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Gratulieren müsst ihr mir nicht

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Schöffling & Co.erschienen am22.08.2024
Wenn das Leben zur Überlebensgeschichte wird  Alles fängt mit einer bleiernen Müdigkeit an. Doch Lilli hat keine Zeit, müde zu sein. Seit sie denken kann, muss sie sich mehr anstrengen als andere. Zu Hause, weil sie und ihre Mutter zu zweit zurechtkommen müssen. In Freundschaften, weil sie nie so richtig dazugehört. In der Schule, weil sie immer die Zahlen verdreht. Jetzt, wo Lilli kurz vor der Matura steht, kann sie ihre Müdigkeit nur ignorieren. Bis zum Zusammenbruch. Lillis Herz, stellt sich heraus, schlägt nicht schnell genug, sie benötigt einen Herzschrittmacher. Bislang hatten Lillis Probleme alle mit dem Leben zu tun. Plötzlich muss sie ums Überleben kämpfen ... Als reichte das nicht, trennt sich kurz vor der Operation ihr Freund von ihr. Und ein gebrochenes Herz kann auch ein Herzschrittmacher nicht heilen.  Ein ergreifender Debütroman voller Humor über eine junge Frau, die, während sie gerade erst ins Leben findet, dem Tod ins Auge blicken muss. Und die sich härter und früher als die meisten Menschen mit der Frage konfrontiert sieht, was am Ende wirklich zählt.

Lilli Polansky könnte mit ihrem Namen auch leicht Schauspielerin oder EU-Kommissarin werden, doch sie entschied sich ausgerechnet dafür, einen Roman zu schreiben. Nun muss sie beinahe täglich die Frage verneinen, ob sie unter einem Pseudonym oder ihrem Spitznamen veröffentlicht. 2001 in Wien geboren, lebt und studiert sie dort heute.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR22,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR16,99

Produkt

KlappentextWenn das Leben zur Überlebensgeschichte wird  Alles fängt mit einer bleiernen Müdigkeit an. Doch Lilli hat keine Zeit, müde zu sein. Seit sie denken kann, muss sie sich mehr anstrengen als andere. Zu Hause, weil sie und ihre Mutter zu zweit zurechtkommen müssen. In Freundschaften, weil sie nie so richtig dazugehört. In der Schule, weil sie immer die Zahlen verdreht. Jetzt, wo Lilli kurz vor der Matura steht, kann sie ihre Müdigkeit nur ignorieren. Bis zum Zusammenbruch. Lillis Herz, stellt sich heraus, schlägt nicht schnell genug, sie benötigt einen Herzschrittmacher. Bislang hatten Lillis Probleme alle mit dem Leben zu tun. Plötzlich muss sie ums Überleben kämpfen ... Als reichte das nicht, trennt sich kurz vor der Operation ihr Freund von ihr. Und ein gebrochenes Herz kann auch ein Herzschrittmacher nicht heilen.  Ein ergreifender Debütroman voller Humor über eine junge Frau, die, während sie gerade erst ins Leben findet, dem Tod ins Auge blicken muss. Und die sich härter und früher als die meisten Menschen mit der Frage konfrontiert sieht, was am Ende wirklich zählt.

Lilli Polansky könnte mit ihrem Namen auch leicht Schauspielerin oder EU-Kommissarin werden, doch sie entschied sich ausgerechnet dafür, einen Roman zu schreiben. Nun muss sie beinahe täglich die Frage verneinen, ob sie unter einem Pseudonym oder ihrem Spitznamen veröffentlicht. 2001 in Wien geboren, lebt und studiert sie dort heute.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783731700005
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum22.08.2024
SpracheDeutsch
Dateigrösse1817 Kbytes
Artikel-Nr.15239596
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2 Lilli P.

Acht Wochen nach der Operation fuhr ich mit meinerMutter und meinem Stiefvater nach Salzburg. Meine Mutter bestand jedes Jahr darauf, dass wir ihrer Tante gemeinsam einen Geburtstagsbesuch abstatteten. Als ich klein war, langweilten mich diese Besuche, doch je älter ich wurde, desto mehr lernte ich die Skurrilität meiner Salzburger Familie zu schätzen und empfand die Gespräche während des Geburtstagsessens zunehmend als Komödie.

Wir traten die Fahrt nach Salzburg im frühen Morgengrauen an, und es dauerte keine zehn Minuten, bis meine Mutter und mein Stiefvater sich in eine hitzige Diskussion verstrickt hatten. Los ging es wie immer mit etwas völlig Belanglosem; der Tatsache, dass mein Stiefvater, nachdem er sich hinter das Steuer gesetzt und das Radio aufgedreht hatte, viel zu abrupt und ruckartig aus unserer engen Garage ausparkte, wobei er nicht nur von dröhnender Opernmusik begleitet wurde, sondern auch von dem immer lauter anschwellenden Piepsen der Parkhilfe, das signalisierte, dass er gegen ein anderes Objekt zu fahren drohte. Je lauter das Piepsen wurde, desto zischender wurde die Atmung meiner Mutter am Beifahrersitz, und sie fuchtelte unsichtbare Symbole in die Luft, als wollte sie instinktiv einen Bremsknopf drücken oder das Lenkrad in die entgegengesetzte Richtung reißen. Wenn mein Stiefvater dann gegen den Randstein fuhr, was ab und zu vorkam und in den Augen meiner Mutter eine Todsünde darstellte, brüllte sie: »Massimo!«

Ich fragte mich, warum sie, wenn die Kollision mit dem Randstein für sie die Grenzen des Erträglichen sprengte, erst brüllte, wenn es ohnehin schon zu spät war.

Wie sonst auch keiften sie einander dann eine Weile an, und wie immer endete der Streit damit, dass meine Mutter die Arme vor der Brust verschränkte und es für eine Weile still wurde im Wagen. Dann, etwa zehn Minuten später, wenn wir schon auf dem Weg zur Autobahn waren, sagte sie: »Fahrt bitte alleine. Ich fahre jetzt sicher nicht mit! Wenn einer so derartig deppat ausparkt wie du, vergeht mir gleich die ganze Lust, nach Salzburg zu fahren.«

Dass wir nach Salzburg fuhren, weil wir ihre Familie dort besuchten, schien sie vergessen zu haben. Ein Argument, mit dem sich mein Stiefvater sogleich bewaffnete.

»Gut, dann lässt du jetzt bitte die Lilli und mich aussteigen. Wir fahren mit dem Zug!«, erwiderte meine Mutter.

Ich saß hinten und wusste, dass wir nicht mit dem Zug nach Salzburg fahren würden. Ich wusste auch, dass die Opernmusik die ohnehin angespannte Stimmung im Auto weiter aufheizte, weshalb ich in einem ruhigen Moment vorschlug, den Kanal zu wechseln.

Tatsächlich schafften wir es jedes Jahr, zum Geburtstag meiner Tante in Salzburg anzukommen, alle zusammen und nicht mit dem Zug.

 

Meine Tante Irmi war seit Jahrzehnten schwerhörig. Das machte sich schon bemerkbar, bevor man die Wohnung, in der sie mit meinem Onkel Paul lebte, überhaupt erst betrat. Wir klopften ein, zwei Mal an die weiß gestrichene Türe, die so dünn war, dass man sogar im Stiegenhaus den Fernseher hören konnte. Beim dritten Mal klopften wir etwas lauter, und als sich immer noch nichts tat, meinte meine Mutter, dass Tante Irmi vielleicht ein Mittagsschläfchen halte, und beschloss, sie anzurufen. Das Telefon meiner Tante war ein uraltes Nokia-Modell, das so laut eingestellt war, dass man die Stimme am anderen Ende der Leitung während der Telefonate meiner Tante sogar hören konnte, wenn man zwei Zimmer entfernt saß und mit einer Bohrmaschine hantierte. Kurz nachdem meine Mutter die Nummer meiner Tante gewählt hatte, hörte man also den immer gleichbleibenden, unverwechselbaren Klingelton des Urzeittelefons, der aufgrund ihrer Schwerhörigkeit in der höchsten, schrillsten Lautstärke eingestellt war.

»Sie hört es nicht«, seufzte meine Mutter. »Sie trägt ihren Hörapparat nicht.«

Als ich gerade vorschlagen wollte, ihren Mann, meinen Onkel Paul, anzurufen, verstummte der schrille Klingelton, und im Lautsprecher meiner Mutter krächzte eine dünne Stimme: »Feistel?«

Meine Tante hatte zwar die Namen der Anrufer eingespeichert, las sie jedoch nie, bevor sie einen Anruf entgegennahm. Also hauchte sie beim Abheben stets fragend ihren Nachnamen, in der Erwartung, dass der unbekannte Anrufer ihr sogleich seine Identität offenbaren würde.

Nachdem meine Mutter ihr erklärt hatte, dass wir vor ihrer Wohnungstür standen, sagte meine Tante: »Ah, Puppi, ihr seid schon da? Dann mach ich euch gleich auf!«

Mit »Puppi« meinte sie meine Mutter oder mich. Da sie den Kosenamen immer in exakt derselben Betonung aussprach, war es schwer zu differenzieren, wen von uns beiden sie ansprach. Oft reagierte ich deshalb auch dann nicht, wenn sie tatsächlich das Wort an mich richtete.

Kaum hatte meine Mutter aufgelegt, drehte sich der Schlüssel im Schloss, die Tür ging auf, und meine Tante kam im Spalt zum Vorschein. Sie strahlte uns an, zuerst meine Mutter, dann mich, grüßte uns beide mit einem »Servus, Puppi!«, umarmte uns und schloss anschließend auch meinen Stiefvater in ihre knochigen Arme. Meine Tante war, trotz ihres fortgeschrittenen Alters, eine attraktive Frau, die immer glänzenden Goldschmuck trug und der ihre blitzend blauen Augen in Kombination mit dem grauen Haar, das sie als Kurzhaarschnitt trug, etwas Spitzbübisches verliehen.

Wir folgten Tante Irmi in die kleine Wohnung und warteten auf meinen Onkel Paul, der in der Küche im Erdgeschoss das Mittagessen zubereitete. Als gelernter Koch legte er Wert darauf, die besten Küchengeräte und vor allem genügend Platz zur Verfügung zu haben, weshalb er sich zu besonderen Anlässen in die gigantische Küche im Erdgeschoss zurückzog, wo er voller Hingabe seine Speisen zubereitete. Dabei wollte er nicht gestört werden und bestand darauf, das Gekochte selbst zu servieren. Meistens hörte und roch man ihn, bevor man ihn sah, denn er schnaubte laut beim Stufensteigen und trieb immer eine Tabakwolke vor sich her.

»Ich rauche jetzt schon seit sechzig Jahren«, sagte er stolz. »Und meine Lunge funktioniert prächtig.«

Das war nur die halbe Wahrheit. Er hatte zwar keine Lungenkrankheit, aber wegen der ständigen Raucherei mutete er seinen Mitmenschen einen schleimigen, rasselnden Husten zu. Manchmal, wenn wir am Tisch saßen, konnte ich vor Ekel nicht weiteressen.

Als mein Onkel die letzten Stufen bis zur Wohnung erklommen hatte und uns nacheinander an seinen dicken Bauch drückte, achtete ich darauf, seinen zum Kuss gespitzten Lippen durch eine schnelle Kopfbewegung auszuweichen, denn es war schon des Öfteren passiert, dass er mir gegen meinen Willen einen Schmatzer auf den Mund gedrückt hatte.

Nachdem wir im Wohnzimmer ein Glas Sekt getrunken hatten, gingen wir ins Esszimmer, wo die Vorspeise auf uns wartete, wie jedes Jahr eine selbst zubereitete Wildpastete. Wie jedes Jahr blieb die Pastete unberührt auf meinem Teller liegen, und wie jedes Jahr antwortete ich meiner Tante auf die Frage »Puppi, warum isst du denn nix?«, dass ich nicht viel Hunger hätte und nicht gerne Fleisch esse. Mein Onkel grunzte leise, und meine Tante, die sicher halb so viel wog wie ich, sagte, dass ich viel zu mager sei und mehr essen müsse. Meine Mutter warf ihr einen verärgerten Blick zu und sagte: »Irmi, du bist doch selber so dürr! Du solltest mehr essen!«

Meine Tante winkte ab und behauptete, sie esse sehr viel. Nach drei Bissen von ihrer Pastete gestand sie: »Puh, das ist mir jetzt zu viel! Ich kann nicht mehr.«

Die Augen meines Stiefvaters leuchteten auf, er nahm wortlos ihren Teller entgegen und verputzte die Reste.

Während wir aßen, redete meine Tante Irmi pausenlos. Sie erzählte die gleichen Geschichten wie jedes Jahr. Die meisten handelten von Kartenrunden mit ihren Freundinnen. Wie schön es damals gewesen sei, als sie sich alle wöchentlich zu Kaffee und Kuchen getroffen hätten, um anschließend »Herzeln« zu spielen. Ständig passiere ihren Freundinnen irgendetwas Schreckliches, die Minke habe Demenz, die Ulrike Krebs und die Susi habe ganz unerwartet der Tod geholt, es sei ein Wahnsinn. Man müsse froh sein, wenn einen das Leben mit Gesundheit segne! Meine Mutter war überzeugt, dass meine Tante ununterbrochen redete, damit niemand merkte, wie schlecht ihr Gehör wirklich war.

Wenn mein Onkel Paul die Gelegenheit bekam, sich zu Wort zu melden, zum Beispiel weil meine Tante das Geschirr in die Küche trug und die Hauptspeise holte, sagte er meist etwas Politisches. In solchen Momenten hielt ich immer die Luft an. Mein Onkel schimpfte, dass es schlimm sei, mitanzusehen, wie weit es mit Österreich gekommen sei. Seit die Ausländer den hier geborenen Menschen ihre Arbeitsplätze gestohlen hätten, schäme er sich für sein Land. Man müsse endlich Maßnahmen ergreifen und diese Menschen abschieben, anstatt tatenlos zuzusehen, wie sie sich bereicherten. Mein Stiefvater Massimo, ein nach Wien emigrierter Italiener, saß stumm neben meinem gestikulierenden, rauchenden Onkel, und meine Mutter, die aus Überzeugung die sozialdemokratische Partei wählte, biss die Zähne zusammen.

Wenn meine Tante sich dann wieder gesetzt hatte, konnte sie nicht anders, als auch ihre Meinung beizutragen. Sie unterbrach meinen Onkel und sagte: »Ja, Paul, du hast schon recht. Aber letztens im Supermarkt, da war eine Kassiererin, ich sags euch, die war pechschwarz! Aber sie war ausgesprochen freundlich, und stellt euch vor, die konnte sogar richtig gut Deutsch! Nicht mal einen Akzent hat man rausgehört.«

Dann lachte sie schallend und breitete die Arme aus, als erwartete sie, dass alle in ihr Lachen einstimmten. Doch abgesehen von ihrem Wiehern war das...
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Lilli Polansky könnte mit ihrem Namen auch leicht Schauspielerin oder EU-Kommissarin werden, doch sie entschied sich ausgerechnet dafür, einen Roman zu schreiben. Nun muss sie beinahe täglich die Frage verneinen, ob sie unter einem Pseudonym oder ihrem Spitznamen veröffentlicht. 2001 in Wien geboren, lebt und studiert sie dort heute.
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