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Die Kraft des Mentalisierens - Eine Einführung

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
192 Seiten
Deutsch
Klett-Cotta Verlagerschienen am17.08.2024
Wie wir unsere Beziehungen verstehen und verbessern Einfache und verständliche Einführung ins Mentalisieren Zahlreiche Fallbeispiele und Reflexionsangebote Für eine bessere Beziehung zu den eigenen Kindern, Partner:innen, Freund:innen, Kolleg:innnen und sich selbst Beziehungen verlaufen oft nicht reibungslos. Es kann schwierig sein, sich auf andere einzustellen, und umgekehrt fühlen wir uns von denen, die wir lieben, missverstanden. Das kann zu Missverständnissen, Frustration und Reibereien führen. Wenn wir mehr und besser mentalisieren, d. h. unseren eigenen Gefühlen, Gedanken, Wünschen und Absichten sowie denen anderer mehr Aufmerksamkeit schenken, werden unsere Interaktionen angenehmer sein und sich sicherer anfühlen. Das gilt für jede Beziehung. Dieses Buch ist eine einfache und verständliche Einführung in das Thema Mentalisieren mit vielen anschaulichen Fallbeispielen und Reflexionsangeboten - nicht nur für psychologische Fachpersonen, sondern für alle, die ihre Beziehung zu ihren Kindern, Schüler:innen, Partner:innen, Kolleg:innnen und zu sich selbst verstehen und verbessern wollen.

Joost Hutsebaut Prof. Dr., ist klinischer Psychologe und Professor an der Tilburg University. Er arbeitet als Praktiker und Forscher am Centre of Expertise on Personality Disorders de Viersprong. Hutsebaut entwickelte ein Frühinterventionsprogramm für Jugendliche mit Borderline-Störung (MBT-early), das auf der Theorie und Methodik des Mentalisierens beruht.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR24,00
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR23,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR23,99

Produkt

KlappentextWie wir unsere Beziehungen verstehen und verbessern Einfache und verständliche Einführung ins Mentalisieren Zahlreiche Fallbeispiele und Reflexionsangebote Für eine bessere Beziehung zu den eigenen Kindern, Partner:innen, Freund:innen, Kolleg:innnen und sich selbst Beziehungen verlaufen oft nicht reibungslos. Es kann schwierig sein, sich auf andere einzustellen, und umgekehrt fühlen wir uns von denen, die wir lieben, missverstanden. Das kann zu Missverständnissen, Frustration und Reibereien führen. Wenn wir mehr und besser mentalisieren, d. h. unseren eigenen Gefühlen, Gedanken, Wünschen und Absichten sowie denen anderer mehr Aufmerksamkeit schenken, werden unsere Interaktionen angenehmer sein und sich sicherer anfühlen. Das gilt für jede Beziehung. Dieses Buch ist eine einfache und verständliche Einführung in das Thema Mentalisieren mit vielen anschaulichen Fallbeispielen und Reflexionsangeboten - nicht nur für psychologische Fachpersonen, sondern für alle, die ihre Beziehung zu ihren Kindern, Schüler:innen, Partner:innen, Kolleg:innnen und zu sich selbst verstehen und verbessern wollen.

Joost Hutsebaut Prof. Dr., ist klinischer Psychologe und Professor an der Tilburg University. Er arbeitet als Praktiker und Forscher am Centre of Expertise on Personality Disorders de Viersprong. Hutsebaut entwickelte ein Frühinterventionsprogramm für Jugendliche mit Borderline-Störung (MBT-early), das auf der Theorie und Methodik des Mentalisierens beruht.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783608122695
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum17.08.2024
Seiten192 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4067 Kbytes
Artikel-Nr.14499603
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Kapitel 2
Was Mentalisieren genau bedeutet


Als Mensch brauchen wir Beziehungen. Ärgerlicherweise verlaufen diese Beziehungen jedoch nicht immer reibungslos. Oft haben unsere Konflikte und Verstimmungen ihre Wurzeln in Missverständnissen. Warum räumt er seinen Dreck nicht weg, obwohl ich ihn jeden Morgen aufs Neue darum bitte? Warum reagiert sie so abweisend, wenn ich ihr zu helfen versuche? Mentalisieren kann der Schlüssel zum gegenseitigen Verständnis sein und damit einen wichtigen Nährboden für Konflikte beseitigen. In diesem Kapitel untersuchen wir den Prozess des Mentalisierens anhand eines Fallbeispiels, das sich in der Sekundarschule abspielt: Mathelehrer Erik versucht, das störende Verhalten des 15-jährigen Tom in den Griff zu bekommen.


Erik und Tom

Erik ist Lehrer. Er hat ein schwieriges Schuljahr hinter sich. Als Klassenlehrer war er für eine Klasse verantwortlich, in der es viele Probleme gab. Sein sanftmütiger Ansatz hat nicht wirklich gut funktioniert. Außerdem war er eine Zeit lang krank und brauchte Zeit, um sich zu erholen, sodass er nicht die Energie in seine Klasse stecken konnte, die vielleicht nötig gewesen wäre. Besonders ärgerlich war, dass er sich dafür auch im Lehrerzimmer missbilligenden Blicken ausgesetzt gefühlt hatte. Seine Kolleg:innen sagten es zwar nicht so deutlich, aber er spürte, dass sie der Meinung waren, er hätte im vergangenen Jahr mit der Klasse strenger sein sollen. In diesem Schuljahr ist er daher auch sehr bemüht, solche Schwierigkeiten zu vermeiden. Ein Kollege sprach ihn darauf an, dass er in diesem Schuljahr besonders auf Tom achtgeben müsse. Der machte seit letztem Jahr immer mehr Probleme - vor allem in Mathe, dem Fach, das Erik unterrichtet.

Der 15-jährige Tom kann zwar recht gut lernen, aber Mathe liegt ihm überhaupt nicht. Auch mit seinem Mathelehrer hat er sich letztes Jahr nicht verstanden. Der machte manchmal Bemerkungen, durch die er sich noch unsicherer und dümmer fühlte. Er ist ohnehin nicht sehr selbstsicher und wurde im letzten Schuljahr von einigen Jungen in seiner Klasse etwas schikaniert. Deshalb sieht er dem Beginn des neuen Schuljahres mit ziemlicher Aufregung entgegen. Zum Glück ist er seinen alten Mathelehrer losgeworden. Über dessen Nachfolger hat er bisher nur gehört, dass er nicht gut für Ordnung sorgen kann.

Schon in den ersten Wochen merkt Erik, wovon sein Kollege gesprochen hat: Während des Matheunterrichts ist Tom oft mit anderen Dingen beschäftigt. Er unterhält sich mit Mitschüler:innen, kritzelt in seinem Übungsheft herum - der Mathe-Stoff scheint ihn wenig zu interessieren. Seine Hausaufgaben macht er oft gar nicht oder nur unvollständig. Schlimmer noch: Wenn Erik ihm Fragen stellt, antwortet er mit Witzen, mit denen er in der Klasse für Lacher sorgt. Erik nimmt sich vor, Tom an der kurzen Leine zu halten. Er will um jeden Preis vermeiden, dass die Dinge dieses Jahr wieder aus dem Ruder laufen. Wie sollte er das dann noch seinen Kolleg:innen erklären?

Tom seinerseits hat sich schon Sorgen gemacht, dass es mit seinem neuen Mathelehrer nicht klappen könnte. Und tatsächlich, gleich in den ersten Wochen spricht Erik ihn strenger und kühler an als seine Klassenkamerad:innen. Wie sein Vorgänger scheint Erik darauf bedacht zu sein, ihn vor der Klasse bloßzustellen. Warum haben es nur alle immer auf ihn abgesehen? Er hat doch ohnehin schon Probleme mit Mathe. Er versucht, cool zu bleiben. Die anderen dürfen auf keinen Fall merken, dass er darunter leidet, denn dann fangen die Schikanen wieder von vorne an.

Als Tom eines Tages wieder einmal seine Hausaufgaben nicht gemacht hat, schickt ihn Erik resolut aus dem Klassenzimmer. Er will ein Zeichen setzen. Tom war schon öfter von ihm gewarnt worden, und jetzt muss er einfach mal die Konsequenzen spüren. Doch es entwickelt sich anders, als Erik erwartet hat. Tom weigert sich, das Klassenzimmer zu verlassen, und sagt, dass andere auch nicht raus geschickt werden, wenn sie ihre Hausaufgaben nicht machen. Er wirft Erik vor, auf ihm herumzuhacken, und macht ihm deutlich, er solle nicht denken, dass er sich wie ein Trottel behandeln lasse. Für Erik ist das der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt ... Er schickt Tom nach Hause und sagt, er werde seine Eltern anrufen, um sie über sein Verhalten in der Klasse zu informieren. Tom brauche, was ihn angehe, nicht mehr in seinen Unterricht zurückzukehren, bis er verspreche, das zu tun, was von ihm verlangt wird, und seinem Lehrer gegenüber grundlegenden Respekt aufzubringen.

Nach dem Erlassen dieser Sanktion fühlt sich Erik jedoch schlecht. Er fragt sich, ob er nicht zu weit gegangen ist. Er fühlt sich unsicher und bleibt nach dem Unterricht in seiner Klasse, damit er nicht gleich mit seinen Kolleg:innen sprechen muss. Tom ist natürlich stinksauer auf Erik. Aber auch irgendwie auf sich selbst. Warum hat er sich so gehen lassen? Warum konnte sich Erik nicht normal verhalten? Tom hat Angst vor der Reaktion seiner Eltern: Die haben ohnehin schon den Eindruck, dass er nicht sein Bestes gibt.


Erik beobachtet Toms Verhalten, schätzt es ein und reagiert darauf. Was Erik nach außen hin sieht, ist das physische, sichtbare Verhalten von Tom: Er macht Witze im Unterricht, sitzt verkehrt herum auf seinem Stuhl, redet ständig mit seinen Mitschüler:innen und macht die Hausaufgaben nicht oder nur zur Hälfte. Dieses Verhalten wird von Erik interpretiert: Er sieht es als ein Zeichen dafür, dass Tom den Unterricht nicht ernst nimmt, sich nicht für Mathematik interessiert, hauptsächlich damit beschäftigt ist, seine Freunde zu beeindrucken, und ihn - Erik - vielleicht überhaupt nicht ernst nimmt. Diese Interpretation wird möglicherweise ein wenig davon bestimmt, dass er zuvor von einem Kollegen vor Tom gewarnt worden war. Was aber vor allem hineinspielt, ist seine Angst vor einer Wiederholung des Disziplinproblems, mit dem er sich bereits im Jahr zuvor konfrontiert sah, und vor dem Urteil der Kolleg:innen, das er wahrgenommen hat. Er will sich beweisen. Deshalb ist für ihn auch klar, dass Toms Verhalten Einhalt geboten werden muss. Erik tut, was wahrscheinlich viele Lehrer tun würden: Er behält Tom im Auge, spricht ihn auf sein Verhalten an, droht ihm mit Sanktionen und sanktioniert ihn schließlich tatsächlich. Vielleicht erfolgte die letzte Sanktion, weil Erik inzwischen nicht mehr weiterwusste. Jedenfalls würde Tom ihn nicht noch einmal vor seinen Kollegen blamieren!

2.1 Dem Verhalten einen Sinn geben


Menschen haben eine Innen- und eine Außenseite. Das Äußere können wir direkt wahrnehmen. Das Innere können wir hingegen nicht sehen. Wir müssen es aus dem sichtbaren Teil ableiten. Das ist nicht immer einfach. Schließlich kann ein und dasselbe Verhalten Unterschiedliches ausdrücken. Den Prozess, durch den wir dennoch unserem eigenen Verhalten und dem anderer eine Bedeutung geben, nennen wir Mentalisieren. Dies ist ein fortwährender Prozess. Manchmal bewusst und überlegt, meistens aber automatisch und spontan.

Auch Erik verleiht dem Verhalten von Tom einen Sinn. Er tut dies schnell und fast automatisch. Es ist anzunehmen, dass Erik nicht lange über die Bedeutung von Toms Verhalten nachgedacht hat. Umgekehrt scheint auch Tom nicht tiefer über Eriks Verhalten nachzudenken. Betrachtet man die Interpretationen von Erik und Tom genauer, fallen zwei Dinge auf. Erstens der Inhalt: Erik und Tom färben ihre Interpretationen auf eine bestimmte, persönliche Weise ein. Erik glaubt, dass Tom ihn auf irgendeine Art und Weise treffen, sich über ihn lustig machen will, und Tom denkt, dass Erik auf ihm herumhackt. Zweitens die Form: Erik und Tom wissen es beide ganz sicher. Sie denken nicht wirklich über andere mögliche Gründe nach, warum der andere sich so verhält. Es »fühlt« sich so an, also »ist« es so.

Die Art und Weise, wie wir unseren eigenen Reaktionen und denen anderer Bedeutung verleihen, bestimmt oft die Richtung des Verhaltens, das wir anschließend an den Tag legen. Das können wir an auch diesem Beispiel sehen. Selbst wer kein:e Lehrer:in ist, kann Eriks Reaktion nachempfinden. Toms aufreizendes Verhalten nötigt fast zu Sanktionen. Verhalten hat manchmal negative Auswirkungen, und als Lehrer:in oder Eltern begrenzen wir es, um diese negativen Auswirkungen einzudämmen. Aber Erik geht noch einen Schritt weiter, und das hat vielleicht damit zu tun, wie er dem Verhalten von Tom Bedeutung verleiht. Erik »weiß«, dass Tom seine Autorität infrage stellt, und »deshalb« zieht er die Zügel an. Erik fühlt sich von Tom blamiert und nicht ernst genommen, und er bezeichnet Toms Problem als Verhaltensproblem. Er schiebt das Problem gewissermaßen Tom zu. Diese Reaktion wird vielleicht durch Eriks Angst verstärkt, dass bald die halbe Klasse seine Autorität infrage stellen wird, wenn er Tom keine Grenzen setzt. Und Tom? Nun, wir können uns vorstellen, dass Tom etwas von Eriks Anspannung spürt. Er interpretiert sie als: Erik mag mich nicht. Stärker noch: Er hat es auf mich abgesehen. Und möglicherweise färbt das auch seine Reaktion: Er stellt sich seinerseits stur, will sich nicht einschüchtern lassen. Er schiebt das Problem zur Seite: Zu Erik habe ich einfach keinen Draht. Und so ist zwischen Erik und Tom vielleicht schon eine Zeit lang etwas im Gange, was in der besagten Stunde schließlich außer Kontrolle gerät. Beide schalten in ihrer Reaktion aufeinander auf stur. Der Kontakt verhärtet sich und beide werden halsstarrig. Und vielleicht berühren beide beim anderen einen wunden Punkt. Vielleicht fühlt sich Tom stärker wie ein Problemkind und auf sich selbst bezogen unsicherer....
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Autor

Joost HutsebautProf. Dr., ist klinischer Psychologe und Professor an der Tilburg University. Er arbeitet als Praktiker und Forscher am Centre of Expertise on Personality Disorders de Viersprong. Hutsebaut entwickelte ein Frühinterventionsprogramm für Jugendliche mit Borderline-Störung (MBT-early), das auf der Theorie und Methodik des Mentalisierens beruht.Liesbet Nijssens,klinische Psychologin und psychoanalytische Psychotherapeutin. Sie arbeitet als MBT-Therapeutin bei de Viersprong, einem Institut für Persönlichkeitsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten in den Niederlanden, und als MBT-Supervisorin.Miriam van Vessem ist klinische Psychologin. Sie arbeitet bei der GGzE im Zentrum für Persönlichkeitsstörungen in den Niederlanden.