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Ein Thriller von Jem Saylor
Jem Saylor Publishingerschienen am01.07.2021
Als Consultant mit exzellenten Fähigkeiten wird Elias in das vom Krieg zerrüttete Bosnien entsandt, um eine Risikobewertung bei einer der Banken des Landes vorzunehmen. Seine Dienstreise stellt sich als purer Alptraum heraus. Er überlegt sogar, die Reise abzubrechen, doch dann lernt er Tamara kennen. Es beginnt eine Odyssee durch ganz Bosnien und gleichzeitig durch seine eigene Gefühlswelt. Schmerz, Trauer, Glücksgefühle und ekstatische Momente wechseln sich im schwindelerregenden Tempo ab und lassen ihn verzweifeln. Wird er seinen Auftrag erfüllen? Kann er der Versuchung widerstehen, einen Pakt mit einer teuflischen Organisation einzugehen?

Jem Saylor wurde 1970 in Melbourne, Australien, geboren und ist in Deutschland aufgewachsen. Im Rahmen seiner langjährigen Tätigkeit als Consultant leitete er diverse umfangreiche Projekte von global tätigen Entwicklungsbanken. Die Idee zum vorliegenden Buch entstand in den Jahren 2002 - 2007, als er für den Aufbau von Bankenstrukturen in die vom Krieg zerstörten Regionen des ehemaligen Jugoslawiens entsandt wurde.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,99

Produkt

KlappentextAls Consultant mit exzellenten Fähigkeiten wird Elias in das vom Krieg zerrüttete Bosnien entsandt, um eine Risikobewertung bei einer der Banken des Landes vorzunehmen. Seine Dienstreise stellt sich als purer Alptraum heraus. Er überlegt sogar, die Reise abzubrechen, doch dann lernt er Tamara kennen. Es beginnt eine Odyssee durch ganz Bosnien und gleichzeitig durch seine eigene Gefühlswelt. Schmerz, Trauer, Glücksgefühle und ekstatische Momente wechseln sich im schwindelerregenden Tempo ab und lassen ihn verzweifeln. Wird er seinen Auftrag erfüllen? Kann er der Versuchung widerstehen, einen Pakt mit einer teuflischen Organisation einzugehen?

Jem Saylor wurde 1970 in Melbourne, Australien, geboren und ist in Deutschland aufgewachsen. Im Rahmen seiner langjährigen Tätigkeit als Consultant leitete er diverse umfangreiche Projekte von global tätigen Entwicklungsbanken. Die Idee zum vorliegenden Buch entstand in den Jahren 2002 - 2007, als er für den Aufbau von Bankenstrukturen in die vom Krieg zerstörten Regionen des ehemaligen Jugoslawiens entsandt wurde.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783752132847
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum01.07.2021
Seiten390 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse708
Artikel-Nr.15639878
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

























Prolog







1993




DIE Sonne erhob sich über dem gepflasterten Platz und durchflutete mit ihrem warmweißen Licht die verschlungenen Gassen im Herzen der Altstadt. Der graue Stein im Boden wärmte sich dadurch auf und entflammte Geschäftigkeit in den Köpfen der Menschen. Händler stellten Warentische vor ihren Läden auf und bestückten diese mit Essbarem, hier und da auch mit Kleidungsstücken. Zu den Pastellfarben des Mauerwerks und dem Rotbraun der Dächer gesellten sich auf diese Art unzählige weitere Töne und verwandelten die Altstadt allmählich in ein Meer aus Farben. In Lumpen gekleidete Schuhputzjungen platzierten sich am Kopf einiger Gassen und sortierten Töpfchen mit bunter Creme sowie Bürsten aus ihren Kästen, um für den großen Andrang gerüstet zu sein. Der Wind verteilte den süßlichen Duft von frisch gebackenen Teigwaren über den großen Platz mit dem jahrhundertealten Brunnen in der Mitte, liebkoste die Nasen der Anwesenden und ließ ihnen das Wasser im Mund zusammenlaufen. Einige fliegende Händler schoben ihre scheppernden Karren auf die leere steinerne Fläche, sie suchten nach einer geeigneten Stelle, um größtmögliche Einnahmen zu erzielen.

Es war ein vielversprechender und schöner Sommertag, wie er schon lange nicht da war. Der Kontrast zwischen dem tiefen Blau des Himmels und dem hellen Braun des Holzes ließ den historischen Brunnen in neuem Glanz erscheinen. Eine alte Frau zapfte sich aus einem der Hähne an den Seiten lebenspendendes Wasser in ihren Eimer.

Das Pflaster, die Brise Luft darüber, das Wasser aus dem Brunnen und die Strahlen der Sonne hatten sich in einer harmonischen Mischung zu einem idyllischen Bild zusammengefügt, wie es sonst nur im fernen Orient zu sehen war. Allein die Aasgeier, die routiniert über dem alten Holzbrunnen kreisten, störten das ausgewogene Verhältnis der Elemente. Es schien so, als ob sie auf etwas warteten, als wären sie Teil einer Verschwörung gegen die Urkräfte.

Nach und nach füllten sich die engen Gassen und das heitere Gewusel an Menschen presste sich durch sie, während es gleichzeitig die Warentische leerkaufte und anschließend den Platz um den alten Holzbrunnen bevölkerte. Von Jung bis Alt war alles dabei. Die Stimmung war gut, denn die Menschen hatten lange in ihren Häusern ausharren müssen, bis endlich das Donnern aus den Bergen aufhörte. Sie genossen die Kombination aus wärmenden Sonnenstrahlen und der kühlenden Brise im Gesicht, unterhielten sich angeregt mit ihren Nachbarn und hielten dabei ihre Kinder in den Armen, denn solch eine Gelegenheit zu einem Plausch hatten sie in letzter Zeit selten gehabt.

Das Gerücht, dass ein geheimer Informant gefasst wurde, hatte sich in der Stadt wie ein Lauffeuer verbreitet. Überhaupt spielten gezielt gestreute Geschichten in diesen Zeiten der Unsicherheit oft eine gewichtige Rolle, dienten gar als Treibstoff für die Seele. Sie alle wollten dabei sein, denn sie konnten es kaum erwarten, endlich dem Zuträger in die Augen zu schauen und Genugtuung zu verspüren. Genugtuung für die eigenen Verluste. Beinahe alle Familien hatten Angehörige verloren, daher war die Stimmung in der Stadt seit Wochen schon aufgeheizt. Jetzt aber mussten die anderen Tribut zahlen. Jetzt war einer von den Feinden gestellt worden. Trauer und Wut, so gegensätzlich wie diese Worte sind, sie gehörten hier zusammen und bestimmten den Alltag der Bewohner. Es musste Dampf abgelassen werden und hier bot sich eine langersehnte Gelegenheit.

Bald gesellten sich schwer bewaffnete Milizionäre zu dem Gemenge und stellten sich im Bereich unmittelbar um den Brunnen auf. Sie sorgten mit ihren Aufforderungen dafür, dass die Menschentraube eine freie Passage zu den umlaufenden Stufen bildete. Kurze Zeit später fuhr ein Militärtransporter vor, aus dessen Ladefläche unter der olivgrünen Plane Bewaffnete einen Mann herauszerrten. Die Hände des Mannes waren an das Ende einer schweren Eisenkette gefesselt. Die Hosenbeine ungleichmäßig abgerissen, sein T-Shirt stellenweise blutgetränkt, seine braunen Haare verfilzt und mit einem öligen Film überzogen. Ganz klar, dieser Mann hatte gelitten. Seine Seele war gebrochen und er verharrte still. Die aufgedunsenen Augenränder und Platzwunden an den Wangen sowie die blutunterlaufenen Striemen an den Waden verrieten stundenlange Folter. Der kräftig gebaute Kommandeur mit untersetztem Oberkörper zog den Mann auf den wackeligen Beinen bis auf die oberste Stufe des Brunnens. Seine Milizionäre hielten ihn fest, damit er nicht stolperte. Die Menschenmenge klatsche dabei und rief immer wieder im Chor:

»Tod den Schnüfflern. Tod den Schnüfflern.«

Ob der geschundene Mensch vor ihnen schuldig war oder nicht, diese Frage stellte sich erst gar nicht, denn die Quelle der Gerüchte war glaubwürdig, bestimmte sie doch über das Leben in der Stadt. Keiner hätte es gewagt, dem Kommandeur zu widersprechen. Die Möglichkeit, schon bald sich selbst auf dem steinernen Podest des Brunnens wiederzufinden, war nicht weit hergeholt.

Der Anführer hob den Kopf und setzte an, um etwas zu sagen, doch er wurde von dem hysterischen Geschrei einer Frau unterbrochen, die sich zusammen mit ihrem Kind durch den Pulk nach vorne gekämpft hatte. Es handelte sich um die Frau und den kleinen Sohn des gefassten Mannes. Sie bettelte um sein Leben und wollte zu ihrem Mann gelassen werden. Die Milizionäre hinderten sie aber daran, zu ihm auf die Treppe zu gelangen.

»Nein, bitte tun Sie ihm nichts!«, kreischte die Ehefrau ganz außer sich. »Ich gebe Ihnen alles was ich habe!«

Sie nahm ein Dutzend goldene Armreife aus ihrer Tasche und warf sie dem untersetzten Mann vor die Füße.

Der uniformierte Mann aber reagierte beleidigt. »Das, was ich will, kannst du mir nicht geben, Weib. Dein Mann hatte seine Chance.«

»Dann nehmt mich! Ich tue alles, was Sie wollen. Aber bitte lasst meinen Mann gehen. Bitte ... bitte ...«, flehte die Frau.

Der Kommandeur lachte sarkastisch. »Glaubst du, du kannst mich mit deinen Titten kaufen?«

Er wirkte nun gereizt und zückte ein langes Messer aus der Lederscheide an seinem Gürtel. Seine Männer verzogen keine Miene und ließen achtsam ihre Augen über die Menge schweifen, um auf jede mögliche Art von Störung vorbereitet zu sein. Auch die Aasgeier spürten instinktiv, dass sich die Vorstellung unter ihnen dem Ende näherte. Sie flogen nun deutlich tiefer und umkreisten die türkisfarbene Kuppel des Holzbrunnens in engen Bahnen.

»Ich ... ich flehe Sie an«, stotterte die Ehefrau.

Ihre Stimme hatte sich nun durch Überanstrengung ihrer Stimmbänder zu einem Kratzen in den Ohren der Zuhörer verwandelt. Manche fühlten sich dadurch belästigt, andere aßen ungerührt das Stück Gebäck in der Hand oder scherzten zum Teil auch über das unnütze Betteln. Einige wenige nahmen die Gelegenheit wahr und ließen ihre Schuhe durch die Schuhputzjungen polieren. Sie waren einfach nur froh, den eigenen vier Wänden entkommen zu sein und genossen den Aufenthalt im Freien.

Jetzt konnte auch der kleine Junge neben der weinenden Frau seine Tränen nicht mehr zurückhalten. Er umklammerte schutzsuchend seine Mutter.

»Mama, Mama«, hörte man ihn leise schluchzen.

Der Kommandeur sagte etwas in Richtung des Gefesselten, man konnte nicht hören was er sprach, aber es musste eine letzte Frage gewesen sein. Jetzt erst begriff der Gefangene seine ausweglose Situation. Er versuchte krampfhaft seine Tränen zu unterdrücken, und machte dennoch eine abweisende Bewegung mit dem Kopf. Dann richtete er den Blick nach oben in den Himmel, als suche er dort Beistand. Damit erzürnte er den Mann mit dem Messer umso mehr.

Dieser hob die zornige Stimme und sprach laut zu seinem tosenden Publikum.

»Viele von euch mussten bluten, haben Familienangehörige und Freunde verloren. Dieser Mann ist uns in den Rücken gefallen. Er ist ein Verräter.«

Das unaufhörliche Winseln der Frau und ihres Sohns war vergeblich. Die Forderung der Menge wurde nun lauter. »Tötet ihn! Tötet den Verräter!«

Daraufhin setzte der Kommandeur dem Mann mit dem Blick gen Himmel die Klinge an den Hals und schlitzte ihm mit einem Ruck die Halsschlagader auf. Das Blut des Beschuldigten spritzte unkontrolliert aus seiner Kehle, floss die Treppenstufen hinunter und sammelte sich in einer roten Pfütze am Fuße des Brunnens. Die Atmung des Mannes verlangsamte sich nach und nach, sein Gesicht wurde zunehmend blasser, die Augen verdrehten sich und fokussierten dann ein letztes mal das klatschende Publikum, bevor sein Blick leer wurde. Mit jedem Blutstoß verließ ein Teil seiner Lebendigkeit den Körper, bis er, nachdem er komplett ausgeblutet war, in sich zusammensackte, die Stufen hinunter rollte und am Ende leblos in seiner eigenen Blutlache lag.

Schon länger wurde gemunkelt, dass Spitzel aus den eigenen Reihen mit dem Feind kooperierten und ihm Angaben zu wichtigen Zielen verrieten. Nur so konnten die hohen Verluste durch Artilleriebeschuss in den letzten Tagen erklärt werden. Viele atmeten daher auf, weil endlich einer jener Zuträger unschädlich gemacht worden sei. Sie waren gar in Feierstimmung und fielen sich dabei in die Arme. Der Jubel der Menschen kannte schier keine Grenzen und hielt beinahe eine Stunde an, bis sich die Versammlung irgendwann auflöste und sich außer der Witwe mit ihrem Sohn und dem Leichnam niemand mehr auf dem Platz befand....
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