Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Der Heumacher

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Verlag Urachhauserschienen am13.03.2024
Im Herzen ein Traum ... Auch Ende des 19. Jahrhunderts ist das Leben der Bauern am Romsdalsfjord noch karg und hart. Knut Hansen Nesje - Edvard Hoems Urgroßvater - schwingt die Sense, seit er ein kleiner Junge war. Über vier Jahrzehnte ist er der Erste unter den Heumachern, jener, der das Tempo der Arbeit bestimmt. Er träumt davon, ein kleines Stück Land zu erwerben und an einen seiner Söhne weiterzugeben, wie seine Mutter, die Hebamme, es getan hat. Seine junge Schwägerin Gjertine, die zweite Hauptfigur des Romans, will nach Amerika auswandern und verwirklicht diesen Traum voller Zuversicht und Abenteuerlust. Ob sie der Plackerei und ungewissen Zukunft im gelobten Land tatsächlich entfliehen kann? Edvard Hoem gelingt eine berührende Geschichte in der Balance zwischen zwei Hauptfiguren mit unterschiedlichen Lebensentwürfen. In ruhigem Erzählton schildert er das Universum seiner Charaktere und entwirft einen weiten, leuchtenden Himmel über den engen Bahnen ihres rauen Alltags.

Edvard Hoem, geboren 1949 in der Nähe von Molde, ist einer der führenden norwegischen Schriftsteller. Seit fünf Jahrzehnten veröffentlicht er Romane, Dramen, Gedichte und Übersetzungen, für die er u.a. mit dem Brage-Preis (2019), dem norwegischen Kritiker-Preis und dem Ibsen-Preis ausgezeichnet wurde. 2020 wurde er für seine Verdienste um die norwegische Literatur zum Kommandeur des Sankt-Olav-Ordens ernannt und avancierte in den letzten Jahren mit seinen historischen Romanen zum Bestsellerautor.
mehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR28,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR25,99

Produkt

KlappentextIm Herzen ein Traum ... Auch Ende des 19. Jahrhunderts ist das Leben der Bauern am Romsdalsfjord noch karg und hart. Knut Hansen Nesje - Edvard Hoems Urgroßvater - schwingt die Sense, seit er ein kleiner Junge war. Über vier Jahrzehnte ist er der Erste unter den Heumachern, jener, der das Tempo der Arbeit bestimmt. Er träumt davon, ein kleines Stück Land zu erwerben und an einen seiner Söhne weiterzugeben, wie seine Mutter, die Hebamme, es getan hat. Seine junge Schwägerin Gjertine, die zweite Hauptfigur des Romans, will nach Amerika auswandern und verwirklicht diesen Traum voller Zuversicht und Abenteuerlust. Ob sie der Plackerei und ungewissen Zukunft im gelobten Land tatsächlich entfliehen kann? Edvard Hoem gelingt eine berührende Geschichte in der Balance zwischen zwei Hauptfiguren mit unterschiedlichen Lebensentwürfen. In ruhigem Erzählton schildert er das Universum seiner Charaktere und entwirft einen weiten, leuchtenden Himmel über den engen Bahnen ihres rauen Alltags.

Edvard Hoem, geboren 1949 in der Nähe von Molde, ist einer der führenden norwegischen Schriftsteller. Seit fünf Jahrzehnten veröffentlicht er Romane, Dramen, Gedichte und Übersetzungen, für die er u.a. mit dem Brage-Preis (2019), dem norwegischen Kritiker-Preis und dem Ibsen-Preis ausgezeichnet wurde. 2020 wurde er für seine Verdienste um die norwegische Literatur zum Kommandeur des Sankt-Olav-Ordens ernannt und avancierte in den letzten Jahren mit seinen historischen Romanen zum Bestsellerautor.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783825162689
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum13.03.2024
SpracheDeutsch
Dateigrösse1417 Kbytes
Artikel-Nr.14185592
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

DER WENDEPUNKT
1

DER HEUMACHER hieß Knut Hansen Nesje, doch die Leute nannten ihn nur Nesje, und der Grund und Boden, den er am Hang oberhalb der Kleinstadt Molde gepachtet hatte, nannten sie das Nesje-Stück. Nesje war mein Urgroßvater. Viel wurde über ihn in meiner Kindheit erzählt - von meinem Großvater Edvard Hoem und von meinem Vater, Knut.

Doch obwohl ich die wichtigen Jahreszahlen seines Lebens kenne und ebenso einzelne Zeugnisse darüber, wie er lebte, war das nicht genug, als ich über ihn schreiben wollte. Ich musste ihn herbeidichten, aus Luft und aus dem Nichts, aus dem Licht über Molde und Rekneslia, aus dem Wind, der meine Haare zaust, und aus dem Regen, der auf Felder und Menschen fiel - zu seiner wie zu meiner Zeit.

Am 17. Juni 1874 wachte er früher als gewöhnlich auf - in dem Haus am Rand des Himmels, das er gebaut hatte. Die Taschenuhr, die auf einem Stuhl neben dem Bett lag, zeigte fünf Uhr. Sein Herz schlug unregelmäßig, wie immer, wenn er zu wenig geschlafen hatte, und wie immer bei diesen Gelegenheiten dachte er, dass mancherlei Bekümmernisse unsere Seele beschweren, die wir nicht verstehen.

Er lag eine Weile ruhig da, bevor ihm einfiel, dass er Geburtstag hatte und sechsunddreißig Jahre alt wurde. Zwei Jahre waren vergangen, seit seine Frau Guri gestorben war. Zum ersten Mal spürte er, dass die Zeit den Schmerz und das Gefühl des Verlusts gelindert hatte.

Er schwang die Beine über die Bettkante, stieg die steile Treppe vom Dachboden herunter und ging hinaus auf die Rückseite des Hauses, um Wasser zu lassen. Der Sommermorgen erwachte langsam - und mit ihm der Geruch von Blumen und dampfender Erde. Weiter oben am Hang hörte er Vogelgesang - zuerst eine Singdrossel, dann einen Chor aus Staren, Buchfinken und Fitissen.

Er ging wieder hinein und trank aus einer Schöpfkelle, die im Quellwasserbottich stand, bis sein Durst gelöscht war. Dann zog er eine Lodenhose an, die früher einmal fein gewesen war, ein Leinenhemd, eine Weste und ein Halstuch. Das Fenster stand offen. In einem Nest unter dem Dachvorsprung war ein Starenpaar damit beschäftigt, eine Kinderschar großzufüttern. Er schmierte sich einen Brotkanten und trank einen Becher Milch dazu. Alltags kochte er sich keinen Kaffee, doch sollte ihm später am Tag von Claus Gørvells Mägden eine Tasse Kaffee angeboten werden, würde er nicht ablehnen. In seiner Jugend hatte er sich zu seinen Geburtstagen einen Schnaps genehmigt, aber seit er mit dem Jungen alleine war, hatte er davon abgelassen. Ein Kleinbauer und Pächter hat keine Zeit für Zechgelage und Müßiggang. Der Sommertag auf dem Gørvell-Hof war lang und arbeitsreich, und wenn die Heuernte dort vorbei war, musste er sechs Pflichttage auf Gut Reknes mähen, denn von Reknes hatte er Land gepachtet. Abgesehen von der Arbeit auf dem Feld setzte Nesje an der Hobelbank oder in der Schmiede Gerätschaften instand und versorgte die dänischen Arbeitspferde, an denen Claus Gørvell so hing. In der Heuernte schritt er in der Gruppe der fünf Schnitter, die in einer Reihe hintereinander mähten, stets ganz vorne. Er war es, der die Geschwindigkeit vorgab. Die Arbeit auf dem Gørvell-Hof brachte es mit sich, dass er das Heu auf seinem eigenen Stück Land in den Nächten ernten musste - während der Heuernte im Sommer blieben ihm meist nicht mehr als drei, vier Stunden Schlaf. Im Winter war er für Gørvell im Wald. Er arbeitete für einen halben Taler am Tag - oder, wie man nun sagte, für sechzig Schillinge. Das war weniger als der Tageslohn eines Tagelöhners. Aber Nesje wurde das ganze Jahr über auf dem Gørvell-Hof beschäftigt. Im Frühling und im Sommer verging jede freie Stunde damit, die 160 Ar, die er in Rekneslia gepachtet hatte, zu roden, einzusäen und zu ernten. Hundert Ar hatte er innerhalb von zehn Jahren unter den Pflug genommen, sechzig Ar verblieben ihm noch, bis er fertig war. Er hatte das Land nur mit Spaten und Hacke urbar gemacht; lediglich für das Pflügen hatte er sich ein Pferd geliehen. An seinem vierzigsten Geburtstag sollte der Grund und Boden, über den er verfügte, als Wiese und Ackerland bereitliegen. So war sein Plan, und bisher war er diesem Plan bis zum letzten Punkt und Komma gefolgt.
2

BEVOR NESJE AUS DEM HAUS GING, rief er seinen vierzehnjährigen Sohn Hans, um ihn zu wecken. Hans war in diesem Sommer Laufjunge im Krämerladen der Gørvell-Familie. Vom Dachboden kam keine Antwort. Nesje griff nach der Axt und stieß mit deren Nacken gegen die Deckenbalken, bis der Junge die Treppe heruntergepoltert kam.

»Hör auf, ich bin wach!«, sagte Hans. Er schöpfte Wasser in eine Schüssel und sprang zur Tür hinaus, um den Schlaf aus den Augen zu waschen. Als er wieder hereinkam, begann er, die Kleider anzuziehen, die auf einem Stuhl lagen. Und da fiel es ihm ein.

»Ich gratuliere zum Geburtstag, Vater.«

»Danke.«

Nesje sah seinen Sohn an. Er war groß - in den letzten Jahren war er ziemlich in die Höhe geschossen. Er hatte Locken, die er jeden Morgen mit Wasser zu glätten versuchte. Seine Gesichtszüge waren sanft, beinahe weich, und seine Hände und Nägel pflegte er gut, wie so viele andere aus der Nesje-Familie. Im nächsten Frühjahr sollte Hans konfirmiert werden. Kinder werden uns nur geliehen, sagen manche, doch Nesje hatte die Hoffnung, dass der Junge in der Nähe bleiben würde, wenn er erwachsen war. Es gab ja nur sie beide. Aber wer weiß schon, was die Zukunft bringt? Viele machten sich derzeit auf den Weg über den Atlantik nach Amerika, ohne sich darum zu kümmern, dass die Eltern in Kummer und Armut zurückblieben.

Nesjes Stimme klang etwas belegt, als er sagte, der Junge solle sich gut betragen - wie er es bisher stets getan hatte. Der Junge warf ihm einen Blick zu und sagte versöhnlich: »Das werde ich, Vater.«

Nesje nahm seinen Wetzstein an sich, der auf dem Tisch lag, und ein Messer mit Messerscheide, das er an seinem Gürtel befestigte. Dann ging er die Steintreppe hinunter und hielt vor dem Haus einen Augenblick inne. Die Berge auf der anderen Seite des Moldefjords boten im Morgendunst einen einzigartigen Anblick. Die Aussicht auf die Gebirgskette war ein wichtiger Grund dafür gewesen, sich so weit oben am Hang anzusiedeln. Einige dieser Berge ragten direkt aus dem Fjord empor, andere lagen etwas weiter landeinwärts, doch von hier aus gesehen schienen sie wie eine zusammenhängende Gipfelkette - mit mehr als siebzig Bergspitzen. Auf den meisten lag noch Schnee. Der Fjord lag blank und still da; in der Morgenstunde sah es aus, als trieben die Schären und Inseln da draußen auf dem Wasser.

Nesje lief rasch die Hügel hinunter und blieb erst stehen, als er auf der Anhöhe von Rekneshaugen angekommen war. Dort verweilte er einen Augenblick und sann über sein Alter nach. Erwachsen bin ich jetzt wohl, dachte er, aber noch nicht alt. Er ließ seinen Blick über die Landschaft schweifen. Hier lebte er, und hier würde er immer leben. Er war ein hagerer Mann - mit einem Vollbart und Haaren, die sich kräuselten, wenn die Arbeit ihm den Schweiß auf die Stirn trieb. Beim Mähen trug er stets einen Hut, um sein Gesicht vor zu starkem Sonnenbrand zu schützen, die Unterarme und Hände wurden trotzdem dunkelbraun - daran konnte ein Arbeiter nichts ändern.

Unter ihm lag die kleine Stadt Molde, die dort um das Gut Reknes und das Landgut auf der anderen Seite des Flusses, Moldegaard, entstanden war. Häuserreihen säumten die beiden Seiten des alten Fahrweges zwischen Moldegaard und dem Reknes Hospital, und jedes Jahr kamen neue Gebäude hinzu.

Nesje ging den Pfad rechterhand des großen Gartens mit Namen Humlehaven hinab. Hier, nahe der Stadtgrenze, in einem Gebiet, das noch der Gemeinde Bolsøy zugehörte, gab es keine Häuser, sondern nur Wiesen und Felder. Der Abhang war eingezäunt, damit keine Weidetiere hineingelangen konnten, und es waren viele hundert Pflanzenarten angepflanzt, die im Frühjahr in ihrer schönsten Blüte standen. Der Garten wurde Humlehaven, Hopfengarten, genannt, weil Generalauditor Koren, der einst Eigentümer des großen Gutshofs Reknes gewesen war, hier Hopfen zum Bierbrauen angebaut hatte. Nun gehörte Humlehaven der Familie Dahl. Nicolay Dahls Kapitäne, die mit ihren Schuten viele Meere besegelten, hatten den Auftrag, Samen, Wurzeln und Stecklinge aller exotischen Blumen, Sträucher und Bäume nach Hause mitzubringen, die sie finden konnten, um festzustellen, ob diese in Molde gediehen. Mit seiner Blütenpracht war Humlehaven ein Wunderwerk 62 Grad nördlicher Breite. Weit oben am Hang stand das Lusthaus der Familie Dahl mit Erkern und Säulen. Der Hang unterhalb des Lusthauses war bedeckt mit exotischen Blumen. Entlang des Zaunes blühten Rosenbüsche, Klematis und Geißblatt und über allem rauschten die Baumkronen von Lärchen und Pinien.

Nesje...
mehr

Autor

Edvard Hoem, geboren 1949 in der Nähe von Molde, ist einer der führenden norwegischen Schriftsteller. Seit fünf Jahrzehnten veröffentlicht er Romane, Dramen, Gedichte und Übersetzungen, für die er u.a. mit dem Brage-Preis (2019), dem norwegischen Kritiker-Preis und dem Ibsen-Preis ausgezeichnet wurde.
2020 wurde er für seine Verdienste um die norwegische Literatur zum Kommandeur des Sankt-Olav-Ordens ernannt und avancierte in den letzten Jahren mit seinen historischen Romanen zum Bestsellerautor.

Bei diesen Artikeln hat der Autor auch mitgewirkt