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Zwei Frauen in Dublin

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am12.06.2024
Der Debütroman der internationalen Bestsellerautorin von »Botschaften an mich selbst«
Dublin, der 7. Oktober 2019: Ein Tag, eine Stadt, zwei Frauen. Sie kennen sich nicht, aber beide sind mit denselben Fragen konfrontiert: Wo ist mein Platz in der Welt, und was tue ich, wenn meine Wünsche nicht in Erfüllung gehen? Ein tief berührender und strahlend intelligenter Roman über die Grenzen von Trauer und Liebe und über den zarten Mut, den wir im Alltag brauchen.
Ruth arbeitet als Therapeutin und steckt in einer Ehekrise. Ihr Mann Aidan ist auf einer Konferenz in London, und sie ist nicht sicher, ob er zurück nach Hause kommen wird. Die beiden sind ungewollt kinderlos und haben schon mehrere künstliche Befruchtungen hinter sich, doch Ruth weiß an diesem Morgen: Sie will nicht weitermachen. Gleichzeitig wappnet sich die sechzehnjährige Pen für diesen Tag. Heute wird sie nicht in die Schule gehen, sondern zur Klima-Demo; gemeinsam mit ihrer besten Freundin Alice, in die sie heimlich verknallt ist. Pen hat sich fest vorgenommen, es ihr heute zu sagen, inmitten der beängstigenden Menschenmenge.

Emilie Pine ist Professorin für Modernes Drama an der School of English, Drama and Film am University College Dublin. Ihre zahlreichen wissenschaftlichen Veröffentlichungen wurden vielfach ausgezeichnet. »Botschaften an mich selbst« ist ihre erste Sammlung persönlicher Essays, die international euphorisch gefeiert und unter anderem mit dem »Irish Book of the Year«-Award ausgezeichnet wurden.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextDer Debütroman der internationalen Bestsellerautorin von »Botschaften an mich selbst«
Dublin, der 7. Oktober 2019: Ein Tag, eine Stadt, zwei Frauen. Sie kennen sich nicht, aber beide sind mit denselben Fragen konfrontiert: Wo ist mein Platz in der Welt, und was tue ich, wenn meine Wünsche nicht in Erfüllung gehen? Ein tief berührender und strahlend intelligenter Roman über die Grenzen von Trauer und Liebe und über den zarten Mut, den wir im Alltag brauchen.
Ruth arbeitet als Therapeutin und steckt in einer Ehekrise. Ihr Mann Aidan ist auf einer Konferenz in London, und sie ist nicht sicher, ob er zurück nach Hause kommen wird. Die beiden sind ungewollt kinderlos und haben schon mehrere künstliche Befruchtungen hinter sich, doch Ruth weiß an diesem Morgen: Sie will nicht weitermachen. Gleichzeitig wappnet sich die sechzehnjährige Pen für diesen Tag. Heute wird sie nicht in die Schule gehen, sondern zur Klima-Demo; gemeinsam mit ihrer besten Freundin Alice, in die sie heimlich verknallt ist. Pen hat sich fest vorgenommen, es ihr heute zu sagen, inmitten der beängstigenden Menschenmenge.

Emilie Pine ist Professorin für Modernes Drama an der School of English, Drama and Film am University College Dublin. Ihre zahlreichen wissenschaftlichen Veröffentlichungen wurden vielfach ausgezeichnet. »Botschaften an mich selbst« ist ihre erste Sammlung persönlicher Essays, die international euphorisch gefeiert und unter anderem mit dem »Irish Book of the Year«-Award ausgezeichnet wurden.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641295745
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum12.06.2024
SpracheDeutsch
Dateigrösse1233 Kbytes
Artikel-Nr.12747751
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



7:23 Uhr »Guten Morgen!«, sagt eine Stimme. Ruth blickt auf und denkt, was denn jetzt / oh nein / wo bleibt der Bus? Sie will sich nicht unterhalten, fühlt sich nicht dazu in der Lage, aber es ist Stephen, das muss Jahre her sein, sie sind zusammen zur Schule gegangen. Ganz schön groß ist er, und plötzlich wird Ruth bewusst, dass sie ungeschminkt ist.

»Du löst die Probleme des ganzen Landes«, sagt Stephen, und das irritiert Ruth, wovon redet er da? Und dann begreift sie, dass er die Anrufsendung im Radio meint, woher weiß er überhaupt davon, arbeitet er nicht im Ausland?

»Mhm, sehr gut, reichlich Probleme.« Sie klingt wie eine Idiotin. »Es ist schon anspruchsvoll«, sagt sie, um Boden zu gewinnen, den sie jedoch direkt wieder an einen verirrten Gedanken verliert. »Bist du nicht in Australien?«

»Bin vorübergehend hier, um meine Wohnung zu verkaufen.« Stephen deutet Richtung Terenure Cross. »Ich will mir da unten ein Haus kaufen ... und kann hier in unserem Dubliner Büro arbeiten, wobei es durch die Zeitverschiebung ein bisschen kompliziert ist.«

Ruth nickt nur.

»Eigentlich bin ich gerade auf dem Weg ins Fitnessstudio.« Er hebt die Sporttasche zum Beweis. »Ich warte gar nicht auf den Bus, ich kam nur hier vorbei.«

Vom Nachobenschauen tut Ruth der Nacken weh, sie versucht, einen unauffälligen Blick auf die Anzeigetafel zu werfen. Da steht immer noch 1 MIN / 1 NÓM. Jetzt komm schon, komm schon, wünscht sie den Bus herbei.

»Macht übrigens Spaß, dir zu folgen«, und dann merkwürdigerweise: »Ich habe deine Stimme im Ohr.« Stephen lächelt, und als sie immer noch verständnislos guckt, tippt er sich seitlich an den Kopf, als hätte sie das Konzept Ohr nicht begriffen. »Podcast«, sagt er schließlich.

»Oh. Ha. Verrückt«, sagt Ruth, denn, ehrlich, was soll sie darauf antworten?

»Ist ...« Stephan sieht besorgt aus. »Ist alles in Ordnung, Ruth?«

»Montagmorgen«, sagt sie mit einem Anflug von Panik. Sie sagt nicht: und mein Mann ist nicht nach Hause gekommen.

»Manic Monday, na klar!« Stephen lächelt breit, ein Kopfschütteln über den Beginn der neuen Woche. Lautere Motorengeräusche, der Bus kommt. »Dann viel Glück heute. Vielleicht können wir uns ja mal abends treffen, bevor ich wieder abreise?«

»Super!« Ruth reagiert mit einem unbeholfenen Halbwinken, sie steigt schon ein, und als sie sich umsieht und nickt (beide wissen, dass sie sich nicht treffen werden), hat sie den Eindruck, dass sein Lächeln ein bisschen gezwungen wirkt.

Sie hält ihre Karte vor das Gerät, und auf der Treppe nach oben denkt sie an den Abend damals zurück, der einundzwanzigste Geburtstag von irgendwem. Stephen und sie sahen sich, und als Nächstes lagen sie sich betrunken in den Armen und gestanden sich gegenseitig, wie toll sie einander in der Schule gefunden hätten, aber zu schüchtern gewesen seien, und in dieser Nacht war alles anders, es gab keine Hemmungen, es lag alles vor ihnen, ihre aufregende Zukunft, und sie redeten und knutschten im Park, er half ihr über den Zaun, und plötzlich dämmerte der Morgen, und sie lagen in seinem Bett. Gott, der Tag danach. Ruth hasste es, verkatert zu sein. Stephen hatte ihr geschrieben, und zuerst war alles ganz romantisch mit Küsschen hinter seinem Namen, aber dann stellte sich heraus, dass er eine On-off-Beziehung hatte, die jetzt definitiv wieder on war. Ruth hatte ohnehin auf Reisen gehen wollen. Bei der Erinnerung daran, wie real ihr das alles damals erschienen war, verzieht sie das Gesicht.

Der Bus kriecht durch Harold´s Cross, und Ruth kann richtig spüren, wie sie altert. War das damals die freieste Zeit ihres Lebens gewesen? Oh ja, die vertrödelten Stunden und Tage waren ihr wie ein Luxus erschienen. Aber war damals wirklich alles so wunderbar? Hat sie es als Freiheit empfunden? Fast verzieht sie das Gesicht. »Alles ist möglich«, hatte man ihr gesagt. »Dir steht alles offen.« Die Leute meinten es gut, doch wenn alles möglich war, hieß das nicht auch, dass nichts davon real war?

Ruth klappt ihre Minipuderdose auf. Betrachtet skeptisch ihr Spiegelbild. Wie soll sie es hinkriegen, wie ein normaler Mensch auszusehen? Also gut. Das Gesicht mit einem Stift bemalen, der Strahlen verspricht, darüber eine Schicht Puder. Puderdose und Wimperntuscheröhrchen in der einen Hand, mit der Bürste in der anderen die Wimpern traktieren. Fast heruntergefallen, Mist. Wieder den Spiegel vorhalten, um die Wirkung zu beurteilen. Ruth tupft sich Rouge auf die Wangen. Sinnlos, das alles kommt ihr so sinnlos vor. Ist es nicht absurd, die Röte in einem Teil des Gesichts abzudecken, nur um sie in einem anderen hinzuzufügen?

Der Bus ruckelt auf die Clanbrassil Street. Sie ist eleganter geworden - den Schlachthof gibt es nicht mehr, die alten Häuser wurden bereits in Ruths Kindheit abgerissen, um Platz für die neuen Busspuren zu schaffen, und tatsächlich kommt man jetzt schneller in die Stadt. Ruth spürt die Anziehungskraft, die das Haus ihrer Mutter auf sie ausübt, wenn sie den Hals reckt, könnte sie es sehen, Lombard Street. Inzwischen ist es das Haus von jemand anderem, immer noch mit den Glyzinien über der Tür. Sie wird nicht hinsehen, es ist doch nur ein Haus.

Vorbei an St. Patrick´s, und endlich kommt Christ Church in Sicht. Ein letzter prüfender Blick in den Spiegel, bevor sie alles wieder in der Tasche verstaut und die Treppe hinuntergeht. Der Bus passiert die Kathedrale, in der ihre Freunde an Weihnachten singen, beim alljährlichen Kniefall mit Liedern und Kerzen. Vorbei am Lord Edward Pub an der Ecke. Liegt da immer noch Sägemehl auf dem Boden? Oder hatte sie sich das nur eingebildet? Stockend hält der Bus an.

Raus aus dem Bus, sie spürt den Regen noch in der Luft, auch wenn sich der Himmel aufgehellt hat. Nach links in die Cow´s Lane, normalerweise mag sie diese erfundene Straße, in der es Yoga und Tattoos, Pflanzen und Bücher gibt. Wann hat sie zuletzt ein Buch gelesen? Das war wirkliche Freiheit: nicht Zeit zum Vertrödeln, sondern Zeit, das zu tun, was man will. Die Rückseite des Theaters, die Straßen und Gassen hier sind in Vergessenheit geraten. Merkwürdige Vorstellung, dass dies früher einmal das Stadtzentrum gewesen war, direkt vor dem Schloss, dem Herzen von allem. Ein paar Jahrhunderte besaßen die Macht, Grenzen zu verschieben. Der kleine Laden, in dem Ruth ihrer Mutter zu Weihnachten Kaschmirhandschuhe gekauft hatte, Made in Ireland hatte auf dem Etikett gestanden, aber auf die Anerkennung dieser Frau hatte sie vergeblich gehofft. An der Ecke das Denkmal für die Magdalenen-Wäschereien, an anderen Tagen, Tagen, die nicht heute waren, überkam sie bei dem Gedanken daran ein schlechtes Gewissen, weil ihr eigenes Leben in Wahrheit aus einer langen Abfolge von Freiheit bestand. Heute jedoch geht sie achtlos daran vorbei. Als sie auf die breitere Parliament Street tritt, sieht sie sich kurz nach dem Pub um, in dem sie während ihrer Studienzeit gearbeitet hat, damals gab es nur wenige Orte, an denen Männer Händchen halten konnten. Grattan Bridge. Während sie an der Ampel wartet, denkt sie an Aidan und verflucht sich, sie hatte sich doch so gut geschlagen. »Sieh mal«, hatte er einmal gesagt, war mitten auf der Brücke stehen geblieben und hatte auf die Verzierungen am Geländer gedeutet. »Das sind Seepferdchen.« Er hatte ihr erklärt, sie seien ein Symbol für Treue, weil sie sich fürs ganze Leben paarten. Sie hat das anschließend recherchiert und würde ihm jetzt gerne sagen, dass sie außerdem einzigartig sind, weil bei ihnen das Männchen die Jungen austrägt.

Capel Street, benannt nach wem, einem Earl vielleicht? Das scheint in weiter Ferne zu liegen, jetzt gibt es hier Suppen und Sushi und Bibimbap. Seltsam, denkt Ruth, als sie vor einem Schaufenster stehen bleibt, wenn man den Duft von Oliven oder Gewürzen riecht, kann die Aussicht auf Essen fast vollständig den Umstand verdrängen, dass einen der eigene Mann eventuell/vielleicht/wahrscheinlich hasst. Ruth betritt den Laden und nickt der Frau an der Kasse zu. (Griechisch? Türkisch? Ist es schlimm, das nicht zu wissen?) »Ja, von diesen bitte.« Der Mann vor ihr zeigt auf ein Tablett Baklava mit Pistazien. Die Frau reicht es ihm und lächelt Ruth an, die abermals nickt, um zu signalisieren, dass sie warten kann.

Das Gebäck in ihrer Hand ist warm, das Öl sickert bereits durch die Papiertüte. Ruth schlägt eine Ecke zurück und beißt hinein. Sie geht die Straße hinauf (sie nennt sie ihre Straße) und nimmt sich einen Augenblick Zeit, um das blättrige, knusprige, salzige, mit Käse gefüllte Börek zu genießen. Sie spürt ihre Füße auf dem Pflaster und die Wärme unter dem Papier und den öligen Film auf ihren Lippen, und das alles zusammen bedeutet, dass sie den heutigen Tag vielleicht irgendwie überstehen wird.

Ruth schließt die Tür auf und tritt in den schmalen Flur. Es ist dunkel und still, offenbar ist sie die Erste. Sie hebt die Werbeflyer für Pizza und Massagen auf und legt sie aufs Sims, dann steigt sie die Treppe hinauf, höher, immer höher. Ganz im Effizienzmodus schaltet sie überall das Licht an und dreht die Heizung voll auf, nach dem Wochenende ist es immer kälter, knipst die Schreibtischlampe an. Eine Art Zuhause. Sie geht in die Küche, setzt Wasser auf, nimmt einen Becher aus dem Schrank, ganz schön durcheinander, sie sollten mal ausmisten, gibt abgemessenes Kaffeepulver in die French Press, hört auf das anschwellende Kochgeräusch und wartet, bis das Licht mit einem Klacken erlischt. Teelöffel in die Spüle, abwaschen kann sie ihn später. Um alles kann sie sich später kümmern. Ruth nimmt den Becher...

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Autor

Emilie Pine ist Professorin für Modernes Drama an der School of English, Drama and Film am University College Dublin. Ihre zahlreichen wissenschaftlichen Veröffentlichungen wurden vielfach ausgezeichnet. »Botschaften an mich selbst« ist ihre erste Sammlung persönlicher Essays, die international euphorisch gefeiert und unter anderem mit dem »Irish Book of the Year«-Award ausgezeichnet wurden.