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Traumafolgestörungen im Kindes- und Jugendalter

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
152 Seiten
Deutsch
Kohlhammer Verlagerschienen am14.08.20241. Auflage
Ungefähr ein Drittel der Kinder und Jugendlichen in Deutschland macht interpersonelle Gewalt- oder Vernachlässigungserfahrungen. In der Folge besteht ein erhöhtes Risiko zur Entwicklung einer Traumafolgestörung, wie etwa einer posttraumatischen Belastungsstörung, Anpassungsstörung, depressiven Störung oder Angststörung. Das Buch erläutert, wie Traumafolgestörungen entstehen, wie sie diagnostiziert werden können und welche evidenzbasierten Behandlungsmethoden existieren.

Dr. rer. nat. Katharina L. Schulte ist Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin (M.Sc. Psychologin) und habilitiert in der Kinder- und Jugendabteilung für Psychische Gesundheit des Uniklinikums Erlangen zum Thema sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen und Traumatisierung von Kindern und Jugendlichen. Dr. rer. nat. Katharina Szota ist Klinische Psychologin (M. Sc.) und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin. Sie vertritt gegenwärtig die Professur für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie an der Goethe-Universität Frankfurt und arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Philipps-Universität Marburg.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR32,00
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR28,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR28,99

Produkt

KlappentextUngefähr ein Drittel der Kinder und Jugendlichen in Deutschland macht interpersonelle Gewalt- oder Vernachlässigungserfahrungen. In der Folge besteht ein erhöhtes Risiko zur Entwicklung einer Traumafolgestörung, wie etwa einer posttraumatischen Belastungsstörung, Anpassungsstörung, depressiven Störung oder Angststörung. Das Buch erläutert, wie Traumafolgestörungen entstehen, wie sie diagnostiziert werden können und welche evidenzbasierten Behandlungsmethoden existieren.

Dr. rer. nat. Katharina L. Schulte ist Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin (M.Sc. Psychologin) und habilitiert in der Kinder- und Jugendabteilung für Psychische Gesundheit des Uniklinikums Erlangen zum Thema sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen und Traumatisierung von Kindern und Jugendlichen. Dr. rer. nat. Katharina Szota ist Klinische Psychologin (M. Sc.) und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin. Sie vertritt gegenwärtig die Professur für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie an der Goethe-Universität Frankfurt und arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Philipps-Universität Marburg.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783170414709
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum14.08.2024
Auflage1. Auflage
Seiten152 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3328 Kbytes
Illustrationen5 Tabellen
Artikel-Nr.17355124
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2âEpidemiologie, Verlauf und Folgen


Fallbeispiel

Nachdem Christine mit 2;5 Jahren aufgrund von massiver Vernachlässigung aus ihrer Ursprungsfamilie in eine Inobhutnahmestelle und zwei Wochen später in eine Pflegefamilie kam, zeigte sie sich zunächst fröhlich und angepasst. Sie ging freundlich auf andere Menschen zu, zeigte sich fremden Erwachsenen gegenüber vielmehr distanzlos und aufmerksamkeitssuchend. Nachdem sie die Verzögerungen ihrer Sprach- und Sauberkeitsentwicklung aufholen konnte, schloss Christine im Kindergarten zügig zahlreiche Freundschaften. Im Grundschulalter führten ihre Schwierigkeiten, mit Frustrationen umzugehen und Bedürfnisse aufzuschieben, zu ersten oppositionellen Verhaltensweisen. Im Speziellen verweigerte sie das Anfertigen von Hausaufgaben und blieb vereinzelt dem Unterricht fern. Mit dem Wechsel auf die weiterführende Schule zeigten sich verstärkte Schwierigkeiten, die ansteigenden Anforderungen in der Schule zu erfüllen. Christine verbrachte ihre Freizeit und viele Schulstunden mit ihrem großen Freundeskreis, welcher sich auch aus deutlich älteren Jugendlichen zusammensetzte, die Christines Pflegeeltern unbekannt waren. Im Alter von 13 Jahren erlebte Christine durch einen älteren Jugendlichen wiederholt sexuelle Übergriffe. Daraufhin begann Christine in der Absicht, ihr hohes Anspannungsniveau zu reduzieren, sich selbst Schnittverletzungen zuzufügen und zusätzlich zu Zigaretten und Alkohol auch Cannabis zu konsumieren. Christine entzieht sich immer stärker den Pflegeeltern und bleibt häufig über Nacht fort, ohne diese über ihren Aufenthaltsort zu informieren. Im späten Jugendalter leidet Christine zudem unter Suizidgedanken und berichtet von Pseudohalluzinationen und Derealisations- und Depersonalisationserleben.



Lernziele

Sie kennen die Risiko- und Schutzfaktoren für das Auftreten von Traumafolgestörungen.


Sie wissen über unterschiedliche Verläufe bei Traumafolgestörungen bei Kindern und Jugendlichen Bescheid.


Sie kennen mögliche negative Folgen von Traumafolgestörungen im Kindes- und Jugendalter auf die weitere Entwicklung.


Sie haben eine Vorstellung von den Kosten hieraus für die Volkswirtschaft.


2.1âRisiko- und Schutzfaktoren für das Auftreten von Traumafolgestörungen

Es ist es wichtig, zwischen Kindern und Jugendlichen mit vorübergehenden Belastungssymptomen nach einer traumatischen Erfahrung und Kindern und Jugendlichen mit einem erhöhten Risiko, anhaltende psychische Störungen zu entwickeln, zu unterscheiden. Eine traumatische Erfahrung alleine stellt keine hinreichende Bedingung für die Störungsentwicklung dar. Durch die vielen epidemiologischen Studien wird deutlich, dass über 84â% der Personen nach einem Erleben traumatischer Ereignisse keine Traumafolgestörung entwickeln (Brewin et al., 2000, Alisic et al., 2014). Vielmehr ist vom Zusammenwirken einer Reihe biopsychosozialer und kultureller Faktoren auszugehen, die zu verschiedenen Zeitpunkten (vor, während und nach der Traumatisierung) und mit unterschiedlicher Dauer einwirken (Maercker et al., 2019). Von diesen hängt es letztendlich ab, ob sich ein Störungsbild entwickelt bzw. aufrechterhalten wird (Maercker et al., 2019).

Für eine Abschätzung des individuellen Risikos der Entwicklung einer Traumafolgestörung ist es wichtig, dass Risiko- und Schutzfaktoren meist gebündelt und Interaktionen zwischen Faktoren häufig auftreten. Aus diesem Grund muss die gesamte Familien- und Umweltsituation mit einbezogen werden (Rosner & Unterhitzenberger, 2019).
2.1.1âRisikofaktoren

Als Risikofaktor auf der Ebene des Individuums gilt das weibliche Geschlecht, eine niedrige Intelligenz, ein niedriger Selbstwert, weitere psychische und körperliche Erkrankungen und vorausgegangene und nachfolgende Traumatisierungen (Trickey, 2012). Zudem zählen ein niedriger sozioökonomischer Status, psychische Probleme der Eltern, mangelnde soziale Unterstützung und ein niedriges Funktionsniveau der Familie zu den Risikofaktoren. Wenn die Eltern aufgrund ihrer eigenen Probleme mitverantwortlich für die Traumatisierung sind (z.âB. durch eine mangelnde Aufsicht und Betreuung oder Gewalterfahrungen durch das Umfeld oder die Eltern selbst, psychische Erkrankungen der Eltern, Psychosen oder Substanzmissbrauch), wenden diese häufig selbst dysfunktionale Bewältigungsstrategien an (z.âB. Gedankenunterdrücken, Vermeidung, Schuldzuweisungen), die dann an das Kind durch Modelllernen weitergegeben werden. Aufgrund der elterlichen Belastung ist es manchmal nicht möglich, ein angemessenes unterstützendes Umfeld für die Kinder und Jugendlichen zu schaffen (Rosner & Unterhitzenberger, 2019). Zu den Risikofaktoren während der Traumatisierung zählen das Ausmaß der wahrgenommenen Lebensgefahr, Verlust von Personen, die Schwere der Traumatisierung und wahrgenommener Stress (Kultalahti & Rosner, 2008).
2.1.2âSchutzfaktoren

Egle und Hardt (2005) nannten in ihrer Übersicht zu individuell-biografischen Schutzfaktoren eine gute psychische und körperliche Gesundheit, eine hohe Stresstoleranz, bestehende Kontrollüberzeugungen und Selbstwirksamkeitserwartungen. Diese erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass in Extremsituationen die Handlungsfähigkeit bewahrt wird und ein potenziell traumatisierendes Erlebnis ohne Folgesymptome verarbeitet werden kann (Egle & Hardt, 2005). Dies gilt auch bei geringer psychosozialer Gesamtbelastung und dem Bestehen positiver sozialer Kontakte im Sinne einer dauerhaften Verfügbarkeit von verlässlichen Bezugspersonen, familiärer Stabilität und sicherem Bindungsverhalten (Egle & Hardt, 2005). Ein stabiler Schutzfaktor ist in Übereinstimmung hiermit eine sichere und positive Bindung an die Bezugspersonen (Rosner & Unterhitzenberger, 2019).
2.1.3âPrävalenz in verschiedenen Altersstufen

Mehr als die Hälfte aller Menschen werden über die Lebenspanne zumindest einmal mit einem traumatischen Ereignis konfrontiert (Kessler et al., 1995). Interpersonelle Gewalterfahrungen stellen die häufigsten potenziell traumatisierenden Ereignisse im Kindes- und Jugendalter dar. Etwa ein Drittel aller Menschen in Deutschland hat mindestens eine Form der Misshandlung und/oder Vernachlässigung erfahren (Witt et al., 2017). Häufig wird jedoch von Polyviktimisierung berichtet, sprich einer Kombination von Vernachlässigung, körperlicher und sexualisierter Gewalt (Witt et al., 2017). Durch unterschiedliche erhobene Schweregrade der erfassten Misshandlungen sowie methodischen Differenzen sind starke Prävalenzschwankungen auffindbar. Bei Betrachtung mittelgradiger oder schwerer Kindesmisshandlung gaben 6.5â% einer deutschsprachigen Stichprobe emotionale Gewalt, 6.7â% körperliche Gewalt, 7.6â% sexualisierte Gewalt, 13.3â% emotionale Vernachlässigung sowie 22.5â% körperliche Vernachlässigung in Kindheit und Jugend an (Witt et al., 2017). Weitaus höhere weltweite Tendenzen lassen sich aus Metaanalysen entnehmen. Hierbei gehen Prävalenzen von 36.3â% bei emotionaler Gewalt, 22.6â% bei körperlicher Gewalt, 12.7â% bei sexualisierter Gewalt, 18.4â% bei emotionaler Vernachlässigung und 16.3â% bei körperlicher Vernachlässigung hervor (Stoltenborgh et al., 2011; Stoltenborgh et al., 2012; Stoltenborgh, et al., 2013).

Ein besonders erhöhtes Risiko, mit traumatischen Erlebnissen konfrontiert zu werden, haben Kinder im Vorschulalter. Laut Schätzungen von UNICEF (2017) werden weltweit etwa 60â% der Kinder zwischen zwei und vier Jahren von ihren Bezugspersonen mit körperlicher Gewalt bestraft. Etwa jedes vierte Kind unter fünf Jahren lebt zudem mit einer Mutter zusammen, die Partnerschaftsgewalt erlebt hat (UNICEF, 2017). Auch Studienergebnisse aus Deutschland zeigen, dass besonders das Alter zwischen der Geburt und dem sechsten Lebensjahr als Risikofaktor für die Kindesmisshandlung und -vernachlässigung gilt (Metzner et al., 2020).

In der unmittelbaren Folge eines Traumas durchläuft ein Großteil der Betroffenen Symptome, die sich zumeist als vorübergehend erweisen (Maercker & Michael, 2009). Kessler et al. (1995) verweisen in ihrer Schätzung auf einen Anteil von 8,2â% der männlichen sowie 20,4â% der weiblichen Traumaexponierten, die eine PTBS entwickeln. Studien angelehnt an die DSM-IV-Kriterien legen eine Schätzung der Lebenszeitprävalenz von 6,8â% dar (Kessler et al., 2005), während sich bei Orientierung an den DSM-5-Kriterien eine höhere Prävalenz von 8,3â% ergab (Kilpatrick et al., 2013). Die Bremer Jugendstudie fand bei den befragten 11- bis 17-Jährigen eine Lebenszeitprävalenz der posttraumatischen Belastungsstörung von 1,6â% (Essau et al., 1999). Begründet werden variierende Prävalenzzahlen u.âa. durch den Einfluss von kulturellen und historischen Faktoren wie etwa der Kriegsaktivität und geschehener Gewaltanwendung (Maercker et al., 2008), aber auch durch unterschiedliche Daten je nach Diagnosekriterien,...
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Autor

Dr. rer. nat. Katharina L. Schulte ist Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin (M.Sc. Psychologin) und habilitiert in der Kinder- und Jugendabteilung für Psychische Gesundheit des Uniklinikums Erlangen zum Thema sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen und Traumatisierung von Kindern und Jugendlichen.
Dr. rer. nat. Katharina Szota ist Klinische Psychologin (M. Sc.) und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin. Sie vertritt gegenwärtig die Professur für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie an der Goethe-Universität Frankfurt und arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Philipps-Universität Marburg.