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Im Spiegel meines Schicksals - Ein Wendekind zwischen Ost und West, Magersucht, Bisexualität und Babywunsch - Roman nach wahren Begebenheiten - Erinnerungen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
154 Seiten
Deutsch
DeBehrerschienen am04.12.2023
Freunde hatte ich keine. Ich litt unsagbar. Doch mit meiner Essstörung hatte ich endlich etwas gefunden, das ich kontrollieren konnte - meinen Körper. Ich wollte noch dünner sein, ... viel dünner. September 1989. Die dreizehnjährige Daniela flüchtet mit ihrer Familie über die Prager Botschaft. Im Westen sucht sie nach Anerkennung in der Schule, fühlt sich fremd und findet keinen Anschluss. Ihr Vater treibt sie zu immer neuen Höchstleistungen an. Später strebt sie nach Erfolg im beruflichen Leben. Lebensgefährliche Magersucht und gut betuchte Männer bestimmen bald ihren Alltag. Die junge Frau führt nun ein Leben im Luxus. Doch innerlich ist sie leer und ausgebrannt. Als sie Denise trifft, glaubt sie, endlich die wahre Liebe gefunden zu haben und lässt sich mit Haut und Haaren auf die junge Frau ein. Danielas unbändiger Kinderwunsch jedoch bedroht das Glück der beiden Frauen. Wird Daniela es schaffen, jemals glücklich zu werden, auch wenn Geld und Macht keine Rolle mehr spielen? Roman nach wahren Begebenheiten.mehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR11,95
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR4,99

Produkt

KlappentextFreunde hatte ich keine. Ich litt unsagbar. Doch mit meiner Essstörung hatte ich endlich etwas gefunden, das ich kontrollieren konnte - meinen Körper. Ich wollte noch dünner sein, ... viel dünner. September 1989. Die dreizehnjährige Daniela flüchtet mit ihrer Familie über die Prager Botschaft. Im Westen sucht sie nach Anerkennung in der Schule, fühlt sich fremd und findet keinen Anschluss. Ihr Vater treibt sie zu immer neuen Höchstleistungen an. Später strebt sie nach Erfolg im beruflichen Leben. Lebensgefährliche Magersucht und gut betuchte Männer bestimmen bald ihren Alltag. Die junge Frau führt nun ein Leben im Luxus. Doch innerlich ist sie leer und ausgebrannt. Als sie Denise trifft, glaubt sie, endlich die wahre Liebe gefunden zu haben und lässt sich mit Haut und Haaren auf die junge Frau ein. Danielas unbändiger Kinderwunsch jedoch bedroht das Glück der beiden Frauen. Wird Daniela es schaffen, jemals glücklich zu werden, auch wenn Geld und Macht keine Rolle mehr spielen? Roman nach wahren Begebenheiten.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783987271724
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Verlag
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum04.12.2023
Seiten154 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.13144786
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


 
Bedrückender Schulalltag
 

Meine Einschulung begann. Ich wurde der Klasse vorgestellt. Ablehnende Gesichter, ausländische Gesichter. Einige deutscher Herkunft, die wenigsten. "Wir begrüßen Daniela in unserer Mitte", hörte ich die Lehrkraft sagen und nahm vor Aufregung doch nichts richtig wahr. Ja, die Neue aus dem Osten ist da. Mir hieß es, Platz zu nehmen. Mein unbedingter Wille, anerkannt zu werden, saß tief in meinem Herzen. In der DDR war ich eine der beliebtesten Schülerinnen gewesen, mit hippen Klamotten, die mit dem Vater aus dem Westen. Hier war ich ein Niemand. Im Fach Englisch würde ich garantiert versagen, wir hatten in Leipzig keine Lehrerin für diese Sprache, ich konnte dafür Russisch und Französisch. Mein Vater erzog mich strebsam, meine Mutter weich und einfühlsam. Ich kam nach meinem Vater. Ich musste hier bestehen, unbedingt. Mir fehlte meine Freundin Jana. Was hatten wir doch für Spaß gehabt. Unser Lieblingsfilm war La Boum - die Fete . Was haben wir Sophie Marceau beneidet, wollten wie sie sein. Die Haare zum Bob geschnitten und Feten organisiert. Herrlich. Unerlaubt. Auf dem Dachboden unseres Wohnhauses. Und nun? Ich war ganz alleine. Die neuen Mitschüler zeigten mir in den nächsten Wochen, wie weit sie waren. Im Lehrstoff - ja das auch - vor allem aber in ihrer Reife. Viele hatten einen Freund und waren junge Erwachsene. Zudem hatten mich meine Eltern in ein Gymnasium gesteckt, welches jeden Tag eine Stunde Bahnfahrt durch Regensburg bedeutete. Pro Strecke wohlgemerkt. Für meinen Vater kam ein Abschluss der Mittleren Reife nicht infrage. Seine Tochter war zu Höherem bestimmt. Zudem sah er für unsere Familie mehr vor als Sozialwohnung und Arbeitslosigkeit. Er wollte es so schnell wie möglich schaffen. Ich nahm mir ein Beispiel, wollte ihn stolz machen. Ich würde alles geben. Koste es, was es wolle.

Es begann ein unregelmäßiger Tagesablauf. Ich saß ab sofort zur Mittagszeit oft in der Bahn nach Hause und verpasste das späte Mittagessen meiner Familie. Ich vergaß oft das Essen, lernte, wenn ich nach Hause kam, bis zur völligen Erschöpfung. Im Unterrichtsstoff kam ich nicht nach, in Englisch hatte ich drei Jahre aufzuholen. Es war unmöglich. Meine Eltern, die meine Verzweiflung sahen, sponserten mir eine Englisch-Nachhilfe, wiederum am entgegengesetzten Ende der Stadt. Ich saß gefühlt nur in der Bahn, die Zeit nutzte ich natürlich lernend. Trotzdem hatte ich schlechte Noten. Es war zum Verzweifeln. Ich war sehr unglücklich und litt Höllenqualen. Alles fühlte sich fremd und falsch an. Jeden Morgen drehte es mir den Magen um, wenn ich an den Tag dachte, der vor mir lag. Die Lehrer nahmen keine Rücksicht auf eine Geflüchtete wie mich. Ob ich nun im Unterrichtsstoff mitkam oder nicht, interessierte niemanden. Mein Vater hatte recht: Hier war sich jeder selbst der Nächste. Ich musste also handeln.

Nach einem Vierteljahr ließ ich mich von der achten Klasse zurückstufen. Gott sei Dank sahen das meine ehemaligen Mitschüler im Osten nicht. Ich, Daniela, niemand hätte es geglaubt! Dazu kam mein sächsischer Dialekt, egal wie sehr ich mich auch bemühte. Meine großen Vorderzähne, die ich provisorisch auf den echten trug. Sie rührten von einem Sturz her, den ich mir in der zweiten Klasse zuzog. Kurzum, ich schämte mich. Die Schüler der neuen, siebten Klasse, waren nahezu alle kindisch und unsympathisch und so hörte ich irgendwann einfach auf zu sprechen. Ich redete nur, wenn ich gefragt wurde und fühlte mich sehr unwohl. Freunde hatte ich keine. Ich litt unsagbar. Betäubte mich mit Lernstoff. Rutschte Stück für Stück in eine beginnende Essstörung hinein. Sie kam auf leisen Sohlen. Ich, die immer dünn war und nicht viel Widerstandskraft hatte, als Kind oft krank, genoss es irgendwie, eine neue beste Freundin zu haben. Meine Essstörung. Ich hatte etwas gefunden, was ich kontrollieren konnte, nur für mich alleine - meinen Körper. Ich wollte noch dünner sein, schließlich waren in meiner neuen Klasse alle dünn und redeten ständig von Diäten. Jetzt, da mir all die Köstlichkeiten zu Füssen lagen, hörte ich Schritt für Schritt damit auf. Ich liebte das Knurren meines Magens, die Kontrolle, die ich spürte. Ich hatte das Sagen! Ich entschied, was ich ihm gab und was nicht. Er reagierte entsprechend - ständig fror ich. Aber auch hier war ich regelrecht strebsam. Es wurde nämlich zu einer fixen Idee für mich, meinen Körper zu malträtieren, ihn zu beherrschen und meinen Willen aufzudrücken. Ich genoss sogar mein kleines Geheimnis, musste sich doch mein Gehirn nicht mit meinem neuen Leben im Westen auseinandersetzen, wenn ich mir Gedanken über das Kalorienzählen machte. Das wurde mehr als eine Beschäftigung, es wurde mein Lebensinhalt. Ständig kreisten meine Gedanken um das Essen oder besser gesagt, darum, wie man nicht aß. Ich war schon als Kleinkind kein guter Esser gewesen, hatte oft Essen verschmäht. Es schmeckte mir einfach nicht. So fiel es mir nicht allzu schwer, auf Mahlzeiten zu verzichten.

Ich führte sogar Buch darüber, akribisch und voller Stolz. Ich würde es dem Westen schon zeigen, ich würde dünn und schön sein und gut in der Schule.    

Wir lebten natürlich immer noch in der Sozialwohnung. Was für eine Schande für unsere Familie, aber immerhin eine Chance des Staates, die uns gegeben wurde. Wir wollten da raus, so schnell wie möglich. Meine Mutter hatte in der DDR nicht gearbeitet, ungewöhnlich und verdächtig fürs Regime, aber nun musste sie. Sie bewarb sich im Supermarkt und beim Bäcker. Ihre Familie hatte früher eine Bäckerei besessen. Die Zähne ruiniert hat sie sich dabei. Zu viel Süßes - täglich. Ja, ihre Kindheit war herrlich, meine auch. Bis jetzt! Ich hatte das Gefühl, ich muss erwachsen werden, keine Zeit mehr für Kinderkram. Ich wollte nach der Schule studieren, einen tollen Job, viel Geld verdienen und natürlich ein gutes Leben haben. Es sollte niemand mehr merken, dass ich aus dem Osten komme. Die totale Integration sollte mir gelingen. Das war mein Ziel. Ich musste mich kontrollieren, alles kontrollieren. Meine Schulleistungen, mein Leben, einfach alles. Ich merkte nicht, wie die Zeit flog.

Am Ende der mittlerweile nun schon achten Klasse hatte ich es geschafft und aufgeholt! In vielen mühsamen Stunden zu Hause am Schreibtisch, hatte ich den gesamten Lehrstoff - von Mathematik über Wirtschaft und Soziales bis hin zu Geografie und Geschichte - in mich aufgenommen und teils stur auswendig gelernt. Meine Leistungen waren wieder gut. So gut, dass man mich sogar fragte, ob ich die neunte Klasse nicht überspringen und in die Zehnte überwechseln wolle. Ich blieb, wo ich war. Ich hatte immer noch keine Freunde, aber das war mir mittlerweile egal, denn in unsere Klasse kam eine offensichtliche Außenseiterin - ein Punk! Ich fühlte mich magisch angezogen. Eine, die wie ich nicht reinpasste, aber sich nicht daran störte. Das fand ich toll! Ich fing an, ihren Kleidungsstil nachzuahmen, trug vornehmlich schwarz und färbte meine Haare lila. Die eine Kopfhaarhälfte rasierte ich ab. Kerstin, meine neue Freundin, fand mich gut und so rebellierten wir gegen Gott und die Welt. Paradoxerweise waren wir die Klassenbesten, obwohl wir Hasch rauchten und andere Drogen zu uns nahmen, die auch mein Hungergefühl erfreulicherweise immer wieder betäubten. Kerstin kam aus München, lebte nun mit ihren Eltern in einer Vier-Zimmer-Wohnung und hielt sich eine Ratte als Haustier. Sie war spontan, frech, unberechenbar und trotzig. Trotzdem ließen ihre Eltern sie gewähren. Sie hatten es aufgegeben, Kerstin zu einem vorzeigbaren Mädchen erziehen zu wollen. Meine neue Freundin ließ sich nichts sagen und sie war durch und durch ein Punk aus Leidenschaft. Mir vertraute sie sich allerdings oft an und erklärte mir immer wieder im Brustton der Überzeugung, dass alle Spießer wären, außer wir natürlich. Das empfand ich auch so und war sehr stolz darauf. Wir sind anders , kommentierte ich, reifer und lassen uns nichts bieten . Kerstin wiederum fand es toll, eine Verbündete gefunden zu haben und ihr gefiel ebenso, dass ich sie nahezu kopierte. Ich nahm ihre lässige Haltung an, schaute mir die Coolness ab und ahmte ihre lockeren Sprüche nach.

Oft hingen wir nach der Schule ab. Sie mit ihrer Ratte auf der Schulter, ich neben ihr mit einem Bier in der Hand. Wir philosophierten, sprachen auch über meine Flucht. Redeten über das Leben an sich und waren in unsere Welt abgetaucht. Ähnlich wie bei Jana, konnte ich ihr alles erzählen. Ich sprach viel über meine Freundin aus dem Osten. Weißt du , fing ich wieder an, Jana ist ein toller Mensch. Wir waren immer zusammen , schwärmte ich weiter, wie Schwestern! Oft fuhren wir in die Leipziger Innenstadt , lachte ich, über die Erinnerungen an unsere kleinen Streiche. Wir sprachen ältere Damen an und baten um zwei Mark für eine Bratwurst. Wenn wir Erfolg hatten, kauften wir uns davon Lotterielose, die man bereits für eine Mark an den DDR-Lotterieständen überall in der Stadt erstehen konnte. Wir träumten vom großen Gewinn und was wir uns alles kaufen würden. Gewonnen haben wir natürlich nie , erzählte ich lachend weiter, oder die berühmten Intershops der Stadt. Dort gab es für Westmark tolle Sachen zu kaufen. Da wir aber kein solches Geld besaßen, lungerten wir vor den Läden herum, um die Geschäftsleute aus der BRD, die dort regelmäßig einkaufen gingen, mit unserem kindlichen Charme dazu zu bringen, uns ihr Wechselgeld zu geben. Manchmal funktionierte es und wir waren überglücklich, lachte ich weiter. Jana und ich fuhren auch zusammen ins Ferienlager, es waren herrliche...
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