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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
180 Seiten
Deutsch
Delius Klasing Verlagerschienen am08.03.20242. aktualisierte Auflage 2024
Jan Ullrich: Ein (un)gewöhnlicher Held Als erster und einziger Deutscher gewann er 1997 die Tour de France und fuhr sich mit dem Team Telekom in die Herzen der Radsport-Fans. Seine packenden Duelle mit Lance Armstrong und Marco Pantani fesselten Millionen an die TV-Bildschirme. Doch dann: Dopingskandal, Karriereende, Alkohol- und Drogenausfälle. Jan Ullrichs Absturz ist einer der tragischsten in der Sportgeschichte. Wie konnte es so weit kommen? 25 Jahre nach dem legendären Tour-de-France-Sieg versucht Sebastian Moll diese Frage zu beantworten. Als Radsportjournalist begleitete er Jan Ullrichs Karriere von Anfang an und blickt in diesem Buch auf den Aufstieg und Fall des Spitzensportlers zurück. Kritisch betrachtet er das gesamte System des Radrennsports und ordnet die Ära von Armstrong, Ullrich und ihren Zeitgenossen in einer Art und Weise ein, wie es bislang noch nicht geschehen ist. • Der gefallene Held: Die bewegende Geschichte des größten deutschen Radsport-Stars • Wie konnte es so weit kommen? Hätte der tiefe Fall des Fahrradprofis verhindert werden können? • Das System Radrennsport: Wie Medien, Politik, Fans und Sponsoren zur Krise beitrugen • Was bleibt nach dem Hochleistungssport: Die schwierige Suche nach der eigenen Identität »Quäl dich, du Sau« - ein neuer Blick auf Doping und Leistungsdruck Fast über Nacht wurde Jan Ullrich vom Liebling der Nation zum Prügelknaben. Dabei stand er nur stellvertretend für das, was im Radrennsport schon lange falsch lief. Sebastian Moll wirft einen anderen Blick auf die tragische Sportlerbiografie. Wohlwollend und wertschätzend analysiert er Ullrichs Werdegang und weckt damit Verständnis für die Höhen und Tiefen eines Spitzensportlers, dessen einzigartiges Talent Fluch und Segen zugleich war.mehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR22,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR17,99

Produkt

KlappentextJan Ullrich: Ein (un)gewöhnlicher Held Als erster und einziger Deutscher gewann er 1997 die Tour de France und fuhr sich mit dem Team Telekom in die Herzen der Radsport-Fans. Seine packenden Duelle mit Lance Armstrong und Marco Pantani fesselten Millionen an die TV-Bildschirme. Doch dann: Dopingskandal, Karriereende, Alkohol- und Drogenausfälle. Jan Ullrichs Absturz ist einer der tragischsten in der Sportgeschichte. Wie konnte es so weit kommen? 25 Jahre nach dem legendären Tour-de-France-Sieg versucht Sebastian Moll diese Frage zu beantworten. Als Radsportjournalist begleitete er Jan Ullrichs Karriere von Anfang an und blickt in diesem Buch auf den Aufstieg und Fall des Spitzensportlers zurück. Kritisch betrachtet er das gesamte System des Radrennsports und ordnet die Ära von Armstrong, Ullrich und ihren Zeitgenossen in einer Art und Weise ein, wie es bislang noch nicht geschehen ist. • Der gefallene Held: Die bewegende Geschichte des größten deutschen Radsport-Stars • Wie konnte es so weit kommen? Hätte der tiefe Fall des Fahrradprofis verhindert werden können? • Das System Radrennsport: Wie Medien, Politik, Fans und Sponsoren zur Krise beitrugen • Was bleibt nach dem Hochleistungssport: Die schwierige Suche nach der eigenen Identität »Quäl dich, du Sau« - ein neuer Blick auf Doping und Leistungsdruck Fast über Nacht wurde Jan Ullrich vom Liebling der Nation zum Prügelknaben. Dabei stand er nur stellvertretend für das, was im Radrennsport schon lange falsch lief. Sebastian Moll wirft einen anderen Blick auf die tragische Sportlerbiografie. Wohlwollend und wertschätzend analysiert er Ullrichs Werdegang und weckt damit Verständnis für die Höhen und Tiefen eines Spitzensportlers, dessen einzigartiges Talent Fluch und Segen zugleich war.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783667129444
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum08.03.2024
Auflage2. aktualisierte Auflage 2024
Seiten180 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse6733 Kbytes
Artikel-Nr.14287109
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

VORWORT

Als im August 2018 die Nachricht in den späten Hochsommer platzte, dass Jan Ullrich nach seinen Drogeneskapaden und Tätlichkeiten sowohl in Mallorca als auch in Frankfurt verhaftet worden war, lag meine letzte Frankreichrundfahrt als Reporter bereits zehn Jahre zurück. Ich drehte zwar selbst noch am Wochenende mit dem Rennrad meine Runde und schaute auch immer mal wieder rein, wenn die Tour de France lief. Doch beruflich bewegte ich mich längst in einem vollkommen anderen Milieu.

So saß ich gerade in meiner New Yorker Wohnung an einer Reportage über das marode U-Bahn-Netz der Stadt und bereitete Interviews zum 50. Jahrestag der Stonewall-Riots vor - der Geburtsstunde des globalen Kampfes für die Rechte Homosexueller. Mittlerweile arbeitete ich von Big Apple aus als USA-Korrespondent, der Radsport war zur Privatangelegenheit geworden.

Die Nachrichten aus Deutschland rissen mich jedoch für ein paar Tage schockartig aus meinem New Yorker Leben heraus. Jan Ullrichs Schicksal versetzte mich wieder zurück in jene Zeit, in der Radsport mein Leben war. Rund zehn Jahre lang drehte sich für mich alles um diesen Sport, ich bin als Reporter von März bis Oktober mit dem Radsportzirkus mitgetingelt und kannte den Betrieb sowie die handelnden Personen in- und auswendig.

Diese Zeit fiel ziemlich genau mit der Profikarriere von Jan Ullrich und seiner Rivalität mit Lance Armstrong zusammen. Eine meiner ersten Reportagen als Radsportjournalist war ein Artikel für das Radsportmagazin TOUR über den Werdegang von Jan Ullrich und die Grundlagen für seinen Tour-de-France-Sieg im systematischen Trainingsaufbau in der DDR.

Zweifelsohne habe ich diesen Abschnitt meines Berufslebens vor allem Jan Ullrich zu verdanken. Wenn er nicht das Radsportinteresse in Deutschland entfacht hätte, dann hätten mich nicht die damals noch üppigen Budgets der Sportredaktionen so lange ernährt und mir das Vergnügen erlaubt, mit dem Profibetrieb durch Europa zu reisen.

Jetzt, nach dem psychosozialen Kollaps von Jan Ullrich, war hingegen das Verhältnis des einstigen »Messias des Radsports«, zu dem die BILD-Zeitung Ullrich nach seinem Tour-Sieg gekürt hatte, mit der deutschen Öffentlichkeit am absoluten Tiefpunkt angelangt. In einer Dokumentation des NDR zur Tour 2020 brachte Andreas Burkert, einstiger Radsportexperte der Süddeutschen Zeitung, den Stand der Dinge zwischen Ullrich und Deutschland auf den Punkt, als er sagte: »Ein Geständnis von Ullrich braucht heute kein Mensch mehr.«

Der Zeitpunkt, zu dem man Ullrich mit offenen Armen wieder in die Mitte der Gesellschaft aufgenommen hätte, wenn er nur reinen Tisch machen und seine hinlänglich dokumentierten Dopingvergehen gestehen würde, war längst verstrichen. Inzwischen hatte man Ullrich abgeschrieben. Die Isolation, in die er sich selbst über die Jahre manövriert hatte, brachte ihn immer näher an den Abgrund. Niemand, so schien es, konnte ihn dort mehr erreichen, und ob er sich je wieder daraus würde befreien können, schien zweifelhaft. Und irgendwie wollte man das Ende dieser traurigen Geschichte auch lieber nicht mehr mit anschauen.

Gut drei Jahre später scheint die Jan-Ullrich-Story eine wundersame Wandlung zum Besseren erfahren zu haben. Im November 2023 strahlt Amazon prime video eine vierteilige »Dokumentation« aus, in der Ullrich selbst als Protagonist auftritt und seine Geschichte erzählt. Der Launch der Reihe wird flankiert von einer ganzen Serie von Interviews und öffentlichen Auftritten, sorgsam choreografiert, um der Wiederkehr Ullrichs in die Öffentlichkeit und ins bürgerliche Leben maximale Wirkung sowie eine einheitliche Message zu verleihen.

Die Kampagne wurde vom ehemaligen Regierungssprecher Bela Anda gemanagt und kann getrost als Meisterleistung eines ausgebufften Medienprofis bezeichnet werden. Die Marke Jan Ullrich hatte inmitten seiner Drogenexzesse des Jahres 2018 einen Totalschaden erlitten. Weniger abgebrühte PR-Profis als Anda hätten zweifellos vom Versuch eines Relaunchs und einer Neupositionierung die Finger gelassen.

Voraussetzung für die Rückkehr Jan Ullrichs, das hatte Anda klar erkannt, war noch immer das Dopinggeständnis. Anders als Burkert es 2020 behauptet hatte, brauchte Deutschland, um sich wieder zu öffnen und ihm wieder einen Platz in der Gesellschaft einzuräumen, von Jan Ullrich durchaus zunächst einmal das Eingeständnis, dass er ihm etwas vorgegaukelt hatte. Und so wurden sowohl die Doku als auch die zahlreichen Interviews rund um die Premiere als »Lebensbeichte« vermarktet.

Tatsächlich erfuhr man dabei von Jan Ullrich nicht viel, was die interessierte Öffentlichkeit nicht schon längst gewusst hätte. Ullrich hat von Beginn seiner professionellen Radsportkarriere an unerlaubte leistungssteigernde Mittel genommen, für Insider waren allein die Details interessant. Etwa, dass Ullrich behauptet, erst zu Beginn der Saison 1996, seiner zweiten Saison als Radprofi, erstmals mit Doping in Berührung gekommen zu sein.

Es war das Jahr seines überraschenden Durchbruchs. Eigentlich sollte der erst 22 Jahre alte Ullrich sich in diesem Jahr lediglich im Peloton akklimatisieren und durch zuverlässige Helferdienste sein Gehalt rechtfertigen. Doch in den Profirennen des Frühjahrs und Frühsommers fuhr er derart überzeugend, dass der damalige Chef des Teams Telekom, Walter Godefroot, gar nicht umhinkonnte, ihn für die Grand Boucle zu nominieren. Dort wurde er hinter Teamkapitän Bjarne Riis Zweiter, und die meisten Beobachter glaubten, er hätte gewonnen, wenn er sich nicht der Stallorder hätte beugen müssen.

Das Dopingsystem im Team Telekom war damals bereits wohletabliert. Wie Ullrich in der Amazon-Doku und den flankierenden Interviews erklärt: »Ich habe das Doping nicht erfunden.« Sein damaliger Teamkapitän Bjarne Riis attestiert Ullrich zudem, dass er nie ein »Leader« gewesen sei, sondern stets einer, der brav tat, was man ihm sagte. Nicht mehr und nicht weniger. Doping aus Eigeninitiative wäre für einen Fahrer, der nicht einmal die Übersetzung an seinem Rad selbst wählt, geradezu charakterfremd gewesen.

So machte er auch beim Dopingprogramm des Teams Telekom einfach mit. Man hatte ihm glaubhaft versichert, dass das nun mal zum Profigeschäft auf höchstem Niveau dazugehöre und vollkommen sicher sei. Die Tatsache, dass ihm dieses System von den renommierten Sportmedizinern der Uniklinik Freiburg verkauft wurde, die damals das Team betreuten, bestärkte ihn in seinem Vertrauen. »Du bist jetzt in der Königsklasse angekommen«, erinnert sich Ullrich heute an seine Gedanken von damals. »Und wenn das dazugehört, dann will ich dabei sein.«

Den Kontakt zum notorischen Dopingarzt Eufemiano Fuentes, dessen Hilfe Ullrich in den späteren Jahren seiner Karriere suchte, hatte er indes ohnehin bereits in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Focus im Jahr 2015 zugegeben. Und von Fuentes selbst, der in der Amazon-Doku auftritt, war auch kaum etwas zu erfahren. Im Gegenteil - Fuentes offenbarte keine Details und verharmloste seine Aktivitäten.

Aber für den Relaunch von Jan Ullrich waren neue Enthüllungen auch gar nicht entscheidend. Wichtig war allein, dass man aus Jan Ullrichs Mund die Worte zu hören bekam, dass er gedopt hat.

Beinahe noch wichtiger war allerdings, dass Ullrich jenes Mantra relativierte, das man ihm in der deutschen Öffentlichkeit am meisten übel genommen hatte, seit im Jahr 2006 seine Dopingvergehen aufflogen und er über Nacht zur Persona non grata wurde - nicht nur im Radsport. Immer wieder hatte Ullrich betont, er habe niemanden betrogen und damit impliziert, er habe nur Chancengleichheit hergestellt. Daran hält Ullrich auch bis heute fest. Doch er räumt auch ein, dass er jetzt sehr wohl einsehe, dass er die Fans betrogen habe.

Genau das war das Mea Culpa von ihm, auf das die deutsche Öffentlichkeit seit 2006 gewartet hatte. Doch um ihn tatsächlich wieder ins Herz zu schließen, das wusste Bela Anda, reichte das nicht aus. Die Beichte allein, das hatte wohl auch Burkert gemeint, war nur die Minimalanforderung und würde nicht genügen, damit man sich wieder für Jan Ullrich interessiert.

Die deutsche Öffentlichkeit brauchte mehr von Jan Ullrich, und sie bekam mehr. In der Amazon-Doku sowie in den begleitenden Interviews, am meisten vielleicht in dem zwei Stunden dauernden Gespräch mit dem Podcaster Matze Hielscher, öffnete sich Jan Ullrich mehr, als er das jemals getan hatte. Statt eines oft hölzernen Interviewpartners, an den man sich über die Jahre gewöhnt hatte und dem der Medienkontakt sichtbares Unbehagen bereitete, erlebte man im Winter 2023 einen befreit auftretenden Jan Ullrich, der alle Ecken und Kanten einer komplexen, aber letztlich überaus liebenswürdigen Persönlichkeit durchscheinen ließ.

Ullrichs Rolle in der Öffentlichkeit hatte bis dahin stets geschwankt zwischen Lichtgestalt, schlampigem Jahrhunderttalent, das noch mit der halbherzigsten Vorbereitung um den...
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