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Kriminal- und Schauergeschichten

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
465 Seiten
Deutsch
neobookserschienen am19.01.2024
Holtei versuchte, die deutsche Sprache gegenüber dem Französischen (aus dem damals noch die meisten deutschen Literatur- und Theaterprodukte übersetzt waren) aufzuwerten, indem er verschiedenste Dialekte verwendete. Dieses Stilmittel gab es im Französischen nicht. Die Aufwertung des Dialekts gegenüber der Hochsprache verstand er nicht zuletzt als Aufwertung des Bürgerlichen gegenüber dem Aristokratischen. Obwohl er selbst ein Angehöriger des niederen Adels war, bemühte er sich, zwischen Adel und Bürgertum zu vermitteln, statt die Konflikte zu betonen, die in den Revolutionsjahren 1830 und 1848 zum Ausbruch kamen. Das vorliegende Buch enthält sieben Kurzgeschichten, die dem Krimi-Genre ebenso der Mystery zuzuordnen sind.

Karl Eduard von Holtei, auch Carl (von) Holtei, eigentlich Karl Eduard von Holtey[1] (* 24. Januar 1798[2] in Breslau/Provinz Schlesien im Königreich Preußen; ? 12. Februar 1880 ebenda), war ein deutscher Schriftsteller (insbesondere Theaterschriftsteller), Schauspieler, Rezitator, Theaterregisseur und Theaterleiter.
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Produkt

KlappentextHoltei versuchte, die deutsche Sprache gegenüber dem Französischen (aus dem damals noch die meisten deutschen Literatur- und Theaterprodukte übersetzt waren) aufzuwerten, indem er verschiedenste Dialekte verwendete. Dieses Stilmittel gab es im Französischen nicht. Die Aufwertung des Dialekts gegenüber der Hochsprache verstand er nicht zuletzt als Aufwertung des Bürgerlichen gegenüber dem Aristokratischen. Obwohl er selbst ein Angehöriger des niederen Adels war, bemühte er sich, zwischen Adel und Bürgertum zu vermitteln, statt die Konflikte zu betonen, die in den Revolutionsjahren 1830 und 1848 zum Ausbruch kamen. Das vorliegende Buch enthält sieben Kurzgeschichten, die dem Krimi-Genre ebenso der Mystery zuzuordnen sind.

Karl Eduard von Holtei, auch Carl (von) Holtei, eigentlich Karl Eduard von Holtey[1] (* 24. Januar 1798[2] in Breslau/Provinz Schlesien im Königreich Preußen; ? 12. Februar 1880 ebenda), war ein deutscher Schriftsteller (insbesondere Theaterschriftsteller), Schauspieler, Rezitator, Theaterregisseur und Theaterleiter.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783756570508
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum19.01.2024
Seiten465 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse868 Kbytes
Artikel-Nr.13467822
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Der Henker

1

Um einen Menschen aufzuhängen, braucht man viererlei Dinge. Erstens worüber schon die alten Nürnberger im Klaren gewesen sind den Menschen selbst; zweitens einen Galgen oder etwas dem Entsprechendes; drittens einen Strick; viertens einen Henker. An letzterem, behauptet Dumas der Vater mit der ihm eigenen Zuversicht irgendwo, sei niemals Mangel.

Diesem Axiom sehe ich mich zu widersprechen genötigt, und mein Widerspruch gründet sich zum Teil auf die kurze Erzählung, welche hier folgen soll. Ich muss den geneigten Leser im Voraus um Entschuldigung bitten für einen scheinbar frivolen und leichtfertigen Ton, der sich in der kleinen Geschichte hier und da kundgeben möchte. Er entspringt keineswegs aus verhärtetem Gemüt und will durchaus nicht etwa so frech sein, blödsinnigen Scherz zu treiben mit dem Furchtbarsten und Schauerlichsten, was unserer geselligen Zustände eherne Notwendigkeit gebietet, mit der Todesstrafe.

Im Gegenteil, er will unter leichtem Gewande düstern Ernst verbergen, er will versuchen, manchen Gedankenlosen, der zu bequem oder zu zerstreut wäre, selbst darüber nachzusinnen, auf die grässlichen Gegensätze hinzuweisen, die das selbstsüchtige Leben bildet neben einem drohenden Tode durch Hinrichtung. Die Begebenheit ist wahr. Nur an den Mängeln der Darstellung und an der Ungeschicklichkeit des Verfassers könnte es liegen, wenn sie poetisch unwahr erschiene.

Die Stadt Grundau befand sich in fieberhafter Aufregung. Eines bemittelten Bürgers Tochter, ein Mädchen von vielleicht vierzehn Jahren, war verschwunden, ohne irgendeinen wahrscheinlichen Grund ihrer Entfernung, ohne Spur von Wahrscheinlichkeit, sie wieder ausfindig zu machen. Nach acht Uhr des Abends hatte sie ihrer Mutter gute Nacht gesagt und sich unter dem Vorwand heftiger Kopfschmerzen in ihr Schlafzimmer begeben, welches wie sämtliche Gemächer der ländlichen Sommerwohnung zu ebener Erde gelegen war und dessen Fenster nach der hinteren Seite des kleinen Gartens hinausging. Um zehn Uhr war der Vater aus der Stadt gekommen und hatte, bevor er sich schlafen legte, noch einen Blick in Hannchens Stübchen werfen wollen, wie er gewöhnlich zu tun pflegte, weil das Mädchen seinem Verbote zuwider gern im Bette las und er immer befürchtete, sie könne einmal einschlafen, ehe die Kerze gelöscht sei, und dadurch ein Unglück herbeiführen.

Nachdem er sich überzeugt, dass nichts zu besorgen sei und sich schon zurückziehen wollte, entdeckte er, aufmerksam gemacht durch den ins Fenster flimmernden Sternenschein, die offenstehenden äußern Jalousien und fand, näher hinzutretend, auch die inneren Glasflügel nur angelehnt. Er schalt über diese Nachlässigkeit so laut, dass die Mutter es vernahm und mit der Nachtlampe in der Hand hereintrat. Da sahen sie denn ihrer Tochter Bett unberührt, sie selbst war weder im Haus noch im Garten zu finden. Die ganze Nachbarschaft wurde alarmiert. Niemand hatte das Mädchen gesehen. Hannchen war verschwunden.

Mit schwerem Herzen nur entschloss sich der tiefbekümmerte Vater am nächsten Morgen, die Hilfe der Sicherheitsbehörden in Anspruch zu nehmen und dort eine Anzeige niederzulegen, welche den guten Ruf seiner Tochter unwiederbringlich vernichten musste. Die erste Frage, vom Beamten an ihn gerichtet, suchte natürlich zu erforschen, ob ihm bei seinem Eintritt ins Schlafzimmer nicht ein noch so unbedeutender Umstand aufgefallen sei, der sich mit was immer für ein vorhergegangenes Ereignis oder auch nur mit einer unwillkürlichen Äußerung des Mädchens in Verbindung bringen ließe, und wodurch man auf eine folgerichtige Vermutung geleitet werden könne, die weitere Schritte möglich mache.

Auf diese Frage erfolgte zunächst eine gänzlich unbefriedigende Antwort, wie Menschen sie geben, welche von einem unerwartet hereingebrochenen Unglücksfall betäubt und verwirrt sind. Erst nach und nach vermochte der in seinem reinsten Gefühle, in seiner menschlichsten Neigung verratene Vater sich einigermaßen zu sammeln und ging, von der ruhigen Haltung des erfahrenen Beamten gleichsam gestützt, alle Eindrücke des vergangenen Abends in der Erinnerung noch einmal durch. Da besann er sich endlich, dass bei seinem Eintritt in das dunkle Schlafgemach ein fremdartiger Wohlgeruch, wie von parfümierten Haaren herrührend, ihn unangenehm befallen, auch dass er sich vergeblich zu erinnern bemüht habe, wo und an wem er solchen ihm besonders widerlichen Modeduft schon sonst bemerkte; dass er jedoch in diesen Bemühungen unterbrochen worden sei durch die furchtbare Entdeckung, die gleich darauf erfolgte, und dass er auch heute noch nicht anzugeben vermöge, ob wirklich ein ihm Bekannter ähnliches Haaröl benütze oder ob er von seiner Einbildung getäuscht werde. Außerdem wusste der unglückliche Mann keinen Menschen zu nennen, gegen welchen er nur im entferntesten einigen Argwohn wegen Teilnahme an Hannchens Flucht oder wegen Entführung des Mädchens zu hegen berechtigt sei; und somit blieb der Behörde nichts übrig, als ihm ihrerseits die tätigsten und umfassendsten Nachforschungen zu versprechen und ihm einstweilen Geduld anzuempfehlen.

Unter umsichtig getroffenen, dennoch fruchtlosen Maßregeln war der ganze Tag vergangen. Der Polizeikommissar, dem die Untersuchung dieser höchst rätselhaften Begebenheit übertragen worden, empfing noch spät in der Nacht sämtliche darauf Bezug habende Berichte, die übereinstimmend dahin lauteten, dass auch nicht die kleinste Spur der Verlorenen zu entdecken sei. Dann legte er sich, ermüdet von seinen eigenen Anstrengungen und vielen vergeblichen Irrwegen, die er in seinem Diensteifer den Tag über gemacht, zur ersehnten Ruhe nieder. Eine Stunde nach Mitternacht wurde er unsanft aus dem ersten Schlafe geweckt. Hannchens Vater stand vor seinem Lager.

Ich hab' ihn, den Verführer, den Räuber meiner Tochter. Treffen Sie eiligst Anstalten, ihn gefangenzunehmen; er muss gestehen, wo er sie verborgen hält!

Der Kommissar wischte sich den schweren Schlaf aus den Augen und ermunterte sich mit sichtbarer Freude. Eiligst sprang er empor, sich anzukleiden, und forderte jenen auf, unterdessen in seinen Mitteilungen fortzufahren.

Seitdem ich Sie verließ, Herr Kommissar, hab' ich keine Minute zugebracht, ohne darüber nachzusinnen, welcher von unseren Bekannten sich das Haar mit dem bewussten Öl zu salben pflegte, dessen Geruch mir immer so unangenehm war. Jetzt endlich, vor einer halben Stunde, ist mir's auf einmal vors Gedächtnis getreten, dass es der ehemalige Klavierlehrer meiner Tochter gewesen ist, ein Herr Richers, den meine Frau seit einem halben Jahr entlassen hat, weil es ihr vorkam, als herrschte ein allzu vertraulicher Ton zwischen diesem Zierbengel und dem heranwachsenden Mädchen. Ich hatte freilich keine Gelegenheit, sein Benehmen zu beobachten, da mich meine Geschäfte verhinderten, bei den Lektionen gegenwärtig zu sein; aber ich willigte gern in einen Wechsel des Musikmeisters, schon deshalb, um den penetranten Wohlgeruch nicht mehr zu atmen, der am Abend nach jeder Lehrstunde unsere Zimmer erfüllt und den ich gestern seit jener Frist zum ersten Male wieder gespürt habe. Nur der unverschämte Richers, kein anderer, hat die Hand im Spiele, und ich bitte Sie flehentlich, den Verbrecher sogleich verhaften zu lassen, ehe er sich vielleicht durch die Flucht rettet. Hannchen muss bei ihm sein, er hält sie sicher verborgen.

Ich kenne Herrn Richers , erwiderte der Kommissar, und kenne zufällig auch die Familie genau, welche ihm ein Zimmer ihrer Wohnung zur Miete überlässt. Es ist platterdings unmöglich, dass er dort ein Frauenzimmer heimlich beherberge; und ebenso unmöglich ist es, dass er etwas Ähnliches mit Vorwissen der Hausbewohner zu tun wage. Ohne Zögern glaub' ich Ihnen mit meiner Amtsehre verbürgen zu dürfen, dass Ihre Tochter sich dort nicht befindet.

Nun so weiß er doch, wo sie versteckt ist. Nur er kann es entdecken, und er muss es, wenn Sie ihn augenblicklich festnehmen und mit unerbittlicher Strenge gegen ihn verfahren.

Ehe wir einen Menschen wie einen Räuber überfallen und ins Gefängnis sperren, müssen denn doch andere Verdachtsgründe gegen ihn vorliegen als der Geruch eines Haaröles, welches höchst wahrscheinlich in jedem Parfümerie-Laden verkäuflich, folglich jedem zugänglich ist, der Neigung hat, es zu benützen. Mag Herr Richers ein wenig Geck und Stutzer sein, er ist sonst ein fleißiger, ordentlicher Jüngling, der sich redlich ernährt. Zu einem so voreiligen Schritte, wie Sie von mir begehren, könnte ich mich nicht entschließen, bevor nicht unzweideutige Anzeigen beweisen, dass er auf irgendeine Art an der Flucht Ihrer Tochter beteiligt sei. Das wird sich morgen finden, und ich werde nichts aus der Acht lassen, die von Ihnen geahnte Spur so eifrig zu verfolgen, als ob ich selbst Ihren Argwohn teilte, was freilich durchaus nicht der Fall ist.

Aber bis es wieder Tag wird, kann der Verbrecher entflohen sein!

Zum Entfliehen hat er seit vorgestern Abend Zeit gehabt, wenn er sich durch die Flucht retten zu müssen wähnte, obschon ich nicht begreife, wieso Sie ihn eigentlich beschuldigen. Denn entweder ist er mit Ihrem Kinde entwichen, und dann finden wir ihn jetzt gewiss nicht in seiner Wohnung; oder Ihr Kind ist ohne ihn entwichen und dann weiß ich nicht, warum ich denjenigen als Mitschuldigen verhaften soll, dem das Mädchen (wenn es anders eine Neigung dafür hegte), aus dem Wege ging und davonlief. Es ist in dieser Zusammenstellung kein Menschenverstand trotz aller Haaröle und Parfümerien; deshalb ersuch' ich Sie, mir die wenigen Stunden des Schlafes zu gönnen.

Zornig verließ der Vater den Kommissar und eilte geraden Weges zum öffentlichen Ankläger, den er herauspochte. Bei diesem fand er mit seiner...
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