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König von Albanien

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
512 Seiten
Deutsch
DuMont Buchverlag GmbHerschienen am13.02.20241. Auflage
Salzburg, März 1913. Der Schausteller Otto Witte wird in eine Irrenanstalt eingewiesen, weil er steif und fest behauptet, König von Albanien gewesen zu sein. Der junge Doktorand Alois Schilchegger ist von diesem Mann fasziniert und nimmt sich seiner an. Ottos Geschichte beginnt im Oktober 1912 in Konstantinopel. Das Osmanische Reich droht auseinanderzubrechen. Albanien nutzt die Gunst der Stunde, erklärt sich unabhängig und sucht einen König. Otto und sein Kumpan, der Schwertschlucker Max Hoffmann, riskieren einen Coup: Albanien sucht einen König? Albanien bekommt einen König! Nämlich Otto, der einem möglichen Kandidaten auf den Thron zum Verwechseln ähnlich sieht. Otto und Max treten im Kostüm als Prinz und dessen Sekretär auf. Niemand stellt auch nur eine Frage. Fünf Tage geht es drunter und drüber in Albanien. Otto hält Paraden ab, lässt sich vom Volk bejubeln, gründet einen Harem und macht gegen Serbien und Montenegro mobil. Der Schwindel bleibt freilich nicht unbemerkt und fliegt am Ende auf. Dieser Roman um Albaniens angeblichen Kurzzeitkönig ist eine höchst vergnügliche Hommage an die Kunst des Hochstapelns.

ANDREAS IZQUIERDO ist Schriftsteller und Drehbuchautor. Er veröffentlichte den mit dem Sir-Walter-Scott-Preis ausgezeichneten historischen Roman >König von AlbanienDer Club der TraumtänzerFräulein Hedy träumt vom FliegenWege der ZeitSchatten der WeltRevolution der TräumeLabyrinth der Freiheit< (2022) umfasst. And
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextSalzburg, März 1913. Der Schausteller Otto Witte wird in eine Irrenanstalt eingewiesen, weil er steif und fest behauptet, König von Albanien gewesen zu sein. Der junge Doktorand Alois Schilchegger ist von diesem Mann fasziniert und nimmt sich seiner an. Ottos Geschichte beginnt im Oktober 1912 in Konstantinopel. Das Osmanische Reich droht auseinanderzubrechen. Albanien nutzt die Gunst der Stunde, erklärt sich unabhängig und sucht einen König. Otto und sein Kumpan, der Schwertschlucker Max Hoffmann, riskieren einen Coup: Albanien sucht einen König? Albanien bekommt einen König! Nämlich Otto, der einem möglichen Kandidaten auf den Thron zum Verwechseln ähnlich sieht. Otto und Max treten im Kostüm als Prinz und dessen Sekretär auf. Niemand stellt auch nur eine Frage. Fünf Tage geht es drunter und drüber in Albanien. Otto hält Paraden ab, lässt sich vom Volk bejubeln, gründet einen Harem und macht gegen Serbien und Montenegro mobil. Der Schwindel bleibt freilich nicht unbemerkt und fliegt am Ende auf. Dieser Roman um Albaniens angeblichen Kurzzeitkönig ist eine höchst vergnügliche Hommage an die Kunst des Hochstapelns.

ANDREAS IZQUIERDO ist Schriftsteller und Drehbuchautor. Er veröffentlichte den mit dem Sir-Walter-Scott-Preis ausgezeichneten historischen Roman >König von AlbanienDer Club der TraumtänzerFräulein Hedy träumt vom FliegenWege der ZeitSchatten der WeltRevolution der TräumeLabyrinth der Freiheit< (2022) umfasst. And
Details
Weitere ISBN/GTIN9783755810322
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum13.02.2024
Auflage1. Auflage
Seiten512 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4237 Kbytes
Artikel-Nr.12754436
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

DURAZZO,
13. FEBRUAR 1913
41

Normalerweise neigte Max nicht zu übermäßigem Lampenfieber, aber die Geräusche hinter dem provisorischen Vorhang aus Tischdecken ließen ihm das Blut in den Adern gefrieren. Es war, als würde er - mit rohem Fleisch behangen - vor den Gittern eines Raubtierkäfigs warten, gegen die bereits fletschend und jaulend die Wölfe sprangen.

Seit Stunden war das große Gastzimmer des Weißen Lammes überfüllt, seit Stunden zechten die Soldaten in einem Ausmaß, dass es dem Nüchternen angst und bange werden konnte, denn es war zu befürchten, dass die Offiziere der Serben und die der Montenegriner ebenso leicht reizbar waren wie Hauptmann Dokiç vom Hafen, auf dessen warme Empfehlung hin sie ein Zimmer im Gasthof bezogen hatten. Und jetzt standen sie hier, beide in der blau-grünen Paradeuniform türkischer Offiziere, und lauschten dem Gelächter und Geschrei, dem Gläserklirren und Stühlerücken, dem Chor rauer Männerstimmen, die ungeduldig den Beginn der Vorstellung forderten.

»Ich würde lieber nackt auftreten als so!«, flüsterte Max.

»Die werden uns lieben!«, antwortete Otto und klopfte nicht vorhandenen Staub von seinen Epauletten. Dann grinste er Max an: »Komm schon, die sind so blau, dass sie nur die Hälfte mitkriegen.«

»Oder so blau, dass sie reflexartig auf die Uniformen ihrer Todfeinde schießen, wenn das hier ...«, er rüttelte an den dunklen Tischtüchern, die als Vorhang dienten, »gleich weg ist.«

Otto klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter: »Du bist und bleibst ein Pessimist. Nichts wird passieren, mein Freund. Vertrau mir einfach.«

Otto nickte dem dicken Wirt zu, der am Rande der kleinen Bühne stand und eine Schnur in der Hand hielt, mit der er die Tischdecken flugs wegzog: Otto und Max standen von einer Sekunde auf die andere vor ihrem Publikum, das sie johlend und pfeifend begrüßte.

Die Männer saßen in ihren Uniformen an runden Holztischen, so dicht gedrängt, dass selbst die zarte Bedienung Mühe hatte, sich an ihnen vorbeizuschlängeln. Dabei balancierte sie ein Tablett mit Weingläsern und wehrte gleichzeitig die vielen Hände ab, die ihr an den Allerwertesten langten.

Vorne, in der ersten Reihe, saß Hauptmann Dokiç, applaudierte wild, stand auf, drehte sich zu seinen Landsleuten und den Verbündeten um und kündigte auf Serbisch die Attraktion des Abends an. Mit großer Geste stellte er Otto und Max vor, animierte zu mehr Applaus, sah einmal mehr wie ein kompletter Irrer aus, der sich schwankend wieder setzte und ein Glas Roten in einem Zug hinabstürzte.

»Leg los, Otto!«, schrie er und schlug vergnügt mit der flachen Hand auf den Tisch.

Otto war sich sicher, dass er mit der gleichen Gestik ein Erschießungskommando aufmuntern würde, es so richtig krachen zu lassen, und entschloss sich, Dokiç nicht übersetzen zu lassen. Je weniger sich der Mann einbrachte, desto besser. So mischte Otto sich unter das Publikum, präsentierte seine Hände, die leer waren, bat einen Soldaten aufzustehen und zauberte eine Münze hinter dessen Ohr hervor. Es gab stürmischen Applaus und jede Menge Freiwillige, aus denen Otto ebenfalls Münzen hervorzaubern sollte, Münzen, die die Soldaten selbstverständlich behielten. Beim dritten Freiwilligen gingen Otto die Münzen aus, und er sah in die wütenden Gesichter derer, die noch nichts bekommen hatten, sodass er Hauptmann Dokiç dann doch bat, der Bande mitzuteilen, dass weitere aufsehenerregende Tricks kämen und dass es keinen Grund gäbe, enttäuscht zu sein.

Dokiç übersetzte, während Otto schnell ein Kartenspiel zückte und seine Tricks zeigte, die wieder auf große Begeisterung stießen und glücklicherweise von den Münzen ablenkten. Routiniert führte Otto sein Publikum durch die Schau, wechselte zu den Jongliernummern, ließ sich Gegenstände reichen, die er sich mit Max zuwarf, und verbeugte sich vor den applaudierenden Soldaten. Dann bat er um absolute Ruhe. Er zog Hauptmann Dokiçs Degen aus der Scheide und reichte ihn Max. Der ließ die Klinge durch die Luft sirren und schlug sie zum Beweis ihrer Echtheit in den Bühnenrand, in dem sie stecken blieb. Dann legte er den Kopf in den Nacken und ließ den Degen in seinem Hals verschwinden.

»So soll der Türkenhund die serbischen Säbel schmecken!«, rief Otto und nickte Dokiç zu, der kurzerhand aufsprang und schreiend übersetzte. Tosender Applaus war die Folge - Otto und Max verbeugten sich. Alle waren begeistert.

Die Männer sprangen auf, kamen vor zur Bühne, schüttelten Ottos und Max´ Hände, luden die beiden zu Wein und Essen ein und wollten wissen, wie man Münzen hervorzauberte und vor allem, wie man beim Kartenspiel betrog.

Otto lächelte zufrieden und wiegelte ab: »Gleich, gleich, meine Herren! Wir wollen uns erst umziehen, denn mit diesem Fetzen am Leib kann man kein anständiges Gespräch führen.«

Dokiç übersetzte, und Otto erntete Gelächter - man ließ sie auf ihr Zimmer.

Max warf sich aufs Bett und sagte: »Ich geh da nicht mehr runter! Noch ein paar Wein, und die fallen übereinander her. Und dann möchte ich lieber hier oben sein.«

»Wenn wir nicht gehen, werden sie hochkommen.«

»Ich geh trotzdem nicht.«

»Schon gut, ich gehe. Pack du bitte alles ein, damit wir hier morgen früh abhauen können.«

»Lass uns doch jetzt abhauen.«

»Vergiss es, Max. Wir kämen nicht weit. Morgen früh sind wir hier weg, und keiner kommt auf die Idee, uns zu verfolgen.«

Otto kehrte in Zivil zurück in den Schankraum und wurde sogleich von den Soldaten bestürmt. Er beantwortete alle Fragen so gut er konnte, verriet ein paar Tricks und hielt sich mit dem Wein zurück.

Irgendwann sangen die Männer.

Dokiç stand plötzlich auf dem Tisch und hielt eine siegestrunkene Rede auf die Überlegenheit der serbischen Armee, auf den Türkenhund und auf die neue Ordnung nach dem Krieg. Ob er die Montenegriner bei seiner Rede vergaß oder durch gezielte Auslassung einfach nur provozieren wollte, konnte Otto nicht beurteilen, aber die Antwort der montenegrinischen Offiziere ließ nicht lange auf sich warten. Ein Wort ergab das andere, und plötzlich zog jemand Dokiç wutentbrannt vom Tisch.

Die beiden stürzten aufeinander und begannen sich zu prügeln. Der Rest der Soldaten ließ sich nicht lange bitten: Innerhalb von Sekunden flogen Stühle und Gläser, stürzten sich Soldaten übereinander in eine wilde Schlägerei, die eigentlich so ganz nach Ottos Geschmack gewesen wäre. Aber er zog sich seufzend zurück, entdeckte einen auf dem Boden liegenden Feldstecher, den er als Gage kurzerhand einbehielt, und überließ die Soldaten sich selbst.

Am nächsten Morgen würde es eine Menge Veilchen und den einen oder anderen gebrochenen Arm geben, aber wahrscheinlich wieder Einigkeit unter den Eroberern darüber, wie Albanien untereinander aufzuteilen sei. An die beiden Gaukler vom Vorabend würde dann keiner mehr denken.
42

Mit Beginn der Morgendämmerung schlichen Otto und Max in Zivil gekleidet und mit dicken Paketen unter den Armen aus dem Weißen Lamm, in dessen Schankraum immer noch einige der Offiziere über den Tischen zusammengesunken schliefen. Einiges war zu Bruch gegangen, aber im Gegensatz zum bedauernswerten Wirt und seiner viel getätschelten Bedienung würden Otto und Max die wilden Soldaten von Durazzo mit etwas Glück niemals wiedersehen.

Es war empfindlich kühl an diesem Morgen des 13. Februar, als die beiden über die grob gepflasterten, menschenleeren Straßen schlichen, vorbei an flachen Bruchsteinhäusern. Nichts erinnerte hier an den Reichtum und die Pracht Konstantinopels. Hier und dort schimmerte das flackernde Licht einer Ölfunzel durch die Scheiben, und weißer Rauch stieg aus schlecht gemauerten Kaminen in den klaren Himmel.

Es dauerte nicht lang, bis sich die Häuserreihen allmählich auflösten. Sie erreichten den Stadtrand. Vor ihnen lag das Küstenland Albaniens mit seinen runden, meist kahlen Hügeln, die im kalten Winterlicht ungastlich und wüst wirkten.

Sie hörten lautes Geklapper sowie hartes Knirschen von Holzrädern auf unebenem Pflaster, drehten sich um zu einem freundlichen Bauern, der seinen Gaul am Zaumzeug hielt und ihn, eingespannt in einen zweirädrigen Karren, aufs Feld hinausführte. Otto fragte den Mann, ob sie hinten aufsitzen dürften.

Die Fahrt ging jetzt etwas schneller voran, wenn auch unbequemer, da der Karren auf dem Pflaster schaukelte und hüpfte, dass es einem schlecht werden konnte. Dennoch waren Otto und Max guter Laune, hielten Ausschau nach türkischen Vorposten, ohne jedoch welche zu entdecken. Sie sahen auch keine serbischen oder montenegrinischen Posten, sodass sie sicher waren, dass die feindlichen Truppen nur Durazzo erobert hatten, sonst nichts. Der Bauer bestätigte ihre Annahme.

»Die Türken sind nicht weit«, sagte der Mann, »vorgestern noch habe ich sie in der Gegend gesehen. Spähtrupps.«

»Weit von hier?«, fragte Otto.

Der Bauer schüttelte den Kopf: »Nein, wir werden sicher auf welche treffen, noch bevor wir in Tirana sind.«

Otto spürte ein nervöses Kribbeln im Magen, rieb sich die Hände und stupste den neben ihm sitzenden Max mit der Schulter an: »Bald kommt der große Augenblick. Bist du so weit?«

»Nein.«

»Du könntest ruhig ein bisschen optimistischer sein, Max.«

»Nein.«

»Warum nicht? Alles klappt wie am Schnürchen.«

»Ich will ehrlich sein, Otto: Ich hab Angst. Ich hab saumäßig Angst. Und wenn du nicht den Verstand verloren hättest, dann hättest du auch Angst.«

»Aber das ist doch in Ordnung, Max. Es darf nur nicht sein, dass dich deine Angst lähmt....
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