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BücherLiebe

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
240 Seiten
Deutsch
Thienemann-Esslingererschienen am29.08.2024Auflage
Eine Spielwiese und Schatzkiste für Bücherfreunde - das ist 'BücherLiebe'. Hier wird das Lesen in all seinen Facetten auf liebevolle, kreative und unterhaltsame Art und Weise zelebriert. Es geht um Lieblingsbücher, Lieblingsfiguren und Lieblingssätze - Hauptsache, Liebe! Die einen sehen das Lesen als Hobby, die anderen haben den Traum, es zum Beruf zu machen. Vielen liegt das Schreiben eigener Geschichten oder das Schreiben über Bücher am Herzen. Und immer gilt: Mitmachen! Denn Bücher, Lesen, Literatur können Leben verändern. Lesen macht stark, beflügelt, befreit. Also: Wer nicht liest, ist selber schuld!  - Abwechslungsreiche Mischung aus Infos, Tipps, Porträts, Interviews und Mitmachseiten - Feiert das Lesen  - Wunderschön und modern gestaltet

Christine Knödler, geboren 1967, studierte Theaterwissenschaften, deutsche und französische Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte in München und Paris. Die freie Journalistin, Lektorin und Herausgeberin schreibt, ediert und rezensiert für verschiedene Zeitungen, Zeitschriften und Verlage, u.a. für Eltern, Eltern family, Süddeutsche Zeitung, Neue Zürcher Zeitung und für die Literarische Welt. Seit 2009 ist sie als Lehrbeauftragte an der Ludwig-Maximilians-Universität in München tätig. Sie lebt mit ihren beiden Kindern in der Nähe von München.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextEine Spielwiese und Schatzkiste für Bücherfreunde - das ist 'BücherLiebe'. Hier wird das Lesen in all seinen Facetten auf liebevolle, kreative und unterhaltsame Art und Weise zelebriert. Es geht um Lieblingsbücher, Lieblingsfiguren und Lieblingssätze - Hauptsache, Liebe! Die einen sehen das Lesen als Hobby, die anderen haben den Traum, es zum Beruf zu machen. Vielen liegt das Schreiben eigener Geschichten oder das Schreiben über Bücher am Herzen. Und immer gilt: Mitmachen! Denn Bücher, Lesen, Literatur können Leben verändern. Lesen macht stark, beflügelt, befreit. Also: Wer nicht liest, ist selber schuld!  - Abwechslungsreiche Mischung aus Infos, Tipps, Porträts, Interviews und Mitmachseiten - Feiert das Lesen  - Wunderschön und modern gestaltet

Christine Knödler, geboren 1967, studierte Theaterwissenschaften, deutsche und französische Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte in München und Paris. Die freie Journalistin, Lektorin und Herausgeberin schreibt, ediert und rezensiert für verschiedene Zeitungen, Zeitschriften und Verlage, u.a. für Eltern, Eltern family, Süddeutsche Zeitung, Neue Zürcher Zeitung und für die Literarische Welt. Seit 2009 ist sie als Lehrbeauftragte an der Ludwig-Maximilians-Universität in München tätig. Sie lebt mit ihren beiden Kindern in der Nähe von München.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783522622097
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum29.08.2024
AuflageAuflage
Seiten240 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse7659 Kbytes
Artikel-Nr.14277849
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Porträt Christian Baron Journalist und Autor

»Literatur hilft immer«

Christian Baron ist im Kaiserslautern der 1990er-Jahre groß geworden. Die Familie ist arm, der alkoholkranke Vater prügelt. Dass Christian Baron einmal Journalist und Autor werden würde, ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Stationen einer ungewöhnlichen Lese- und Lebensgeschichte.

Bücher gab es in der Kindheit von Christian Baron nicht. Es gab Comics: Asterix, Bugs Bunny, Donald Duck, Die lustigen Taschen-bücher. Es gab den Fernseher. Der war Hintergrundrauschen eines harten Alltags und Kulisse der schönen Kindheitsmomente. Und es gab den Hunger. Manchmal war der so groß, dass der Junge den Schimmel von den Wänden der Wohnung kratzte, um ihn zu essen.

Auf der Liste der Dinge, die er mochte, stand Bücherlesen nicht. Daran konnten auch seine Lehrer:innen nichts ändern. »Bücher«, schreibt Christian Baron in Ein Mann seiner Klasse, »lasen langweilige Mädchen mit dicken Brillengläsern und schwache Jungs mit dünnen Stimmen.« Letzteres wollte er auf keinen Fall sein. Seine Freizeit verbrachte er mit »Fußball und Fehden, Grießbrei und Gebrüll, Nintendo und Nasenbluten, Schlagsahne und Schlagsalven, Moonwalk üben und Mama beschützen.«6

Trotzdem: Schon in der Grundschule war Deutsch sein Lieblingsfach, Aufsätze schrieb er gern, Diktate auch, Rechtschreibung fiel ihm leicht. Die 1 auf dem Zeugnis kostete ihn keinerlei Anstrengung.

Die Familie war arm, die Wohnung klein. Mit Freunden ins Kino oder ins Museum zu gehen, im Restaurant zu essen oder ein Handy zu bekommen wie die anderen Mitschüler:innen? Davon konnten er und seine Geschwister nur träumen. Das Geld fehlte hinten und vorne, es reichte nicht einmal, um alle satt zu kriegen. Klassenfahrten mussten abgesagt werden, sie waren so wenig drin wie Reisen. Die Frage in der Schule, wo er die Ferien verbringen würde, hat er darum als Kind gehasst.

Der Vater wollte die Familie »mit seiner Hände Arbeit«7 ernähren. Doch als Möbelpacker verdiente er viel zu wenig. Den Frust darüber gab er nach unten weiter. »So wie die werden wir nie sein«, sagte er über andere, die noch weniger hatten, und sorgte dafür, dass die Familie nicht am schlimmsten Brennpunkt der Stadt wohnte.

Der Sohn fürchtete fortan den Feierabend. Wenn der Vater von der Arbeit zurückkam, konnte es gefährlich werden.

Und natürlich fragte er sich, warum es ihm, seinem Bruder und seinen beiden Schwestern so viel schlechter ging als anderen Kindern. Eine Erklärung dafür gibt es nicht. Aber Christian Baron hat am eigenen Leib erfahren: Wer arme Eltern hat, kann nichts machen. Ein Kind kann nicht einfach losziehen und ein eigenes Leben führen. Ein Kind ist ausgeliefert. »Ich musste früh lernen, wie ein erwachsener Mensch zu denken«, sagt Christian Baron heute.

Als seine Mutter schwer erkrankt, ist er acht Jahre.

Damals entwickelte er Überlebensstrategien. Eine davon war die Fantasie. Die wurde bei ihm von Bildern und Geschichten aus dem Fernsehen geweckt - und von dem, was daraus in seinem Kopf entstand. Die Helden seiner Kindheit hießen Super Mario und Mega Man, Bud Spencer und Terence Hill, Obelix und He-Man.

Literatur, davon ist er Jahrzehnte später überzeugt, hätte ihm noch viel mehr geholfen. Doch nicht einmal seine geliebte Mutter konnte ihn fürs Lesen gewinnen. Sie nahm ihn mit in die Stadtbibliothek - den Geruch staubiger Bücher konnte der Junge nicht leiden. Sie besorgte Bücher vom Flohmarkt und las ihm vor - er wollte lieber draußen mit seinen Kumpels kicken. Bis sie einmal einen besonderen Geburtstagswunsch äußerte, den er ihr nicht abschlagen wollte. Sie wünschte sich, dass er ein bestimmtes Buch las, über das sie dann an ihrem Geburtstag redeten. Pony Peter war ein Lieblingsbuch ihrer Kindheit. »Du darfst ganz ehrlich sein«, sagte die Mutter. »Wenn dir das Buch nicht gefällt, bin ich nicht beleidigt. Du musst mir aber sagen können, warum es dir nicht gefällt - oder vielleicht ja doch.«

Der Sohn gab nach 30 Seiten auf. Er scheiterte am süßlichen Ton der Geschichte. Erst viele Jahre später las er Peter Pony zu Ende. Da war er längst erwachsen und seine Mutter war längst an Krebs gestorben. Nach ihrem Tod hielt seine Tante ihr Versprechen, sich um die Kinder zu kümmern. Sie setzte gegen den Willen des Vaters und gegen die Empfehlung des Jugendamts durch, dass Christian Baron aufs Gymnasium gehen konnte. Und sie ermutigte ihn, als Sportreporter für die Lokalzeitung »Rheinpfalz« zu schreiben.

Und dann gab es doch dieses eine Buch, das Christian Baron freiwillig gelesen hat. Er war 19, stand kurz vor dem Abitur, las Ausweitung der Kampfzone von Michel Houellebecq - und war »tief erschüttert, aber auf eine gute Weise.«

Denn das Buch stellte alles, woran er bislang geglaubt hatte, infrage. Er hatte daran geglaubt, dass man aus eigener Kraft den sozialen Aufstieg schaffen kann, obwohl das bis dahin niemandem aus seiner Familie gelungen war.

Gerade war er der SPD beigetreten, engagierte sich bei den Jusos, glaubte an Gerechtigkeit und daran, in einer gerechten Gesellschaft zu leben - und dann schreibt dieser französische Autor von der Entsolidarisierung der Gesellschaft.

»Dieses Buch hat bei mir den Keim gelegt, dass das Lesen ein Grundbedürfnis geworden ist«, sagt er heute. Dabei ist es geblieben. Dass Bücher die eigene Haltung zur Welt korrigieren, dass sie einen anderen Standpunkt vermitteln, sodass man sich dazu verhalten muss, wird sein Anspruch an Literatur. Das kann wehtun. Das kann ermutigen. »Lebensbücher« nennt Christian Baron Romane, die das bewirken.

In Trier studierte er Politikwissenschaft, Soziologie und Germanistik. Wie schon in der Oberstufe fühlte er sich an der Universität oft allein und unverstanden. Seine Kommiliton:innen waren komplett anders aufgewachsen als er. Er, »das Arbeiterkind«, fühlte sich als Außenseiter, als »Alien«. Was ihn wirklich bewegte und umtrieb, konnte er nicht mitteilen.

Denn da blieb die Sache mit der Scham. Als Kind hatte er sich für seine Armut geschämt und versucht, sie zu verbergen. Umso härter schlug die Beschämung von außen zu. Worte wie »Unterschicht-Barackler« oder »Asozialer« bekam er immer wieder zu hören. Und wenn Mitschüler:innen oder Lehrer:innen über Menschen lästerten, die angeblich nicht arbeiten wollten und auf Kosten des Sozialstaats lebten, fühlte er sich angesprochen. Obwohl er wusste, dass das falsch war.

Doch in Deutschland galt und gilt: »Wer arm ist, ist selbst schuld.« Entsprechend wurde und wird auf »die da unten« herabgeschaut. Empathie? Ein Fremdwort. Mitgefühl erlebte Christian Baron nicht. »Das«, sagt er im Rückblick, »kann sich auf eine Kinderseele legen und da breitmachen und zu Resignation führen.« So etwas vergisst man nicht.

Weil er seine Kommiliton:innen besser kennenlernen wollte, fragte er sie nach ihren Kinderbüchern und las die Geschichten nach. Er war Anfang 20, als er das erste Mal mit Kinderliteratur in Berührung kam. Sein erstes Kinderbuch: Pünktchen und Anton von Erich Kästner. Ausgerechnet. Luise, genannt Pünktchen, wächst in wohlhabenden Verhältnissen auf. Sie verkauft heimlich Streichhölzer, um ihrem Kindermädchen zu helfen. Anton lebt mit seiner kranken Mutter in einer kleinen Wohnung. Er ist arm. Doch Pünktchen und Anton werden Freunde.

In Anton erkannte Christian Baron sich wieder. »Das Buch hat mir geholfen, mich an der Uni zurechtzufinden. Das ist schon erstaunlich«, erinnert er sich.

Kästners Emil und die Detektive liest er als Geschichte einer Emanzipation, weil die Kinder reparieren, was die Erwachsenen verbrochen haben. Die Erkenntnis, dass man den Nationalsozialismus hätte verhindern können, offenbart ihm der Roman Das siebte Kreuz von Anna Seghers. Den Großstadtroman Berlin Alexanderplatz von Alfred Döblin liest er eine Zeit lang einmal im Jahr. Und an den Kurzgeschichten von F. Scott Fitzgerald mag er besonders, wie der Autor über arm und reich schreibt: »Fitzgeralds Herkunft ist ebenfalls sehr bescheiden. Er wollte immer etwas Besseres sein und schrieb teils bewundernd, teils mit einem spöttischen Unterton über die da oben . Das finde ich bis heute toll.«

An Bertolt Brecht bewundert Christian Baron die Menschenfreundlichkeit. Trotz allem. Das Gedicht An die Nachgeborenen ist vielleicht so etwas wie ein Lebensgedicht für ihn. Ganz gewiss ist es eines seiner Lieblingsgedichte. Darin wird nichts von dem beschönigt, wozu Menschen in der Lage sind. »Aber nichts ist fatalistisch. Alle können sich jederzeit einmischen«, erkennt Christian Baron - und liest das Gedicht in Zukunft denen vor, die es nicht kennen. Den Glauben daran, dass der Mensch dem Menschen auch ein Helfer sein kann, gibt er so wenig auf wie der Autor selbst.

Mitgefühl für andere und für das Kind, das er war, hat die Literatur in Christian Baron geweckt, weil Bücher ohne Schwarz-Weiß-Malerei...
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