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Christomathie

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
355 Seiten
Deutsch
Herder Verlag GmbHerschienen am01.08.2018
In seiner posthum veröffentlichten Christomathie verfolgt der Philosoph und Theologe Eugen Biser nichts weniger als den Anspruch, von der »christlichen Wahrheit« zur »Wahrheit Christi« - zurückzufinden. Das Spezifikum Jesu Christi sieht Biser darin, dass Jesus nicht nur eine Botschaft hat, sondern diese Botschaft in personaler Verkörperung ist. Daraus folgt, dass die Wahrheit seiner Lehre nur von seiner Person her verstanden werden kann. Die Person Jesu muss als Interpretament an alle biblischen wie theologischen Aussagen herangetragen werden. Das Evangelium und die Theologie sind daher nicht Aussagen über Jesus, sondern eigentlich dessen Selbstaussage. Durch die innere, mystische Präsenz des Auferstandenen kann jeder Glaubende in den Verstehensakt der Selbstaussage Jesu hineingenommen werden.

Der katholische Fundamentaltheologe und Religionsphilosoph Eugen Biser (1918-2014) gehörte zu den großen theologischen Denkern unserer Zeit. 2002 wurde die Eugen-Biser-Stiftung gegründet, die dem Dialog aus christlichem Ursprung verpflichtet ist. Sie pflegt das Erbe Eugen Bisers.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR69,95
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E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR54,99

Produkt

KlappentextIn seiner posthum veröffentlichten Christomathie verfolgt der Philosoph und Theologe Eugen Biser nichts weniger als den Anspruch, von der »christlichen Wahrheit« zur »Wahrheit Christi« - zurückzufinden. Das Spezifikum Jesu Christi sieht Biser darin, dass Jesus nicht nur eine Botschaft hat, sondern diese Botschaft in personaler Verkörperung ist. Daraus folgt, dass die Wahrheit seiner Lehre nur von seiner Person her verstanden werden kann. Die Person Jesu muss als Interpretament an alle biblischen wie theologischen Aussagen herangetragen werden. Das Evangelium und die Theologie sind daher nicht Aussagen über Jesus, sondern eigentlich dessen Selbstaussage. Durch die innere, mystische Präsenz des Auferstandenen kann jeder Glaubende in den Verstehensakt der Selbstaussage Jesu hineingenommen werden.

Der katholische Fundamentaltheologe und Religionsphilosoph Eugen Biser (1918-2014) gehörte zu den großen theologischen Denkern unserer Zeit. 2002 wurde die Eugen-Biser-Stiftung gegründet, die dem Dialog aus christlichem Ursprung verpflichtet ist. Sie pflegt das Erbe Eugen Bisers.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783534400027
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum01.08.2018
Seiten355 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1567 Kbytes
Artikel-Nr.13995191
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Erstes Kapitel
Im Gegenlicht

Eine Besinnung auf das Verhältnis Jesu zu seiner Botschaft, wie sie durch die neutestamentlichen Schriften dokumentiert wird, muß mit einem Blick auf die Methode einsetzen. Der zur Alleingeltung gelangten historisch-kritischen Methode gestand Albert Schweitzer zwar zu, daß es ihr gelungen sei, Jesus vom Felsen der Kirchenlehre loszuketten und Leben und Bewegung in seine Gestalt zu bringen, dies jedoch mit der entscheidenden Einschränkung:


Aber er blieb nicht stehen, sondern ging an unserer Zeit vorüber und kehrte in die seinige zurück1.


Das aber bedeutet auch: Er entwand sich ihrem Zugriff und behauptete sein Eigenrecht gegenüber jedem an ihn herangetragenen Schlüssel. Damit ist ein Stichwort gefallen, das Jesus im Streitgespräch mit seinen Gegnern selbst aufgegriffen hat, wenn er ihnen vorwirft:


Ihr habt den Schlüssel zur Erkenntnis weggenommen. Ihr selbst geht nicht hinein; ihr laßt aber auch die nicht hinein, die hineingehen wollen (Lk 11,52).


Wie er mit dem Vorwurf, die Gegner bürdeten den Menschen Lasten auf, ohne auch nur einen Finger zu rühren, um diese zu erleichtern, sich selbst als den die Last aller auf sich Nehmenden bezeichnet, so hier als den leibhaftigen Schlüssel, der nach einem Wort der Apokalypse öffnet, so daß niemand mehr zuschließen, und der schließt, so daß niemand mehr zu öffnen vermag (Apk 3,7). Schlüssel in dieser Doppelfunktion ist er zunächst hinsichtlich des durch ihn heraufgeführten Reiches. Wenn er in seinem Vorwurf aber vom Schlüssel der Erkenntnis spricht, gilt das nicht weniger von der Heilsbotschaft, deren Erschließung er damit für sich in Anspruch nimmt. Doch wie kann ein Schlüssel eine erschließende Funktion, Erkenntnis zu vermitteln, ausüben? Nur dadurch, daß er Licht ins Dunkel wirft, also daß er leuchtet.

In diesem Zusammenhang sind die entsprechenden Aussagen der Evangelien zu sehen, zunächst die des Matthäusevangelisten, der das Wirken Jesu in Galiläa mit den Worten kommentiert: Das Volk, das im Finstern lebte, sah ein großes Licht (Mt 4,16), ein Wort, das Jesu Wirken insgesamt als das einer epochalen Erleuchtung deutet. Sodann die lukanischen Sprüche vom Licht, die in der Mahnung gipfeln: Sieh zu, daß das Licht in dir nicht verfinstert werde (Lk 11,35), aber auch in der Vision eines von Lichtglanz ganz durchstrahlten und erfüllten Menschen (Lk 11,36). Kaum würden diese Sprüche Eingang ins Evangelium gefunden haben, wenn sie nicht als Folgen der Begegnung mit Jesus verstanden worden wären. So gesehen stehen sie dann aber im engsten Zusammenhang mit der Ernennung der Jünger zum Licht der Welt (Mt 5,14), mit der Jesus eine johanneische Selbstbezeichnung beziehungsreich vorwegnimmt. Denn in dieser reißt er, zusammen mit andern Prädikaten, auch das des Lichtes in einer Weise an sich, daß er als dessen letzter Sinngrund erscheint.

Schlüssel der Erkenntnis ist er somit insofern, als durch ihn das Dasein insgesamt der ihm angestammten Finsternis entrissen und in die von ihm ausgehende Klarheit geführt wird. Damit greift er auf den Prolog zurück, in dem er ausdrücklich das jeden Menschen erleuchtende Licht (Joh 1,4) genannt wird. Als solches kommt er jeder Deutung zuvor, auch jeder Interpretation der von ihm handelnden Schriften. Das sah Schweitzer, als er von der im historisch-kritischen Sinn forschenden Wissenschaft sagte, daß sie die Gestalt Jesu zwar aus dem System der Kirchenlehre herauslösen und Leben in sie bringen, ihn aber nicht festhalten konnte, so daß er sich ihrem Zugriff entwand, um in seine eigene Welt und Zeit zurückzukehren. Was er dabei verschwieg, war die Tatsache, daß sie die Fessel der Kirchenlehre mit dem Versuch vertauschte, Jesus ihrem eigenen Methodenzwang zu unterwerfen, daß sie es bei ihrem Befreiungsversuch nur zu einem Teilerfolg brachte und es schließlich hinnehmen mußte, daß sich der Gesuchte auf sich selbst zurückzog. Darin war es begründet, daß die Bilanz der mit dem Instrumentarium der historischen Kritik erarbeiteten Jesusbücher im Unterschied zu denen, die als Spätfrucht des Konzils entstanden waren, aufs ganze gesehen negativ ausfällt.
I. Die Perspektivendrehung

Wenn darin Abhilfe geschehen soll, dann nur mit Hilfe einer Perspektivendrehung, die der Tatsache Rechnung trägt, daß Jesus auch in dem Sinn das Licht der Welt (Joh 9,5; 8,12) ist, daß er als der letztlich kompetente Deuter und damit als das vollgültige Interpretament der von ihm handelnden Schriften zu gelten hat. Denn diese wurden bisher nur im Licht der Kirchenlehre und in dem der historischen Kritik und damit auf ihn hin gelesen. Doch diese Lesart stieß sich mit der fundamentalen Tatsache, daß Jesus als Inbegriff der in ihm an die Welt ergangenen Gottesoffenbarung seine Botschaft in leibhaftiger Verkörperung ist. Daraus ergibt sich als unabdingbare Konsequenz, daß fortan der Versuch unternommen werden muß, die Botschaft von Jesus in Gestalt des Evangeliums umgekehrt in seinem Licht und mit Hilfe des in ihm gegebenen Interpretaments zu lesen. Ungeachtet dieser grundsätzlichen Feststellung kann das Recht der erhobenen Forderung nur mit der Entstehung des Neuen Testaments begründet werden. Wie Ferdinand Hahn in Erinnerung rief, war anfänglich das Alte Testament die Bibel des Urchristentums . Daß ihm eine, aus mündlichen Traditionen hervorgegangene, schriftliche Urkunde gegenübergestellt und sogar übergeordnet wurde, hatte unterschiedliche Gründe. Defensive Gründe zunächst, die im Judentum, vor allem unter dem Eindruck des versiegenden Prophetismus und der Katastrophe von Jerusalem, das Bedürfnis nach einer klar abgegrenzten Lehrgrundlage aufkommen ließen, das zusätzlich durch die Skepsis gegenüber angeblichen Neuoffenbarungen stimuliert wurde. Ungleich schwerer fiel jedoch der prospektive Grund ins Gewicht, der sich aus dem Glauben an das neue Gotteshandeln in Jesus Christus und aus der Gewißheit ergab, daß damit eine neue Heilszeit, biblisch ausgedrückt, die Zeit der Erquickung und des Aufatmens (Apg 3,20), angebrochen war2.

Daß sich daraus der Anreiz zur schriftlichen Dokumentation ergab, war jedoch durch ganz anderes veranlaßt. Darauf verwies Martin Luther mit der Feststellung, daß es die Not ihrer Situation war, die die Autoren des Neuen Testaments zu dem nach Luther als Gebrechen des Geistes empfundenen Medium der Schriftlichkeit greifen ließ. Es war sowohl die Not, die mit dem Tod der anfänglichen Augenzeugen (Lk 1,2) eingetreten war und die Gefahr des Vergessens oder der Verfälschung ihres Zeugnisses heraufbeschwor, als auch die Not des sich rapide vergrößernden Aktionsradius, der nur durch schriftliche Kommunikation zu überbrücken war.

Der zweite und entscheidende Anlaß bestand jedoch in jenem Anfang (Joh 1,1; 1Joh 1,1), den es zu bezeugen galt und der auf weltweite Promulgation drängte: das für das Christentum konstitutive, form- und inhaltbestimmende Ereignis der Auferstehung Jesu, mit dem das in dieser todverfallenen Welt Niedagewesene und sie in ihrer Grundstruktur Ergreifende geschehen war. Wenn Paulus von dem Zwang spricht, der ihn zur Verkündigung der Evangelien nötige (1Kor 9,16), so geht dieser eindeutig von seinem Ostererlebnis aus, durch das er sich nach Phil 3,12 von Christus ergriffen und in Pflicht genommen wußte.

Tatsächlich hätte für die durch den Kreuzestod Jesu völlig verstörte Jüngergemeinde nicht der geringste Anlaß bestanden, sich auf die Botschaft dieses scheinbar kläglich gescheiterten und zudem nach Gal 3,13 von Gott Verworfenen zurückzubesinnen, seiner Lebensgeschichte nachzugehen, seine Worte zu sammeln und all dies schließlich sogar schriftlich zu dokumentieren, wenn nicht das Unausdenkliche seiner Auferstehung eingetreten wäre. Sie bedingte deshalb die Entstehung, dann aber auch den ganzen Inhalt der neutestamentlichen Schrift, so daß sie, wie dies James M. Robinson von der Spruchquelle behauptet, selbst als das literarische Osterwunder zu gelten habe3.

Wenn aber Jesus zumal durch das Endereignis seines Lebens so sehr der zentrale Entstehungsgrund der neutestamentlichen Schriften ist, gewinnt er im Verhältnis zu ihnen so sehr das Übergewicht, daß er geradezu zu ihrem Sinngrund wird, während die ihn dokumentierenden Schriften nur noch als sein Epiphänomen erscheinen. Das kann und darf bei ihrer Lektüre nicht unberücksichtigt bleiben. Insofern ist es nicht nur angezeigt, sondern geradezu gefordert, diese Schriften in seinem Licht zu lesen und sich ihm als ihrem entscheidenden Interpretament anzuvertrauen. Alles spricht somit für das Recht, ja für die Notwendigkeit der vorgeschlagenen Perspektivendrehung.
II. Die Auffächerung

Wenn die Perspektivendrehung zu neuen Einblicken führen soll, muß das Licht jedoch in seine Spektralfarben zerlegt werden, so daß die Texte in...
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Autor

Der katholische Fundamentaltheologe und Religionsphilosoph Eugen Biser (1918-2014) gehörte zu den großen theologischen Denkern unserer Zeit. 2002 wurde die Eugen-Biser-Stiftung gegründet, die dem Dialog aus christlichem Ursprung verpflichtet ist. Sie pflegt das Erbe Eugen Bisers.