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Das Medaillon

Drei mutige Frauen im 19. Jh.
Edition Oberkasselerschienen am01.07.2022
Ein weiteres überarbeitete Meisterwerk nach 'Die Protestantin' aus der Feder der in Düsseldorf lebenden Schriftstellerin Gina Mayer. Mitte des 19. Jahrhunderts werden im Neandertal bei Erkrath prähistorische Knochen entdeckt. Dies sorgt in der pietistischen Kleinstadt Elberfeld für großes Aufsehen. Die beiden Freundinnen Rosalie und Dorothea träumen in dieser Zeit von einem Leben jenseits der strengen Tabus ihrer Erziehung. Rosalie beginnt als Apothekersgehilfin zu arbeiten, Dorothea hilft heimlich in der Leihbücherei aus. Aber nicht alle Menschen in Elberfeld sind damit einverstanden, dass die Frauen ihre eigenen Wege gehen. Hundertfünfzig Jahre später finden Archäologen erneut Knochen bei Erkrath. Nora, eine Teilnehmerin des Forschungsteams, entdeckt bei dem Skelett ein Medaillon. Je mehr sie über das Schmuckstück herausfindet, desto enger scheint ihr Schicksal mit dem der Toten verknüpft. Faszinierend und spannend sind die Lebenswege dreier mutiger Frauen geschildert, detailgetreue Millieuschilderungen der Gegend und Lebensumstände von Wuppertal bis Erkrath zeichnen den Roman der Schriftstellerin aus. 'Mit einer ungeheuren Lust am Erzählen entwirft Gina Mayer ein fesselndes Sittengemälde, das bis in unsere Zeit reicht.' (Welt am Sonntag (zur früheren Ausgabe)) 'Aus dem Kontrast zwischen Gegenwart und Vergangenheit resultiert eine mitreißende Spannung, die das Buch zusammen mit der natürlichen Erzählweise der Autorin fesselnd macht.' (Rheinische Post (zur früheren Ausgabe)) 'Der ideale Schmöker für lange Winterabende.' (NRZ (zur früheren Ausgabe))

Gina Mayer stammt aus Ellwangen, lebt lange im düsseldorfer Kaiserswerth. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder. Zur Idee ihres Romandebüts "Die Protestantin" kam sie, als sie in die Friederike-Fliedner-Straße zog. 'Zunächst sagte mir der Name nichts. Aber nachdem ich mich einmal auf die Spurensuche gemacht hatte, war ich fasziniert von Fliedner und seinem Lebenswerk, der Gründung der Diakonissenhäuser.' Neben historischen Romanen ist sie erfolgreiche Jugend- und Kinderbuchautorin.
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Produkt

KlappentextEin weiteres überarbeitete Meisterwerk nach 'Die Protestantin' aus der Feder der in Düsseldorf lebenden Schriftstellerin Gina Mayer. Mitte des 19. Jahrhunderts werden im Neandertal bei Erkrath prähistorische Knochen entdeckt. Dies sorgt in der pietistischen Kleinstadt Elberfeld für großes Aufsehen. Die beiden Freundinnen Rosalie und Dorothea träumen in dieser Zeit von einem Leben jenseits der strengen Tabus ihrer Erziehung. Rosalie beginnt als Apothekersgehilfin zu arbeiten, Dorothea hilft heimlich in der Leihbücherei aus. Aber nicht alle Menschen in Elberfeld sind damit einverstanden, dass die Frauen ihre eigenen Wege gehen. Hundertfünfzig Jahre später finden Archäologen erneut Knochen bei Erkrath. Nora, eine Teilnehmerin des Forschungsteams, entdeckt bei dem Skelett ein Medaillon. Je mehr sie über das Schmuckstück herausfindet, desto enger scheint ihr Schicksal mit dem der Toten verknüpft. Faszinierend und spannend sind die Lebenswege dreier mutiger Frauen geschildert, detailgetreue Millieuschilderungen der Gegend und Lebensumstände von Wuppertal bis Erkrath zeichnen den Roman der Schriftstellerin aus. 'Mit einer ungeheuren Lust am Erzählen entwirft Gina Mayer ein fesselndes Sittengemälde, das bis in unsere Zeit reicht.' (Welt am Sonntag (zur früheren Ausgabe)) 'Aus dem Kontrast zwischen Gegenwart und Vergangenheit resultiert eine mitreißende Spannung, die das Buch zusammen mit der natürlichen Erzählweise der Autorin fesselnd macht.' (Rheinische Post (zur früheren Ausgabe)) 'Der ideale Schmöker für lange Winterabende.' (NRZ (zur früheren Ausgabe))

Gina Mayer stammt aus Ellwangen, lebt lange im düsseldorfer Kaiserswerth. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder. Zur Idee ihres Romandebüts "Die Protestantin" kam sie, als sie in die Friederike-Fliedner-Straße zog. 'Zunächst sagte mir der Name nichts. Aber nachdem ich mich einmal auf die Spurensuche gemacht hatte, war ich fasziniert von Fliedner und seinem Lebenswerk, der Gründung der Diakonissenhäuser.' Neben historischen Romanen ist sie erfolgreiche Jugend- und Kinderbuchautorin.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783943121971
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum01.07.2022
Seiten400 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse784
Artikel-Nr.17285520
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1. Kapitel

»Die horizontal übereinander liegenden Lager, die verschieden gefärbten und aus verschiedenartigen Stoffen gebildeten Schichten zeigen uns in grandiosen Schriftzügen die Geschichte der Vergangenheit. Die großen Erdkrisen scheinen daselbst von Gottes Hand verzeichnet zu sein. Hier fangen die Beweise an. Sie sind unwiderleglich, wenn es sich ergibt, dass das Werk des Menschen, das wir suchen, dieses Kunstprodukt, von dem ich behaupte, dass es dort liegt, sich eben daselbst schon seit der Ablagerung der Schichten befindet.«

(aus einem Vortrag von Boucher de Perthes vor der Pariser Akademie, 1839)

»Rosalie!« Dr. Kuhns dünne, ein wenig klagende Stimme folgte ihr die enge Gasse hinunter bis an die Ecke zur Hauptstraße. Sie blieb stehen und schaute zurück zum Haus, aber ihr Vater war nirgends zu sehen. Das Fenster zu den Praxisräumen stand offen. Sie zögerte einen Moment lang, dann kehrte sie um.

Er beugte sich aus dem Erdgeschossfenster auf die Straße herunter, in seiner ausgestreckten Hand wedelte ein Zettel hin und her. »Sei so gut und schau nach dem Markt noch in der Apotheke vorbei, besorg mir die Tinkturen, ich brauche sie hernach dringend.« Die blauen Augen hinter den konvexen Brillengläsern waren riesig und verschwommen wie seltsame Meeresfische. Sie nickte kurz und steckte das Rezept in eine Schürzentasche. »Ich bin aber nicht vor einer Stunde zurück.«

Sie hörte ihn noch etwas murmeln, während er ihr schon den Rücken zukehrte, das Gesicht dem nächsten Patienten zugewandt.

Der ganze Sommer 1856 war verregnet gewesen, auch jetzt im August war der Himmel bedeckt, es war viel zu kühl für die Jahreszeit. Sie fröstelte in ihrem dünnen Sommerkleid, als sie die Tür zur Apotheke aufstieß. Die Glocke oben am Türrahmen klingelte schrill und erschrocken. Der Laden war leer, wahrscheinlich war der alte Rinstermann oben in den Räumen, die er allein bewohnte. Es würde eine Weile dauern, bis er die Stufen heruntergehumpelt war, und noch länger, bis er mit seinen zittrigen, arthritischen Händen die Tinkturen zusammengemischt hätte. Rosalie fragte sich manchmal, ob er überhaupt noch in der Lage war, die einzelnen Einheiten genau zu bemessen.

Wie immer, wenn sie in der Apotheke war, begann ihr Herz schneller zu schlagen, während ihre Augen an den vertrauten Holzregalen entlangglitten, auf denen Seite an Seite weiße Porzellangefäße standen, darunter honigfarbene Glastöpfe mit weißen Etiketten, sorgfältig beschriftet mit lateinischen Namen in hellblauer Schrift. Ein Schrank mit quadratischen Schubfächern, hinter jedem halbrunden Messinggriff lag ein Geheimnis, das Heilung versprach oder den Tod brachte, je nach Art der Anwendung.

Die Küche der Medizin nannte ihr Vater die Apotheke. Rosalie, die die Apotheke mit allen ihren Rätseln liebte, empfand das als verächtliche Herabsetzung.

Auch heute, obwohl sie so in Eile war, atmete sie den halb bitteren, halb minzigen Geruch ein, der aus dem Nachbarraum drang, wo die Arzneien und Salben gemischt wurden, und schloss die Augen und stellte sich vor, dass es ihr Reich wäre, diese Apotheke, dass sie es wäre, die ihrem Vater die Tinkturen zusammenrührte und Pflaster strich.

»Ist Ihnen nicht recht gut?« Das war nicht die Stimme des alten Rinstermann. Rosalie riss die Augen auf. Hinter der Ladentheke stand ein junger Mann. Weißer Mantel, dunkle, halblange Haare, Bart. Er war ein Stück größer als sie, das gefiel ihr.

»Wo ist Herr Rinstermann?«, fragte sie.

Er lächelte. »Er hat sich zur Ruhe gesetzt, die Apotheke verkauft und ist nach Düsseldorf gezogen zu seiner Nichte.«

So plötzlich, dachte sie. In der vergangenen Woche hatte er ihr noch eine Salbe verkauft und keinen Ton davon gesagt, dass er sein Geschäft aufgeben wollte. Aber er war immer schweigsam gewesen, der alte Apotheker.

»Und Sie sind sein Nachfolger«, fragte sie und hörte, wie ihre Stimme mit jedem Wort an Höhe verlor. Irgendwo, ganz tief in ihrem Inneren, stellte sie fest, hatte sich absurderweise ein Rest Hoffnung verborgen, dass sie selbst nach Rinstermanns Abgang die Apotheke übernehmen könnte. Ganz ohne Lehrjahre, ohne Universitätsstudium, ohne Wissen und Kenntnisse. Es war ein dummer, ein unsinniger Gedanke gewesen und sie schämte sich plötzlich dafür, obwohl niemand davon gewusst hatte, nicht einmal sie selbst.

»Minter«, sagte der Mann und sie sah ihn überrascht an, dann wurde ihr bewusst, dass er sich vorgestellt hatte.

»Und Sie?«, fragte er.

»Rosalie«, sagte sie. »Rosalie Kuhn.«

Der Name war ein Fluch. Ihre Mutter hatte ihn ausgesucht, vielleicht weil er sie an irgendjemanden, an irgendetwas erinnert hatte. Was immer es war, sie hatte es Rosalie nicht mehr mitteilen können. Sie war gestorben und hatte nicht miterlebt, wie ihre einzige Tochter heranwuchs und sich in ihrer Entwicklung immer weiter von ihrem Namen entfernte. Nun war sie neunzehn Jahre alt, muskulös gebaut und dunkelhaarig. Im Winter, wenn ihre Haut hell und durchscheinend war, zeichnete sich auf ihrer Oberlippe ein schwarzer Schatten ab wie die Vorahnung eines Bartes. Die Jungen in der Volksschule hatten sich schon damals darüber lustig gemacht, aber nur heimlich und hinter ihrem Rücken, denn Rosalie war stark, niemand legte sich gerne mit ihr an.

Nachdem sie ihren mädchenhaften Namen ausgesprochen hatte, musterte sie den neuen Apotheker voller Misstrauen, aber er schien den Widerspruch zwischen ihrer Erscheinung und ihrem Namen nicht zu bemerken.

»Was kann ich für Sie tun?«

Sie reichte ihm den Zettel mit den Verschreibungen, er las und nickte und verschwand dann im Nebenraum. »Dr. Kuhn, ist das Ihr Mann?«, fragte er, als er ihr die drei Fläschchen mit den Tinkturen über die Ladentheke reichte.

»Mein Vater«, entgegnete sie und lächelte. Im gleichen Moment begann einer im Stockwerk über der Apotheke zu hämmern, es klang laut und wütend, als ob jemand mit einem harten Gegenstand auf den Boden schlüge. Sie sah den Apotheker fragend an, aber er hatte den Blick zur Decke gerichtet und wirkte mit einem Mal voller Sorge, vielleicht hatte er Angst, dass sie einstürzte.

»Nun denn, wir werden uns künftig noch des Öfteren begegnen.«

Er richtete die Augen wieder auf sie, lächelte verwirrt und kam hinter der Theke hervor und trat vor ihr zur Tür, um sie für sie zu öffnen.

»Der alte Rinstermann hat also verkauft«, sagte ihr Vater und nickte langsam, während er einen Löffel gestampfte Kartoffeln im Mund versenkte. »Ja richtig, er hat davon gesprochen, es war wohl auch an der Zeit, lange wäre es sicher nicht mehr gut gegangen mit ihm. Und der Neue, sein Nachfolger, wie ist er?«

»Er wirkt recht angenehm.« Rosalie versuchte sich an den Namen des jungen Apothekers zu erinnern. Minster. Mindner. Oder so ähnlich.

»Nun, er wird mir sicherlich seine Aufwartung machen in den nächsten Tagen.« Ihr Vater schenkte sich ein Glas Bier ein, nahm einen kräftigen Schluck und wischte sich dann mit dem Handrücken den Schaum von der Oberlippe, der sich wie ein weißer Flaum auf seinen dunklen Bart gelegt hatte.

»Heute Abend erwarte ich übrigens Fuhlrott. Er war vorhin in der Praxis und hat seinen Besuch angekündigt.«

Dr. Fuhlrott wohnte nur ein paar Häuser weiter auf der Laurentiusstraße und unterrichtete Naturkunde an der Höheren Bürger- und Realschule in Elberfeld. Auch ihm war vor drei Jahren die Frau gestorben, aber ihn hatte es noch schlimmer getroffen als Kuhn, statt nur mit einer war er mit sechs Töchtern zurückgeblieben, von denen die jüngste heute gerade einmal acht Jahre alt war. Vielleicht lag es an dieser Unmenge an eigenen Töchtern, dass er Rosalie, die im gleichen Alter war wie seine Zweitälteste, immer nur mit höflichem Desinteresse behandelte. Als wäre sie Luft.

Die beiden Doktoren - wie sie die Nachbarn nannten - waren schon viele Jahre befreundet, sie teilten das Interesse an den Naturwissenschaften, an der Zoologie, der Geologie und der Botanik, das Interesse an allem, was erforschbar war und logisch. Sie trafen sich ein oder zwei Mal die Woche und Rosalie, die stets dabeisaß, wenn sie zusammenkamen und miteinander redeten, sog die Dinge, über die sie diskutierten, in sich auf. Fuhlrott, der mit den Steinbruchbesitzern der ganzen Umgebung bekannt war, wurde von ihnen mit Knochen versorgt, die beim Abbau zu Tage kamen, viele davon waren nur wenige Jahre alt und wertlos, andere wiederum bezeichnete der Doktor als fossil und ihr Zustand und ihre Beschaffenheit ermöglichten Rückschlüsse auf das Aussehen, das Wesen der Arten in vorsintflutlichen Zeiten. Rosalie malte sich immer aus, wie die Erde vor der Sintflut ausgesehen haben mochte, mit Eis bedeckt und von fremdartigen Lebewesen bevölkert. Es fiel ihr schwer, diese Vorstellung mit Noahs Arche in Verbindung zu bringen, denn wie hätten all die eigentümlichen Tiere, die Nashörner und Hyänen und Auerochsen, auf ein einziges Schiff passen sollen - und sei es auch noch so groß. »Meiner Ansicht nach hat die Sintflut in ihrem alttestamentarisch beschriebenen Ablauf nie stattgefunden«, sagte ihr Vater, als sie ihn danach fragte. »Es ist ein Sinnbild, eine Parabel, keine wissenschaftliche Beschreibung.« So etwas sagte er jedoch nur zu ihr und selbst dann senkte er die Stimme, so dass sie genau hinhören musste. Mit seinem Freund Fuhlrott sprach er niemals über solche theologischen Dinge, sie hielten sich an naturwissenschaftliche Fakten.

Um sieben läutete es an der Haustür. Rosalie öffnete und erwartete Fuhlrott, es war aber nicht der Lehrer, sondern der neue Apotheker. An seinen Namen konnte sich Rosalie nicht mehr...

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Autor

Gina Mayer, geboren 1965 in Ellwangen, lebt als Schriftstellerin im düsseldorfer Stadtteil Kaiserswerth. Die Idee zu ihrem Romandebüt kam ihr, als sie in die Friederike-Fliedner-Straße zog. "Zunächst sagte mir der Name überhaupt nichts. Aber nachdem ich mich einmal auf die historische Spurensuche gemacht hatte, war ich fasziniert von Fliedner und seinem Lebenswerk, der Gründung der Diakonissenhäuser."Gina Mayer ist verheiratet und hat zwei Kinder. Neben ihren historischen Romanen schreibt sie Jugend- und Kinderbücher. Sie sagt über sich:"Ich treffe ständig Leute, die früher Schriftsteller werden wollten. Aber stattdessen sind sie heute Systemberater oder Vertriebsleiter oder alles Mögliche. Ich wollte früher alles Mögliche werden, aber stattdessen schreibe ich Romane und Jugendbücher. Und manchmal auch Vorträge, Musicals, Werbetexte, Nachrufe, Briefe, Einkaufszettel und Gedichte. Ich lebe vom Schreiben."