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Befreiung

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
Deutsch
Bastei Entertainmenterschienen am30.08.20241. Aufl. 2024
Jersey 1945. Die junge Jean Parris lässt sich vom Freudentaumel mitreißen, der die Bewohner ihrer Insel nach dem Sieg der Alliierten ergriffen hat. Nun hofft sie endlich Nachricht von ihrem Vater zu erhalten, der während der Besatzungszeit von den Nazis verhaftet wurde. Doch die Botschaft seines Todes bringt traurige Gewissheit. Als kurz darauf Jeans Onkel aus dem englischen Exil zurückkehrt, verrennt sich dieser in einen Rachefeldzug gegen die vermeintliche Verräterin seines Bruders - die Lehrerin Hazel, deren politisches Engagement vielen ein Dorn im Auge ist. Ihre Schuld scheint festzustehen - nur: Ausgerechnet Hazel kennt ein Geheimnis, das Jean um jeden Preis schützen muss ...




Jenny Lecoat kam auf Jersey zur Welt, nur fünfzehn Jahre nach dem Ende der Besatzung der Insel durch die Nazis. Im Anschluss an ihr Schauspielstudium in Birmingham zog sie nach London, wo sie als Moderatorin und Kolumnistin arbeitete, bevor sie 1994 vollberuflich Fernsehautorin wurde. Ihr Romandebüt DIE ÜBERSETZERIN ist in zahlreichen Ländern erschienen und schaffte es auf Anhieb unter die Top Ten der NEW-YORK-TIMES-Bestsellerliste.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR23,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR19,99

Produkt

KlappentextJersey 1945. Die junge Jean Parris lässt sich vom Freudentaumel mitreißen, der die Bewohner ihrer Insel nach dem Sieg der Alliierten ergriffen hat. Nun hofft sie endlich Nachricht von ihrem Vater zu erhalten, der während der Besatzungszeit von den Nazis verhaftet wurde. Doch die Botschaft seines Todes bringt traurige Gewissheit. Als kurz darauf Jeans Onkel aus dem englischen Exil zurückkehrt, verrennt sich dieser in einen Rachefeldzug gegen die vermeintliche Verräterin seines Bruders - die Lehrerin Hazel, deren politisches Engagement vielen ein Dorn im Auge ist. Ihre Schuld scheint festzustehen - nur: Ausgerechnet Hazel kennt ein Geheimnis, das Jean um jeden Preis schützen muss ...




Jenny Lecoat kam auf Jersey zur Welt, nur fünfzehn Jahre nach dem Ende der Besatzung der Insel durch die Nazis. Im Anschluss an ihr Schauspielstudium in Birmingham zog sie nach London, wo sie als Moderatorin und Kolumnistin arbeitete, bevor sie 1994 vollberuflich Fernsehautorin wurde. Ihr Romandebüt DIE ÜBERSETZERIN ist in zahlreichen Ländern erschienen und schaffte es auf Anhieb unter die Top Ten der NEW-YORK-TIMES-Bestsellerliste.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783751755955
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum30.08.2024
Auflage1. Aufl. 2024
SpracheDeutsch
Dateigrösse1799 Kbytes
Artikel-Nr.12611480
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1
Jersey, Kanalinseln
Juni 1945

Die Freude wogte durch die Straße von einem Ende bis zum anderen. Sie strömte aus jedem Haus und knisterte in der Luft, kribbelte unter der Haut und lockte jeden vor die Tür an diesem aufregenden, historischen Morgen. Und was für ein prächtiger Morgen das war! Der gestrige Sturm hatte sich über dem Ärmelkanal nach Norden verzogen und nichts als strahlenden Sonnenschein an einem hellblauen Himmel zurückgelassen. Nun hielt ganz St. Helier in ungeduldiger Erwartung den Atem an. Ein steifer Südwestwind trug das ferne Gemurmel einer schnatternden Menschenmenge durch die Straßen, und als Jean auf ihrem Kiesweg stand, um alles in sich aufzusaugen, spürte sie einen Anflug aufrichtiger Zuversicht. Sie strich sich das hellbraune Haar zurecht, zupfte an ihrer Jacke, um sicherzugehen, dass sie das Mottenloch in der Bluse verdeckte, und rief über die Schulter ins Haus:

»Mum! Beeil dich, sonst landen wir ganz hinten.«

Mit der alten Lederhandtasche über dem Arm trat Violet Parris aus dem Haus. Gewohnheitsgemäß drehte sie sich noch einmal um und verriegelte die Tür. Da Diebstähle immer noch an der Tagesordnung waren, hatte sie die Vorsichtsmaßnahme beibehalten, auch wenn alle die Zeit der offenen Haustüren vermissten. »Bis Weihnachten renkt sich das alles wieder ein«, redeten sich die Leute gut zu. Und vielleicht würden sie ja recht behalten. Jean betrachtete das bleiche Gesicht ihrer Mutter unter dem abgenutzten Filzhut. Draußen, bei Tageslicht, sah sie noch zarter und hinfälliger aus, mit ihrem ängstlichen nervösen Blick und dem von der schweren Bürde ein wenig gekrümmten Rücken. Die meisten hätten sie wohl auf Mitte bis Ende vierzig geschätzt, aber schließlich waren alle hier auf der Insel in den letzten fünf Jahren um eine ganze Lebenszeit gealtert. Sie verspürte den spontanen Drang, ihre Mutter fest zu umarmen, doch da sie genau wusste, dass die sich dagegen sträuben würde, bot sie ihr stattdessen den Arm an.

Sie gingen in einem Tempo los, das ihre Mutter die halbe Meile wohl durchhalten würde. Überall knarzten Gartentörchen, scheuchten Frauen ihre Männer und Kinder auf den Bürgersteig, wurden Krawattenknoten zurechtgerückt und lose Haarsträhnen festgesteckt, bevor alle in Richtung Stadtzentrum strömten. Einige hatten aufgerollte Union Jacks dabei, um sie im entscheidenden Moment zu entrollen, und Jean verspürte einen Anflug von Neid; ihre eigene Fahne hatte im Winter zum Feueranzünden herhalten müssen, und jetzt gab es keinen Ersatz zu kaufen. Abgesehen davon war es nicht ratsam, sich dem Vorwurf der Verschwendungssucht auszusetzen. Jersey war eine kleine Insel. Die Leute redeten schnell.

Am Ende der Bath Street drängten sich bereits die Menschen auf dem Weg zum Royal Square. An der Ecke der Markthalle am Halkett Place vereinten sich zwei Menschenströme zu einem breiten, der sie beide wie Papierbötchen mit sich riss, und Jean wünschte sich wieder, sie wären früher losgegangen. Als eine Frau hinter ihr ins Stolpern geriet und sie beide nach vorne stieß, spürte sie, wie sich die Finger ihrer Mutter an ihrem Arm festkrallten; schnell zerrte Jean sie aus dem Gewühl heraus in eine ruhigere Seitenstraße, wo sich ihre Mutter an eine Hauswand lehnte und sich mit Jeans Taschentuch den Schweiß von der Stirn wischte.

»Alles in Ordnung?«

Violet schüttelte den Kopf. »So viele Leute. Wieso sind wir nicht zum Albert Pier gegangen, um die SS Jamaica einlaufen zu sehen, oder haben uns einen Platz an der Esplanade gesucht?«

Jean, die gestern Abend genau diese Möglichkeiten vorgeschlagen hatte, nahm nur das feuchte Taschentuch zurück und steckte es sich in den Ärmel. Dabei fiel ihr Blick auf die nächste Ladenfront, eine kleine Bäckerei auf halber Strecke der Abzweigung. Das Schaufenster war als Ersatz für die zerbrochene Scheibe mit Brettern vernagelt, aber offensichtlich waren die Vandalen ein zweites Mal gekommen, denn jetzt prangte ein riesiges Hakenkreuz in schwarzer Farbe auf dem Sperrholz. Auch ihre Mutter, stellte Jean fest, starrte wie gebannt darauf.

Violet hob das Kinn. »Kollaborateure.« Jean nickte. Was mochten die Besitzer getan haben, um sich einen solchen Ruf zu verdienen? Hatten sie deutsche Soldaten mit Brot versorgt? Sich mit ihnen verbrüdert? Sie stellte sich die wütenden Gesichter der Männer vor, die mitten in der Nacht mit Ziegel- und Pflastersteinen in der Hand den Laden stürmten. Was war in so wenigen Wochen nur aus dieser Insel geworden?

Der Tag der Befreiung vor weniger als einem Monat war das bedeutendste und emotionalste Ereignis gewesen, das die Inselbewohner, ob jung oder alt, je erlebt hatten. Der heiß ersehnte Tag war endlich gekommen, und mit der Ankunft eines britischen Einsatzkommandos im Hafen und der offiziellen Kapitulation des deutschen Militärs hatten fünf brutale Jahre der Nazi-Besatzung geendet. Die Besatzungszeit war so lang und beschwerlich gewesen - zu Beginn war Jean gerade einmal vierzehn Jahre alt -, dass sie in den ersten ein oder zwei Wochen nach der Befreiung ihr Glück kaum fassen konnten. Einfach so das Haus ohne Ausgangssperre zu verlassen, auf der Straße offen zu sprechen, ohne Angst vor Spionen die BBC-Nachrichten im Radio des Nachbarn zu hören! Aber das Beste von allem war die überwältigende Freude, endlich wieder eine richtige Mahlzeit essen zu können, nachdem die britische Armee damit begonnen hatte, kistenweise Nahrungsmittel an Land zu schaffen, und die Vega, ein Schiff des Roten Kreuzes, weitere Hilfspakete brachte. Nachdem sie im letzten Jahr kurz vor dem Verhungern gewesen waren, rührten Köstlichkeiten wie Konservenfleisch, Schmalz, Zucker und Tee Jean und Violet zu Tränen. Der fruchtige Geschmack der Himbeermarmelade, die sie in einem Moment des Hochgefühls direkt aus dem Glas löffelte, sollte Jean für immer in Erinnerung bleiben.

Doch diese ersten Tage hatten auch für jede Menge Unruhe gesorgt. Nach Jahren der Lähmung, in denen ganze Monate von nichts anderem als dem mühsamen Kampf um Lebensmittel und Treibstoff geprägt waren, brachte die Befreiung einen Wirbel an willkommenen, aber anstrengenden Entwicklungen mit sich. Die beiden Frauen hatten pflichtbewusst ihre Reichsmark bei der örtlichen Bank in Pfund Sterling umgetauscht, sie hatten mit Befriedigung zugesehen, wie die Minen an den Stränden geräumt wurden, sie hatten aus den öffentlichen Bekanntmachungen erfahren, dass die von den Deutschen im Herbst 1942 deportierten Inselbewohner nach England zurückgeflogen worden waren und dass ihre Rückkehr nun unmittelbar bevorstand. Endlich hatten sie einen Brief von Jeans älterem Bruder Harry erhalten, der aus dem Militärdienst entlassen worden war und nun mit seiner eigenen Familie in Chelmsford lebte. Über die um Jahre verspätete Nachricht von der Verhaftung seines Vaters entsetzt, schrieb Harry von seiner Verbitterung darüber, so lange von jeglicher Information über die Insel abgeschnitten gewesen zu sein, versprach jedoch zu Jeans großer Freude, sie zu besuchen, sobald die regulären Transportmittel ihren Dienst wieder aufgenommen hätten.

Von dem Gefühl ermutigt, endlich zur Normalität zurückzukehren, saßen sie und ihre Mutter eines Abends am Küchentisch, schnitten sämtliche wichtigen Artikel aus der Evening Post aus und klebten sie in ein Sammelalbum für die Nachwelt. Dabei wagte Jean im Flüsterton, damit eine launische Schicksalsmacht es nicht hören konnte, sich die kommenden Wochen auszumalen und auf Nachrichten vom Kontinent zu hoffen, die vielleicht bereits in diesem Moment auf dem Weg zu ihnen waren. Violet nickte und lächelte, antwortete aber selten. Hoffnung, vermutete Jean, war eine zu schwere Last für die erschöpfte Frau am Ende einer entsetzlichen Reise; Jean tat klug daran, die Lippen zu verschließen und ihre eigenen Wunschträume in die rhythmischen Bewegungen ihres Kleisterpinsels einfließen zu lassen.

Nicht alle Nachrichten waren gut. Zwischen den Schlagzeilen zur Feier des Tages und den behördlichen Ankündigungen gab es auch andere, beunruhigende Meldungen. Schreckliche Fotos von mörderischen Nazilagern, in denen unzählige Menschen umgekommen waren. Berichte über einheimische »Jerrybags« - Inselbewohnerinnen, die mit deutschen Soldaten geschlafen hatten. Immer wieder hetzten marodierende Banden die Frauen durch die Straßen, rasierten ihnen die Köpfe und rissen ihnen die Kleidung runter. Dazu kamen Artikel über die hoffnungslose Verschuldung der Insel. Und ein erschreckender Bericht auf der Titelseite über einen Vater und dessen Sohn, die anderthalb Jahre zuvor deportiert worden und in Gefangenschaft ums Leben gekommen waren. Nach dieser Lektüre zog sich Jean ins Bett zurück und lag stundenlang in düsterer Panik wach, bevor sie gegen Morgen in einen unruhigen Schlaf fiel. Sie erzählte niemandem davon, schon gar nicht ihrer Mutter.

Jean konnte nicht mehr genau sagen, wann sie die mütterliche Rolle in ihrer Beziehung übernommen hatte - vermutlich über Monate hinweg in einem schleichenden Prozess. Doch inzwischen wusste sie genau, wann die zitternden Finger ihrer Mutter anzeigten, dass Jean das Gemüse für das Abendessen schälen musste, oder dass Violets stille Tränen auf der aufgeschlagenen Seite eines Buchs in der Abendstille ein wärmendes Getränk und frühe Nachtruhe erforderlich machten. Für ihre eigenen Gefühle würde immer noch Zeit sein, wenn dieser Albtraum zu Ende wäre, sagte Jean sich immer wieder.

So zwang sich Jean auch an diesem Freudentag zu einem tröstenden Lächeln, trotz der beklemmenden Gefühle, die der Anblick der verrammelten Bäckerei in ihr heraufbeschwor. Jean legte ihrer...

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Jenny Lecoat kam auf Jersey zur Welt, nur fünfzehn Jahre nach dem Ende der Besatzung der Insel durch die Nazis. Im Anschluss an ihr Schauspielstudium in Birmingham zog sie nach London, wo sie als Moderatorin und Kolumnistin arbeitete, bevor sie 1994 vollberuflich Fernsehautorin wurde. Ihr Romandebüt DIE ÜBERSETZERIN ist in zahlreichen Ländern erschienen und schaffte es auf Anhieb unter die Top Ten der NEW-YORK-TIMES-Bestsellerliste.
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