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Der Stich der Biene

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
700 Seiten
Deutsch
Verlag Antje Kunstmannerschienen am14.03.2024
Familie Barnes steckt in Schwierigkeiten. Dickie Barnes' lukratives Autogeschäft läuft nicht mehr. Aber anstatt sich dem Problem zu stellen, beginnt er in den Wäldern einen Bunker zu bauen. Seiner Frau Imelda, die ihren Schmuck auf eBay verkauft, erscheinen die Avancen von Big Mike, dem reichen Rinderzüchter, immer attraktiver. Die achtzehnjährige Cass, die immer die Klassenbeste war, reagiert auf den Niedergang, indem sie beschließt sich bis zu ihrem Abschluss jeden Tag zu betrinken, während der zwölfjährige PJ einen Plan schmiedet, um von zu Hause abzuhauen. Wenn das Leben und die Welt auseinanderfallen, stellen sich die großen Fragen: Wann und warum begann der Untergang? Was hätte man tun können und wie weit müsste man zurückgehen, wenn man die Geschichte ändern könnte? Bis zu dem Tag als Dickie Barnes zehnjährig zitternd vor seinem Vater stand und lernte, wie man ein richtiger Mann wird? Bis zu dem Autounfall zwölf Monate vor Cass' Geburt? Oder bis zu dem verheerenden Stich der Biene, der Imeldas Hochzeitstag ruinierte?

Paul Murray, geboren 1975 in Dublin, studierte Englische Literatur und Creative Writing an der Universität of East Anglia, danach arbeitete er als Buchhändler. Er ist der Autor von An Evening of Long Goodbyes, Skippy stirbt und Der gute Banker. Seine Romane wurden von der Kritik hochgelobt und mit vielen Preisen ausgezeichnet. Er lebt mit seiner Familie in Dublin.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR30,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR23,99

Produkt

KlappentextFamilie Barnes steckt in Schwierigkeiten. Dickie Barnes' lukratives Autogeschäft läuft nicht mehr. Aber anstatt sich dem Problem zu stellen, beginnt er in den Wäldern einen Bunker zu bauen. Seiner Frau Imelda, die ihren Schmuck auf eBay verkauft, erscheinen die Avancen von Big Mike, dem reichen Rinderzüchter, immer attraktiver. Die achtzehnjährige Cass, die immer die Klassenbeste war, reagiert auf den Niedergang, indem sie beschließt sich bis zu ihrem Abschluss jeden Tag zu betrinken, während der zwölfjährige PJ einen Plan schmiedet, um von zu Hause abzuhauen. Wenn das Leben und die Welt auseinanderfallen, stellen sich die großen Fragen: Wann und warum begann der Untergang? Was hätte man tun können und wie weit müsste man zurückgehen, wenn man die Geschichte ändern könnte? Bis zu dem Tag als Dickie Barnes zehnjährig zitternd vor seinem Vater stand und lernte, wie man ein richtiger Mann wird? Bis zu dem Autounfall zwölf Monate vor Cass' Geburt? Oder bis zu dem verheerenden Stich der Biene, der Imeldas Hochzeitstag ruinierte?

Paul Murray, geboren 1975 in Dublin, studierte Englische Literatur und Creative Writing an der Universität of East Anglia, danach arbeitete er als Buchhändler. Er ist der Autor von An Evening of Long Goodbyes, Skippy stirbt und Der gute Banker. Seine Romane wurden von der Kritik hochgelobt und mit vielen Preisen ausgezeichnet. Er lebt mit seiner Familie in Dublin.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783956145919
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum14.03.2024
Seiten700 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2756 Kbytes
Artikel-Nr.14136038
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

II

Nach der Schließung der Filiale im Nachbarort hatte ihr Vater nicht mehr davon gesprochen, dass es wieder besser werden würde. Sie wussten, wie schlimm es stand, die ganze Stadt wusste es. Nach der Messe kamen alte Damen auf Dickie zu und sagten ihm, dass sie für ihn und die Automobilindustrie im Allgemeinen eine Novene gebetet hätten. Andere gingen ihm aus dem Weg, als wäre sein Scheitern ansteckend. Manchmal verstummten alle, wenn Cass in ein Geschäft ging, dann spürte sie wie eine zweite widerwärtige Haut ein schamvolles Prickeln, ein neues Missgeschick, das den Platz ihres Ausschlags einnahm.

Die Krise hatte die Hauptstraße in ein Maul voller Zahnlücken verwandelt. Große und kleine Geschäfte hatten in der Folge zugemacht. Aber die Pleite der Niederlassung empfanden die Stadtbewohner als eine ganz andere Größenordnung. Ein so verwirrender Niedergang wie der der Familie Barnes konnte nicht nur ökonomische Gründe haben. Da musste es ein moralisches Element geben.

Viele gaben Imelda die Schuld. Dickie machte ein Vermögen, und Imelda gab zwei aus - das sagten die Leute. Imelda mit ihren Wangenknochen und den italienischen Lederstiefeln trat auf wie die Königin von Saba, wenn sie nur zum Supermarkt fuhr. Und dort putzte sie den armen Filialleiter herunter, weil er kein Sternanis oder keine Tamarinden dahatte oder was angeblich sonst noch in New York gerade der letzte Schrei war. Tamarinden, da sind Welten vergangen seit ihrer Kindheit, tuschelten sie dunkel. Seitdem sind Welten vergangen bis zu Fußbodenheizung und Kieferorthopäden oder sonst einem Kokolores. Tja, und schau sie dir jetzt an.

Ja, schaut euch Imelda an, die Nägel abgekaut, der Haaransatz sichtbar. Jeden Morgen fuhr sie als Erstes zu Lidl, um sicherzugehen, dass sie keinem Bekannten über den Weg lief. Ihre Tage verbrachte sie damit, ihren begehbaren Kleiderschrank auszuschlachten. Auf dem Schlafzimmerboden breitete sie Handschuhe, Hüte, Halstücher, Blusen, Kleider, Jeans, Röcke, Gilets, Stolen und pelzgefütterte Mäntel aus und fotografierte sie aus allen Winkeln wie ein Polizist am Tatort. Abends setzte sie sich an ihren Laptop und verkaufte alles. Sie fluchte über die Online-Geier, die wie Bauern auf dem Markt um jeden Penny schacherten. Und wenn sie schließlich bezahlt hatten, machten sie sie mit ihren E-Mails verrückt und wollten wissen, warum ihre Einkäufe noch nicht eingetroffen waren.

Zugegeben, manchmal waren sie deshalb noch nicht eingetroffen, weil Imelda sie nicht abgeschickt hatte. Mehr als einmal war Cass in die Küche gekommen und hatte ihre Mutter gesehen, wie sie den kabellosen Dyson oder den »alten« Dyson oder die Kiste mit dem achtundvierzigteiligen Service aus Knochenporzellan umarmte, die sie nie geöffnet hatte, und sich die Augen ausheulte, als würde ihr geliebtes Pony zum Schlachten abgeholt.

Ihr Vater arbeitete oft bis in die Nacht. Es war, als verbrachte er desto mehr Zeit im Geschäft, je weniger Autos er verkaufte. Aber wer konnte es ihm verdenken? Immer wenn er nach Hause kam, war er Imeldas Tiraden ausgesetzt: Er hätte sie ruiniert, er hätte sie alle betrogen, und sie sei die Gelackmeierte. Cass wünschte, dass er sich verteidigen, dass er zurückschlagen würde. Aber er saß nur mit gesenktem Kopf am Esstisch und sagte kein Wort, was Mam natürlich nur noch wütender machte.

Dir kann es egal sein, sagte PJ - flüsternd, als ob Imelda, die unten aus vollem Hals herumbrüllte, sie hören könnte. Du gehst ins College. Und ich sitze hier fest.

Ja klar, das ist echt klasse für mich, sagte Cass. Während hier die Hölle los ist, gebe ich meine Abschiedsfete.

In Wahrheit dachte sie genauso - in ein paar Monaten wäre sie weg. Sie blieb jetzt fast jeden Abend bis Mitternacht auf und paukte Parabeln, Modalverben, Jardangs, die Irish Land League, stopfte sich mit Fakten voll. Aber es war schwieriger geworden, an die Zukunft zu glauben, für sich selbst eine Zukunft zu sehen. Die Probleme zu Hause waren so gewaltig und alles verschlingend, dass ihr der Gedanke, ihnen zu entkommen und irgendwo anders zu sein, undenkbar erschien. Ihr Vater hatte als junger Mann selbst am Trinity College studiert und sich ihre Pläne begeistert angehört. Jetzt redete er ihr nicht mehr beruhigend zu, dass schon alles gut gehen würde. Jetzt sprach er überhaupt nur noch selten mit ihr, egal über was. Und ihre Mutter, die sagte nur, dass es in Dublin von Perversen nur so wimmelte und sie nicht wüsste, warum überhaupt jemand da leben wollte. Sie hatte in der Zeitung von einem Mann gelesen, der sich mit Spiegeln an den Schuhen im TK Maxx herumtrieb, um den Mädchen unter den Rock zu schauen.

Und das Schlimmste von allem: Cass hatte Elaine verloren.

Nicht, dass sie nichts mehr miteinander zu tun hatten: Sie plauderten immer noch jeden Tag in der Schule, und manchmal gingen sie auch zusammen nach Hause. Aber Elaine lud sie nicht mehr zum gemeinsamen Lernen zu sich nach Hause ein, sie fragte nicht mehr nach Imelda, sie sprach nicht mehr über ihr gemeinsames Leben in Dublin. Lag das nur an der geschlossenen Filiale? Oder an der Geschichte mit Miss Grehan? Cass hatte keine Ahnung. Sie wusste nur, dass Elaine sich inzwischen für andere Dinge interessierte.

Sie redete sich ein, dass sie das nicht bedauerte. Obwohl es unsagbar wehtat, wollte sie nicht, dass Elaine in die Demütigung ihrer Familie hineingezogen wurde. Besser, sie verlören sich einfach aus den Augen.

Elaine interessierte sich jetzt besonders für Jungen. Sie stürzte sich auf die Jagd nach Jungen mit der gleichen umfassenden Zielstrebigkeit wie vor den Herbstferien auf die Dichtkunst. Allerdings war Jagd das falsche Wort - Elaine sah zu gut aus, um jemals irgendwen jagen zu müssen. Für sie ging es mehr darum, die Jagd auf sie unter Kontrolle zu halten. Jungen waren für Elaine nicht Herausforderung, Sehnsucht oder das Andere. Sie waren mehr ein Gebrauchsgegenstand, eine Ressource, die es zu handhaben galt. Ihr Liebesleben ähnelte mehr der Inventarverwaltung eines Lagerhauses. Als sie Cass erzählte, dass sie nicht mehr mit Ryan Doyle gehe, weil sie jetzt mit Claran Teeling gehe, aber das nur vorübergehend, bis Malachy Atkins mit Lucy O´Neill Schluss gemacht hätte, was, wie sie aus sicherer Quelle wisse, kurz bevorstünde, musste Cass an den von ihr entworfenen Zeitplan denken, der sie beide ans Trinity und von da nach Paris und New York führen würde.

Elaine und ihr sich ständig drehendes Jungenkarussell trafen sich in einem Pub in der Stadt, das als Gully bekannt war. In der Schule umgab sie sich mit Mädchen, die auch dorthin gingen, mit Holly Maguire, Jane Tan, Rachel McElligott. Schau doch mal vorbei, sagte sie zu Cass, die wusste, dass Elaine wusste, dass sie ablehnen würde. Sie zog es vor, nur noch in die Stadt zu gehen, wenn es sich nicht vermeiden ließ. So höllisch es zu Hause war, in der Stadt von Menschen angeschaut und bemitleidet zu werden, war unendlich schlimmer. Trotzdem, dachte sie, war es nett von ihr, zu fragen.

Sie fragte sich, warum Elaine gerade jetzt, kurz vor dem Ende ihrer Schulzeit, ein neues Leben als Partygirl begann. Ihre Zensuren waren schon etwas schlechter geworden. Manchmal, wenn sie sich unterhielten, glaubte Cass an ihrem Verhalten zu erkennen, dass etwas aus dem Gleichgewicht geraten war. Aber wenn etwas nicht in Ordnung war, so zog sie Cass jedenfalls nicht ins Vertrauen.

Weil Elaine mit anderen Leuten beschäftigt war, war Cass in der Schule allein. Allerdings fiel ihr nach einer Weile auf, dass auch Sarah Jane Hinchy oft allein war. Es gab keinen großen Augenblick der Kontaktanbahnung. Es hatte sich zufällig so ergeben, was sie zunächst als ein weiteres Element ihres Niedergangs auffasste. Sarah Jane Hinchy war ein Mädchen gewesen, auf das sie immer herabgeschaut hatten. Sie war die Klassenstreberin, und obwohl sie in der Vergangenheit in der Bestenliste immer etwas besser abschnitt als sie und Elaine, lag das nur daran, dass sie viel härter arbeitete. Die Bekanntschaft mit ihr glich einem Teufelskreis, weil Elaine unübersehbar entrüstet war, dass Cass sich solch einer Loserin anschloss, was es nur noch unwahrscheinlicher machte, dass Elaine sich wieder Cass anschloss. Aber nach ein paar Wochen, in denen sie im Park zusammen ihren Lunch gegessen hatten, wusste Cass nicht mehr so recht, warum sie und Elaine eine so große Abneigung gegen sie gehabt hatten. Ja, Sarah Jane hatte dicke Beine und schnitt sich fast sicher die Haare selbst. Sie lebte auf einem Bauernhof oben in den Bergen, und es gab Gerüchte, dass ihre Familie arm war. Aber sie war unbestreitbar intelligent, und obwohl sie superspießig aussah, wusste sie eine Menge interessanter Dinge über Harry Potter und A$Ap Rocky und Xeeon. Wow, sagte Cass und dann, Was ist Xeeon?

Das ist so was wie das neue Instagram, sagte Sarah Jane, nur dass es keine Zuckerberg-Creepshow ist.

Sie wartete oft mit solchen Äußerungen auf, als hätte sie Zugang zu einer Realität, von der Cass noch nie gehört hatte. Es war verwirrend. Elaine und Cass waren sich immer einig gewesen, dass Sarah Jane...
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Autor

Paul Murray, geboren 1975 in Dublin, studierte Englische Literatur und Creative Writing an der Universität of East Anglia, danach arbeitete er als Buchhändler. Er ist der Autor von An Evening of Long Goodbyes, Skippy stirbt und Der gute Banker. Seine Romane wurden von der Kritik hochgelobt und mit vielen Preisen ausgezeichnet. Er lebt mit seiner Familie in Dublin.