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Die Lindenterrasse

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
464 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am01.08.2024
Rund um die Gründung des berühmten Hotels Louis C. Jacob erzählt Micaela Jary zwei mitreißende Liebesgeschichten Nienstedten bei Hamburg 1790: Tradition trifft auf Revolution, Liebe auf Vernunft. Ein Unglück nimmt Maria Burmester den Ehemann und ihren Kindern den Vater. Trotz der ererbten Schulden möchte sie die Konditorei am Hochufer der Elbe behalten, doch ein Konkurrent bedrängt sie und schreckt dabei nicht vor Erpressung und Tätlichkeiten zurück. Da bietet ihr der reiche Hamburger Kaufmann Joachim Graaf einen Kredit an, wenn sie ein Fest für seine Angebetete ausrichtet.

Micaela Jary, geboren in Hamburg, wuchs in München und Lugano/Tessin auf. Nach Sprachenstudium und Zeitungsvolontariat arbeitete sie als Redakteurin. Als Romanautorin gelangen ihr zahlreiche Bestseller-Erfolge.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextRund um die Gründung des berühmten Hotels Louis C. Jacob erzählt Micaela Jary zwei mitreißende Liebesgeschichten Nienstedten bei Hamburg 1790: Tradition trifft auf Revolution, Liebe auf Vernunft. Ein Unglück nimmt Maria Burmester den Ehemann und ihren Kindern den Vater. Trotz der ererbten Schulden möchte sie die Konditorei am Hochufer der Elbe behalten, doch ein Konkurrent bedrängt sie und schreckt dabei nicht vor Erpressung und Tätlichkeiten zurück. Da bietet ihr der reiche Hamburger Kaufmann Joachim Graaf einen Kredit an, wenn sie ein Fest für seine Angebetete ausrichtet.

Micaela Jary, geboren in Hamburg, wuchs in München und Lugano/Tessin auf. Nach Sprachenstudium und Zeitungsvolontariat arbeitete sie als Redakteurin. Als Romanautorin gelangen ihr zahlreiche Bestseller-Erfolge.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783104918341
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum01.08.2024
Seiten464 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse5166 Kbytes
Artikel-Nr.14433431
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Nienstedten,

Herzogtum Holstein-Pinneberg, Königreich Dänemark
Prolog

17. Juni 1790

Der wöchentliche Marktbesuch ersetzte die Lektüre von Zeitungen, Geburtenregistern, Heiratsanzeigen und Trauerbriefen. Obwohl Nienstedten nur ein Dorf war, kamen die Bauern und Kundinnen aus fast allen umliegenden Gemeinden, um zwischen den hübschen weißen Katen und im Schatten der alten Fachwerkkirche Handel zu treiben und Klatsch und Neuigkeiten auszutauschen. Heute waren die steigenden Kosten das beherrschende Thema. Die Nachricht von der Abschaffung der Salzsteuer in Frankreich hatte die Bewohner der dänischen Provinz erreicht. Die Lebensmittelpreise und damit verbundenen Abgaben gingen jeden und jede etwas an, einerlei ob Landwirt, Fischer, Kaufmann oder Hausfrau - die meisten Menschen am Hochufer der Unterelbe lebten ebenso wie die Mehrzahl der Untertanen des dänischen Königs in dessen Kernland vor allem von eingelegten Heringen und gepökeltem Speck. Deshalb benötigten sie viel Salz. Die ständig steigenden Kosten verteuerten jedoch trotz einer gewissen Zollfreiheit fast alles auf nicht mehr hinnehmbare Weise. Manche Stimmen grummelten von einer Revolution wie im Vorjahr in Paris, und nicht wenige Männer gaben sich als Sympathisanten der Jakobiner zu erkennen.

Maria spazierte durch die Reihen von gut besuchten Buden, Ständen und aufgestapelten Fässern, um die sich die Leute drängten, umrundete gackernde Hühner und an Pflöcke gebundene Kühe, lauschte der Snackeree und dachte, wie gut sie es getroffen hatte. Und das nicht nur, weil ihr Gatte mehr exotische Gewürze und Süßkram als Salz verarbeitete. Keinen Tag in ihrem Leben hatte sie Hunger leiden müssen. Als Tochter eines Kapitäns, der es bis zum Kommandanten des königlichen Arsenals in Kopenhagen gebracht hatte, hatte es ihr an nichts gefehlt. Ein gewisser Sparsinn war ihr zwar nicht fremd, doch materielle Not kannte sie nur von anderen.

Seinerzeit hatte sie lange überlegt, welchem Mann sie ihr Jawort geben wollte. Mit großer Schönheit gesegnet, hatte es ihr an Verehrern nicht gemangelt. Vor dreizehn Jahren hatte sie den Konditor Paridom Burmester allerdings nicht nur erwählt, weil er ein erstaunlich gebildeter und liebenswürdiger junger Mann war, sondern vor allem weil sie die Kunstwerke faszinierten, die er aus Zucker schuf - für die Nachbildung von Segelschiffen schien er besonders talentiert. Diese Fertigkeit hatte fast alle ihre Sinne berührt. Eine gewisse Rolle für ihre Entscheidung hatte zweifellos auch die bezaubernde Lage seines Hofs gespielt - und so war sie zu ihm in das Einhundertseelendorf am Geestrücken der Unterelbe gezogen, knapp zwei Stunden Kutschfahrt von der zweitgrößten dänischen Stadt Altona und ein wenig mehr von der reichsfreien Stadt Hamburg entfernt.

Es war eine Umstellung für sie gewesen, die Großstadt hinter sich zu lassen. Von Anfang an stillte der Rundgang über den Markt ihre Sehnsucht nach Lärm und Getümmel. Geselligkeit hatte sie durch das an Paridoms Backstube grenzende kleine Konditerei und die drei Jungen und zwei Mädchen, die sie im Laufe ihrer Ehe zur Welt brachte, mehr als genug. Dennoch war es immer wieder aufregend, den Händlern zuzusehen, Neuigkeiten aufzuschnappen und natürlich auch neue Waren aufzustöbern. Es war, als röche es sogar manchmal nach Übersee - oder danach, wie sie sich die große weite Welt vorstellte. Zudem veränderte sich seit geraumer Zeit das Publikum, Nienstedten war inzwischen um das Dreifache gewachsen, und unter die Bauern mischten sich neue Dorfbewohner.

»Sieh dir dat Volk an!« Dineke Matthiesen stöhnte auf. Die Frau des Pastors hatte sich, einen bereits recht gut befüllten Korb in der Hand, an Marias Seite gesellt. »Seit die Krone die Erschließung und den Verkauf von Parzellen in unserer Gegend erlaubt, kommen nicht nur Ausflügler her. Das sind alles reiche Hamburger. Die lassen sich Landhäuser am Heerweg bauen und treiben damit auch die Preise für alles andere in die Höhe.«

Tatsächlich ragten Zylinder und Federn über den Fischermützen und Kappen empor, Herren in Röcken aus feinstem Tuch standen neben Elbländern in groben Jacken aus Wolle in einer Reihe vor den Verkaufsständen, und Damen in Seidenkleidern traten in Konkurrenz zu den Schönheiten in Blankeneser Tracht. Münzen wanderten von manikürten in gröbere Hände, Mägde schleppten Einkäufe zu wartenden Kutschen, Buttjes verdienten sich ein Taschengeld, indem sie auf Pferde achtgaben oder Wassereimer für die edlen Tiere herbeischleppten. Manch vornehme Gesellschaft kehrte auch im Hof von Paridom Burmester ein, probierte seine Patisserien und ließ sich anschließend nicht lumpen. Deshalb erwiderte Maria: »Die neuen Gäste sind gut fürs Geschäft.«

»Deine Tüchtigkeit in Ehren, aber die Fremden bringen Zustände wie in Sodom und Gomorrha in unsere Gemeinde.«

Maria lächelte nachsichtig. »So schlimm ist es wohl noch nicht.« Während sie sprach, wich sie dem neugierigen Blick eines Mannes aus. Sie war es gewohnt, dass ihr viele Augen folgten. Die Geburten hatten sie zwar etwas fülliger werden lassen, ihr jedoch nichts von ihrer Schönheit genommen. Auch mit dreiunddreißig Jahren war sie noch eine auffallende Erscheinung: die Haut makellos, das Haar glänzend, die Haltung stolz. Ihre Herkunft und die enge Bekanntschaft ihres Gatten mit einer Reihe von Honoratioren in Altona und Hamburg hatten sie zu einer recht eleganten Dame heranreifen lassen, ihr aber nichts von ihrer Tatkraft genommen. Ein naives Püppchen wie manche Städterin war sie keineswegs. Das mochte eine anziehende Mischung für gewisse Neuankömmlinge sein, die auf den Höfen in Nienstedten wohl nur Bauernmägde erwarteten.

»Was hat ein wohlhabender Junggeselle schon vor, wenn er hier herauszieht?«, wollte Dineke wissen. »Ohne Frau. Ohne Kinder. Ich mag mir das zügellose Treiben gar nicht vorstellen, das er zu uns bringt.«

»Hast du jemand Bestimmten in Verdacht?«

Dineke seufzte so tief, als sei sie Simon, der das Kreuz Christi trug. »Der Name des Mannes, der dich so anstarrt, ist Joachim Graaf. Er soll kürzlich von einer Kavalierstour zurückgekehrt sein und ein großes Erbe angetreten haben. Jedenfalls scheint er viel Geld zu besitzen, denn er kauft zwischen hier und Teufelsbrück so viel Land auf, wie er nur kriegen kann. Es heißt, er wolle Landschaftsgärtner aus England und Kunstgärtner aus Frankreich kommen lassen, um neben einem Landgut einen Park zu erschaffen. Was will er dort wohl anderes tun als lustwandeln?«

Mit einem kleinen Seitenblick vergewisserte sich Maria, dass sich der Herr noch immer in ihrer Nähe befand. Er richtete seine Aufmerksamkeit jedoch inzwischen auf die Auslagen eines Schlachters. »Vielleicht sucht er nur Ruhe und will, wie die meisten Ausflügler, dem Gestank in der Stadt entfliehen.«

»Nimm dich in Acht vor seinesgleichen«, warnte die Pastorsfrau. »Er war in Frankreich und hat von dort sicher denselben Lebensstil mitgebracht wie die vielen Flüchtlinge, die großherzige, gottesfürchtige Seelen in den Städten aufnehmen, ohne zu ahnen, was ihnen blüht. Ich habe gehört, dass die Fremden die Sitten in Altona und Hamburg drastisch verändert haben. Selbst großbürgerliche Damen feiern die ganze Nacht hindurch, schlafen bis in den Nachmittag hinein und vernachlässigen ihre Kinder. Wenn das nicht Sodom und Gomorrha ist, weiß ich auch nicht.«

Maria wollte entgegnen, dass das alles gewiss nur Gerede war und man aufgeschlossener gegenüber den Fremden sein sollte, die ihre Heimat verlassen mussten, um die eigene Haut zu retten. Das dänische Altona war mehr noch als Hamburg für seine toleranten Gesetze berühmt. Doch zu ihrer Bemerkung kam sie nicht.

Ein Aufschrei ging durch die Menge: »Sie kommt! Die Fregatte Hanse ist in Sicht!« Als wäre dies ein Signal, strömten die Menschen zu jenem Platz zwischen den Katen, von dem aus ein freier Blick auf das breite, goldglänzende Band der Elbe bestand. Und wer seine Waren nicht alleine lassen wollte, reckte den Hals. Der Wind stand günstig, und die Aussicht auf die geblähten Segel war unvergleichlich.

Diese lenkte auch Dineke von den französischen Sitten ab. »Komm, Maria, lass uns zugucken. Obwohl ich an den Anblick der aufgetakelten Schiffe gewöhnt sein sollte, kann ich mich doch niemals daran sattsehen!«

»Oh ja«, versicherte Maria. Sie wollte der Freundin nicht dauernd widersprechen, außerdem hatte Dineke ja recht. Eigentlich aber sollte sie jetzt schnellstens nach Hause laufen und dem Segelschiff nicht mitten unter Nachbarn und Fremden zuwinken, sondern Paridoms Begeisterung an dessen Seite teilen.

Ihr Mann hegte eine tiefe Liebe zur Seefahrt. Eine Liebe, die unerfüllt geblieben war, Erbe und Pflichterfüllung waren ihm wichtiger gewesen. Maria glaubte, dass er sich für sie interessiert hatte, weil ihr Vater zur See fuhr und Paridom sich mit ihr als Ehefrau eine Art Meeresbrise in die gute Stube und zu den Segelschiffen en miniature holte. Die Fregatte Hanse würde er gewiss in Zuckerguss nachbauen. Zuvor jedoch würde er die Heimkehrer begrüßen.

Unschlüssig schritt Maria über den Marktplatz, der sich langsam leerte. Sollte sie wirklich Dineke und den anderen folgen? Oder lieber zur eigenen Aussichtsplattform hoch über der Elbe rennen, ungeachtet der Besorgungen, die sie noch erledigen musste? Vor ihrem geistigen Auge tauchte Paridom auf, der die Kinder fortscheuchte und sich bestimmt schon an der Kanone zu schaffen machte, die glänzend in der Sonne auf dem natürlichen Plateau vor ihrem Haus stand. »Ich bin der Vorposten«, würde er zu ihr...
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