehnsucht. Doch Grunden ist frisch verbeamtet und müsste sich beurlauben lassen. Die SPD-Landtagsfraktion wirbt weiter und macht ihm schließlich ein unmoralisches Angebot, wie Grunden es selber nennt. Seither ist er Hendrik Wüst wieder ganz nah. Der eine regiert, der andere attackiert. Es gehört zu Grundens Jobbeschreibung, Wüst zu kritisieren.

Hin und wieder verschränken sich Vergangenheit und Gegenwart. Als Wüst im Oktober 2021 erstmals im Landtag zum Ministerpräsidenten gewählt wird, veröffentlicht Grunden bei Twitter einen mehr als 30 Jahre alten Ausschnitt aus ihrer Lokalzeitung. Das Foto zum Text zeigt Wüst als Kinderkarnevalsprinzen Hendrik I. in der närrischen Diaspora Rhede mit seiner Lieblichkeit Sandra Dücking. Die jungen Tollitäten schauen etwas gequält in die Kamera, weshalb Grunden ironisch Zweifel an der Rheinland-Kompetenz des neuen Düsseldorfer Regierungschefs anmeldet: Man beachte aber die Begeisterung des Westfalen für den Karneval. Glückwunsch an @HendrikWuest. Es ist eine der harmloseren Frotzeleien. Unangenehmer wird es für Wüst, wenn Grunden die Opposition mit scharfen Parlamentsreden munitioniert. Gleich zur ersten Regierungserklärung des neuen Ministerpräsidenten komponiert er eine Erwiderungsrede des seinerzeitigen SPD-Fraktionschefs Thomas Kutschaty, die von den Oppositionsbänken mit stehenden Ovationen gefeiert wird. Es sind wohlgesetzte Spitzen. Mit Genugtuung beobachtet Grunden in solchen Momenten, dass Wüst erkennbar Mühe hat, in der Rolle des jederzeit kontrollierten, freundlich-friedfertigen Landesvaters zu bleiben. Dann steht er nämlich auf und trinkt Wasser , erklärt Grunden, ihm wurde wohl eingetrichtert: Rege Dich nicht auf. Reagiere nicht darauf. Lass Dich nicht provozieren. Und das zieht er bis heute durch. Es gibt an der Kopfseite des Düsseldorfer Plenarsaals eine große Wand mit Landeswappen, hinter der Abgeordnete für kleine Erfrischungen kurz verschwinden können. Wüst scheint die Trinkpause zu nutzen wie ein gewiefter Tennis-Profi das Medical-Time-Out , den kurzen Gang in die Kabine zwischen zwei Sätzen: Man sammelt sich noch einmal, wenn es nicht läuft, und bringt den Gegner damit aus dem Rhythmus.

Er will unbedingt verhindern, dass irgendwo was hängen bleiben oder irgendetwas irgendwen provozieren könnte , glaubt Grunden. Contenance und Kontrolle um den Preis der Substanzlosigkeit? Wüst macht es heute dem politischen Gegner durch sterile Konsensfähigkeit schwer. Keine Fehler machen! Keine Fehler machen! Nicht auffallen. Nur Reden halten, die man sofort wieder vergisst , sei wohl die Devise, analysiert Grunden. Wüsts CDU-Amtsvorgänger Laschet sei wenigstens ein leidenschaftlicher Parlamentarier gewesen, der die politische Auseinandersetzung im Landtag respektiert habe. Wüsts Leuten hingegen sei der politische Wettstreit im Abgeordnetenhaus völlig egal. Nur Phrasen, kein Wortwitz, nichts, was in Erinnerung bleibt , sagt Grunden, als wäre es daraufhin gesäubert, dass nichts hängen bleibt. Er muss jedoch einräumen, dass die Methode Wüst im Ministerpräsidentenamt machttechnisch ziemlich erfolgreich ist. Jeder Tag, an dem die Bürger von politischem Streit, markanten Aussagen oder allzu ambitionierten Plänen verschont bleiben, zahlt augenscheinlich auf das Image des präsidialen Amtsinhabers ein.

Dabei hat Grunden über Jahrzehnte einen anderen Hendrik Wüst kennengelernt. In den 90er-Jahren ist der SPD-Mann einmal als sachkundiger Bürger im Rehder Stadtrat zu Gast und erlebt dort die ersten politischen Auftritte des heutigen Ministerpräsidenten: Der machte daraus schon einen kleinen Bundestag. Mit seinen Reden , erinnert sich Grunden, der war da der Scharfmacher . Doch das demonstrativ Scharfe und Konservative von einst sei inzwischen ins demonstrativ Unpolitische umgeschlagen. Grunden und Wüst stammen zwar aus derselben Kleinstadt, kommen aber doch aus ziemlich unterschiedlichen Lebenswelten: Der SPD-Referent durchläuft in seiner Jugend eine Phase, in der er unangepasst sein will und sich als Punk und Gruftie kleidet. Wüst hingegen sieht auf alten Fotos fast genauso aus wie heute. Gleiche Frisur, gleiche Haltung, nur die Brille bekommt er erst mit 19 Jahren. Grunden mischt seit dem 16. Lebensjahr bei den Jusos mit und kreist einst um die großen Fragen: Kapitalismus, Imperialismus, Asylrecht sowie Golfkrieg und Kein Blut für Öl . Es werden Flugblätter gedruckt und Weltfriedenspläne geschmiedet. Wüst erscheint derweil in Grundens Augen früh als filmreifes Jungunionisten-Klischee. Man sah dessen Clique auf dem Schulhof im blauen Blazer mit Goldknöpfen, dazu diese Aktenköfferchen mit dem Aufkleber Bundeswehr? Mit Sicherheit Ja! . Wüst leistet später gar keinen Wehrdienst, weil er ausgemustert wird. Als Schüler muss er sich einer Notoperation unterziehen, als sein Blinddarm platzt. Bei der Intubation geht etwas schief, weshalb Wüst bis heute unter chronischem...
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Autor

Tobias Blasius, Jahrgang 1974, ist promovierter Historiker und seit 1999 bei der WAZ angestellt. Als landespolitischer Korrespondent in Düsseldorf begleitet er die Karriere von Hendrik Wüst journalistisch seit fast 15 Jahren.
Moritz Küpper, Jahrgang 1980, ist promovierter Politikwissenschaftler und arbeitet seit 2009 beim Deutschlandradio. Er ist Autor diverser politischer Sachbücher. Küpper interviewt Hendrik Wüst regelmäßig für den Deutschlandfunk.