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Die geheimen Archive des Vatikan

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
C.H. Beckerschienen am21.08.2024
85 Kilometer Akten aus über tausend Jahren: Die Vatikanischen Archive sind die größten und ältesten der Welt. Vieles ist unzugänglich. Niemand darf frei herumstöbern. Hubert Wolf zeigt in seinem fesselnden Buch, wie man hier mit detektivischem Spürsinn Entdeckungen machen kann, die hinter die Kulissen von Tradition und Unfehlbarkeit blicken lassen. Von der rätselhaften Haltung des Papstes zum Holocaust über vergessene mächtige Frauen bis zu verborgenen Missbrauchsskandalen lässt er uns an Tiefenbohrungen in den Archiven teilhaben, die unser Bild von der Kirche nachhaltig verändern. Hubert Wolf ist mit Aufsehen erregenden Funden und Forschungen in den Vatikanischen Archiven international bekannt geworden. Er hat verstörende Skandale aufgedeckt - etwa Missbrauch und Mord im römischen Nonnenkloster Sant`Ambrogio - und die Hintergründe folgenreicher Entscheidungen erhellt, etwa zu Bücherverboten und Inquisitionsverfahren, zum Zölibat und zum Unfehlbarkeitsdogma und nicht zuletzt zur Haltung des Vatikan zu Nationalsozialismus und Holocaust. Warum hat der Papst geschwiegen? Hat er das überhaupt? Was wusste er? Die jüngste Freigabe der Akten aus dem Pontifikat Pius' XII. gibt Aufschluss: Hubert Wolf hat Tausende anrührende Bittbriefe von Juden an den Papst gefunden, deren Weg durch die vatikanischen Instanzen ermessen lässt, welche Informationen aus erster Hand in Rom landeten und wie man darauf reagierte. Das Buch beginnt mit diesen neuesten Funden. Von hier aus führt uns Hubert Wolf kundig und voller Überraschungen durch das Labyrinth der Archive, die noch längst nicht alle Geheimnisse preisgegeben haben.

Hubert Wolf ist Professor für Kirchengeschichte an der Universität Münster. Für seine Forschungen und Publikationen wurde er vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Leibniz-Preis der DFG, dem Communicator-Preis und dem Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa und der Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR26,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
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E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR19,99

Produkt

Klappentext85 Kilometer Akten aus über tausend Jahren: Die Vatikanischen Archive sind die größten und ältesten der Welt. Vieles ist unzugänglich. Niemand darf frei herumstöbern. Hubert Wolf zeigt in seinem fesselnden Buch, wie man hier mit detektivischem Spürsinn Entdeckungen machen kann, die hinter die Kulissen von Tradition und Unfehlbarkeit blicken lassen. Von der rätselhaften Haltung des Papstes zum Holocaust über vergessene mächtige Frauen bis zu verborgenen Missbrauchsskandalen lässt er uns an Tiefenbohrungen in den Archiven teilhaben, die unser Bild von der Kirche nachhaltig verändern. Hubert Wolf ist mit Aufsehen erregenden Funden und Forschungen in den Vatikanischen Archiven international bekannt geworden. Er hat verstörende Skandale aufgedeckt - etwa Missbrauch und Mord im römischen Nonnenkloster Sant`Ambrogio - und die Hintergründe folgenreicher Entscheidungen erhellt, etwa zu Bücherverboten und Inquisitionsverfahren, zum Zölibat und zum Unfehlbarkeitsdogma und nicht zuletzt zur Haltung des Vatikan zu Nationalsozialismus und Holocaust. Warum hat der Papst geschwiegen? Hat er das überhaupt? Was wusste er? Die jüngste Freigabe der Akten aus dem Pontifikat Pius' XII. gibt Aufschluss: Hubert Wolf hat Tausende anrührende Bittbriefe von Juden an den Papst gefunden, deren Weg durch die vatikanischen Instanzen ermessen lässt, welche Informationen aus erster Hand in Rom landeten und wie man darauf reagierte. Das Buch beginnt mit diesen neuesten Funden. Von hier aus führt uns Hubert Wolf kundig und voller Überraschungen durch das Labyrinth der Archive, die noch längst nicht alle Geheimnisse preisgegeben haben.

Hubert Wolf ist Professor für Kirchengeschichte an der Universität Münster. Für seine Forschungen und Publikationen wurde er vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Leibniz-Preis der DFG, dem Communicator-Preis und dem Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa und der Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783406821967
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Verlag
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum21.08.2024
SpracheDeutsch
Dateigrösse556 Kbytes
Artikel-Nr.17205243
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



EINLEITUNG
NADELN IM HEUHAUFEN


Das Archivio Vaticano. Einer von Robert Langdons Lebensträumen wurde wahr. ... Das Bild, das er sich im Lauf der Jahre von diesem Raum gemacht hatte, hätte unzutreffender nicht sein können. Langdon hatte sich staubige Bücherregale vorgestellt, die von alten, zerfledderten Folianten überquollen, Priester, die bei Kerzenlicht die Bestände katalogisierten, Bleiglasfenster und Mönche mit Federkielen über Schriftrollen ... was nicht einmal annähernd der Wirklichkeit entsprach. Auf den ersten Blick erschien der Raum wie ein dunkler Flugzeughangar, in dem jemand ein Dutzend freistehender Racquetballfelder mit gläsernen Wänden gebaut hatte .... Es waren Büchertresore, hermetisch gegen Feuchtigkeit und Wärme isoliert, luftdichte Kammern, die verhindern sollten, dass das alte Papier und Pergament noch weiter zerfiel. Sie zu betreten war wegen des dort herrschenden Unterdrucks und des geringen Sauerstoffgehalts lebensgefährlich, wenn nicht von außen ein fremder Bibliothekar die Sauerstoffzufuhr regulierte.[1]

Wer im Vatikanischen Geheimarchiv nicht wie Robert Langdon staubige Regale erwartet, wird diese berühmte Darstellung in Dan Browns Thriller Illuminati glaubwürdig finden - doch auch sie könnte unzutreffender nicht sein. Schon die famosen Büchertresore gehören schlicht in eine Bibliothek, Aktensafes wären für ein Archiv angemessener. In einem hat Dan Brown jedoch recht: Wer im Vatikanischen Archiv arbeiten darf, für den wird ein Lebenstraum wahr. Wer einmal die Droge Archivio Segreto Vaticano inhaliert hat, der muss immer wieder hin. Die Bannandrohungsbulle gegen Martin Luther in Händen zu halten, in der Registerüberlieferung Gregors VII. zu blättern und hier auf den berühmten Dictatus Papae von 1075 zu stoßen oder die Inquisitionsakten gegen Galileo Galilei vor sich zu sehen, lässt das Herz jeder Historikerin und jedes Historikers höherschlagen. Existiert für eine deutsche Stadt eine Urkunde aus dem elften Jahrhundert, ist man schon glücklich. In Rom aber hat man in dieser Zeit die ein- und ausgehende Korrespondenz Tag für Tag vor sich.

Das Vatikanische Archiv ist das einzige Archiv auf der Welt, das man nur durch täglichen Grenzübertritt mit einem Visum betreten kann. Forscherinnen und Forscher müssen jeden Tag über die Porta Santa Anna, wo sich der offizielle Grenzübergang befindet, von der Republik Italien in den Kirchenstaat, die Città del Vaticano, einreisen, um zum Eingang des Archivs im Cortile del Belvedere zu kommen. Dort muss man seine Tessera abgeben, oder - falls man noch keinen Benutzerausweis hat - sich einen ausstellen lassen. Dann bekommt man einen Schlüssel für die Garderobe. Dessen Nummer ist auch für die Bestellung von Akten an diesem Tag anzugeben.

Das Vatikanische Archiv ist nicht ganz einfach zu benutzen, manchmal geradezu mühsam. Inventare im Internet wie bei deutschen Staatsarchiven gibt es nicht. Man muss vor Ort in der Sala degli Indici, einem separaten Saal, in dem alle «Findmittel» in Regalen aufgereiht sind, auf speziellen PCs die PDFs der Inventare durchsuchen oder die handschriftlichen und getippten Repertorien wälzen. Die neueren Findbücher sind sehr präzise und umfassend, für manche Bestände existieren zum Teil aber nur summarische oder auch gar keine Übersichten. Oft erfährt man lediglich, dass eine tausend Blatt umfassende Schachtel «Affari diversi» enthält, was alles und jedes bedeuten kann. Manchmal juckt es einen einfach im kleinen Finger und intuitiv bestellt man den richtigen Bestand.

Vor allem aber muss man die Geschäftsgänge der Kurie, ihre einzelnen Behörden, Sekretariate und Kongregationen und die Ablagepraxis der jeweiligen Archivare im entsprechenden Untersuchungszeitraum genau kennen oder sich erst mühsam erarbeiten, um die richtigen Akten in den Lesesaal zu bestellen und sein Thema durch alle Stationen hindurch zu verfolgen. Das hat viel mit Kriminalistik zu tun. Durch die falsche Kombination von Indizien kann man leicht in die Irre geleitet werden. Dann war tagelange Arbeit umsonst. Manchmal kommt man sich vor wie Heinrich Schliemann beim Ausgraben von Troja. Man braucht eine ganze Reihe stratigraphischer Gräben, um die Goldader in einem bislang unbekannten Bestand aufzuspüren - oder eben auch nicht. Manchmal blättert man tagelang den Inhalt von Schachteln durch und siebt nur Sand. Und wenn man Glück hat, findet man es doch, das gesuchte Nugget, das oft recht unscheinbar daherkommt, aber zu glänzen beginnt, wenn man es am Ärmel des Jacketts reibt. Aber selbst wenn der große Fund zur eigenen Fragestellung ausbleibt, finden sich im Sand so viele andere interessante Spuren, dass man sich leicht ablenken lässt - und nicht selten ein ganz neues, völlig unerwartetes Thema entdeckt. Dann hat man nicht die Nadel im Heuhaufen gefunden, die man gesucht hat, dafür aber eine ganz andere.

Im Lesesaal gibt es rund siebzig Arbeitsplätze für die Forscherinnen und Forscher aus der ganzen Welt. Um die raren Plätze muss man sich lange im Voraus bemühen. Es gibt Steckdosen für Laptops an jedem Arbeitsplatz, Kugelschreiber und Füllhalter sind zum Schutz der Akten verboten, handschriftliche Notizen darf man nur mit Bleistift machen, einen Spitzer mitzunehmen, ist daher unbedingt empfehlenswert.

Im Cortile della Pigna, dem Innenhof zwischen dem Vatikanischen Archiv und der BAV, der Biblioteca Apostolica Vaticana, wird in einer aufgelassenen Kapelle in einer Cafeteria einer der besten Cappuccini Roms serviert, lebenswichtige Koffeinzufuhr, um viele Stunden anstrengender Archivarbeit mit Quellen in den unterschiedlichsten Sprachen und anspruchsvollen paläographischen Herausforderungen aller Art ohne Schaden an Leib und Seele zu überstehen. Zugleich ist diese Bar der wichtigste Treffpunkt für die Forscherinnen und Forscher. Hier wurde schon manches internationale Symposion und manche transatlantische Kooperation vereinbart.

Nach der Stärkung in der Bar wendet man sich wieder den etwa fünfundachtzig laufenden Kilometer Akten zu. Die Quellenmassen sind wahrlich immens. Die ältesten reichen ins achte Jahrhundert zurück. Auch wenn es schon vorher Sammlungen von Quellen gab, wurde das eigentliche Vatikanische Archiv erst von Paul V. im Jahr 1612 im Apostolischen Palast errichtet. Dazu wurden zunächst verstreute Archivmaterialien aus der Biblioteca Segreta der Engelsburg und der Apostolischen Kammer in das Vatikanische Archiv übertragen, das seither Jahr für Jahr durch Abgaben aus den verschiedenen Registraturen der kurialen Behörden wächst.

Das Archiv diente zunächst nur als interne Quellensammlung der Päpste. Erst 1880 wurde es der Forschung zugänglich gemacht, zunächst nur die mittelalterlichen Bestände, dann folgten immer mehr Archivalien aus Reformation und Früher Neuzeit. Seither hat sich die Praxis eingebürgert, dass die Päpste in chronologischer Reihenfolge immer wieder neue Bestände öffnen. Dabei werden jeweils alle Akten eines Pontifikats, vom ersten Regierungstag eines Papstes bis zu seinem letzten, zugänglich - ohne Unterscheidung der Quellengattungen. So machten zuletzt Johannes Paul II. 2003 und 2006 alle Akten Pius´ XI. (1922-1939) der Forschung zugänglich; 2020 folgte durch Franziskus die Apertura der Quellen des Pontifikats Pius´ XII. (1939-1958). Allein für das Pontifikat dieses Papstes gibt es rund vierhunderttausend Schachteln mit bis zu eintausend Blatt. Dass bestimmte Quellengattungen nach Ablauf einer Frist automatisch zugänglich werden, wie in deutschen Archiven meist üblich, ist im Vatikanischen Archiv nicht vorgesehen.

Die Erlaubnis, das Archiv konsultieren zu dürfen, hängt nicht - wie vielfach kolportiert - vom katholischen Taufbuch ab, sondern von der wissenschaftlichen Qualifikation des Antragstellers und der Empfehlung eines ausgewiesenen Wissenschaftlers. Katholiken arbeiten hier neben Protestanten, Agnostiker neben Muslimen. Priester und Nonnen bilden eher eine Minderheit.

Ein «Geheimarchiv» gibt es übrigens nicht nur im Vatikan. Segreto, «geheim», meint schlicht «privat» im Gegensatz zu einem öffentlichen kommunalen oder staatlichen Archiv. Das «Geheimarchiv» des Papstes ist also die Privatsammlung des Kirchenoberhaupts, so wie das Geheime Hausarchiv der Wittelsbacher in München das «private» Archiv dieser Adelsfamilie ist. ...
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Autor

Hubert Wolf ist Professor für Kirchengeschichte an der Universität Münster. Für seine Forschungen und Publikationen wurde er vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Leibniz-Preis der DFG, dem Communicator-Preis und dem Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa und der Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur.