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Wir und mein Schlaganfall

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
132 Seiten
Deutsch
Books on Demanderschienen am20.02.20241. Auflage
Wie ein ganz normaler Tag alles veränderte und wie ich mich danach ins Leben zurück kämpfte.

Günter Hermwapelhorst, Jahrgang 1951, erzählt von seinem Schlaganfall
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR9,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR5,99

Produkt

KlappentextWie ein ganz normaler Tag alles veränderte und wie ich mich danach ins Leben zurück kämpfte.

Günter Hermwapelhorst, Jahrgang 1951, erzählt von seinem Schlaganfall
Details
Weitere ISBN/GTIN9783758346989
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum20.02.2024
Auflage1. Auflage
Seiten132 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.13932247
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Das Krankenhaus.

Mario hat wegen seiner Bewusstlosigkeit einige Untersuchungen über sich ergehen lassen. Die Ärzte konnten aber keine Ursache dafür bei ihm entdecken. Da hat er seine Pflichten als Patient erfüllt, dann kann er auch jetzt gehen. Ich habe mich gerade an seinen Berliner Dialekt gewöhnt. Da wird der einfach entlassen. Aber seine kurze Bewusstlosigkeit, die ihn auf seiner Baustelle ereilt hat, hatte wohl keinen erkennbaren Grund. Wie schön für ihn. Andererseits wäre es vielleicht auch gut, eine Diagnose zu haben. Es muss ja nicht gerade so eine gravierende Diagnose wie bei mir sein. Mario wird mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach Hause entlassen. Da muss der Hausarzt jetzt weitersuchen. Dafür kommt Heinz. Seinen Nachnamen konnte ich früher öfter im Computer lesen als Patienten von meinem früheren Arbeitsplatz. Vor der Rente arbeitete ich 20 Jahre in einem anderen Krankenhaus an der Pforte. Da liest man öfter die Namen der Patienten im Computer. Heinz hat seinen eigenen Kopfhörer dabei, wahrscheinlich aus meinem Krankenhaus, und nutzte ihn eifrig. Jeder sollte seinen eigenen Kopfhörer haben, man sollte sparen, wo man nur kann, Schließlich kostet so ein Kopfhörer satte 2 Euro. Wenn der Fernseher läuft, liegt Heinz mit seinem Kopfhörer versehen im Bett, und ist sich bewusst, dass er ein Sparfuchs ist. Ich habe meinen Kopfhörer immer auf der Brust liegen und diese Lautstärke reicht mir. Somit bekomme ich aber auch die Kommentare von Heinz mit. Zuerst dachte ich, dass er nur telefoniert. Ich konnte mich nicht so aufrichten, um nachzuschauen. Nein, er sprach mit dem Fernseher. Seine Ausgüsse erstrecken sich über Scheiße und scheiß Soko und wiederholten sich ständig. Er kommentierte auch das Geschehen im Fernseher. Neu auftauchende Schauspieler wurden willkommen geheißen mit den Worten: Ach noeh, nicht schon wieder der . Jeder Schuss in der Soko wurde von ihm entsprechend wahrgenommen. Und natürlich immer wieder: Scheiße . Das Pflegepersonal ist sich mit mir einig, Heinz ist eine Zumutung, oder nett ausgedrückt, eine Rarität. Ich bin eigentlich mehr mit meiner rechten Hand beschäftigt. Da bewegte sich der rechte Daumen, welcher natürlich sofort per Handy gefilmt und anschließend in die Familiengruppe gestellt wird. Eine Bewegung, die nur mit sehr viel gutem Willen sichtbar ist, aber dennoch viel Hoffnung macht. Wenn man nichts kann, ist so wenig schon viel. Meike hofft dann auf Aktivität des Mittelfingers, damit ich bald wieder einen Stinkefinger zeigen kann. Am besten natürlich der Krankheit. Es bleibt zunächst bei den Versuchen, nicht, dass ich nicht wollte. Das Können ist das Problem. Nach einer Woche Krankenhaus regt sich zumindest schon mal ein Daumen. Die Physiotherapeutinnen geben sich alle Mühe mit mir, und freuen sich auch mit mir über den sich regenden Daumen. Meine rechte Hand ist mein bester Freund, wird mir immer wieder erzählt. Sie gehört auf den Tisch. Man muss sie liebhaben, die Hand. Man darf sie nicht einfach rechts liegen lassen, und schon gar nicht abfällig über sie reden. Ich sollte mit ihr über den Tisch wischen, so von links nach rechts. Wie soll das gehen? Ich kann die rechte Hand wohl dahin legen, aber wie soll ich diese Hand wischen lassen? Die rechte Schulter kann ich wohl ein bisschen bewegen, davon kann der Unterarm aber nicht mehr, und die Hand schon gar nicht. Ich muss auch wieder laufen lernen. Die sind vielleicht gut drauf, ich bin doch rechtsseitig gelähmt, sitzen kann ich gut. Ich werde gedrillt beim Stangentanz, das heißt, ich darf mich beim Laufen lernen an der Stange im Flur festhalten. Der Rollstuhl wird hinter mir hergeschoben. Man weiß ja nicht, wie lange ich bei diesen Versuchen aushalte. Und ich darf auch mit dem Vierpunktstock gehen. Ich bin total geschafft nach jedem Versuch, aber auch ein bisschen stolz auf mich. Ich kann wieder gehen, zwar nur mit Hilfe, und unter sehr starken Schwierigkeiten, aber ich laufe wieder auf meinen eigenen Beinen. Die einzelnen Finger meiner Hand regen sich unter Aufsicht meiner Handycamera. Wir haben Ende Juli und ich bin ganz begeistert. Heinz wurde dann entlassen, weil er einfach nicht krank genug war. Als Nachfolger wurde mir nach dieser Labertasche Heinz, als Wiedergutmachung von den Schwestern mit einem Augenzwinkern, ein taubstummer, älterer Herr präsentiert. Nett ist er und ruhig ist er. Bei dem Thema Taubstumm bzw. Sprechen fällt mir ein, dass ich neulich Besuch hatte von einer Dame aus der Logopädie. Die fragte mich nach eventuellen Schwierigkeiten mit dem Sprechen. Ich konnte ihr vermelden, dass ich keine Probleme mit dem Sprechen habe. Irgendwie empfinde ich meine Aussprache als etwas gehemmter als früher. Also kann man da vielleicht sagen, dass ich empfinde, schneller zu denken, als Sprechen zu können. Das musste ich der Logopädin nur glaubhaft rüberbringen. Soll ich etwa verlangsamt Denken lernen? Das hatte ich nicht vor. Langsames Sprechen schneller machen, werde ich mit der Zeit wohl hinkriegen. Meine Familie sagt mir immer wieder, dass sie keine Schwierigkeiten in dieser Beziehung feststellen kann. Es gibt andere Sachen, die zuerst mal wichtiger sind. Der Daumen wird stärker aktiv und gefilmt. Es ist also doch noch nicht alles verloren. Zwischendurch rolle ich immer wieder mit meinem Toilettenstuhl zu dem Stationsfahrrad. So nenne ich es. Damit trainiere ich die rechte Hand, die mir allerdings vom Lenker fällt, weil sie zu schwer ist. Da muss ich sie schon mit der linken Hand festklemmen. Es kommt auf die Symmetrie an. Mir kommt es überhaupt auf eine Betätigung der rechten Seite an. Ich finde weitere Defizite an mir, die allerdings mein kleinstes Problem sind. Die Fingernägel machen mir Ärger. Immer sind sie schmutzig. Wie schon geschrieben, mein geringstes Problem, sieht aber trotzdem nicht schön aus. Annette und Berni kamen regelmäßig zu Besuch. Mein Freund Berni hat da ein kleines Taschenmesser am Schlüsselbund, da ist ein Teil zur Fingernagelreinigung dran. Das Messerchen lässt er mir im Krankenhaus. Das kann ich zwar immer noch nicht selbst, aber dafür hab ich Christa, die hilft mir, wo sie kann. Meine Verdauung ist auch ein Problem. Dabei kann sie mir nicht helfen. Ich kann einfach nicht müssen. Ich esse spärlich, trinke nicht viel, und bewege mich zwangsläufig zu wenig. Meine Höchstleistung war es, eine ganze Stunde das zu machen, was man sonst so ganz einfach nebenbei macht. Während dieser Sitzung klingelte ich der Schwester zwischendurch, um ihr ein Lebenszeichen meinerseits zu geben. Außerdem ließ ich mir wertvolle Tipps für die Unterstützung meiner aktuellen Tätigkeit geben. Man sollte bei diesen Problemen den Bauch massieren, um den Darm anzuregen. Massieren kann ich. Früher haben wir unseren Kindern bei Blähungen den Bauch gestreichelt, das wusste ich noch. Also massierte ich die Gegend, wo ich meinen Darm vermutete. Nach einer Stunde war ich von dieser Geburt so erledigt, dass ich hinterher total ermattet herniedersank. So anstrengend hatte ich das Leben nicht in Erinnerung. Sogar Schlafen ist anstrengend. Vor allem, wenn man nur auf der rechten Seite liegen kann, und auf die rechte Hand aufpassen muss. Die rechte Hand gehört zu mir, ich muss sie immer noch liebhaben. Sie darf auch nicht abfällig behandelt werden. Das wird mir immer wieder erzählt. Dabei kann sie nichts, na ja, bis auf ein bisschen Bewegung der Finger. Diese Bewegungen werden natürlich von mir immer wieder zwischendurch geübt. Die Dame von der Physio hat mir dann auch beigebracht, wie ich mich vom Rollstuhl auf das Bett umsetze. Falls mir das Sitzen im Rollstuhl zu anstrengend ist, kann ich mich alleine umsetzen. Das ist aber gar nicht so einfach. Das alles muss wohl überlegt sein, Nicht zu hektisch, sonst rutscht man zwischen Rollstuhl und Bett ab. Und das ist ganz bestimmt nicht für mich erstrebenswert. Anstrengend ist eigentlich alles. Aber wenn ich erst einmal im Bett liege, dann bin ich auch nicht mehr so flexibel, wie im Rollstuhl. Dann kann ich nur noch auf die Schlafenszeit warten. Nur wenn ich schlafe, ist nichts anstrengend. Im Schlaf kann ich tanzen. Im Schlaf kann ich auch gehen. Fehlerlos. Die Physio übt mit mir immer wieder Gehen an der Stange. Ich laufe recht schleppend und sehe dabei sehr behindert aus. Aber ich bin es würdig, von Meike oder Christa gefilmt zu werden. Wenn man nichts erwartet, ist so wenig schon sehr viel. Mit der linken Hand schreibe ich mir ein paar Notizen auf einen Zettel. Natürlich mit Datum. Da halte ich nur für mich fest, welche außergewöhnlichen Sachen gerade mit mir passieren. Ich notiere mir den Namen von Heinz, einfach nur so, zu Übungszwecken, das Datum dieser schweren Geburt , irgendwas brauche ich, um manche Sachen für mich Stichpunktweise festzuhalten. Es ist zwar alles recht schwer für andere zu entziffern, aber es ist ja auch nur wichtig, dass ich solche Sachen später lesen kann. Es könnte für mich ja mal interessant sein, wann ich was wieder konnte. Frühstücken kann ich auch alleine, aber nur wenn ich ein Nagelbrett benutze. Dieses Nagelbrett bekam ich von einer älteren Krankenschwester. Die Jüngeren kannten so ein Teil noch gar nicht. Hier kann ich die Scheibe Brot festklemmen und...
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