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Ephraim Kishon

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
320 Seiten
Deutsch
Langen - Mueller Verlagerschienen am19.08.2024
Es gab eine Zeit, in der ein Autor aus Israel der Deutschen liebste Bücher schrieb. Von Drehn Sie sich um Frau Lot! (1961), Arche Noah Touristenklasse (1963) über Pardon, wir haben gewonnen! (1968), In Sachen Kain und Abel (1976) und schließlich den berühmten Familiengeschichten mit 'der besten Ehefrau von allen' und den drei Kindern Rafi, Renana und Amir: Seit den 1960er Jahren führten Ephraim Kishons Bücher immer wieder die Bestseller-Listen an, dominierten die Buchregale und wurden für das Fernsehen verfilmt. 'Lieben Sie Kishon?' fragte eine TV- Serie 1976. Ja, antworteten Millionen deutschsprachige Leser und machten den Autor aus Israel zu einem der erfolgreichsten Schriftsteller des Landes. Wie kam es dazu, dass der aus Budapest stammende Israeli Ephraim Kishon mit seinen humoristischen Geschichten ausgerechnet beim deutschen Publikum seinen größten Erfolg hatte? Wie wurde der Holocaust-Überlebende Kishon zum Star-Autor der Bundesrepublik? Für ihn selbst war die Begeisterung der Deutschen für seine Satiren eine Genugtuung - und eine Ironie der Geschichte. Die deutschen Leser hätten sich mit Kishons Geschichten von ihrer historischen Schuld gleichsam frei gelacht. Und: Kishons Humor habe die Deutschen und die Juden versöhnt. Wirklich? Das vorliegende Buch spürt jenseits dieser populären Deutungen dem internationalen Erfolg des Autors nach und zeigt, wie er als 'Kishon für Deutsche' zum Symbol einer Bestseller-Kultur avancierte und dabei zugleich auf das Image eines 'Humorfabrikanten' reduziert wurde. So führt das Buch Kishons viele Karrieren erstmals zusammen: Denn, während dieser 'deutsche' Kishon auf Humor und Heiteres abonniert war, provozierte der 'israelische' Kishon als politischer Analyst in der israelischen Öffentlichkeit. Nach dem Sechstagekrieg 1967 blieb der Humorist Kishon schließlich auch vor seinem deutschen Publikum nicht unpolitisch - und stieß mit seinen Interventionen in Sachen Israel dem westdeutschen Feuilleton immer wieder vor den Kopf. So ist die Biographie des Kishon-Erfolgs nicht nur ein frühes Beispiel für einen deutschen Umgang mit israelischer Politik und Literatur, der bis heute im Zentrum der Debatten um Antisemitismus, Israel-Kritik, die Kulturbürokratie und BDS-Initiativen ('Boycott, Divestment and Sanctions') steht. Ausgehend von Kishons autobiographischen Berichten, den Erinnerungen von Zeitzeugen und Weggefährten sowie mit Hilfe von Presseartikeln und zahlreichen unveröffentlichten Archivquellen erzählt das Buch Kishons Erfolgsgeschichte im Spannungsfeld von Literatur, Humor und Politik, folgt den literarischen Spuren des Autors vom kommunistischen Ungarn der Nachkriegszeit, über die Anfangsjahre des Staates Israel bis in die 'alte' Bundesrepublik und sogar in die DDR. Dabei entzieht sich die Erzählung dem Zwang der biographischen Chronologie, sondern behandelt in 15 szenischen Kapiteln die Grundfragen, um die sich Kishons Leben drehte: das Verhältnis zu seiner Herkunft und seine Rolle als Fremder, die Beziehungen zwischen humoristischer Literatur und Politik, die Rolle des Erfolgs, der öffentlichen Anerkennung und des privaten Glücks.mehr
Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR25,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR19,99

Produkt

KlappentextEs gab eine Zeit, in der ein Autor aus Israel der Deutschen liebste Bücher schrieb. Von Drehn Sie sich um Frau Lot! (1961), Arche Noah Touristenklasse (1963) über Pardon, wir haben gewonnen! (1968), In Sachen Kain und Abel (1976) und schließlich den berühmten Familiengeschichten mit 'der besten Ehefrau von allen' und den drei Kindern Rafi, Renana und Amir: Seit den 1960er Jahren führten Ephraim Kishons Bücher immer wieder die Bestseller-Listen an, dominierten die Buchregale und wurden für das Fernsehen verfilmt. 'Lieben Sie Kishon?' fragte eine TV- Serie 1976. Ja, antworteten Millionen deutschsprachige Leser und machten den Autor aus Israel zu einem der erfolgreichsten Schriftsteller des Landes. Wie kam es dazu, dass der aus Budapest stammende Israeli Ephraim Kishon mit seinen humoristischen Geschichten ausgerechnet beim deutschen Publikum seinen größten Erfolg hatte? Wie wurde der Holocaust-Überlebende Kishon zum Star-Autor der Bundesrepublik? Für ihn selbst war die Begeisterung der Deutschen für seine Satiren eine Genugtuung - und eine Ironie der Geschichte. Die deutschen Leser hätten sich mit Kishons Geschichten von ihrer historischen Schuld gleichsam frei gelacht. Und: Kishons Humor habe die Deutschen und die Juden versöhnt. Wirklich? Das vorliegende Buch spürt jenseits dieser populären Deutungen dem internationalen Erfolg des Autors nach und zeigt, wie er als 'Kishon für Deutsche' zum Symbol einer Bestseller-Kultur avancierte und dabei zugleich auf das Image eines 'Humorfabrikanten' reduziert wurde. So führt das Buch Kishons viele Karrieren erstmals zusammen: Denn, während dieser 'deutsche' Kishon auf Humor und Heiteres abonniert war, provozierte der 'israelische' Kishon als politischer Analyst in der israelischen Öffentlichkeit. Nach dem Sechstagekrieg 1967 blieb der Humorist Kishon schließlich auch vor seinem deutschen Publikum nicht unpolitisch - und stieß mit seinen Interventionen in Sachen Israel dem westdeutschen Feuilleton immer wieder vor den Kopf. So ist die Biographie des Kishon-Erfolgs nicht nur ein frühes Beispiel für einen deutschen Umgang mit israelischer Politik und Literatur, der bis heute im Zentrum der Debatten um Antisemitismus, Israel-Kritik, die Kulturbürokratie und BDS-Initiativen ('Boycott, Divestment and Sanctions') steht. Ausgehend von Kishons autobiographischen Berichten, den Erinnerungen von Zeitzeugen und Weggefährten sowie mit Hilfe von Presseartikeln und zahlreichen unveröffentlichten Archivquellen erzählt das Buch Kishons Erfolgsgeschichte im Spannungsfeld von Literatur, Humor und Politik, folgt den literarischen Spuren des Autors vom kommunistischen Ungarn der Nachkriegszeit, über die Anfangsjahre des Staates Israel bis in die 'alte' Bundesrepublik und sogar in die DDR. Dabei entzieht sich die Erzählung dem Zwang der biographischen Chronologie, sondern behandelt in 15 szenischen Kapiteln die Grundfragen, um die sich Kishons Leben drehte: das Verhältnis zu seiner Herkunft und seine Rolle als Fremder, die Beziehungen zwischen humoristischer Literatur und Politik, die Rolle des Erfolgs, der öffentlichen Anerkennung und des privaten Glücks.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783784485027
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum19.08.2024
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse5091 Kbytes
Artikel-Nr.17196320
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



»Meine Masseneinwanderung« - Oder: Wie wird man Israeli?

Gott sei Dank haben meine Bücher keinen Akzent. 29

Ephraim Kishon

Tel Aviv, im Frühjahr 1952: Eine eigene Kolumne in der auflagenstärksten Zeitung des Landes, jeden Tag und ab sofort. Für den jungen Mann war der Vorschlag des Chef­redakteurs ein Angebot, das man nicht ablehnen konnte. Und wie reagierte er? Mit einer Entschuldigung: »Pardon, nix verstehen, was du jetzt gesagen.« 30 Der Chefredakteur hielt die fehlerhafte Sprache für einen guten Scherz und brach in Gelächter aus. Der junge Autor ließ ihm den Glauben, lachte leise mit - und nahm das Angebot an, das sein Leben verändern sollte. Er wird diese Kolumne rund dreißig Jahre lang schreiben, diese Texte werden in Büchern erscheinen, zuerst auf Hebräisch, dann auf Englisch, auf Deutsch, später auch auf Französisch, Spanisch, Koreanisch, auf Filipino und auf Ungarisch, auf Japanisch und auf Türkisch - insgesamt in 38 Sprachen -, sie werden ihm Literaturpreise und Ehrungen einbringen und sich millionenfach auf der ganzen Welt verkaufen. Doch all das weiß er noch nicht, all das kann er an diesem Tag im Frühjahr 1952 noch gar nicht wissen, als der Chefredakteur der Zeitung ­­Maariv ihm, dem Neueinwanderer aus Ungarn, der immer noch unter dem Namen »Kishont Ferenc« schreibt, die Spalten seiner Abendzeitung öffnet und damit den Grundstein für die Karriere eines der erfolgreichsten israelischen Journalisten legt. 31 Denn: Erst als Autor der täglich in ­Maariv erscheinenden Kolumne wird der Neueinwanderer Kishont zu jenem Ephraim Kishon, der mit seinem humoristischen Blick auf die israelische Einwanderungsgesellschaft der frühen Fünfzigerjahre zur Erfindung eines neuen Humors israelischer Art beitrug - und dabei selbst zum Israeli wurde, indem er seine sprachliche Unterlegenheit in ein gemeinsames Lachen verwandelte.

Wie kam es dazu? Ein Rückblick: Drei Jahre zuvor, am 16. Juni 1949, war in der Zeitung Új Kelet (zu Deutsch: Neuer Osten), dem Blatt der ungarischen Community in Israel, die kurze Satire Segítenek a rokonok (»Die Verwandten helfen«) erschienen. Das Thema: die ersten Lektionen eines Neueinwanderers in Sachen Israelisch-Sein und die Frage, ob und wie man sich vor der Sonne zu schützen habe. 32

Wenige Wochen zuvor, im Mai 1949, war Kishont selbst als Neueinwanderer im Hafen von Haifa angekommen. Gemeinsam mit seiner Frau Eva Klamer, einer gebürtigen Wienerin, war er aus Budapest geflohen und über Bratislava, Wien und Italien schließlich mit der Galila nach Israel gekommen. Die ersten Wochen verbrachte das Paar in einem Auffanglager für Neueinwanderer, die den jungen Staat, der sich gerade in einem Unabhängigkeitskrieg gegen die arabischen Nachbarstaaten behauptet hatte, zu Hunderttausenden erreichten. Das erste Zuhause für die Neuankömmlinge war zumeist das nahe Haifa gelegene größte Auffanglager des Landes: Sha´ar HaAliya - das »Tor zur Einwanderung« oder wörtlich »Das Tor zum Aufstieg«, wie die Einwanderung nach Israel genannt wird. Es war ein Camp aus Wellblechhütten und Zelten, eine erste Station, um die Neuankömmlinge zu registrieren und medizinisch zu untersuchen, errichtet für 5000 Menschen - und hoffnungslos überfüllt. »In einem Holzverschlag, von dessen Decke eine nackte elektrische Birne herabhing und vor dem sich die Einwanderer zu einer Schlange formierten, saß hinter einem wackeligen Tisch ein an seiner Khaki-Uniform und an seinem Jiddisch kenntlicher Einwanderungsbeamter, der alsbald mit den Formalitäten begann. Uns alle überkam große Erregung und Erschütterung. Schließlich war es das erstemal, daß wir in unserer neuen Heimat Schlange standen.« 33 Hier sei, folgt man Kishons Lebenserzählung, der ungarische Jude Ferenc Kishont zum Israeli Ephraim ­Kishon geworden, wenn auch vorerst nur auf dem Papier. Hier habe ein Einwanderungsbeamter entschieden, das »t« zu tilgen, sodass aus dem ungarischen Kishont der Familienname Kishon wurde - nach dem gleichnamigen Fluss, der in den Bergen des nördlichen Samaria entspringt und bei Haifa ins Mittelmeer mündet. Den Ferenc habe der Beamte - so hat es Kishon oft erzählt - kurzerhand zum Ephraim gemacht. » Nicht Ephraim, bitte! Ferenc!  - » Einen solchen Namen gibt es nicht. Der Nächste! « 34

Die Hebräisierung der Diaspora-Namen galt im vorstaatlichen Israel und besonders nach der Staatsgründung als ein Zeichen der Identifikation mit dem jüdischen Staat und als Abwendung von der durch Verfolgung und Vernichtung geprägten Vergangenheit. So gaben Tausende Israelis - wie von staatlichen Stellen implizit gefordert - ihren Namen einen hebräischen Klang und orientierten sich dabei oft an geographischen Orten des neuen Staates, um ihre Verbindung mit dem Land Israel zu zeigen. Im Gegensatz zu diesen freiwilligen Namensänderungen wurde den ab 1948 ins Land strömenden Neueinwanderern von den Einwanderungsbeamten oft ungefragt ein neuer Name verpasst. Für Ferenc Kishont alias Ephraim Kishon wurde aus dieser üblichen Praxis die Story einer bürokratischen Taufe, einer Erzählung von Neugeburt und Neuanfang. Ob es sich tatsächlich so ereignet hat? Die Autorin dieser Zeilen wäre nicht die Erste, die daran Zweifel hegt. Ein Journalist in der damaligen DDR bemerkte 1986: »(...) bei einem Satiriker sind solche Angaben immer mit Vorsicht zu genießen«, gerade weil ein Teil seiner Satiren die »bürokratischen Umtriebe in seinem Lande« zum Thema gemacht habe. 35 Hinzu kommt: Erst ab 1951 trat der Autor mit seinen ersten hebräischen Texten als Ephraim Kishon an die Öffentlichkeit. Zuvor hatte er auch in Israel unter dem Namen Ferenc Kishont publiziert. Dazu später mehr. Wie es auch gewesen sein mag: Mit der Erzählung von Ankunft und Namensgebung hat Kishon nicht nur eine bürokratische Praxis des jungen israelischen Staates in seine Lebensgeschichte integriert, sondern auch die Rolle des Auffanglagers als einem Ort der Wandlung und des Neubeginns betont. Hier wurden die Neueinwanderer zu Israelis, von hier aus veränderten sie ihrerseits ihre neue Heimat. 36 Denn dem Neueinwanderer aus Ungarn offenbarten sich unter den Nissendächern und in den provisorischen Zeltlagern nicht nur die Herausforderungen und Probleme der Masseneinwanderung nach Israel in den ersten vier Jahren nach der Staatsgründung 1948. Indem er seine Erfahrungen und Erlebnisse in Form satirischer Geschichten verarbeitete, erschuf er einen Humor, der zum Identifikations- und Integrationsinstrument der neuen und alten Israelis wurde. Die überforderte Bürokratie, die Überfüllung der Lager, die Konflikte zwischen den Neuangekommenen und den Staatsbediensteten und schließlich das Aufeinandertreffen der so unterschiedlichen Kulturen und Lebensweisen: Das war, was der aus dem bürgerlichen Budapest kommende Ferenc ­Kishont beobachtete, der sich nun gemeinsam mit seiner Frau die Behausung im Durchgangslager mit einer Großfamilie aus Marokko teilte. Deren »Geschrei« - so erinnert sich Kishon später - sei »ohren­betäubend« gewesen, »gleichgültig ob sie von ihrem Vater verprügelt oder liebkost« worden seien. 37 Diese marokkanische Familie gehörte zu den rund 520 000 Einwanderern, die Israel als sogenannte »Mizrahim« erreichten, als Juden aus Nordafrika, aus dem Irak, dem Iran, dem Jemen und der Türkei und Indien, die sich durch ihre traditionellere Lebensweise, ihre Religiosität und ihren Kinderreichtum auszeichneten. Bei der Staatsgründung Israels waren sie aus ihren Heimatländern vertrieben worden. In den Durchgangslagern trafen sie auf Einwanderer aus Süd- und Nordamerika und auf die Überlebenden des Holocaust, die zu Tausenden Deutschland und Europa verließen, viele aus zionistischer Überzeugung, aber vor allem auch aus weltpolitischen Gründen. Wie Ferenc Kishont. Rund 300 000 Überlebende aus den osteuropäischen Staaten, die im Europa der Nachkriegszeit in den kommunistischen Einflussbereich geraten waren, sahen dort keine Zukunft. »Vaterland und Muttersprache, eine ausgezeichnete gesellschaftliche Stellung, ein recht ansehnliches Einkommen«: Dies alles, so erinnerte sich Kishon später, hatten er und seine damalige Frau Eva Klamer zurücklassen müssen, um »in die Wüste, ins Ungewisse« zu gehen. »Nur der Kommunismus machte so ein Wunder möglich.« 38

Die Einwanderungswelle ab 1948/49 wurde zur Bewährungsprobe für den jungen Staat Israel, der innerhalb von vier Jahren fast eine Million Menschen aufnahm. Damit wandelte sich auch dessen Bevölkerungsstruktur. Das von den aus Mitteleuropa stammenden zionistischen Pionieren und deutschen Emigranten geprägte vorstaatliche Israel sah sich nun einer Mehrheit von Einwanderern gegenüber, die großenteils weder zionistisch gesinnt noch im Lande geboren worden waren. Wo sollten diese Menschen wohnen? In welchen Berufen sollten sie arbeiten? Wie sollte man sie ernähren? Kurz gesagt: Wie sollten diese Neuankömmlinge Israelis werden? Der Unabhängigkeitskrieg war noch nicht ausgefochten, als die israelische Regierung im April 1949 - kurz vor Kishons Ankunft in Israel - mit einer...

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