Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Ärger mit Heureka. Worüber streiten die Physiker?

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
472 Seiten
Deutsch
epublierschienen am21.02.20243. Auflage
Der bekannte Astrophysiker Jean-Pierre Lasota und die Wissenschaftsjournalistin Karolina G?owacka führen einen Dialog über die verschiedenen Entwicklungen der modernen Physik, insbesondere der Astrophysik und Kosmologie. Ohne in trockene Erörterungen zu verfallen, schaffen sie es, den Leserinnen und Lesern spannende und umstrittene Gebiete und Fragestellungen nahezubringen. Dabei fehlt es auch nicht an geschichtlichem und anekdotischem Material, das Fachkundigen wie Laien neue Einsichten in den Prozess der Wissensfindung vermittelt. Es ist ein Blick aus dem Innen des Wissenschaftsbetriebs, der die Außenstehenden nicht aus dem Auge verliert, und humorvoll auch die allzu-menschlichen Seiten der Erkenntnisgewinnung der Physik nicht auslässt. Und das Ganze auch mit Tatsachenmaterial unterfüttert, das auch Fachleuten, die auf anderen Gebieten der Physik tätig sind, durchaus neue Informationen bieten kann.

Der 1942 in Marseille geborene polnisch-französische theoretische Physiker, Astrophysiker und Astronom Jean-Pierre Lasota versteht es hervorragend, die gewitzten und intelligenten Fragen der Wissenschaftsjournalistin Karolina G?owacka als Ausgangspunkt seiner erhellenden Erklärungen vieler wichtiger Phänomene des Kosmos zu nutzen. Und er schöpft dabei als erfahrener und unglaublich schöpferischer (269 Publikationen) forschender Wissenschaftler aus dem Vollen.
mehr

Produkt

KlappentextDer bekannte Astrophysiker Jean-Pierre Lasota und die Wissenschaftsjournalistin Karolina G?owacka führen einen Dialog über die verschiedenen Entwicklungen der modernen Physik, insbesondere der Astrophysik und Kosmologie. Ohne in trockene Erörterungen zu verfallen, schaffen sie es, den Leserinnen und Lesern spannende und umstrittene Gebiete und Fragestellungen nahezubringen. Dabei fehlt es auch nicht an geschichtlichem und anekdotischem Material, das Fachkundigen wie Laien neue Einsichten in den Prozess der Wissensfindung vermittelt. Es ist ein Blick aus dem Innen des Wissenschaftsbetriebs, der die Außenstehenden nicht aus dem Auge verliert, und humorvoll auch die allzu-menschlichen Seiten der Erkenntnisgewinnung der Physik nicht auslässt. Und das Ganze auch mit Tatsachenmaterial unterfüttert, das auch Fachleuten, die auf anderen Gebieten der Physik tätig sind, durchaus neue Informationen bieten kann.

Der 1942 in Marseille geborene polnisch-französische theoretische Physiker, Astrophysiker und Astronom Jean-Pierre Lasota versteht es hervorragend, die gewitzten und intelligenten Fragen der Wissenschaftsjournalistin Karolina G?owacka als Ausgangspunkt seiner erhellenden Erklärungen vieler wichtiger Phänomene des Kosmos zu nutzen. Und er schöpft dabei als erfahrener und unglaublich schöpferischer (269 Publikationen) forschender Wissenschaftler aus dem Vollen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783758477553
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum21.02.2024
Auflage3. Auflage
Seiten472 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse5723 Kbytes
Artikel-Nr.13984346
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Zweites Gespräch

Inhaltsverzeichnis

Existieren Atome überhaupt?

Oder der Kampf um die Erforschung des Unsichtbaren

Hast du jemals ein Atom gesehen?

Ja. Natürlich nicht mit meinen eigenen Augen, aber ich habe Bilder gesehen, die mit verschiedenen Geräten aufgenommen wurden, auf denen man Atome sehen kann, manchmal sogar nur ein einzelnes Atom. Jetzt ist es ganz einfach, ein solches Bild zu erhalten.

Wem ist dieses Kunststück zuerst gelungen?

Atome wurden erstmals 1912 mit Hilfe von Röntgenstrahlen gesehen. Dies geschah durch den Deutschen Max von Laue und seine Mitarbeiter. Hier siehst du, was sie sahen, als sie Röntgenstrahlen mit einem Kristall aus Zinkblende streuten:

Abbildung 2. Röntgenfilm, der Atome in einem Kristall zeigt (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Laue-Cubic-Disoriented.PNG)

Es sieht nicht wirklich beeindruckend aus. Was sehe ich mir da eigentlich an?

Das ist wahr, aber es hat Max Planck und Albert Einstein begeistert. Denn das Bild zeigt zwei Dinge auf einmal. Erstens beweist es, dass Kristalle aus einem Gitter aus Atomen bestehen, und zweitens, dass Röntgenstrahlen Wellen sind.

Und wo ist das zu sehen?

Das Bild - das wurde schnell, wenn auch nicht sofort, verstanden - entsteht durch die Beugung (Diffraktion) elektromagnetischer Wellen an den Atomen des Kristalls. Die Punkte auf diesem Bild sind tatsächlich Atome.*

* Oder genauer, ihre Spuren. Noch direkter kann man die Atome in einem Feldionenmikroskop betrachten; siehe z.B. https://de.wikipedia.org/wiki/Feldionenmikroskop#/media/Datei:FIM-ImageW_11kV.jpg

OK, aber Atome werden erst seit kurzer Zeit beobachtet. Immerhin wurde ihre Existenz lange Zeit angezweifelt. Ich kann mir vorstellen, dass das Argument des Heiligen Thomas mehr als einmal vorgebracht wurde. Ich glaube es erst, wenn ich es sehe.

Der heilige Thomas hatte anfangs einen höheren Anspruch: Er wollte nicht nur sehen, sondern auch berühren. Später, als es darauf ankam, begnügte er sich mit dem Sehen, hörte aber: Selig sind die, die nicht gesehen und doch geglaubt haben. Nur geht es in der Wissenschaft nicht um den Glauben. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Wissenschaft eine Unternehmung ist, die auf Erfahrung beruht; ihre Behauptungen werden durch Experimente geprüft.

Klar. Aber es gibt so etwas wie Überzeugungen. Dass eine bestimmte Idee, die Natur zu erklären, besser oder schlechter ist. Atome sind eine uralte Idee1, so dass es keine technische Möglichkeit gab, zu überprüfen, ob sie richtig ist. Sowohl damals als auch in den kommenden Jahrhunderten. Die Idee der Existenz eines Grundbausteins war interessant und inspirierend, aber gleichzeitig wurde sie stark angezweifelt, nicht wahr?

1 Im antiken Griechenland wurde der Atomismus in der Mitte des fünften Jahrhunderts v. Chr. von Leukippos eingeführt und wurde von seinem Schüler Demokrit weiterentwickelt.

Ja, das ist wahr, wobei wir nicht den Fehler machen sollten, den Gelehrten der Vergangenheit unsere heutige Einstellung zur Wissenschaft zuzuschreiben. Es wird oft vergessen, dass die Physik als experimentelle Wissenschaft, wie wir sie heute kennen - d.h. ein Gebiet, das präzisen, quantitativen Tests unterzogen wird - erst in der zweiten Hälfte des 19. Jh. entstanden ist. Davor begnügte man sich mit qualitativen Tests. Die Gründe dafür waren nicht philosophischer, sondern praktischer Natur: Es gab einfach keine Messinstrumente oder Versuchsanlagen, die dies ermöglicht hätten.

Selbst in der Astronomie wurde die erste präzise Messung 1729 von James Bradley vorgenommen, der den Winkel zwischen der Position eines Sterns und der lokalen vertikalen Richtung auf sechs Dezimalstellen genau maß. Dabei entdeckte er die Aberration des Lichts, d.h. die scheinbare Veränderung der Position eines Sterns, die durch die jährliche Bewegung des Sterns um die Sonne verursacht wird.2 Laut Freeman Dyson begründete Bradley mit dieser Messung die moderne Wissenschaft; es dauerte weitere zweihundert Jahre, bis eine ähnliche Präzision in der Experimentalphysik erreicht wurde. Es überrascht nicht, dass man lange Zeit nicht einmal daran dachte, die Existenz von Atomen zu testen.

2 Dies war der erste direkte Beweis für die Bewegung der Erde um die Sonne: 186 Jahre nach der Veröffentlichung von De Revolutionibus [Kopernikus; RJ], 120 Jahre nach den Beobachtungen der Jupitermonde durch Galileis Teleskop und 2 Jahre nach Newtons Tod.

Die Gelehrten der Vergangenheit mussten also akzeptieren, dass sie über Dinge entschieden, die sie mit ihren eigenen Augen nie sehen würden?

Ja. Einige störte das nicht, während es bei anderen eine unerhörte Empörung auslöste, die heute nur schwer zu begreifen ist.

Dies ist eine interessante Geschichte aus der Sicht der Entstehung von Wissenschaft und Denkweisen. Aber war die Idee der Existenz von Atomen nicht letztlich doch eine philosophische Frage? Bestandteil der Antwort auf die Frage, ob die Materie kontinuierlich ist oder ob sie Grundbausteine haben muss? Andererseits ist es wahrscheinlich typisch für Physiker, nach etwas Fundamentalem zu suchen?

Du hast zwei Fragen gestellt und eine davon teilweise beantwortet, aber ich werde beide beantworten. Die Frage nach der Existenz von Atomen war bis zum 19. Jahrhundert eine philosophische Frage, denn es gab nicht nur keinen Gedanken an eine experimentelle Methode, um ihre Existenz zu überprüfen, sondern auch keine physikalischen Theorien, die sich auf ihre Existenz beriefen. Die Frage war zudem nicht nur eine philosophische, sondern zu einem bestimmten Zeitpunkt auch eine theologische. Und das konnte für Gesundheit und Leben bereits gefährlich sein.

Ha, so war das früher, als die Wissenschaft in Gebiete vordrang, die von der Religion besetzt waren. Aber warum genau sollte gerade die Frage der Atome Eifersucht in der Kirche hervorrufen?

Es ging um die Interpretation der Transsubstantiation. Was geschieht physikalisch, wenn, wie das Konzil von Trient es ausdrückte, durch die Konsekration von Brot und Wein die Verwandlung der ganzen Substanz des Brotes in die Substanz des Leibes Christi, unseres Herrn, und der ganzen Substanz des Weines in die Substanz seines Blutes stattfindet. 3 Wenn die Verwandlung stattgefunden hat, wie erklären wir dann, dass das Brot immer noch wie Brot schmeckt? Und der Wein wie Wein?

3 Diese Formel gilt auch im zeitgenössischen Katechismus der katholischen Kirche (KKK 1376).

Gute Frage.

Die Antwort darauf gab ein anderer heiliger Thomas, nämlich der von Aquin. Er akzeptierte die Lehre des Aristoteles, dass Substanzen wesentliche Eigenschaften haben, die ihren Kern bilden, und akzidentelle [zufällige; RJ] Eigenschaften (Akzidenzien), die sozusagen ihre Hülle sind. Zum Beispiel war der Geschmack eine Eigenschaft der Substanz, aber eine akzidentelle. Nach der Lehre des heiligen Thomas wurden bei der Transsubstantiation also nur die wesentlichen Eigenschaften von Brot und Wein umgewandelt. Und genau auf dem Konzil von Trient wurde diese Interpretation als Dogma und der heilige Thomas als Doktor der Kirche anerkannt.

Was gab im Zusammenhang mit den Atomen dem Papst Anlass, die strafende Hand zu erheben?

In dieser Angelegenheit hat sich kein Geringerer als Galileo Galilei exponiert. Im Jahr 1623 veröffentlichte er ein Werk mit dem Titel Il Saggiatore (deutsch Der Prüfer mit der Goldwage), in dem er nicht nur die atomistische Theorie verteidigte, sondern auch schrieb, dass Atome zwar innewohnende, aber keine akkretiven [hinzugefügten; RJ] Eigenschaften hätten. Denn Geschmack, Berührung und Geruch seien nur das Ergebnis der Interaktion von Objekten mit den menschlichen Sinnen. Es ist wichtig zu wissen, dass diese Handlung von Galilei weitaus gefährlicher war als die Verteidigung des kopernikanischen Systems. Die Zentralität der Erde im Universum war kein Dogma der katholischen Kirche, aber die thomistische Interpretation der Transsubstantiation war es.

Kurz nach der Veröffentlichung von Il Saggiatore ging eine Denunziation Galileis bei der Heiligen Inquisition ein. Wer die Dogmen anzweifelte, riskierte die Exkommunikation.

Das ist jetzt auch der Fall, aber damals war es kein Kinderspiel.

Dieses Mal kam Galilei jedoch glimpflich davon, weil er gute Freunde in Rom hatte und ein wohlwollender Theologe den Fall fallen ließ. Er landete wegen etwas anderem unter Hausarrest, obwohl einige Historiker behaupten, dass die Ketzerei der Transsubstantiation dabei eine Rolle spielte. Die Frage der Transsubstantiation wurde auch von Leibniz und Descartes erfolglos angegangen. Nach einiger Zeit wurden die Versuche einer physikalischen Interpretation des Heiligen Sakraments sowohl von den Physikern als auch von der Kirche selbst aufgegeben.

Es ist immer klüger, den Glauben von der Wissenschaft zu trennen. Wenn man den Glauben behalten will.

Und nun werde ich die zweite Frage beantworten: die nach der Suche nach etwas Fundamentalem in der Natur. Diese Denkweise hat sich nicht sofort durchgesetzt. Sie wurde von Galileo Galilei inspiriert, der in Il Saggiatore über das Universum als von einem offenen Buch schrieb, das in der Sprache der Mathematik verfasst ist. Fundamental sind die mathematisch geschriebenen Naturgesetze.

Die Suche nach diesen Grundlagen ist erst seit Newton typisch für Physiker geworden. Obwohl ich diesen Begriff vielleicht etwas vorsichtiger verwenden sollte. Das Konzept eines Wissenschaftlers als eines Gelehrten, der sich mit Physik und nicht mit...
mehr

Autor

Der 1942 in Marseille geborene polnisch-französische theoretische Physiker, Astrophysiker und Astronom Jean-Pierre Lasota versteht es hervorragend, die gewitzten und intelligenten Fragen der Wissenschaftsjournalistin Karolina Glowacka als Ausgangspunkt seiner erhellenden Erklärungen vieler wichtiger Phänomene des Kosmos zu nutzen. Und er schöpft dabei als erfahrener und unglaublich schöpferischer (269 Publikationen) forschender Wissenschaftler aus dem Vollen.Karolina Glowacka Ist eine polnische Wissenschaftsjournalistin, die mit dem renommierten Astrophysiker Jean-Pierre Lasota spannende Gespräche über die Physik des Kosmos geführt hat. Mit Jean-Pierre Lasota hat sie ebenfalls ein Buch über die ungelösten Probleme der Physik veröffentlicht, und ist eine aktive Bloggerin, die viele aktuelle Fragen der Wissenschaft aufgreift (in polnischer Sprache).