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Du sollst leiden

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Ullstein Taschenbuchvlg.erschienen am01.07.2024
Wenn das Böse Feuer legt An einem Spätsommerabend erfasst ein LKW auf einer einsamen Landstraße einen jungen Mann, der nur leichte Verletzungen erleidet, sich wegen retrograder Amnesie aber an nichts erinnern kann, nicht einmal an seinen Namen. Die Polizei wird eingeschaltet - um die Identität des Mannes zu klären, vor allem aber, weil seine Kleidung mit Benzin getränkt ist. Die Kieler Kommissarin Kayra Davari findet heraus, dass das Opfer mit Brandpfeilen beschossen wurde, offenbar in der Absicht, es zu verbrennen. Davari wendet sich an den forensischen Psychologen Robert Forster, von dem sie hofft, dass er einen Zugang zu dem jungen Mann findet. Die Identität des Patienten klärt sich, als seine Freundin ihn bei der Polizei vermisst meldet. Forster spricht mit der Frau. Was verbirgt sie vor ihm? Und warum sollte das Opfer bei lebendigem Leibe verbrannt werden?

Tom Falkner ist studierter Psychologe und Drehbuchautor. Die große Liebe zu Büchern hat ihn zum Romanschreiben gebracht. Er liebt es, sich in andere Menschen einzufühlen und die Welt durch ihre Augen zu betrachten - je verrückter die Person, desto besser. Das Buch ist für ihn die Bühne, und Falkner ist der Schauspieler, der in die Rollen all seiner Figuren schlüpfen kann und darf. Genau darin besteht für ihn das Vergnügen: mit jedem seiner Charaktere zu leben, zu leiden und zu lieben.
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Produkt

KlappentextWenn das Böse Feuer legt An einem Spätsommerabend erfasst ein LKW auf einer einsamen Landstraße einen jungen Mann, der nur leichte Verletzungen erleidet, sich wegen retrograder Amnesie aber an nichts erinnern kann, nicht einmal an seinen Namen. Die Polizei wird eingeschaltet - um die Identität des Mannes zu klären, vor allem aber, weil seine Kleidung mit Benzin getränkt ist. Die Kieler Kommissarin Kayra Davari findet heraus, dass das Opfer mit Brandpfeilen beschossen wurde, offenbar in der Absicht, es zu verbrennen. Davari wendet sich an den forensischen Psychologen Robert Forster, von dem sie hofft, dass er einen Zugang zu dem jungen Mann findet. Die Identität des Patienten klärt sich, als seine Freundin ihn bei der Polizei vermisst meldet. Forster spricht mit der Frau. Was verbirgt sie vor ihm? Und warum sollte das Opfer bei lebendigem Leibe verbrannt werden?

Tom Falkner ist studierter Psychologe und Drehbuchautor. Die große Liebe zu Büchern hat ihn zum Romanschreiben gebracht. Er liebt es, sich in andere Menschen einzufühlen und die Welt durch ihre Augen zu betrachten - je verrückter die Person, desto besser. Das Buch ist für ihn die Bühne, und Falkner ist der Schauspieler, der in die Rollen all seiner Figuren schlüpfen kann und darf. Genau darin besteht für ihn das Vergnügen: mit jedem seiner Charaktere zu leben, zu leiden und zu lieben.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783843732215
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum01.07.2024
SpracheDeutsch
Dateigrösse3467 Kbytes
Artikel-Nr.15247917
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

3

Dr. Robert Forster schlug die Beine übereinander und faltete die Hände auf den Knien. Bisher hatte er nicht mehr gesagt als »Ja«, das eine Wort, mit dem er dem Patienten signalisierte, dass er bereit war. Eine offene, freundliche Einladung, alles auszusprechen, sämtlichen Gedanken und Gefühlen Raum zu geben, mit der gleichzeitigen Versicherung, dass kein Geheimnis dieses Zimmer verlassen würde.

Der Patient lag auf der Couch und schaute zur Decke des Raums, der in einem hellen Apricot gestrichen war. Forster hatte ein paar Bilder aufgehängt, abstrakt, mit geometrischen Figuren. Rot und Orange waren die dominierenden Farben. Es gab einige Bücherregale, die eine behagliche Atmosphäre schufen, dazu die Couch, die beiden Sessel und niedrige Tische, um ein Wasserglas abzustellen.

Forster saß im Sessel hinter dem Patienten und wartete.

Vergeblich. Simon Jacobs hatte nicht gesprochen, als er das Haus betreten hatte, sondern Forsters Begrüßung nur mit einem knappen Nicken erwidert. Er hatte die Jacke an die Garderobe gehängt und die Schuhe ausgezogen, obwohl ihm Forster schon mehrfach versichert hatte, dass das nicht nötig war. Am Fußende der Couch befand sich eine abwaschbare Auflage. Es gab Patienten, die sich ohne Schuhe entblößt fühlten und deshalb gehemmt waren, was den Erfolg der Therapie behinderte. Doch Jacobs bestand darauf, sich nur mit Socken auf die Couch zu legen.

Der Patient hatte seinen Platz eingenommen, aber bisher nichts gesagt. Er lag mit ausgestreckten, geschlossenen Beinen, die Fußspitzen zur Decke gerichtet. Die Hände hatte er auf dem Bauch gefaltet. Die Augen waren bewegungslos, die Lippen zusammengepresst. Forster fühlte sich an einen aufgebahrten Leichnam erinnert.

In Jacobs Innerem war allerdings nichts still und starr. Forster konnte die Wut des Patienten spüren, die ihm aus jeder Pore zu strömen schien. Das gesamte Zimmer war damit aufgeladen.

Simon Jacobs war voller Zorn, dass er hier sein musste. Die Behandlung war Teil seines Deals mit der Staatsanwaltschaft. Und der Mann, der ihm das alles eingebrockt hatte, war sein eigener Therapeut gewesen. Er hatte seinen Patienten angezeigt, weil er sich nicht anders zu helfen gewusst hatte. Forster konnte die Entscheidung des Kollegen nachvollziehen. Aber das Vertrauen des Patienten in die Therapie war dadurch erschüttert, und das war keine gute Grundlage für die Zusammenarbeit. Forster griff nach seinem Wasserglas und trank einen Schluck.

Natürlich war der Patient nicht verpflichtet, zu sprechen. Er musste zweimal pro Woche zu Forster kommen, das war die Bedingung des Staatsanwalts gewesen, wenn er im Gegenzug auf eine Anklage verzichtete. Wie Jacobs diese Zeit nutzte, war seine eigene Entscheidung.

Forster hatte ihm freigestellt, die Therapie im Sitzen oder Liegen zu absolvieren, und Jacobs hatte sich für die Couch entschieden. Normalerweise erleichterte diese Position das Reden. Wenn man sein Gegenüber nicht anschauen musste und der Körper entspannt war, fanden viele Menschen einen leichteren Zugang zu ihren Gefühlen und ihrem Unbewussten.

Bei Jacobs allerdings hatte Forster vielmehr das Gefühl, dass er ihm nicht in die Augen sehen wollte. Im Liegen, so hatte er wohl gedacht, konnte er sich einfacher abschotten und verhindern, dass Forster zu tief in seine Seele blickte.

Die kleine Uhr auf dem Tisch, auf dem auch eine Wasserflasche und Gläser für die Patienten bereitstanden, zeigte auf neun Uhr dreißig. Seit Jacobs Eintreffen war bereits eine halbe Stunde vergangen.

Es war nicht die erste Sitzung, die der Patient schweigend verbrachte. Nachdem die Formalitäten geklärt gewesen waren und er sich für die Couch entschieden hatte, starrte er jedes Mal einfach fünfzig Minuten lang an die Decke, ehe er aufstand, seine Schuhe und seine Jacke wieder anzog und ging.

Drei Wochen lang hatte Forster sich das mitangesehen, doch nun, fand er, war es genug. »Gibt es wirklich nichts, worüber Sie reden möchten?«, fragte er freundlich.

Jacobs strich über sein steifes dunkelblaues Baumwollhemd. »Tut mir leid, wenn ich Ihre Zeit verschwende.«

»Es geht nicht um mich. Ich werde für die Sitzungen bezahlt. Sie vergeuden Ihre Zeit. Und Sie vergeben eine Chance. Sie haben meinen Kollegen aufgesucht, weil Sie Hilfe wollten. Das Problem, um das es ging, besteht nach wie vor. Wir könnten versuchen, daran zu arbeiten.«

»Ihr Kollege hat mich angezeigt.« Jacobs fuhr sich durch die drahtigen braunen Haare. »Nachdem er mir zugesichert hatte, dass ich alles sagen kann, was mir durch den Kopf geht, ohne dass irgendjemand davon erfährt. Weil er der Schweigepflicht unterliegt.«

»Das ist richtig. Aber die Schweigepflicht endet, wenn Leben oder Gesundheit in Gefahr sind. Ihre eigene oder die eines anderen.«

Jacobs schob die Hände in die Taschen seiner verwaschenen
Bluejeans. »Ich habe dem Jungen nichts getan. Ich habe lediglich auf der Bank gesessen und Zeitung gelesen.«

»Aber Sie waren in der Absicht dort, den Jungen zu beobachten. Um Bilder zu sammeln, so haben Sie es doch beim Gespräch mit der Staatsanwaltschaft ausgedrückt?« Forster war bei der Befragung dabei gewesen, weil der Kollege ihn darum gebeten hatte. »Bilder, die Sie sich später wieder vor Augen gerufen haben.«

»Wem schadet das?«

»Wenn der Junge mitbekommt, dass Sie ihn verfolgen, kann das ein Trauma auslösen.« Genau das hatte Forster auch dem Staatsanwalt gesagt. Er war nicht nur als Zuschauer, sondern auch als Sachverständiger dort gewesen.

»Er hat es nicht bemerkt.«

»Er könnte Ängste entwickeln«, fuhr Forster unbeirrt fort. »Davor, dass Sie irgendwann mehr wollen, als ihn nur anzuschauen.«

Ein solch offensives Vorgehen war untypisch für eine Psychoanalyse, bei der es darum ging, die freien Assoziationen des Patienten zu deuten, der auf der Couch lag. Aber in diesem Fall fand Forster, dass er nicht weiterkommen würde, wenn er nicht deutlich stärker in den Prozess eingriff.

Es hatte keine offizielle Anklage gegeben. Die Beweislage war dünn, und der Staatsanwalt wollte Jacobs eine Chance geben. Aber ihm war auch daran gelegen, dass sich Jacobs nicht zu einer wandelnden Zeitbombe entwickelte.

Jacobs zog die Hände aus den Taschen und verschränkte die Arme vor der Brust. »Sie wollen doch nur, dass ich Ihnen meine dunklen Geheimnisse anvertraue. Damit Sie und Ihr Kollege mich dann endgültig fertigmachen können.«

»Ich möchte Ihnen helfen.«

»Indem Sie mir mit einem Berufsverbot drohen?«

»Ihre Fantasien sind eine Gefahr für Ihre Tätigkeit.«

»Warum? Die Gedanken sind frei. Niemand wird verurteilt, weil er sich Böses ausdenkt. Allein das Handeln ist strafbar.«

»Richtig.« Forster lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Aber Sie selbst machen sich Sorgen, dass es nicht bei Fantasien bleibt.«

»Ich würde niemals ein Kind anfassen.«

»Hm.« Dieses Mal beschränkte sich Forster auf den typischen Laut, den Therapeuten von sich gaben, wenn Patienten etwas berichteten. Deutungen wurden nur sparsam verwendet. Ein Großteil der Arbeit bestand darin, den Patienten zur Selbstreflexion zu befähigen.

»Warum soll ich mit Ihnen reden? Sie glauben mir doch ohnehin nicht.« Jacobs richtete sich auf und schwang die Füße von der Couch. Er sah Forster nicht an, sondern blickte auf die gegenüberliegende Wand, an der ein abstraktes Gemälde hing, ein gelber Kreis vor einem orangefarbenen Hintergrund.

Forster beugte sich ein wenig vor. »Ist es nicht vielmehr so, dass Sie sich selbst nicht trauen?«

Jacobs sprang auf und baute sich vor Forster auf. »Sie versuchen, mich zu manipulieren.«

Ein feiner Nebel aus Speicheltropfen traf Forster, aber er änderte seine Haltung nicht. »Erzählen Sie mir davon«, entgegnete er ruhig. »Woran denken Sie, wenn Sie auf dem Spielplatz sitzen und diesen Jungen beobachten?«

Jacobs ballte die Fäuste und öffnete sie wieder. »Warum? Damit Sie etwas haben, mit dem Sie zur Polizei gehen können? Etwas, das reicht, um mich dieses Mal richtig anzuklagen und nicht nur einen Deal mit dem Staatsanwalt auszuhandeln?«

»Damit wir daran arbeiten können.«

»Sie haben mich doch längst in eine Schublade gesteckt. Der Lehrer, der sich an kleinen Jungs aufgeilt.«

Forster legte die Hände auf die Armlehnen des Sessels. »Sie haben gehört, was ich dem Staatsanwalt gesagt habe. Sie haben die Grenze noch nicht überschritten, aber es ist ein schmaler Grat, auf dem Sie sich bewegen. Sie können die Hand ergreifen, die man Ihnen reicht, und das Richtige tun. Oder Sie können sich dagegen sperren. Aber dann stürzen Sie möglicherweise sehr tief.«

Jacobs atmete schwer. »Sie und Ihr Kollege warten doch nur darauf, dass ich Ihnen etwas liefere, mit dem Sie mich hinhängen können. Weil Sie sich etwas zusammengereimt haben, das in keiner Weise den Tatsachen entspricht. Aber in Ihrer Selbstgerechtigkeit ist Ihnen das natürlich egal. Genauso, wie es Sie nicht interessiert, dass Sie mein Leben zerstören.«

Forster erhob sich ebenfalls. »Ich verstehe Ihren Zorn. Und ich versichere...
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Autor

Tom Falkner ist studierter Psychologe und Drehbuchautor. Die große Liebe zu Büchern hat ihn zum Romanschreiben gebracht. Er liebt es, sich in andere Menschen einzufühlen und die Welt durch ihre Augen zu betrachten - je verrückter die Person, desto besser. Das Buch ist für ihn die Bühne, und Falkner ist der Schauspieler, der in die Rollen all seiner Figuren schlüpfen kann und darf. Genau darin besteht für ihn das Vergnügen: mit jedem seiner Charaktere zu leben, zu leiden und zu lieben.
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