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Der Rücken des Vaters

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
176 Seiten
Deutsch
BoD - Books on Demanderschienen am24.06.20241. Auflage
Es ist diese geduldige und nüchterne Darstellung einer äußeren wie inneren Ödnis, die Turovski so gekonnt betreibt, dass aus ihr allein die Geschichte ihre diffuse Spannung erhält. Meisterhaft (Junge Welt, Berlin) Mit Gefühl für Wahrnehmungsmuster hat Turovski ein Szenario geschaffen, das seine subtile Spannung aus gegensätzlichen Begriffspaaren, Stille und Lärm, Traum und Handlung, bezieht. (Münchner Merkur) Jan Turovski zeichnet dies unscheinbare, aber eben doch tragische Leben eines Mannes und einer Kleinstadt wortgewandt auf. Feinziseliert reiht er detailliert Szene an Szene, die jede für sich sehr starke Bilder evoziert. (Hessische/ Niedersächsische Allgemeine Zeitung, Kassel) Die Enge, den Standesdünkel und die festgefahrenen sozialen Verhältnisse einer kleinen Stadt an der belgischen Grenze, beschreibt der Bonner Autor Jan Turovski höchst treffend in seinem zweiten Roman. (General-Anzeiger, Bonn) 172 Seiten, die von einer latenten, subtil aufgebauten Spannung durchdrungen sind. ... so schildert Jan Turovski in sprachlich mächtig aufgeladenen Bildern ... Näheres dazu zu berichten, käme einem Verrat an dieser so fein aufgebauten Geschichte und ihrem überraschenden Ende gleich ... (Neue Westfälische Zeitung, Bielefeld) Turovski hat diese tolle Geschichte in einer fiktiven belgischen Kleinstadt angesiedelt. Eindrucksvoll gelingt es ihm, die depressive Wirkung dieses Städtchens zu schildern, in dem Grau die hervorstechende Farbe ist und der Regen nie enden will. (Kölner Stadt-Anzeiger) Der beklemmende Spaziergang durch das belgische Kleinstadtszenarium und die seelischen Abgründe seiner Bewohner, hat hohes literarisches Niveau. (Das neue Buch) Der Autor Jan Turovski zeigt, wie ein desillusionierter, einsamer Mann sein Leben Revue passieren lässt. Ihm gelingen bei seiner Liebe zum Detail und ausgeprägter sinnlicher Wahrnehmungsfähigkeit Szenen von hoher atmosphärischer Dichte. (Badisches Tageblatt) Der Rücken des Vaters liest sich wie eine Exkursion in die Abgründe einer Seele, in der sich zäh und zehrend ein subtiles Gift breitgemacht hat. Mit sprachlicher Brillanz von spröder Schönheit und düsterer Melancholie macht der Autor die Isolierung und Bedrängtheit seines Protagonisten fühlbar, dessen innerliches Absterben in einer letzten Verzweiflungstat endet. (Mannheimer Morgen) In einer stilistisch faszinierenden Mischung aus Poesie und Prosa, Vor- und Rückblenden ... wächst in Paul Leducs Unterbewusstsein ein von langer Hand, wie es scheint, vorbereiteter Plan, der sich spannend und zügig entwickelt. (Main-Echo, Aschaffenburg)

Geboren in Bielefeld, lebt derzeit in Bonn. Romane, Kurzgeschichten, Lyrik, Theaterstücke. Studienjahre in Cambridge, London und Paris. Amerika-Aufenthalte. Cambridge University Certificate of Proficiency in English. Cambridge Diploma in English Language. Sorbonne Diplôme de langue et civilisation françaises. Student trainee der Fa. Selfridges Ltd. London. 3 x Granta-Preis für die Short Stories Purgatory, The Witness und Blue Glass. Prix Littéraire Européen Arthur Rimbaud 2000 für die unveröffentlichten Manuskripte Sophie fatale ... (Roman) und Die blaue Provinz (Gedichte). Mitarbeit an die horen, The London Magazine, Lyrik-Anthologien, sowie an Rowohlts Don-Juan-Anthologie, Geschichten zwischen Liebe und Tod. Beiträge in Zeitungen, Zeitschriften, Rezensionen usw. Buch-Publikationen: 1988: Die Sonntage des Herrn Kopanski, Roman, Benziger Verlag/Zürich. 1995: Der Rücken des Vaters, Roman, Avlos Verlag. 1997: Vor(w)orte der Liebe, Gedichte, Avlos Verlag. 2002: Sweet Home, Kurzgeschichten, bei Ango Boy. 2012: Berni, Bastian und Therese, Novelle, Bouvier Verlag. Sowie 11 Romane bei Andiamo.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR13,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR7,99

Produkt

KlappentextEs ist diese geduldige und nüchterne Darstellung einer äußeren wie inneren Ödnis, die Turovski so gekonnt betreibt, dass aus ihr allein die Geschichte ihre diffuse Spannung erhält. Meisterhaft (Junge Welt, Berlin) Mit Gefühl für Wahrnehmungsmuster hat Turovski ein Szenario geschaffen, das seine subtile Spannung aus gegensätzlichen Begriffspaaren, Stille und Lärm, Traum und Handlung, bezieht. (Münchner Merkur) Jan Turovski zeichnet dies unscheinbare, aber eben doch tragische Leben eines Mannes und einer Kleinstadt wortgewandt auf. Feinziseliert reiht er detailliert Szene an Szene, die jede für sich sehr starke Bilder evoziert. (Hessische/ Niedersächsische Allgemeine Zeitung, Kassel) Die Enge, den Standesdünkel und die festgefahrenen sozialen Verhältnisse einer kleinen Stadt an der belgischen Grenze, beschreibt der Bonner Autor Jan Turovski höchst treffend in seinem zweiten Roman. (General-Anzeiger, Bonn) 172 Seiten, die von einer latenten, subtil aufgebauten Spannung durchdrungen sind. ... so schildert Jan Turovski in sprachlich mächtig aufgeladenen Bildern ... Näheres dazu zu berichten, käme einem Verrat an dieser so fein aufgebauten Geschichte und ihrem überraschenden Ende gleich ... (Neue Westfälische Zeitung, Bielefeld) Turovski hat diese tolle Geschichte in einer fiktiven belgischen Kleinstadt angesiedelt. Eindrucksvoll gelingt es ihm, die depressive Wirkung dieses Städtchens zu schildern, in dem Grau die hervorstechende Farbe ist und der Regen nie enden will. (Kölner Stadt-Anzeiger) Der beklemmende Spaziergang durch das belgische Kleinstadtszenarium und die seelischen Abgründe seiner Bewohner, hat hohes literarisches Niveau. (Das neue Buch) Der Autor Jan Turovski zeigt, wie ein desillusionierter, einsamer Mann sein Leben Revue passieren lässt. Ihm gelingen bei seiner Liebe zum Detail und ausgeprägter sinnlicher Wahrnehmungsfähigkeit Szenen von hoher atmosphärischer Dichte. (Badisches Tageblatt) Der Rücken des Vaters liest sich wie eine Exkursion in die Abgründe einer Seele, in der sich zäh und zehrend ein subtiles Gift breitgemacht hat. Mit sprachlicher Brillanz von spröder Schönheit und düsterer Melancholie macht der Autor die Isolierung und Bedrängtheit seines Protagonisten fühlbar, dessen innerliches Absterben in einer letzten Verzweiflungstat endet. (Mannheimer Morgen) In einer stilistisch faszinierenden Mischung aus Poesie und Prosa, Vor- und Rückblenden ... wächst in Paul Leducs Unterbewusstsein ein von langer Hand, wie es scheint, vorbereiteter Plan, der sich spannend und zügig entwickelt. (Main-Echo, Aschaffenburg)

Geboren in Bielefeld, lebt derzeit in Bonn. Romane, Kurzgeschichten, Lyrik, Theaterstücke. Studienjahre in Cambridge, London und Paris. Amerika-Aufenthalte. Cambridge University Certificate of Proficiency in English. Cambridge Diploma in English Language. Sorbonne Diplôme de langue et civilisation françaises. Student trainee der Fa. Selfridges Ltd. London. 3 x Granta-Preis für die Short Stories Purgatory, The Witness und Blue Glass. Prix Littéraire Européen Arthur Rimbaud 2000 für die unveröffentlichten Manuskripte Sophie fatale ... (Roman) und Die blaue Provinz (Gedichte). Mitarbeit an die horen, The London Magazine, Lyrik-Anthologien, sowie an Rowohlts Don-Juan-Anthologie, Geschichten zwischen Liebe und Tod. Beiträge in Zeitungen, Zeitschriften, Rezensionen usw. Buch-Publikationen: 1988: Die Sonntage des Herrn Kopanski, Roman, Benziger Verlag/Zürich. 1995: Der Rücken des Vaters, Roman, Avlos Verlag. 1997: Vor(w)orte der Liebe, Gedichte, Avlos Verlag. 2002: Sweet Home, Kurzgeschichten, bei Ango Boy. 2012: Berni, Bastian und Therese, Novelle, Bouvier Verlag. Sowie 11 Romane bei Andiamo.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783759710130
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum24.06.2024
Auflage1. Auflage
Seiten176 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1449 Kbytes
Artikel-Nr.16112700
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

3

Der Rauch der Metzgerei entwich über das Dach an der Ecke, legte sich manchmal fordernd über die Felder hinter dem Haus, wo er hell gegen die drohende Halde wegzog. Erzeugte in Leduc eine Art Vormundschaft über seine Empfindungen und löste unspezifische Erinnerungen aus. Es waren Teile, die sich nur widerwillig zusammenfügen ließen. Er wusste, der Geruch gehörte vermutlich zur Straße, wie die kurzen Vorgärten, die blinkenden Fenster, oder die grauen Spuren auf den Ziegeln vom nahen Zementwerk. Eine schwarzgraue Schwermut markierte den Berg, der weit hinter dem Haus absackte, wenn man näher kam. Eiskühle Wolken wischten nach hinten weg, touchierten im Winter die tote Zeche. Die Laute eines kleiner werdenden Zuges ziselierten dann mürbe Schneeflächen.

Samstags und sonntags blieb Leduc zu Hause. Da verfälschten Touristen den Ort, die hier sommers wie winters schwer nachvollziehbare Bereicherung suchten. Früher hatte ihn van de Loo auch sonntags meistens beschäftigt und abschätzig gemeint, er will ja was werden, der kleine Leduc, er macht sich, der kleine Leduc. Das war lange her. Ihm genügte eine Lampe am Abend. Der Fernseher lief, auch wenn er nicht hinsah. Die Stille dahinter und das Dunkel waren wie ein warmer Teigpanzer. Das Haus, die sepiabraune Höhle. Im Winter stand Gräue über den Häusern und der zerwaschene, orangefarbene Fleck vom Laternenlicht der Grand'Place, deren angebliche Würde van de Loo ständig besonders hervorgehoben hatte, die Grand'Place, in der er sehr gern Analogien zur Grand' Place in Brüssel sehen wollte, wo das ein wenig finster beeindruckende Maison des Brasseurs, das Haus der Brauer, für ihn und sein Handeln quasi eine letzte Instanz bildete. Tatsächlich hatte die Grand´Place Würde, das fand auch Leduc. Im Sommer zitterten über den Dächern der Stadt müde Farblosigkeiten. Im Frühjahr stauten sich betäubende Blumengerüche in den Vorgärten und Anlagen. Er dachte kurz an den Geruch des Meeres, das er immer wieder mit seinem alten, zuverlässigen Peugeot besucht hatte. Den kleinen Bunker dort, die geheime Höhle zum Abtauchen, dem man schon früh nach dem Krieg den Panzerturm entfernt hatte. Das hatte ihn nahezu unauffindbar gemacht.

Leduc räumte den Schreibtisch auf, zog die pflaumenfarbenen Samtvorhänge zu, drückte die Zigarre aus. Er rauchte nie im Bett. Er rauchte wenig. Alle Türen waren geöffnet. Lediglich das kühle Schlafzimmer, nebenan, in dem nur noch ein grand lit, ein großes Einzelbett mit geschnitztem Adler im Kopfteil, ein Eichenschrank und eine Truhe standen, war am Tage stets geschlossen und die Fensterklappe offen. Das gleichmäßige Licht, das mit den Gerüchen alterte, floss in den Räumen, in denen manchmal hässliche Worte Henriettes auftauchten:

Du bist mir im Weg! Bist ein einziges Hindernis. Oder: Ausruhen kannst du, wenn du tot bist!

Es gab eine Anzahl wiederkehrender Sätze, die er nie vergessen würde. Sie kam schnaubend herein, zerfurchte das Haus mit ihrer Hektik und Oberflächlichkeit. Es war, als würden selbst Gegenstände befürchten, einer neuen Statik zu unterliegen. Sie, die nichts im Hause tat, die nichts, was kaputt ging, je wieder hätte reparieren lassen, schnarrte: Alles muss ich hier selbst machen! Dann ironisch: Bist du müde? Du hast wohl viel gearbeitet!

Belanglose Fragen quollen auf, ohne Wunsch auf Antwort. Hm, sagte sie noch. Er ließ die Worte am Rücken ablaufen, als wollten sie gar nicht zu ihm. Hm, hatte auch Leduc gesagt. Sonst nichts. Ohnehin, welche Wahrheit hätte eine Antwort preisgegeben? Und gab es überhaupt eine Wahrheit? Er hatte dann die Ordner mit den Versicherungsakten der Häuser geschlossen. Kostenvoranschläge ruhten da, Rechnungen, Quittungen. Die Klarsichthüllen mit den Policen blinkten. Er hatte die Häuser Henriettes all diese Jahre verwaltet und in unzähligen Eigenleistungen in Stand gehalten. Alles hieb- und stichfest. Im guten Einvernehmen mit den Mietern. Jetzt erhielt er die gleiche Tätigkeitsvergütung, symbolisch, für die Instandhaltung des Hauses, in dem er wohnte. Die Häuser verwaltete Henriette nun selbst, mehr schlecht als recht, mit der Hilfe eines jüngeren Faktotums, das sie ständig auf Trab hielt. Sie hatte schon zu seiner Zeit Briefe an die Mieter geschrieben, von denen er nichts wusste. Diese hatten oft seinem Konzept entgegen gestanden und lange aufgebautes Vertrauen ins Wanken gebracht. Damit schädigte sie sich selbst. Das konnte ihm jetzt gleichgültig sein.

Leduc wohnte im Geburtshaus van de Loos. Henriettes Vater war hier aufgewachsen und, nachdem die Firma aufgelöst und das Maison Belfort verkauft worden war, gestorben. Er hatte Leduc fast nur mit Schweigen bedacht oder mit Predigten zur heiligen Braukunst. Es schien, als wolle Leducs Schweigen nun die Antwort festsetzen, auf viele demütigende Jahre.

Henriette warf Geräusche hin, aß im Gehen und Stehen, verlor dies und das, brennende Zigarillos kohlten an unmöglichen Stellen aus. Sie schien ständig einen neuen Menschen in ihn eintippen zu wollen, ging mit zur Schau gestellter, penetranter Widerborstigkeit durchs Haus, die nichts Gutes verhieß, die sie vielen anderen Unbekannten in sich selbst begegnen ließ.

Mit dir möchte ich auch nicht verheiratet sein, sagte sie auch später noch häufig, die Hand mit dem Zigarillo am Kinn, den Ellenbogen auf dem übergeschlagenen, wippenden Bein.

Aber du bist mit mir verheiratet, sagte er, ohne sich umzusehen.

Theoretisch schon, sagte sie und kaute.

Alles ist theoretisch, sagte er. Dein sprichwörtlich gutes Benehmen, zum Beispiel. Deine Fähigkeiten für dieses Leben. Die Kultur der van de Loos. Alles theoretisch.

Henriette liebte nicht eine Sache selbst, auch die Menschen nicht, sondern die plötzliche Vorstellung von einer Sache, einem Menschen, den Eigenschaften, und ihr eigenes Spiegelbild in ihnen. Ihr unerträgliches Benehmen hatte begonnen, als sie damals, mit vierzig, endgültig begriff, dass das Kind, von dem sie viele Jahre euphorisch sprach, nicht käme. Es war nicht zu verstehen, ob sie es wirklich gewollt hatte, oder ob ihre sprunghafte Disposition alles verhinderte.

Kinder haben kann schließlich jeder, verkündete sie gleichwohl verächtlich und blies Leduc den Rauch ins Gesicht.

Und natürlich war er es, den die Verwandtschaft verantwortlich machte. Henriette tat nichts, um ihn zu entlasten. Für alle Fälle hatte er eine Bescheinigung seines Arztes, die seine Gesundheit und Zeugungsfähigkeit bestätigte. Solange Henriette nicht zum Arzt ginge, würde er das Papier unter Verschluss halten. Feldhuis hatte nur den Kopf geschüttelt, sein Halstuch justiert und eine Bemerkung über die van de Loos ins Abseits gemacht.

Henriette konnte heute ewige Gewissheiten festlegen und morgen nichts mehr davon wissen. Leduc hatte die mühselige Zuwendung irgendwann aufgegeben und geschwiegen. Er las viel. In den Büchern erkannte er erstrebenswerte Frauenfiguren. Etwa Madame Arnoux gefiel ihm, gewisse Frauen in Geschichten der amerikanischen Pionierzeit, und selbst der Bovary hätte er ihre Schwächen verziehen. Auch zwei, drei Frauenfiguren aus den frühen Simenons gefielen ihm. Henriette brachte kein Buch zu Ende. Was immer sie auch federnd begann, sie hinterließ stets nur Fragmente. Ihre sexuellen Bedürfnisse waren exorbitant gewesen. Sie weckte ihn zu jeder Tages- und Nachtzeit und sie bestimmte die Kür, die ihm zur Pflicht geriet. Sogar hinter den Gärkübeln hatte sie ihn bedrängt: Jetzt bring ich dich auf Trab, mein kleiner Leduc! Ich will es sofort, mein kleiner Leduc!

Sie protzte mit seiner Manneskraft vor anderen, machte anzügliche Bemerkungen und warf ihm gleichzeitig vor, sie zu vernachlässigen, kein Kind zustande zu bringen. Was bleibt denn einer Frau ohne Liebe! Sie inszenierte ihren Körper, drapierte ihn mit schriller Musik, tanzte vor Leduc bei geöffneten Vorhängen halbnackt und ließ keinerlei Innigkeit aufkommen. Leduc hätte so gern seiner Anfangsleidenschaft entsprochen.

Er war ihren verschiedenen Liebhabern nicht böse. Irgendwie konnte er sie verstehen. Außerdem war es so, als könne er deren Genusssucht nicht recht habhaft werden. Er sagte sich dann: Sie schläft mit ihnen, aber einen Schock will ich einfach nicht zulassen. Offenbar hatte seine Vorstellungskraft eine Art Erhitzungsschutz. Leduc ließ seine Kraft in der Brauerei, arbeitete heftig zwischen Gärkübeln, Gerste und Hefeschaum, den verschiedenen Reifephasen, und ließ sich daher keine Chance zum Aufstieg. Weshalb sollten die van de Loos das Kraftpaket Leduc ersetzen, weshalb ihm höhere Weihen zukommen lassen? Nie würde er in einem sauberen Büro sitzen und, wie Feldhuis etwa, ein Halstuch tragen, den weißen Kittel von Brouwers, oder wie de Kuiper hinter silbrigen Jalousien gute Ratschläge erteilen. So arrangierte er sich zwischen gleichgestellten Brauereiarbeitern.

Henriette hatte immer wieder Männer im Schlepptau. Konnte es nicht sein,...
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Geboren in Bielefeld, lebt derzeit in Bonn.
Romane, Kurzgeschichten, Lyrik, Theaterstücke.
Studienjahre in Cambridge, London und Paris.
Amerika-Aufenthalte.
Cambridge University Certificate of Proficiency in English. Cambridge Diploma in English Language.
Sorbonne Diplôme de langue et civilisation françaises.
Student trainee der Fa. Selfridges Ltd. London.
3 x Granta-Preis für die Short Stories Purgatory, The Witness und Blue Glass.
Prix Littéraire Européen Arthur Rimbaud 2000 für die unveröffentlichten Manuskripte Sophie fatale ...
(Roman) und Die blaue Provinz (Gedichte).
Mitarbeit an die horen, The London Magazine, Lyrik-Anthologien, sowie an Rowohlts Don-Juan-Anthologie, Geschichten zwischen Liebe und Tod.
Beiträge in Zeitungen, Zeitschriften, Rezensionen usw.
Buch-Publikationen:
1988: Die Sonntage des Herrn Kopanski, Roman, Benziger Verlag/Zürich.
1995: Der Rücken des Vaters, Roman, Avlos Verlag.
1997: Vor(w)orte der Liebe, Gedichte, Avlos Verlag.
2002: Sweet Home, Kurzgeschichten, bei Ango Boy.
2012: Berni, Bastian und Therese, Novelle, Bouvier Verlag.
Sowie 11 Romane bei Andiamo.