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Einband grossDas Herz des Potts schlägt am Kanal
ISBN/GTIN

Das Herz des Potts schlägt am Kanal

Geschichten aus dem Ruhrpott
tolino mediaerschienen am01.07.2015
Sechs Episoden aus dem nördlichen Ruhrgebiet. Genauer gesagt, aus Datteln, einer Kleinstadt, die vieles in sich vereint. Zum einen die Industrie- und Zechenhistorie des Ruhrpotts. Zum anderen das Bäuerliche des Münsterlandes. Und im Gegensatz zu den großen Städten des Ballungsraumes ist hier die Gemeinschaft sehr überschaubar. Die eine oder andere Episode könnte vielleicht auch woanders spielen. Aber ich glaube wirklich nur 'vielleicht'. --- Von Humor über Krimi bis abgründige Gefühle - die Stories werden federleicht unterhalten. --- Das Herz des Potts: Ein Reisender sucht das Herz des Kohlenpotts. Das Entree in diese Sammlung. --- Zur Sache, Schätzken!: Die Hessin Sylvia hat es aus Liebe ins nördliche Ruhrgebiet verschlagen. Sie lebt jetzt schon seit einem halben Jahr hier. Doch der Höhepunkt steht noch bevor ... --- Finanzkrise: Offene Ohren und eine Spürnase - Michael kommt einer großen Sache auf die Spur ... --- Inne Falle: Eine vermeintliche Ruhestörung entpuppt sich als hochbrisante Geiselnahme. Kommissar Lichter, Spezialist auf dem Gebiet, greift ein. (Die Geschichte ist eine Regio-Version von 'Auf Messers Schneide'.) --- Mauerblümchen: Dieter hat eine Flamme - doch sie weiß davon nichts. Armer Dieter ... (vom Tanzen und dem berühmten Dattelner Mauerfall) --- Der Jungbrunnen: Datteln auf die haarde Tour. Die Welt ist doch schön, oder ... --- Die Geschichten entstanden aus Liebe zum nördlichen Kohlenpott und spielen ebendort. Doch lesen Sie selbst ... --- Leserstimmen: 'echt toll zu lesen' - 'Und sooooo toll geschrieben. Da möchte man/ Frau noch gaaanz viel von lesen, Bravo !!!' - 'Ich habe mich köstlich amüsiert, oft laut lachen müssen und mich bestens unterhalten gefühlt. ... Ich danke für dieses Lesesvergnügen, das mir den Abend verschönert hat.'

Der Durchbruch gelang Rudy Namtel mit dem Buch »Watt-Grab«, das einen fiktiven Mord mit den aktuellen Entwicklungen auf der Insel Wangerooge verknüpft. Ob Krimi, Science Fiction oder Liebesgeschichte, ob Roman oder Short Story - Namtel fühlt sich in jeder Disziplin wohl. Oft spielen bei ihm Länder und Orte gewichtige Nebenrollen oder liefern wie in der Novelle »Nebelmann« historische Hintergründe. Der gebürtige Westfale lebt mit seiner Familie in einem hessischen Dorf.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR14,90
BuchKartoniert, Paperback
EUR5,90

Produkt

KlappentextSechs Episoden aus dem nördlichen Ruhrgebiet. Genauer gesagt, aus Datteln, einer Kleinstadt, die vieles in sich vereint. Zum einen die Industrie- und Zechenhistorie des Ruhrpotts. Zum anderen das Bäuerliche des Münsterlandes. Und im Gegensatz zu den großen Städten des Ballungsraumes ist hier die Gemeinschaft sehr überschaubar. Die eine oder andere Episode könnte vielleicht auch woanders spielen. Aber ich glaube wirklich nur 'vielleicht'. --- Von Humor über Krimi bis abgründige Gefühle - die Stories werden federleicht unterhalten. --- Das Herz des Potts: Ein Reisender sucht das Herz des Kohlenpotts. Das Entree in diese Sammlung. --- Zur Sache, Schätzken!: Die Hessin Sylvia hat es aus Liebe ins nördliche Ruhrgebiet verschlagen. Sie lebt jetzt schon seit einem halben Jahr hier. Doch der Höhepunkt steht noch bevor ... --- Finanzkrise: Offene Ohren und eine Spürnase - Michael kommt einer großen Sache auf die Spur ... --- Inne Falle: Eine vermeintliche Ruhestörung entpuppt sich als hochbrisante Geiselnahme. Kommissar Lichter, Spezialist auf dem Gebiet, greift ein. (Die Geschichte ist eine Regio-Version von 'Auf Messers Schneide'.) --- Mauerblümchen: Dieter hat eine Flamme - doch sie weiß davon nichts. Armer Dieter ... (vom Tanzen und dem berühmten Dattelner Mauerfall) --- Der Jungbrunnen: Datteln auf die haarde Tour. Die Welt ist doch schön, oder ... --- Die Geschichten entstanden aus Liebe zum nördlichen Kohlenpott und spielen ebendort. Doch lesen Sie selbst ... --- Leserstimmen: 'echt toll zu lesen' - 'Und sooooo toll geschrieben. Da möchte man/ Frau noch gaaanz viel von lesen, Bravo !!!' - 'Ich habe mich köstlich amüsiert, oft laut lachen müssen und mich bestens unterhalten gefühlt. ... Ich danke für dieses Lesesvergnügen, das mir den Abend verschönert hat.'

Der Durchbruch gelang Rudy Namtel mit dem Buch »Watt-Grab«, das einen fiktiven Mord mit den aktuellen Entwicklungen auf der Insel Wangerooge verknüpft. Ob Krimi, Science Fiction oder Liebesgeschichte, ob Roman oder Short Story - Namtel fühlt sich in jeder Disziplin wohl. Oft spielen bei ihm Länder und Orte gewichtige Nebenrollen oder liefern wie in der Novelle »Nebelmann« historische Hintergründe. Der gebürtige Westfale lebt mit seiner Familie in einem hessischen Dorf.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783739302225
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum01.07.2015
Seiten116 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse116
Artikel-Nr.12829254
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Das Herz des Potts

Keine bessere Gelegenheit, um mich zurückzuerinnern.

 


*
 

Da saßen wir damals in Bonn weit nach Mitternacht in der Kerze. Kennen Sie nicht? Mann, die Kerze! Auffangbecken für Nachtschwärmer wie uns. Auch nach Mitternacht gab es dort Spaghetti Bolognese - vielleicht ein wenig zu fettig, aber für uns nach einem harten Kneipenabend in der Altstadt genau richtig. Und wer wollte schon so früh nach Hause? Keiner. Die Nacht gehörte uns. Nach Plan. Jeder wusste genau, welche Kneipe noch nach ein Uhr in der Nacht geöffnet hatte. Und nach drei gab es nur noch ein Ziel: die Kerze.

Ja, so ein Studentenleben konnte ganz schön hart sein. Durchhalten! So ein paar Bierchen sollten uns doch nicht schrecken. Natürlich kam es dann und wann vor, dass eine der hübschen Studentinnen uns über den Thekenweg lief. Und dann geriet unser Kreis ganz schnell in Gefahr, gesprengt zu werden. Aber die Zurückbleibenden hatten immer volles Verständnis für den jeweiligen Glückspilz, dem das Jagdglück hold gewesen war.

An jenem Abend, an den ich mich gerade zurück erinnere - nein, »Morgen« passt ja wohl besser - nun, in jener Nacht war unsere kleine Gruppe zu jener Stunde noch vollzählig. Klaus, der angehende Arzt, Hans, Student der Pädagogik, Peter und ich, beide Juristen. Wie immer bei solchen Gelegenheiten hatten wir einen mehr oder weniger brisanten Stoff, an dem wir uns in der Diskussion aufheizten. Die Themen gingen uns nie aus. Philosophisch, politisch, sportlich, musikalisch - wir fanden immer etwas, jeden Abend. Zugegeben - am liebsten politisch, denn das hatte ja was bei uns Spät-68ern. Aber die Musik war auch nicht schlecht. Alle Naselang gab es neue oder perfektionierte bekannte Richtungen - am Anfang standen da Cream, Santana, oder auch die neuen rockig-bluesigen Arrangements der Collective Consciousness Society ganz oben, später folgte das große Spektrum von Manfred Mann´s Earth Band bis hin zu Meat Loaf am Ende unserer Studienzeit. Wir hörten auch Reinhard Mey - dazu standen wir. Der Stoff ging uns jedenfalls nie aus.

In besagter Nacht rieben wir uns am Thema der Arbeiterklasse. Oder was wir damals darunter verstanden. Die Arbeiterklasse - nicht politisch gemeint, sondern uns schwirrten Vorstellungen vom ganz normalen Leben in den Köpfen herum. Das Leben der Menschen im Kohlenpott. Wir - alle vier - kamen im weitesten Sinne aus jener Region. Aber jeder aus einer anderen Ecke. Und genau so verschieden waren unsere Ansichten.

Wir diskutierten über die Malocher, ihre Bildung, Ihre Ansprüche. Mit einem Schuss Überheblichkeit, der solchen Studierten wie uns doch zustehen sollte. Aber nicht zu viel davon, denn wir waren ja selbst Arbeiterkinder. Durften wir über unsere Eltern diskutieren?

»Ja - aber nicht so!« Dieser Einwand kam von Hans. Und wir gestanden uns schnell ein, dass er Recht hatte. Unsere malochenden Eltern hatten uns dies ausschweifende Nachtleben in einer Universitätsstadt ja erst ermöglicht. Alle Hoffnung in ihre Kinder legend. Irgendwie fanden wir bei unseren ansonsten so verschiedenen Eltern doch, dass sie sich sehr glichen. Waren die Menschen im Pott alle irgendwie gleich gestrickt?

»Ja, irgendwie schon. Das Leben im Pott schweißt zusammen.« Peter brachte es auf den Punkt. Zusammengeschweißt im großen Schmelztiegel.

»Na, so sehr nun doch wieder nicht.« Klaus war nicht einverstanden. »Wenn ich so an Schalke denke - uuaaahhhh!« Klaus kam aus Dortmund und war glühender BVB-Fan. Für ihn waren die Gelb-Schwarzen das Herz des Potts. Doch da bekam er auf seinen vielleicht nicht ganz ernst gemeinten Einwand heftigsten Widerspruch von uns anderen dreien.

»Und außerdem - ein Fußballverein kann nicht das Herz einer ganzen Region sein.« Mein Statement löste die nächste Diskussionswelle aus. Wo schlägt das Herz des Ruhrgebiets? Ganz schnell hatten wir geklärt, dass weder Dortmund noch Gelsenkirchen dafür in Frage kämen - ihre Vereine polarisierten zu stark, so dass das Zusammenleben zwischen den verschiedenen Fan-Gruppen zu tiefgreifenden Problemen führen könnte. Ernsthaft. Davon waren wir fest überzeugt. Wo dann? In Bochum? Alle schüttelten den Kopf. Essen? Nee - zu wenig los, zu wenig Dampf, zu wenig Kontur. Aber wo? Wir hechelten alles durch, was uns einfiel. Doch wir fanden keinen Konsens.

Dann kehrte Klaus den Mediziner heraus. »Wo sitzt denn das Herz? Na? Dort, wo das Blut fließt. Und was sind die Adern des Potts?«

Wir sahen uns an. Der Ruhrschnellweg? Wohl eher nicht. Den sahen wir eher als das genaue Gegenteil. Ruhrstauweg war sein Spitzname. Die Eisenbahnlinien? Keiner von uns vermochte, wichtige Schienenstränge zu benennen. Oder die Kohle, die ihre Adern unter dem Gebiet nach Norden immer weiter abfallend eingezogen hat oder besser hatte? Oder doch vielleicht die Kanäle? Jeder von uns kannte sie. Rhein-Herne, Dortmund-Ems, Wesel-Datteln, Datteln-Hamm. Wir waren uns schließlich sicher - das sind die Adern des Potts!

Klaus grinste. »Also wo?«

»Da, wo alle zusammenfließen.« Das sagten wir so, obwohl Kanäle ja nicht fließen. Doch der Vergleich mit dem Blut lud zu dieser Formulierung ein. Das Leben des Potts strömte durch die Kanäle. Wie Blut. Und sie treffen sich damals wie heute in einem Ort: Datteln. Ist das das Herz des Potts? Datteln? Dieses Kaff?

Wir fanden in unserer abgehoben theoretischen Diskussion die Antwort nicht.

 


*
 

Jetzt sitze ich hier im Hotel am Ring. Das löst vielleicht rennsportliche Assoziationen aus, doch es geht nicht um den Ring, den in der Eifel. Sondern ganz bescheiden um den Süd- und Ostring des westfälischen Städtchens Datteln. Eine Dienstreise verschlug mich hierher. Ich glaube, sonst wäre ich wohl nie hierhergefahren.

Datteln - jetzt lerne ich es also kennen. Beim Frühstück fällt mir unsere damalige nächtliche Studentenrunde wieder ein. Und nach meinem gestrigen Abend bleibt mir nur das erste Fazit: Respekt - irgendwie lagen wir damals nicht so falsch.

 


*
 

Ganz gemütlich schlenderte ich gestern durch die Fußgängerzone. Das Essen bei dem deutschen Mexikaner hatte mir vorzüglich geschmeckt. Jetzt suchte ich noch eine gemütlich-urige Kneipe für ein Gute-Nacht-Bierchen. Doch hier in der Fußgängerzone wurde ich nicht wirklich fündig. Wie sagt man so schön: hier waren »die Bürgersteige hochgeklappt« - keine Menschenseele war auf dem Trottoir zu sehen; Leben signalisierende Töne gab es nur hier und da aus einem der geöffneten Wohnungsfenster in den oberen Stockwerken. Ich entdeckte zwar zwei Gaststätten, doch beide scheinbar gähnend leer. So drehte ich ab und wählte eine der Nebenstraßen. Mit hellem Mondlicht begleitete mich die Nacht bei noch ziemlich warmer Luft auf meiner Wanderung durch die Siedlung.

»Dortmunder Union« strahlte mir die Lichtreklame entgegen. Aus dem Innern klangen laute Stimmen an mein Ohr. In dieser Kneipe war richtig Leben. Also gab es für mich nur eines: nichts wie hinein.

Die leicht verqualmte Luft störte mich nicht. Ich nahm auf einem der Hocker an der Theke Platz. Neben mir schwatzten drei Männer meines Alters wild und lautstark. So hatte ich mir meine Eckkneipe gewünscht.

»Bier?« Knapper hätte mich die Wirtin wohl nicht nach meinem Wunsch fragen können.

»Ein Pils, bitte.«

Sie nickte kurz und lächelte mich an. »Nich von hier, oder?«

»Nein. Nur zu einer kurzen Stippvisite.«

Sie zog den Hahn auf. »Dauert aber´n bissken. So´n gut gezapftes ...«

»Na klar.« Ich lauschte den dreien neben mir.

»... packen die nie! Die nich!«

»Abba du unn deine Doatmunda. Kannsse doch inne Feife rauchen!« Sein blauer Schal wies den Mann klar als Schalke-Fan aus. Dabei war doch gestern gar kein Spiel.

»Komm, Hannes, mit´n Klopp sinnse doch auf´n richtigen Weech. Weisse, wie damals. Mein Oppa erzählt mich noch imma ganz stolz, wie´se damals den Libuda unn den Emmarich bejubelt ham, als die den Pott gegen Liwapuhl gewonnen hatt´n.«

Ich liebe das. Den Slang des nördlichen Ruhrgebiets. In diesen wenigen Sätzen, die ich aufschnappte, bekam ich alles das serviert, was diese Sprache auszeichnet. Grammatikalisch sehr gewöhnungsbedürftig, Endungen schleifend, Worte ineinander fließen lassend.

»Abba dafür sind sie ja dann lange genug inne Versenkung verschwunden, oder?« Der Dritte schaltete sich ein. Seine Sprache schien ganz offensichtlich nicht so stark regional gefärbt. Doch auch er ließ die Worte fließen und betonte die Doppelkonsonanten an Stellen, an denen die deutsche Sprache sie eigentlich nicht kennt.

»Jau, stimmt schon, Reinhard.« Der BVB-Fan gab etwas bei. »Abba die Knappen? Meista vonne Herzen, abba mehr nich! Stimmtet, Hannes?«

»Jau, Paul, abba wate ma ab. Diese Sesong klappt datt.«

Der BVB-Fan Paul, der mir am nächsten saß und mir deshalb den Rücken zukehrte, drehte sich zur Wirtin.

»Gitti, machse ma noch drei?« Er wendete seinen Kopf weiter herum und blickte mich kurz an. »Unn für den Herrn auch eins!«

»Oh, danke!« Ich nickte lächelnd. Ich hatte ja noch gar keines erhalten und bekam so direkt gleich mein erstes Pils ausgegeben. Paul nickte zurück, stand kurz auf und rückte seinen Hocker einen Meter von der Theke ab.

»Dann kannsse bessa mitred´n.« So forderte er mich augenzwinkernd auf, mich in den Halbkreis einzubringen. Dabei hatte ich doch noch gar nichts gesagt. Und ob ich dazu überhaupt Lust hatte, wurde nicht gefragt. Ich war mittendrin. Mir war´s recht.

»Hasse auch´n Lieblingsvahein?«

Ich...
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