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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
256 Seiten
Deutsch
Ueberreuter Verlagerschienen am14.02.20241. Auflage
Was passiert, wenn das Opfer zum Täter wird? Ein außergewöhnlicher Jugendroman über den Versuch, sich gegen Mobber zur Wehr zu setzen Victor leidet schon lange unter Bastian Jussem, dem Tyrannen der Klasse 10A. Auch Martin, der Neue in Victors Klasse, kennt solche Typen nur zu gut. Also greift Martin zu einem ungewöhnlichen Mittel: Beim Orientierungslauf legt er für Bastian eine Bärenfalle aus. Er versichert Victor: 'Damit schaffen wir den Jussem ab.' Der Plan gelingt und Bastians Stellung als Ober-Mobber gerät ins Wanken. Nach diesem Erfolg beteiligen sich immer mehr an Victors und Martins Widerstand - bis ihre Aktionen aus dem Ruder laufen ... Vielschichtig, literarisch und authentisch - eine Geschichte, die unter die Haut geht!

Andreas Brettschneider wurde 1974 geboren und studierte Germanistik sowie Anglistik in Köln. Er war Sänger/Songwriter in verschiedenen Bands und stellte 2015 seinen ersten Roman fertig, mit dem er 2018 im Finale eines Wettbewerbs auf der Frankfurter Buchmesse vertreten war. Seitdem veröffentlichte er Kurzgeschichten in verschiedenen Anthologien.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR18,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR14,99

Produkt

KlappentextWas passiert, wenn das Opfer zum Täter wird? Ein außergewöhnlicher Jugendroman über den Versuch, sich gegen Mobber zur Wehr zu setzen Victor leidet schon lange unter Bastian Jussem, dem Tyrannen der Klasse 10A. Auch Martin, der Neue in Victors Klasse, kennt solche Typen nur zu gut. Also greift Martin zu einem ungewöhnlichen Mittel: Beim Orientierungslauf legt er für Bastian eine Bärenfalle aus. Er versichert Victor: 'Damit schaffen wir den Jussem ab.' Der Plan gelingt und Bastians Stellung als Ober-Mobber gerät ins Wanken. Nach diesem Erfolg beteiligen sich immer mehr an Victors und Martins Widerstand - bis ihre Aktionen aus dem Ruder laufen ... Vielschichtig, literarisch und authentisch - eine Geschichte, die unter die Haut geht!

Andreas Brettschneider wurde 1974 geboren und studierte Germanistik sowie Anglistik in Köln. Er war Sänger/Songwriter in verschiedenen Bands und stellte 2015 seinen ersten Roman fertig, mit dem er 2018 im Finale eines Wettbewerbs auf der Frankfurter Buchmesse vertreten war. Seitdem veröffentlichte er Kurzgeschichten in verschiedenen Anthologien.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783764193492
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum14.02.2024
Auflage1. Auflage
Seiten256 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2413 Kbytes
Artikel-Nr.13876551
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1
Orientierungslauf

Marvin liegt zusammengekrümmt auf dem Asphalt, auf der Grenze des Dreimeterkreises vor dem Basketballkorb liegt er, im hinteren Drittel des Pausenhofs. Er hält sich die Hände vor die Augen, die Beine hat er fest angezogen, damit Lukas Miebach oder der andere Lukas ihn nicht in den Bauch oder ins Gesicht treten können, damit er das hier überlebt. Vor allem, wenn gleich der Jussem dazukommt, weiß er, ist es wichtig, die lebenswichtigen Organe zu schützen. Denn der Jussem tritt zwar nur ein Mal zu, dafür aber härter als seine Jungs. Er nennt sie »seine Jungs«. Sie prügeln und treten Marvin erst weich, sie bereiten Marvin vor, dann hat der Jussem seinen großen Auftritt und liefert den finalen Tritt ab. Und was immer Marvin falsch gemacht hat - schräg geschaut, blöd gelacht, falsch herumgestanden -, der Jussem wird es ihm dann sagen. Marvin wird beteuern, nie wieder schräg zu schauen oder blöd zu lachen oder falsch herumzustehen, versprechen wird er es, weil der Jussem ein Versprechen will, das ist ihm wichtig. Und weil bis dahin kein Lehrer dazwischengegangen sein wird, weil alle bloß hinschauen oder wegschauen, jedenfalls keinen Lehrer rufen, wird es dann fast vorbei sein. Der Jussem wird Marvin aufhelfen und ihm dann, sobald er steht, noch eins mit der flachen Hand geben. Mit etwas Glück gibt es den Schlag auf den Hinterkopf, meistens aber ins Gesicht.

»Dann merk dir das auch«, wird der Jussem sagen, und Marvin wird leise nicken. Dann werden der Jussem und seine Jungs abziehen und lachen, weil sie wieder einen super Tag in der Schule haben.

Das hat Marvin alles schon bei anderen gesehen, als er selbst hingeschaut oder weggeschaut hat. Auch er hat da keinen Lehrer gerufen, also wird es auch jetzt niemand tun, bloß weil er heute an der Reihe ist. Auch ich sehe hin - meist schaue ich aber weg - und einen Lehrer rufe ich auch nicht.

»Victor?«

Das war mein Name, der hier durch den Raum ging und den alle anderen hörten, nur ich nicht. Die Ersten lachten schon und begannen, mit ihren Sitznachbarn über mich zu reden. Aber auch das bekam ich nicht mit, denn ich war gerade damit beschäftigt, an die Sache mit Marvin zu denken, gerade gestern war das gewesen. So ein Dreck. Ich schaute mich im Klassenraum um und fragte mich, ob das wohl normal war. Ich kannte es ja nur so. Und wenn es normal war: Wie in aller Welt war ich hier nur hineingeraten?

Gut, es lief wohl automatisch. Ich hatte alles einfach mitgemacht, so wie die anderen auch. Da war erst Schultüte gewesen, dann Rechnen, Lesen, Schreiben, und dann ging s zum Konrad-Heresbach-Gymnasium. Jeden Morgen hingehen, Hausaufgaben machen, melden, Klassenarbeiten schreiben - so, wie das halt lief. Und jetzt saß ich hier in der 10A zwischen all diesen Fremden, die ich doch eigentlich schon seit fünf Jahren kannte. Also, ich war nicht das Opfer in der Klasse - das braucht ihr gar nicht erst denken. Da gab es ja immer noch Kai Klammert und die fette Luise Heimann ⦠Gut, eine Weile lang, so vor zwei Jahren, hatten Lukas Miebach und Nils Rodermund Spaß daran gehabt, mich »Vicky« zu nennen. Und letztes Jahr, kurz vor den Weihnachtsferien, wurde »Vicky« noch mal herausgekramt, als Lukas sich von seinem Vater den Witz mit dem »Vögel-V« abgeguckt und in der Klasse verbreitet hatte. Da war ich dann noch mal »Vicky«. Oder auch »Vicky-Vicky«. Mit Vögel-V. Aber so was ging auch immer schnell vorbei, und die Lukasse und Jussems aus meiner Klasse konzentrierten sich wieder auf die ganz Schwachen. Die meiste Zeit war ich halt irgendwie auch da. Ich war für die nicht interessant genug, um mich zu quälen. So wie Marvin hatte ich noch nicht auf dem Pausenhof gelegen. Ich war aber eben auch nicht interessant genug, um mich zu fragen, ob ich mal Lust auf Kino oder den See hätte. Das störte mich nicht einmal. Ich meine, man musste sich die Leute in meiner Klasse nur mal angucken, da wusste man ja schon Bescheid. Lukas und der andere Lukas waren nur Fußball. Sie hatten sich zu den Prügeljungs von Bastian Jussem gemacht und hatten sich von Ben Kaczmarek das »Als ob!« abgeguckt, was man immer und überall sagen konnte, wenn einem nichts Besseres einfiel. Und denen fiel oft nichts Gutes oder Besseres ein.

Nina: »Der hat geguckt!«

»Als ob!«

Der Lehrer: »Hausaufgabe für Donnerstag ⦫

»Als ob!«

Nils: »Bendover 3 war megascheiße!«

»Als ob!«

Es nahm einfach kein Ende.

Und auf der anderen Seite waren da so Anna-Lenas oder Tristans, die sich sofort meldeten, wenn es darum ging, geschockt zu sein über das, was zum Beispiel in der Nazizeit mit den Juden gemacht worden war. Dabei war denen das genauso egal wie Lukas oder dem anderen Lukas. Nur hatten die eben von ihren Eltern oft genug gehört, dass man sich in der Schule anstrengen musste. Und sie haben schnell gemerkt, dass Lehrer das super finden, wenn man eine Meinung zu einem Thema hat. Jedenfalls wenn es die richtige ist. Dann muss man nicht einmal erklären, warum genau man diese Meinung hat, das läuft so durch. Da kann man sich halt entscheiden: Entweder du rätst die richtige Meinung, dann ist gut, oder du musst dir irgendwelche Begründungen für deine »falsche« Meinung aus den Fingern saugen, und am Ende hat der Lehrer dann ja doch wieder recht, weil deine Begründung eben nichts war. Aber Betroffenheit kam immer gut an, darauf konnte man sich verlassen. Alles eine große Show. Nur Lizzy, der habe ich das immer geglaubt. Die war anders.

Gut, jetzt sah das halt so aus: Ich war hier jeden Tag sechs, manchmal acht Stunden lang in einem Raum mit Leuten, die entweder zu blöde für alles waren oder denen die Blöden zu blöde waren und die sich lieber darauf konzentrierten, den Lehrern zu gefallen, was am Ende genauso blöde war. Aber es wäre ja jetzt auch eingebildet zu glauben, dass ich der einzige richtige Mensch in dieser verrückten Welt war, der Einzige, der verstanden hatte, wie die Dinge hier liefen, den Nobelpreis schon so gut wie in der Tasche - andere nette Leute gab es ganz sicher auch noch. Nur waren die wahrscheinlich damit beschäftigt, in Deckung zu bleiben. So wie ich.

»Victor!« - Die Stimme war bei mir angekommen. Ich schaute auf und sah in das Gesicht von Frau Schaller, die bis vor Kurzem noch Frau Istas geheißen hatte. Die heirateten hier ja ständig, und man musste sich dann jedes Mal neue Namen merken.

»Entschuldigung, ich habe gedöst«, sagte ich, weil ich fand, man sollte bei solchen Sachen ehrlich sein.

»Das ist mir wohl aufgefallen«, sagte Frau Schaller und lächelte mich an, so als wollte sie sagen: »Das ist auch eine sehr nette Eigenschaft von dir.« Die Lehrer mochten mich. Aber davon kann man sich ja auch nichts kaufen.

»Martin und du, ihr macht zusammen den Orientierungslauf am Freitag. Ist das in Ordnung? Das wollte ich nur von dir wissen.«

»Ah ja, der Orientierungslauf«, antwortete ich verwirrt. Allein die Vorstellung mit einem Partner, einem Kompass und einer Karte in der Hand im Knipprather Wald ausgesetzt zu werden, mit der Aufgabe, zurück zur Schule zu finden, erschien mir mehr als bescheuert. Ich hatte noch immer nicht richtig begriffen, warum wir so etwas tun sollten, während die anderen Klassen bei den Projekttagen Enchiladas kochten oder backten oder frittierten oder was immer man mit denen macht. Andere beschäftigten sich mit Quantenmechanik, töpferten irgendwas oder lernten Dänisch. Selbst Dänisch lernen hätte ich lieber gehabt. Und dann war das auch noch der Knipprather Wald, den wir immer den »Dusterwald« genannt hatten, als wir noch klein waren. Und jetzt hatte ich einen Moment lang nicht aufgepasst, da hatte mir Frau Istas - also Frau Schaller - ausgerechnet Martin als Partner zugewiesen. Ich kannte Martin nicht wirklich. Keiner kannte Martin. Er war erst seit zwei Monaten bei uns in der Klasse, weil seine Mutter mit ihm aus Ibbenbüren hierhergezogen war. Und jetzt dachte meine Klassenlehrerin wahrscheinlich: »Ich tu Martin mal was Gutes. Ich lasse ihn mit Victor den Orientierungslauf absolvieren. Denn Victor ist zwar ein Außenseiter, aber keiner von den ganz schlimmen Außenseitern. Dann findet Martin bestimmt auch mal Anschluss, und Victor vielleicht auch. Das ist dann ja gut für beide.«

Aber wer hatte sich seit fast drei Wochen schon überlegt, wie er es anstellen könnte, dass er mit Lizzy zusammen ein Team bilden könnte, ohne dass das jetzt irgendwie auffallen würde? Wer hatte sich jetzt schon 17 Abende in seinem Bett von links nach rechts und dann wieder nach links und wieder nach rechts gewälzt und sich ausgemalt, wie fantastisch das wäre, wenn Frau Schaller einfach mal wieder die gute alte Junge-Mädchen-Regel anwenden und dann Lizzy und ihn zusammen einteilen würde? - Ich war das! Und da hätte ich dann ja auch gar nichts machen können. Das hätte Frau Schaller dann ja...
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Autor

Andreas Brettschneider wurde 1974 geboren und studierte Germanistik sowie Anglistik in Köln. Er war Sänger/Songwriter in verschiedenen Bands und stellte 2015 seinen ersten Roman fertig, mit dem er 2018 im Finale eines Wettbewerbs auf der Frankfurter Buchmesse vertreten war. Seitdem veröffentlichte er Kurzgeschichten in verschiedenen Anthologien.