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Die Illusion der Materie

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
C.H. Beckerschienen am21.08.2024
Auf die Frage, was die Welt im Innersten zusammenhält, gibt die moderne Naturwissenschaft eine eindeutige Antwort: Materie. Aus Materie sind wir gemacht, wir bewegen uns auf ihr, wir formen sie zu Tausenden von Objekten. Doch was, wenn sich die Stabilität von Materie als Illusion erweist, wie jüngste Erkenntnisse nahelegen? In seiner unnachahmlichen Mischung aus avancierter Physik, Geschichten und Popkultur vergegenwärtigt Tonellis so kurzes wie atemberaubendes Buch diesen für das Denken unserer Zeit konstitutiven Zusammenbruch vermeintlich bewährter Grundlagen. Als es Guido Tonelli und anderen führenden Physikern im Jahr 2012 gelang, das Higgs-Boson nachzuweisen, war das mit der Hoffnung verbunden, endlich das Teilchen gefunden zu haben, das allen anderen Teilchen Masse verleiht. Wenn Materie stabil ist und dem Vergehen widersteht, so sollten wir das diesem Teilchen verdanken. Doch das Gegenteil trat ein. Wie schon im Fall der fortschrittlichsten physikalischen Theorie, der Quantenmechanik, ohne deren Annahmen es kein einziges Smartphone gäbe, löste sich die Materie buchstäblich auf: als sei alles, aber auch wirklich alles, nichts weiter als das Ergebnis eines Spiels zufälliger Fluktuationen. Tonellis so kurzes wie atemberaubendes Buch bringt uns dieses Ergebnis der modernen Physik mit einer Fülle auch außerphysikalischer Beispiele nahe: vom Tod seines Großvaters, der mitten im Krieg Opfer eines Verkehrsunfalls in einer menschenleeren Gegend wurde, bis zur Entstehung von «Money», dem berühmten Song von Pink Floyds LP mit dem sprechenden Titel «The Dark Side of the Moon».

Guido Tonelli ist experimenteller Physiker am CERN in Genf, Professor an der Universität Pisa und ein italienischer Bestsellerautor von erzählenden Sachbüchern. Er war in leitender Stellung an der Entdeckung des Higgs-Bosons beteiligt.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
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Produkt

KlappentextAuf die Frage, was die Welt im Innersten zusammenhält, gibt die moderne Naturwissenschaft eine eindeutige Antwort: Materie. Aus Materie sind wir gemacht, wir bewegen uns auf ihr, wir formen sie zu Tausenden von Objekten. Doch was, wenn sich die Stabilität von Materie als Illusion erweist, wie jüngste Erkenntnisse nahelegen? In seiner unnachahmlichen Mischung aus avancierter Physik, Geschichten und Popkultur vergegenwärtigt Tonellis so kurzes wie atemberaubendes Buch diesen für das Denken unserer Zeit konstitutiven Zusammenbruch vermeintlich bewährter Grundlagen. Als es Guido Tonelli und anderen führenden Physikern im Jahr 2012 gelang, das Higgs-Boson nachzuweisen, war das mit der Hoffnung verbunden, endlich das Teilchen gefunden zu haben, das allen anderen Teilchen Masse verleiht. Wenn Materie stabil ist und dem Vergehen widersteht, so sollten wir das diesem Teilchen verdanken. Doch das Gegenteil trat ein. Wie schon im Fall der fortschrittlichsten physikalischen Theorie, der Quantenmechanik, ohne deren Annahmen es kein einziges Smartphone gäbe, löste sich die Materie buchstäblich auf: als sei alles, aber auch wirklich alles, nichts weiter als das Ergebnis eines Spiels zufälliger Fluktuationen. Tonellis so kurzes wie atemberaubendes Buch bringt uns dieses Ergebnis der modernen Physik mit einer Fülle auch außerphysikalischer Beispiele nahe: vom Tod seines Großvaters, der mitten im Krieg Opfer eines Verkehrsunfalls in einer menschenleeren Gegend wurde, bis zur Entstehung von «Money», dem berühmten Song von Pink Floyds LP mit dem sprechenden Titel «The Dark Side of the Moon».

Guido Tonelli ist experimenteller Physiker am CERN in Genf, Professor an der Universität Pisa und ein italienischer Bestsellerautor von erzählenden Sachbüchern. Er war in leitender Stellung an der Entdeckung des Higgs-Bosons beteiligt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783406821998
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Verlag
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum21.08.2024
SpracheDeutsch
Dateigrösse560 Kbytes
Artikel-Nr.17204986
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Prolog

Posara, Toskana, 11. August 1945


Jetzt hatte er die Steigungen hinter sich. Blieb nur noch die abschüssige Strecke, die von Moncigoli ins Dorf hinabführte. Er konnte es kaum erwarten, allen die große Neuigkeit zu verkünden. Er und sein Schwager Attilio, der beste Mechaniker der Stadt, hatten eine Wohnung gefunden und sogar schon eine Miete vereinbart.

Sie lag im Zentrum von La Spezia, in einem Bürgerhaus an der Ecke zwischen dem Corso Cavour und der Via di Monale. Schön und ausreichend groß, bot sie zwei Familien Platz: neun Personen insgesamt und dazu das Baby, das seine Frau Anita erwartete. Irgendwie mussten alle in den drei Schlafzimmern unterkommen: Das Wohnzimmer würde als Schneideratelier dienen. Jetzt, da der Krieg zu Ende war, ging es wieder an die Arbeit. Wenn alles gut lief, würden sie bald einige Näherinnen einstellen müssen.

Auf der Fahrt ins Tal trat er nur leicht in die Pedale, und die Backenbremsen seiner robusten Atala, die ihn durch diese schwierigen Jahre getragen hatte, funktionierten absolut zuverlässig in jeder Kurve. Er war auf dem Rückweg nach Posara, dem Ortsteil von Fivizzano, in den sich die Familie zurückgezogen hatte, um den Krieg zu überleben. Die rund vierzig Kilometer von La Spezia, wohin er am frühen Morgen aufgebrochen war, hatte er zügig hinter sich gebracht. So oft, wie er die Strecke gefahren war, kannte er jede Biegung auswendig.

Dieses schwarze Fahrrad mit dem Kettenschutzblech, der Klingel mit dem Wappen im Druckguss und dem Dynamo, der Fahrten auch bei Dunkelheit ermöglichte, hatte entscheidend dazu beigetragen, die Familie wirtschaftlich über Wasser zu halten. In den umliegenden Dörfern musste immer wieder ein Bauer einen zerschlissenen Mantel umändern oder ein Loch in einem Jackett für eine Hochzeit stopfen lassen. Dann eilte er los und kam mit Eiern oder einer Flasche Milch zurück. Alle kannten den Schneider, der durch die Dörfer radelte.

Rasch dienten seine Fahrten auch als ideale Tarnung, um für die in der Gegend operierenden Partisaneneinheiten Kurierdienste zu leisten. Wenn er am Abend vor einer Übergabe einen Zettel überreicht bekam, musste er nur seinen Fahrradsattel abmontieren und die Nachricht tief ins Stützrohr hineinstopfen. Bei Gelegenheit las er die Mitteilung, verstand aber nichts: manchmal chiffrierte Sätze, die meldeten, dass Kolonnen von Nazis oder Faschisten aus Massa anrollten, um Razzien durchzuführen, oder nur Daten und Zahlen, also Koordinaten von bewaffneten Stützpunkten und Versorgungslinien der Alliierten für die Partisanen.

Der Schneider hatte Glück. Er wurde nie verraten oder entdeckt. Bei mehreren Gelegenheiten konnte er sogar seinen Bruder Giuseppe in die Arme schließen, der in einer Partisanenabteilung der Garibaldi-Brigade «Apuania» als politischer Kommissar diente. Giuseppe schenkte ihm eine Luger P08 mit Projektilen des Kalibers 9 Parabellum. Er hatte sie einem Wehrmachtssoldaten abgenommen, der in einem Feuergefecht umgekommen war. Der Schneider hasste Waffen: Als er nach Posara zurückradelte, verfolgte ihn die panische Angst, an der ersten Straßensperre von den Schwarzen Brigaden angehalten und erschossen zu werden. Aber alles lief glatt. Wieder zu Hause, suchte er für die Pistole ein sicheres Versteck. Er wickelte sie in einen ölverschmierten Lappen, ließ sie im Stall unter dem Fresstrog der Kühe verschwinden, wo das meiste Stroh lag, und rührte sie nie wieder an.

Nach Posara war er mit der gesamten Familie Anfang 1942 geflohen, nachdem klar geworden war, dass die Schneidergeschäfte endgültig zum Erliegen kamen. Im Krieg bestellte niemand mehr ein neues Kleidungsstück. In La Spezia war nichts Essbares mehr aufzutreiben, und falls doch, war es zu teuer. Er hatte fünf Mäuler zu stopfen und durfte kein Risiko eingehen. So verschlug es die Familie aufs Land, ins Heimatdorf seines Vaters, der wenige Jahre zuvor gestorben war, und wo seine Brüder mit ihren Familien noch lebten. Sie luden ein paar brauchbare Dinge aus dem Haushalt auf einen Karren und zogen los, um sich allesamt in einem hergerichteten Raum über dem Stall einzuquartieren: In dieser Art Schober brachten sie den wuchtigen Schneidertisch, ein mobiles Waschbecken und drei Betten für je zwei Personen unter. Ein Kaminofen in der Mitte diente zum Kochen und Aufwärmen. Um ihre Notdurft zu verrichten, gingen sie zu der kleinen Holzbaracke im Freien, in der Jauche zum Düngen des Gemüsegartens gesammelt wurde.

Das Bauernhaus war armselig, im Winter herrschten am Fuß des Apennins eisige Temperaturen, aber die Eichenwälder ums Dorf boten reichlich Brennholz. In höheren Lagen wurden im Herbst Kastanien gesammelt, um sie zu trocknen und zu Mehl zu verarbeiten. Was noch fehlte, lieferte das Vieh: drei Kühe und eine Schweinefamilie, Hasen und Hühner. Auf den Feldern und in den Gärten wuchsen Kartoffeln, Mais, Bohnen, Kohl und anderes Gemüse. In der Erntezeit kam viel Obst auf den Tisch. Alle hatten insgesamt ein hartes Leben, aber hungern musste niemand.

Ungefähr einmal im Monat kehrte der Schneider nach La Spezia zurück. Er holte die Lebensmittelkarten für die Familie ab und tauschte Erzeugnisse vom Land gegen Pakete mit Mehl oder Nudeln ein. Bei der Gelegenheit brachte er seiner Schwiegermutter Giulia einen Vorrat an Lebensmitteln vorbei. Durchsetzungsstark und stur, hatte Giulia nichts davon wissen wollen, mit der Familie nach Posara zu fliehen.

Alle Mühen, sie zu überreden, waren vergebens. Sie blieb allein in einem lichtlosen, tristen Keller in der Via Napoli zurück, überzeugt, dass einer alten Frau wie ihr eigentlich nichts Schlimmes widerfahren könne. Sie war seit vielen Jahren Witwe und hatte sich an ein völlig unabhängiges Leben gewöhnt. In ihren welken Gesichtszügen spiegelten sich noch letzte Reste ihrer einstigen Schönheit. Immer lächelnd, verließ sie ihr Haus nur perfekt geschminkt. Vor der Ausgangssperre kehrte sie manchmal in Begleitung eines älteren Verehrers zurück. Giulia verzichtete lieber auf Essen als auf ihren Lippenstift.

Wenn ihr Schwiegersohn kam, war sie immer in Feierlaune, weil er Käse und frische Eier mitbrachte oder ihr sogar aus alten Leintüchern eine neue Bluse genäht hatte. Und er erzählte Neuigkeiten von Anita, Giuliano, Marisa und den anderen Kindern.

Nicht einmal der 19. April 1943, an dem über La Spezia die Hölle hereinbrach, brachte Giulia aus der Fassung. In diesen Tagen warfen britische Bomber - 173 Lancaster und 5 Halifax - mehr als 1300 Tonnen Sprengkörper ab, um die Marinebasis und die große Reparaturwerft für die Militärflotte zu zerstören. Stattdessen verwüsteten sie vor allem die Altstadt. Über einhundertzwanzig Menschen starben, und fast tausend wurden verletzt.

Getroffen wurde auch das Gebäude, in dem Giulia wohnte, aber sie kam auf wundersame Weise davon. Rettungsmannschaften bargen sie aus ihrem Keller, mitsamt einem alten Freund. Als die Sirenen losgeheult hatten, waren sie nicht zum Bunker gerannt. Viele Jahre später sollte Giulia gestehen, dass sie den Alarm nicht gehört hatten, weil ihr Freund mit einer Flasche Wein gekommen war, der letzten, die er in seinem Keller gefunden hatte, obwohl er doch gedacht hatte, alle seien längst weg ...

All dies ging dem Schneider durch den Kopf, als er durch die letzten Kurven fuhr. Beim Gedanken an Giulias Extravaganz lächelte er in sich hinein. Dass die Familie jetzt in die Stadt, seine Stadt, zurückkehren würde, machte ihn glücklich. Anita und die Kinder würden es mit Freuden aufnehmen. Für alle begann ein neues Leben.

Die fünf Kriegsjahre waren entsetzlich gewesen. Vor allem in der Endphase hatten überall in der Gegend die blutrünstigen SS-Truppen Walter Reders und die Schwarzen Brigaden aus Massa Massaker verübt. Im Sommer 1944 hatten sie erst in Sant´Anna di Stazzema, dann in Vinca und in Dutzenden weiteren umliegenden Dörfern über achthundert Alte, Frauen und Kinder ermordet. Für seinen ältesten Sohn Giuliano war die Lage zu gefährlich geworden. An Weihnachten 1944 überquerte er in der Dunkelheit die Frontlinie und schloss sich den Amerikanern an.

Auch er, der Schneider, sollte zum Glück mit heiler Haut davonkommen, als ihn Soldaten der X. MAS-Flottille, einer Spezialeinheit der italienischen Marine, anhielten: Am 20. Januar war er auf dem Rückweg mit dem Fahrrad von einer Fahrt nach La Spezia, als er in eine ...
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Guido Tonelli ist experimenteller Physiker am CERN in Genf, Professor an der Universität Pisa und ein italienischer Bestsellerautor von erzählenden Sachbüchern. Er war in leitender Stellung an der Entdeckung des Higgs-Bosons beteiligt.