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Auf vertrauten Umwegen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
433 Seiten
Deutsch
Otto Müller Verlagerschienen am29.12.2023
Seit Dezember 2011 führt Julian Schutting ein künstlerisches Diarium, in dem er seinen Alltag reflektiert. Es hält nicht das jeweilige Tagesgeschehen fest, wie es die Eigenart von Tagebüchern ist - vielmehr wird das Erlebte, Wahrgenommene, Erdachte in eine poetische Wirklichkeit gefasst. Und das hat viel mit dem Gehen zu tun: Drei, vier Stunden ist der in Wien lebende Dichter täglich unterwegs, als Stadtflaneur und Wanderer, der mit einem geradezu phänomenalen Blick seine Umgebung beobachtet und im Gehen Texte entstehen lässt, die nachher am Schreibtisch ihre Form erhalten. Genauso sind ihm Zeitungsmeldungen ein Anlass des Niederschreibens, Wortfetzen eines Gesprächs in der U-Bahn, eine Opernarie, Reiseeindrücke und Kindheitserinnerungen. Das Erlebte und das Unterbewusste, manchmal in Form lyrischer Gebilde, bahnt sich seinen Weg. Hier ist ein unermüdlicher Tag- und Nachtarbeiter am Werk mit einem wachsamen Sensorium, im Unscheinbaren das Große und Bedeutsame zu erkennen. So entsteht also Kunst aus den kleinen Dingen des Alltags.

Schutting, Julian Geboren 1937 in Amstetten, nach der Ausbildung zum Fotografen Studium der Germanistik und Geschichte, anschließend Lehrtätigkeit. Lebt als freier Schriftsteller in Wien, ca. 60 Buchveröffentlichungen und zahlreiche Literaturpreise, zuletzt den H.C.-Artmann-Preis (2022). Schreibt Lyrik, Prosa und dramatische Texte. Im Otto Müller Verlag, wo Schutting 1973 debütierte, erschien zuletzt der viel beachtete Gedichtband 'Winterreise' (2021).
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR32,00
BuchGebunden
EUR28,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR27,99

Produkt

KlappentextSeit Dezember 2011 führt Julian Schutting ein künstlerisches Diarium, in dem er seinen Alltag reflektiert. Es hält nicht das jeweilige Tagesgeschehen fest, wie es die Eigenart von Tagebüchern ist - vielmehr wird das Erlebte, Wahrgenommene, Erdachte in eine poetische Wirklichkeit gefasst. Und das hat viel mit dem Gehen zu tun: Drei, vier Stunden ist der in Wien lebende Dichter täglich unterwegs, als Stadtflaneur und Wanderer, der mit einem geradezu phänomenalen Blick seine Umgebung beobachtet und im Gehen Texte entstehen lässt, die nachher am Schreibtisch ihre Form erhalten. Genauso sind ihm Zeitungsmeldungen ein Anlass des Niederschreibens, Wortfetzen eines Gesprächs in der U-Bahn, eine Opernarie, Reiseeindrücke und Kindheitserinnerungen. Das Erlebte und das Unterbewusste, manchmal in Form lyrischer Gebilde, bahnt sich seinen Weg. Hier ist ein unermüdlicher Tag- und Nachtarbeiter am Werk mit einem wachsamen Sensorium, im Unscheinbaren das Große und Bedeutsame zu erkennen. So entsteht also Kunst aus den kleinen Dingen des Alltags.

Schutting, Julian Geboren 1937 in Amstetten, nach der Ausbildung zum Fotografen Studium der Germanistik und Geschichte, anschließend Lehrtätigkeit. Lebt als freier Schriftsteller in Wien, ca. 60 Buchveröffentlichungen und zahlreiche Literaturpreise, zuletzt den H.C.-Artmann-Preis (2022). Schreibt Lyrik, Prosa und dramatische Texte. Im Otto Müller Verlag, wo Schutting 1973 debütierte, erschien zuletzt der viel beachtete Gedichtband 'Winterreise' (2021).
Details
Weitere ISBN/GTIN9783701363094
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum29.12.2023
Seiten433 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2740 Kbytes
Artikel-Nr.13389874
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2013

Neues Tagebuch-Heft, heute mit Palmsonntag 2013 eröffnet, also an dem Tag, der ein Wiedersehen bald nach Ostern mit derjenigen verspricht, die mir an meinem oktobrischen Geburtstag Champagner kredenzt hat - von ihr gegangen in mit mir noch geteilter Heiterkeit und von ihr bedankt für das ihr gewidmete Geschenk. ja, die unabsehbar gewesenen Folgen - als stünde auf dem ersten Blatt die Widmung gedruckt!

gestern haben Papst emeritus und Papstnachfolger miteinander mittaggegessen - einzigartig in der Geschichte des Papsttums nur dann, wenn niemals zwei von drei Gegenpäpsten miteinander gefrühstückt haben. aber daß der Novus mit programmatisch gewähltem Namen Franziskus , als der er wohl im Namen des der Katholischen Kirche unzumutbaren Armutsgebotes alle vatikanischen Schätze zugunsten der Notleidenden verscherbeln wollte, gar so oft vom Teufel spricht, als wäre nun 12. und nicht 21. Jahrhundert? die kreuzbraven Katholiken nehmen es jedenfalls einem Ratzinger übel, sein Kreuz beizeiten abgelegt zu haben, statt es alsbald wie sein Vorgänger aufs erbärmlichste zur Schau zu stellen.

nun schon seit Monaten schlafenzugehen, ohne wie in früheren Tagen zur Unterhaltung einer namens ⦠notiert zu haben, worüber sie auflachen würde wie über Pierre Boulez Antwort auf die Klage, die höher gestimmten Instrumente würden beispielsweise der Königin der Nacht viel abverlangen: Dafür hat es der Sarastro nun leichter!

Wortkreationen zu schaffen , ein Rat von Ö1, nicht übel vorm späten Einschlafen in den Morgen mit reicher Niederschlagstätigkeit hinein. hundsmiserables Selbstgefühl, entschlafe für drei, vier Stunden. im Halbschlaf unserer Entzweiung vergessen, äthiopische Version des Markus-Evangeliums hinzukritzeln (am Ostermorgen habe die Exsünderin Maria von Magdala den vermeintlichen Gärtner gefragt, welchen Lohn er von ihr für die Überlassung des Leichnams erwarte).

zweiter Anruf Ettas in der Karwoche, stellt mir gleich vage ein Wiedersehen nach Ostern in Aussicht. hätte ich mit herzlichem Dank ablehnen müssen? kein Wort darüber zu Chr. P. - hat der Dichter nicht das Geringste von Charakter?

26. April. Er gab zu, ihr in Wut zehn Mal mit einem Hammer auf den Kopf geschlagen und die Leiche anschließend in der Donau abgelegt zu haben - anschließend , das allein schon sehr gut. ihre Leiche aber zur Herstellung der Identität mit der auf den Kopf geschlagenen vonnöten. und ablegen ? siehe die üblichen Phrasen: den Mantel in der Garderobe; Akten; Prüfungen; Schiffe legen an und ab; Falter ihre Eier, Krokodile zerren Totgebissenes in unter Wasser stehende Höhlen, weil gut abgelegene Kadaver nach ihrem Geschmack. in Wäldern abzulegen , was zu einer Müll-Deponie gebracht werden müßte? um eine Leiche in der Donau abzulegen, müßt ich mit derselben ins Donauwasser waten; auf der Donau? wenn zugeeist. wird die Umgebrachte in die Donau gestoßen haben als eine von ihm im Geist längst Abgelegte .

Gerhard Zeillinger erheitert mich nun vieler Erheiterungen Bedürftigen mit im heimatlichen Gemeinde-Archiv entdeckten Erklärungen alter Nazis nach der NS-Zeit: Ich kehre in die katholische Kirche zurück, bin also nicht mehr gottgläubig. (ja, gottgläubig die Umschreibung des Glaubens ans NS-Regime oder an A. H. gewesen)

Pfingsten ists geworden. Papst Franziskus, Kind ligurischer Eltern, spreche ein fehlerhaftes Italienisch, während Ratzinger bloß mit bayerischem Akzent? er hält es vielmehr mit den Konjunktiven wie im Spanischen und wie auch im in Ligurien von einer Minderheit gesprochenen Französischen, eigenohrig zu hören bekommen!

Ö1. Distelfalter legen am Rand der von Regenfällen zum Blühen gebrachten Sahara ihre Eier ab, fliegen dann mit bis zu 35 km/h nordwärts, übersteigen senkrecht Wälder und Gebirgswände, zu Hunderttausenden ⦠es waren aber Zitronenfalter, was sich vor Jahrzehnten in Ettas Kindertagen auf dem Dachsteingletscher getummelt hat!

freimütig äußert sich in einem Zeitungsinterview eine Tierpflegerin des Tiergartens von Haag: habe die Bemerkung eines Besuchers, wie herzig die drei Löwenbabys seien, als einen Scherz belacht: die aber hatte in der Nacht jene Löwin zur Welt gebracht, die wegen ihrer Dickleibigkeit auf Diät gesetzt worden war - die Sterilisierung des stolzen Vaters ein Versager gewesen (kann des öfteren wieder lachen, wie jetzt vorm Garderobekasten über eine mir unbekannte Schwiegermutter: Die Kleiderhaken müssen alle gleichgerichtet sein, damit sie im Brandfall samt Kleidern rasch herauszuholen und in Sicherheit zu bringen sind! )

29. Mai, Vortag von Fronleichnam. daß von Klosterfrauen ersonnen worden, auch den Fronleichnamsprozessionen anzusehen. aber während des Mozartschen A-a-ve ve-erum ⦠(winziger Gespensterjesus, in Gestalt der totenblassen Hostie in der Monstranz wie in einem Glassarg in Verwahrung genommen) an die Transsubstantiation zu glauben: geheiligtes Brot nicht mehr nur Brot. und warum dürfte der in vielen Kulturen vorhandene Auferstehungsmythos nicht davon herrühren, daß wir allmorgens dem Schlaf entsteigen.

Dreifaltigkeitssonntag. Ja, das hat sich längst auch im Kultur- oder Intelligenzsender Ö1 eingebürgert, daß brutal Ermordete sich nachsagen lassen müssen, regelrecht hingerichtet worden zu sein - als wäre der Hinrichtung dieser regelrecht Hingerichteten ein korrektes Gerichtsverfahren samt Verurteilung zum Tod vorangegangen wie im Fall jenes Mannes aus Nazareth. nach den Nachrichten ein Dogmatiker, Jesus sei von anfangloser Ewigkeit an in der Dreifaltigkeit vorhanden. etwa als ein Blick in die Zukunft im Moment des Es werde Licht! ? Aschenbecher abgängig, also warum nicht, auch zur Abhärtung, in Hinkunft die Zigaretten in dem Herzen aus Glas auszudrücken, abzutöten!

1. Juni. Verhört zu werden zu träumen. Meine Adresse? Einbahn eins! , das wird anstandslos protokolliert. Pardon - wohne seit langem Sackgasse 1937 (im Aufwachen: aber der Grazer Gasthof, wo als ein Kind mit der Mutter genächtigt, nicht eher Sackstraßerl geheißen?)

Zum 2. Juni. Nur die Aversion, Bist du gestern gut angekommen? gefragt zu werden, wenn nicht eine gute Heimkehr (Ankunft), sondern ein Leseabend gemeint ist, kann mir das folgende Geblödel diktiert haben: Ankomme morgen in Bethlehem heilsplangemäß im Jahr Null der christlichen Zeitrechnung, da ich ja nicht gut ein Jahr nach meiner Geburt geboren werden kann. der logisch gebotene Gag, daß Gottes Sohn im Nullerjahr gezeugt und geboren, komme bei der künftigen Christenheit gut an, in jedem Advent, vor der Ankunft des Herrn, des erstgetauften Juden, was bei Juden und Christen nicht weiß wie gut ankommen muß â¦

hätt ich doch die Druckfahnen meines Beitrags fürs Goethe-Jahrbuch ungeprüft retourniert! Kerl Kraus wäre dann zu lesen, wie zur Strafe für das, womit ich ihn da zitierte: Lesarten sind eine germanistische Unart !

4. Juni. Möchte an der sogenannten Neuen Stimme , die nun in den Öffis das Sagen hat (und im Unterschied zum männlichen Vorgänger nicht Endstation , sondern, kaum zutreffend, Wir haben das Ziel erreicht ansagt), nur eines auszusetzen haben: daß sie, als wäre sie sich nicht sicher, einem jeden Umsteigen zu anstatt eines Doppelpunkts ein Fragezeichen folgen läßt (für den ihr vorgegebenen Text kann sie nichts, nichts für ein Auf Wiedersehen oder ein achtsam dort, wo ein rücksichtsvoll geboten wäre)

9. Juni. Habe vor den Pfingsttagen etliche meiner Pfingstrosen-Photos an Freunde geschickt, einzig Etta fügt nicht erwarteten Retourgrüßen die Frage hinzu: Wo, in welchem Garten, blühen die? die blühen vielleicht zur Pfingstrosenzeit weiterhin dort, wo ich mich, zuletzt vor zwölf Jahren, ihrer, also Rosas Garten, angenommen habe.

Heute, am 14. Juni, Oper-live-am-Platz, Tristan -Neuinszenierung. hingelockt vom erstaunlichen Statement des irischen Regisseurs, originell sei für alle Zeit einzig das jeweilige Original. daß das Schiff ein Wrack, war im Nachtdunkel bereits des ersten Akts nicht zu erkennen, trotz eines blut- oder glutroten Mondes, eher in einer Salome angebracht. mitten in der Nacht wird da also gelandet. und stockfinster bleibt es im Liebesakt...
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Autor

Schutting, Julian

Geboren 1937 in Amstetten, nach der Ausbildung zum Fotografen Studium der Germanistik und Geschichte, anschließend Lehrtätigkeit. Lebt als freier Schriftsteller in Wien, ca. 60 Buchveröffentlichungen und zahlreiche Literaturpreise, zuletzt den H.C.-Artmann-Preis (2022). Schreibt Lyrik, Prosa und dramatische Texte. Im Otto Müller
Verlag, wo Schutting 1973 debütierte, erschien zuletzt der viel beachtete Gedichtband "Winterreise" (2021).