Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Das Erwachen der Gletscherleiche

E-BookEPUBDRM AdobeE-Book
396 Seiten
Deutsch
Lindemannserschienen am02.01.2018
Eine Wandergruppe entdeckt auf dem Weg zum Morteratsch-Gletscher in Graubünden einen 'Ötzi'. Der ebenso geniale wie kauzige Wissenschaftler Johannes Aschendorffer raubt mit Hilfe seines listenreichen antolischen Hausmeisters die Gletscherleiche und bringt sie in ein völlig abgeschirmtes Forschungsinstitut ins badische Freiburg. Dort will er, gegen den Willen seines Teams, an dem 5000 Jahre alten ­Körper Experimente vornehmen. Sein Ziel: den Eismann zum Leben zu erwecken. Durch eine Spur auf diesen entführten Fund aufmerksam geworden, heftet sich die Schweizer Kantons­polizei ebenso an die Fersen des Professors wie die deutsche Kripo und die sensationslüsterne Presse. Wird es der Bio­chemikerin Fredericke Biesthal und dem Molekularbiologen Murij Amresh gelingen, das Schlimmste zu verhindern? 'Weis hat ein Händchen für launige Regio-Krimis.' Schwarzwälder Bote 'Weis versteht es, seinen Figuren Leben einzuhauchen.' Hochschwarzwald-Kuriermehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR14,95
E-BookEPUBDRM AdobeE-Book
EUR9,99
E-BookPDFDRM AdobeE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextEine Wandergruppe entdeckt auf dem Weg zum Morteratsch-Gletscher in Graubünden einen 'Ötzi'. Der ebenso geniale wie kauzige Wissenschaftler Johannes Aschendorffer raubt mit Hilfe seines listenreichen antolischen Hausmeisters die Gletscherleiche und bringt sie in ein völlig abgeschirmtes Forschungsinstitut ins badische Freiburg. Dort will er, gegen den Willen seines Teams, an dem 5000 Jahre alten ­Körper Experimente vornehmen. Sein Ziel: den Eismann zum Leben zu erwecken. Durch eine Spur auf diesen entführten Fund aufmerksam geworden, heftet sich die Schweizer Kantons­polizei ebenso an die Fersen des Professors wie die deutsche Kripo und die sensationslüsterne Presse. Wird es der Bio­chemikerin Fredericke Biesthal und dem Molekularbiologen Murij Amresh gelingen, das Schlimmste zu verhindern? 'Weis hat ein Händchen für launige Regio-Krimis.' Schwarzwälder Bote 'Weis versteht es, seinen Figuren Leben einzuhauchen.' Hochschwarzwald-Kurier
Details
Weitere ISBN/GTIN9783963080111
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisDRM Adobe
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum02.01.2018
Reihen-Nr.313
Seiten396 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4724 Kbytes
Artikel-Nr.14296198
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



2

Gendarmerie-Feldweibel Urs Rüthli vom Dezernat Kriminalpolizei bei der Graubündener Kantonspolizei in Chur wippte auf seinem ausgesessenen Schreibtischstuhl, während er den ersten Bürokaffee des Morgens trank und dabei die Protokolle aus den einzelnen Polizeiposten las. Da war übers Wochenende wieder einiges los gewesen: Ein amoklaufender Ehemann in Arosa, Fahrerflucht in Chur, randalierende holländische Hotelgäste in Flims, ein Fall von illegaler Prostitution in Lenzerheide, die Kollegen in Silvaplana hatten einen völlig unterkühlten türkischen Obdachlosen in einer Garage aufgegriffen und vor dem Erfrieren gerettet, der Polizeiposten Samedan meldete den Fund eines herrenlosen deutschen Bergwacht-Ski-Doos in der Flaz. Sachen gibt´s! Rüthli griff sich an die Stirn und fuhr mit der flachen Hand durch das bereits leicht angegraute Bürstenhaar. Kollege Korporal Hürzeler vom Schreibtisch gegenüber registrierte die Bewegung aus den Augenwinkeln und kommentierte sie seinerseits mit einem leichten Anheben der Augenbrauen. Der Rüthli wieder, er regte sich immer auf, wenn irgendwo etwas nicht nach Recht und Ordnung lief. Wie uncool. Hürzeler grinste in sich hinein und widmete sich Wichtigerem.

In Splügen stand ein Hotel in Flammen, in St. Moritz haben Unbekannte im Coop-Markt eingebrochen und die Kühlregale leergeräumt ... Rüthli seufzte. Der Posten Pontresina berichtete von einem Leichenfund im Morteratsch-Gletscher. Rüthli las das Protokoll aufmerksam durch. Die Leiche war noch nicht geborgen. Wegen des schlechten Wetters. Die Unterstützung der Kriminalpolizei wurde angefordert. Seitlich auf den Protokollausdruck hatte der Oberleutnant, Rüthlis Vorgesetzer, ein rotes Ausrufezeichen markiert und Rüthli daneben geschrieben. Das bedeutete, dass er sich noch heute Morgen auf den Weg nach Pontresina machen sollte. Immer noch besser, als der Papierkram auf dem Schreibtisch. Er warf einen Blick zur trüben Fensterscheibe hinaus. Leichter Nieselregen ging über Chur nieder.

Feldweibel Rüthli spähte zum Nachbarschreibtisch hinüber, wo Korporal Pirmin Hürzeler soeben zur dienstlichen Lektüre die Blick aufblätterte. Hürzeler war ein junger Kerl, ein frischer Kollege, der für Rüthlis Geschmack den Beruf nicht ernst genug nahm. Aber er war willig, und Rüthli hatte sich seiner angenommen. Wir fahren nach Pontresina! , rief er über die Schreibtische hinweg. Leichenfund! .

Widerwillig legte Hürzeler die Zeitung zur Seite und griff nach seiner Uniformjacke. Hürzeler war ein langer Lulatsch, dem die Gendarmerieuniform an den Ärmeln zu kurz, am Kragen zu weit und im Kreuz zu breit geraten war, so dass er darin wirkte wie die Parodie eines Zirkusdompteurs. Aber er stellte keine langen Fragen. Er verließ sich ganz auf Rüthli. Der würde schon wissen, was zu tun war. Er wusste immer Bescheid - ein Vorbild an Diensteifer, Pflichtbewusstsein, Genauigkeit und polizeilicher Aufopferung. In mehr als zwanzig Dienstjahren hatte Rüthli sich vom kleinen Verkehrspolizisten mit mangelhafter Schulbildung langsam und beharrlich nach oben gearbeitet. Dass er es einmal zum Feldweibel mit besonderen Aufgaben bei der kantonalen Kriminalpolizei bringen würde, hätte er sich nicht träumen lassen. Er war kein Überflieger, kein grandioser Ermittler, keine geniale Spürnase. Jeden Schritt, den er tat, überlegte er dreimal und sicherte ihn nach allen Seiten ab. Lieber bewegte er sich gar nicht als falsch. Seine Devise lautete: Eins nach dem Anderen . Er verfolgte einen harmlosen Autodiebstahl mit der gleichen Akribie wie einen bewaffneten Banküberfall. Er gehörte zu jener seltenen Sorte von Menschen, die beim kleinsten Online- Kauf die allgemeinen Geschäftsbedingungen ausdruckten und komplett durchlasen. So hielt er es mit jedem Schriftstück, das ihm dienstlich auf den Schreibtisch kam. Er las es zwei- oder dreimal genauestens durch, markierte wichtige Stellen mit gelbem oder grünem Stift, unterstrich einzelne Wörter, bis er sicher war, dass er alles verstanden hatte.

Rüthli war Junggeselle. Frauen hatten es nie lange mit ihm ausgehalten. Oder er nicht mit ihnen. Seine Ansprüche an die äußere Erscheinung einer Frau waren nicht sehr hoch, sie wären an sich kein Hindernis gewesen. Doch seine Erwartungen hinsichtlich der Haushaltsführung und der Rollenverteilung zwischen Mann und Frau hatten bisher noch jede sich anbahnende Zweisamkeit schnell wieder im Keim erstickt. Rüthli erwartete, dass die Frau seiner Wahl mehr oder weniger das eigene Leben aufzugeben und sich ganz in den Dienst ihres Mannes zu stellen hätte. Eine solche Frau hatte er bislang noch nicht gefunden. Das bereitete ihm aber kein Kopfzerbrechen. Er war sich selbst genug, kochte gerne, bügelte akkurat, besorgte seinen Haushalt mit der gleichen Perfektion, mit der er seine Polizeiaufgaben anging und wusste jedes Mal, wenn er auf eine Kontaktanzeige im Bündner Tagblatt reagierte, wie es enden würde. Nämlich mit einem Reinfall. Dass er sich dennoch mit schöner Regelmäßigkeit darauf einließ, hatte etwas mit seinem Pflichtbewusstsein zu tun. Ein Mann hatte die Pflicht, nach einer Frau Ausschau zu halten, nach einer Lebensgefährtin. Das war eine noch unerledigte Aufgabe in Rüthlis Leben.

Aber für den Moment stand eine ganz andere Aufgabe auf dem Dienstplan: die Leichenbergung im Morteratsch-Gletscher. Das konnte ein Fall für die Kriminalpolizei werden, musste aber nicht. Vielleicht war es ein verschollener Bergwanderer. Ein Verunglückter. Höchstwahrscheinlich war es das, die meisten Gletscherleichen waren von dieser Sorte. Aber ein Toter ist ein Toter. Also fuhr Gendarmeriefeldweibel Urs Rüthli zusammen mit seinem Kollegen Korporal Pirmin Hürzeler unverzüglich hinaus nach Pontresina.

Wie er erwartet hatte, trafen sie die ARS-Bergungsmannschaft der Alpine Rettung Schweiz, Rettungsstation 3.01 Pontresina, nicht mehr an. Der aus fünf Bergrettern bestehende Trupp war bereits zusammen mit einem Polizisten der Polizeistation Pontresina aufgestiegen zum Morteratsch-Gletscher, um dort unter Mithilfe des Bergführers Bernie den Leichnam aus dem Eis zu bergen.

Wann sind sie losgegangen?

Der Diensthabende in der Polizeistation von Pontresina warf einen Blick auf die Wanduhr und antwortete: Z´ Nüni! Jetzt war es bereits nach 13 Uhr.

Rüthli kommentierte: Vor vier Stunden. Dann müssten sie doch schon oben sein, oder?

Der Kollege schüttelte den Kopf.

Korporal Hürzeler studierte unterdessen die Aushänge am Schwarzen Brett in der Polizeistube, was Rüthli missbilligend aus den Augenwinkeln zur Kenntnis nahm. Der Kollege interessierte sich wohl nicht besonders für den heutigen Auftrag.

Schon Funk gehabt?

Der Diensthabende verneinte. Rüthli hielt den Blick dackeltreu auf ihn gerichtet, sagte aber nichts, als wartete er auf weitere Auskünfte. Schließlich verstand der Andere. Sölled mr äss emol ufä probiere?

Ja bitte, funken Sie die ARS mal an.

Sie begaben sich an die Sendestation in der Einsatzzentrale. Rüthli achtete darauf, dass er dem Kollegen aus Pontresina auf dem Fuß folgte. Der sollte bloß nicht das Gefühl haben, die Angelegenheit wäre nicht dringend.

Nach wenigen Versuchen bekamen sie Funkkontakt. Es knarzte und rauschte zwar, als befänden sich die Gesprächspartner auf einer Mondlandemission, doch es funktionierte leidlich.

Wa isch? No nüünt gfunde? So öbis abber au! Ein paar Gesprächsfetzen flogen hin und her. Im Wesentlichen transportierten sie folgende Informationen: Der Suchtrupp irrte in den Gletscherspalten umher und der Bergführer wurde gerade irre, weil er die Stelle nicht mehr wiederfinden konnte, wo die Leiche sein sollte. Es regnete. Die Sicht war schlecht. Nein, die Kriminalpolizei werde nicht gebraucht. Auf keinen Fall sollten sie nachkommen. Das bringe gar nichts. Man würde den vermeintlichen Leichnam schon alleine nicht finden, falls es ihn nicht gebe, da brauche man keine Kripo dazu. Ja, klar, wenn es ihn aber doch gebe, dann werde man ihn selbstverständlich finden. Da sei noch weniger Hilfe der Kriminalpolizei vonnöten. Ja, bitte, die Selbige solle doch einfach unten in Pontresina warten und im Puntschella einen Kaffee trinken. Man melde sich wieder.

*

Der ARS-Rettungstrupp irrte tatsächlich im Nebel umher wie Robert Falcon Scotts letztes Aufgebot auf der Suche nach dem Nordpol. Vorneweg ein zunehmend ratloser Bergführer Bernie, dann fünf mit Rucksäcken, Funkgeräten, Tragegestellen, Schlitten, Akia und Eispickeln ausgerüstete Mitglieder der Alpinen Rettung Schweiz sowie, ganz am Ende der Schlange und nass wie ein Putzlappen, der Polizist aus Pontresina, Wachtmeister Luchsinger. Bergführer Bernie schaute betröpfelt aus der Wäsche. Mutlos hing ihm der Bart unter der Nase. Beide tropften. Jetzt wusste er bald nicht mehr weiter. Sie waren die Gletscherspalte erst aufwärts, dann abwärts abgegangen. Es gab keinen anderen Weg. Nur diese eine Spalte war begehbar. Und Bernie wusste genau, dass er hier mit den Amerikanern und dem Paar aus Deutschland durchgekommen war. Aber wo war die Gletscherleiche geblieben?

Thommy, der ARS-Truppführer in seinem schwarzgelben Antarktis-Overall, trat zu Bernie und legte ihm die behandschuhte Hand auf die Schulter. Lömmers si, Bernie. Was meinsch? Bi dem Pflotsch finde mr nüüt meh, odder?

Bernie schüttelte den Kopf.

Nai! I hannen doch sälber gsähne. Un i han kein Aff cha!

Es nützte Bernie nichts, zu beteuern, er sei nicht betrunken gewesen. Die Blicke der anderen Bergretter, die ihn umstanden wie das Ärztekollegium in der Psychiatrie den Patienten, sprachen Bände. Denn genau das dachten sie, dass er besoffen gewesen sei. Bernie holte noch einmal sein Handy mit den...

mehr