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Levitan

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Guggolz Verlagerschienen am23.08.2024
Vitomil Zupan (1914-1987), das Enfant terrible der slowenischen Literatur, erkundete in seinen Werken sein eigenes Leben im Verhältnis zu den gesellschaftlichen Umständen - oder vielmehr in den Widersprüchen dazu. In »Levitan« schreibt Zupan über die Jahre in Haft nach dem Zweiten Weltkrieg, als er wegen Unmoral, Dekadenz und politischer Unberechenbarkeit aus dem Verkehr gezogen wurde. Der brisante, 1970 fertiggestellte Text konnte erst 1982 erscheinen. Derbe Zoten und größenwahnsinnige erotische Phantasien gehen darin in tiefgründige theoretische Reflexionen über; hellsichtige, fast liebevolle Charakterisierungen von Mithäftlingen und deren Lebensgeschichten wechseln sich ab mit wüster Verdammung der Gesellschaft und ihrer Institutionen. Gleichzeitig ist »Levitan« ein intensiver psychologischer und philosophischer Trip in das beschädigte Bewusstsein eines Inhaftierten, ohne jede falsche Zurückhaltung aus Nettigkeit oder aus Opportunismus. Zupan prahlt, wütet, beschimpft und enthüllt - und erringt auf nahezu jeder Seite überraschende Einsichten, trifft wunde Punkte und stellt überkommene Überzeugungen auf den Kopf. Das Buch ist von umstürzlerischer Kraft und erzählt von der Parallelgesellschaft der Ausgestoßenen, die sich im Gefängnis versammelt. Erwin Köstlers Übersetzung folgt noch dem abwegigsten Gedankengang Zupans und bleibt nicht hinter dessen sprunghafter Genialität zurück: Seiner übersetzerischen Präzision ist es zu verdanken, dass wir dieses fordernde, tiefgründige Werk in seiner ganzen irrlichternden Weisheit und Unwiderstehlichkeit lesen können.

Vitomil Zupan (1914 - 1987) war zwei Jahre alt, als sein Vater als Frontsoldat fiel. Die Mutter heiratete in Ljubljana einen Germanistikprofessor, der kurz darauf starb. Als beim Spiel mit einer Waffe ein Freund tödlich verwundet wurde, entfloh Zupan trotz Freispruch der Situation, indem er auf einem Schiff anheuerte. Er bereiste die Welt und schlug sich als Boxer und Gelegenheitsarbeiter durch. Auf Wunsch seiner Mutter kehrte er zurück, um ein Studium des Bauingenieurswesens aufzunehmen. 1933 erschien sein erster Prosatext, bis 1941 schrieb er mehrere Romane und Stücke, die aber erst in den 1970er Jahren erscheinen konnten. 1941 ging er in den Widerstand, wurde 1942 verhaftet und in italienische Lager gesteckt. 1943 schloss er sich den Partisanen an, zuerst im Kampf und dann als Autor und Sprecher für das Partisanenradio. Nach dem Krieg stürzte er sich in ein Leben als Bohemien. Seine Publikationen wurde sowohl kontrovers diskutiert als auch mit Preisen bedacht. 1948 wurde Zupan angeklagt: wegen Unmoral, versuchten Mordes, staatsfeindlicher Aktivitäten. Er wurde zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, die nach Berufung auf 18 Jahre aufgestockt wurden. Nach mehr als sechs Jahren wurde er begnadigt. Er arbeitete als Drehbuchautor für das slowenische Fernsehen, ab 1960 konnte er wieder regulär unter seinem Namen veröffentlichen. Seine autobiographischen Romane »Menuett für Gitarre« (1975), »Die Komödie des menschlichen Gewebes« (1980) und »Levitan« wurden zu Kultbüchern für die junge Schriftstellergeneration Sloweniens und Jugoslawiens.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR28,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR21,99

Produkt

KlappentextVitomil Zupan (1914-1987), das Enfant terrible der slowenischen Literatur, erkundete in seinen Werken sein eigenes Leben im Verhältnis zu den gesellschaftlichen Umständen - oder vielmehr in den Widersprüchen dazu. In »Levitan« schreibt Zupan über die Jahre in Haft nach dem Zweiten Weltkrieg, als er wegen Unmoral, Dekadenz und politischer Unberechenbarkeit aus dem Verkehr gezogen wurde. Der brisante, 1970 fertiggestellte Text konnte erst 1982 erscheinen. Derbe Zoten und größenwahnsinnige erotische Phantasien gehen darin in tiefgründige theoretische Reflexionen über; hellsichtige, fast liebevolle Charakterisierungen von Mithäftlingen und deren Lebensgeschichten wechseln sich ab mit wüster Verdammung der Gesellschaft und ihrer Institutionen. Gleichzeitig ist »Levitan« ein intensiver psychologischer und philosophischer Trip in das beschädigte Bewusstsein eines Inhaftierten, ohne jede falsche Zurückhaltung aus Nettigkeit oder aus Opportunismus. Zupan prahlt, wütet, beschimpft und enthüllt - und erringt auf nahezu jeder Seite überraschende Einsichten, trifft wunde Punkte und stellt überkommene Überzeugungen auf den Kopf. Das Buch ist von umstürzlerischer Kraft und erzählt von der Parallelgesellschaft der Ausgestoßenen, die sich im Gefängnis versammelt. Erwin Köstlers Übersetzung folgt noch dem abwegigsten Gedankengang Zupans und bleibt nicht hinter dessen sprunghafter Genialität zurück: Seiner übersetzerischen Präzision ist es zu verdanken, dass wir dieses fordernde, tiefgründige Werk in seiner ganzen irrlichternden Weisheit und Unwiderstehlichkeit lesen können.

Vitomil Zupan (1914 - 1987) war zwei Jahre alt, als sein Vater als Frontsoldat fiel. Die Mutter heiratete in Ljubljana einen Germanistikprofessor, der kurz darauf starb. Als beim Spiel mit einer Waffe ein Freund tödlich verwundet wurde, entfloh Zupan trotz Freispruch der Situation, indem er auf einem Schiff anheuerte. Er bereiste die Welt und schlug sich als Boxer und Gelegenheitsarbeiter durch. Auf Wunsch seiner Mutter kehrte er zurück, um ein Studium des Bauingenieurswesens aufzunehmen. 1933 erschien sein erster Prosatext, bis 1941 schrieb er mehrere Romane und Stücke, die aber erst in den 1970er Jahren erscheinen konnten. 1941 ging er in den Widerstand, wurde 1942 verhaftet und in italienische Lager gesteckt. 1943 schloss er sich den Partisanen an, zuerst im Kampf und dann als Autor und Sprecher für das Partisanenradio. Nach dem Krieg stürzte er sich in ein Leben als Bohemien. Seine Publikationen wurde sowohl kontrovers diskutiert als auch mit Preisen bedacht. 1948 wurde Zupan angeklagt: wegen Unmoral, versuchten Mordes, staatsfeindlicher Aktivitäten. Er wurde zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, die nach Berufung auf 18 Jahre aufgestockt wurden. Nach mehr als sechs Jahren wurde er begnadigt. Er arbeitete als Drehbuchautor für das slowenische Fernsehen, ab 1960 konnte er wieder regulär unter seinem Namen veröffentlichen. Seine autobiographischen Romane »Menuett für Gitarre« (1975), »Die Komödie des menschlichen Gewebes« (1980) und »Levitan« wurden zu Kultbüchern für die junge Schriftstellergeneration Sloweniens und Jugoslawiens.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783945370629
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum23.08.2024
SpracheDeutsch
Dateigrösse1654 Kbytes
Artikel-Nr.17358559
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Die Reaktionen des Menschen auf sich im Verhältnis zur Welt sind äußerst komplex. Dasselbe Ding, dieselbe Eigenschaft, dieselbe körperliche Besonderheit - kann uns auf den Gipfel des Lebens erheben oder in seine Abgründe schleudern. Jemand ist haarig wie ein Affe und schämt sich dafür in Grund und Boden, bis sein Pelz irgendeine Frau in Ekstase versetzt. Ich bin sinnlich wie ein Hase, weil die Gesellschaft die Sinnlichkeit aber in den Untergrund gejagt hat, schämte ich mich, ich schämte mich für jede Erektion beim Tanzen, wie oft musste ich im Schwimmbad ins kalte Wasser springen - bis ich erfuhr, wie viele Männer Mittel gegen die Impotenz kaufen.

Ich musste von Herzen lachen. Es ist schon so: Der eine ist unglücklich, weil er zu dick ist, der andere ist zu dünn, der eine zu klein, der andere zu groß. Ich war lange überzeugt, ein unanständig langes und dickes Organ zu haben. Dann las ich, dass es sich die alten Römer mit Brennnesseln peitschen ließen, nur damit es dicker wurde.

Und so versucht man sein Leben lang, Komplexe loszuwerden. Aber wenn man sie losgeworden ist, gilt man der strengen Gesellschaft als un- oder zumindest amoralisch. Ich wusste, dass ich ständig Frauen haben musste, gute Frauen, viele Frauen, weil sonst die lebendige, tückische Kraft, die in mir brodelt, rebelliert. Sie zurrt ab wie eine gespannte Feder, und niemand weiß, wo sie hintrifft.

Als ich einmal Préférence bei absolut erträglichen Leuten mit einem guten Cognac spielte, verdarb mir eine heimtückische Erektion die Freude am Sans atout und am Reden über die verdammte Politik. Soll ich die Frau meines Gastgebers bespringen? Oh, mit Vergnügen. Wär nicht die erste. Aber der Verstand weiß genau, dass es technisch nicht durchführbar ist. Jakob Levitan, pack dich und suche, suche wie ein Hund.

So gelangt man in einen ganz kleinen, sehr unansehnlichen, aber gut versperrten Raum; bring deine Phantasie mit, zwing dich, körperlich und seelisch, was musst du auch an so einem Ort und in so einer Zeit geboren sein! Was ist zum Beispiel, wenn ich im Eifer vergesse, die Tür zuzusperren, und plötzlich steht dieser ruhige, saubere Gastgeber vor mir! Das ist wie ein Schlag in die Phantasie, und all die prachtvollen nackten Ärsche darin zerstäuben. Aber es ist eine gesunde Übung in Unabhängigkeit. Vor allem wenn man nicht weiß, dass man für lange frauenlose Jahre, für diese vier Wände und das vergitterte Fensterloch übt. Mich hat immer interessiert, wie das auf den Galeeren war. An ihren Platz geschmiedet schissen und pissten und aßen die Galeerensklaven eben dort. Wahrscheinlich war allein in der Selbstbefriedigung noch ein bisschen Leben, wenn sie irgendwo vor Anker lagen. In diesem verfluchten Abort unter Deck bebte einen Moment lang der Geruch nach der Blüte der Rosskastanie auf, so nämlich riecht der menschliche Samen.

Ich kannte eine Frau, vielleicht gibt es noch welche wie sie, deren Lust ich mit solchen Erzählungen aus dem wirklichen Leben derart aufpeitschte, dass sie mir ohne Mühe über alle Schranken dieser erlogenen und phantasielosen Zivilisation folgte. Ich erzählte ihr in Bruchstücken das, worüber ich in diesem Buch zu schreiben gedenke. Ich riss alle künstlichen Formen des Ausdrucks nieder. Und auch sie ließ die Sau raus. Ich bemerkte, wie das Ganze für sie zur Gewöhnung wurde, und ich bekam sie satt. Einiges hatte ich allerdings so erzählt, dass ich heute nicht mehr sagen kann, inwieweit hier wirkliche Ereignisse verändert und mehrere zu einem zusammengeknetet waren.

Als ich zum ersten Mal die magische Wirkung der Erzählungen von der Lust der gefesselten Prometheusse erlebte, saßen wir nach dem Mittagessen in einem kleineren Restaurant. Obwohl jeder seine Wohnung hatte, mussten wir auf dieses kleine, würdelose Örtchen, das allerdings mehr Ärsche als Casanova gesehen hat. Ich zog ihr die Kleider hinauf und hinunter, sodass ihr üppiger Mittelteil nackt war, und sie packte mein Glied, als handelte es sich um den rettenden Halm in einem tosenden Ozean. Alle Häftlinge dieser Welt waren mit ihren grinsenden, gramdurchfurchten, grauen Gesichtern dabei. Und auch sie hielten sich an ihren Rettungshalmen fest, damit die heftigen Wogen sie nicht fortspülten.

In den Nächten klingen Gefängnismauern wie aus Glas, von der Qual, von der Angst, von der Lust, von den Plänen, den geflüsterten Erzählungen, den Wahngebilden, den bösen Träumen, vom Hunger, von der Wut, vom Heimweh, von den Erinnerungen, vom Weinen, vom Fluchen, vom spritzenden Samen. So leben Völkerschaften von Häftlingen, die Stunden sind lang, die Jahre aber huschen vorbei wie ein Nichts. Die Zähne werden faul, man bekommt Hämorrhoiden, die Füße werden platt, die Gewohnheiten ändern sich, das Gesicht nimmt diesen besonderen Ausdruck der Stumpfheit mit Momenten der Anspannung an. Alle gehen in die Schule der Gerissenheit. Die ersten fünf Jahre ist es schwer, heißt es, und danach ist es noch schlimmer. Jemand schmuggelte ein Buch über die Teufelsinseln, Französisch-Guayana, ins Zuchthaus, es hieß »Die trockene Guillotine«. Wir sahen, dass es im Grunde in allen Gefängnissen gleich zugeht, nur dass man bei uns nicht nur eingesperrt ist, sondern auch zehn Jahre lang in Untersuchungshaft sitzen kann, wenn man ein politischer Häftling ist, was amtlich als »politischer Straftäter« bezeichnet wird, um es vom Privat- und Wirtschaftskriminellen zu unterscheiden. Letzterer genießt bei den Gefängnisverwaltungen das höchste Ansehen. Im Zuchthaus gibt es nämlich zwei Hierarchien: Die eine bildet die Verwaltung, die andere - nicht sichtbar, aber spürbar - bilden die Häftlinge selbst, wie die Wölfe im Rudel.

Diesem ganzen Volk gehören auch die Häftlinge in den Einzelzellen an, nur dass die Anfänger das lange nicht begreifen. Für die folgende häftlingsinterne Einstufung ist es schändlich: weniger als drei Jahre zu haben, zu »zinken« (denunzieren), sich vor den Wärtern und der Verwaltung zu beugen, zu weinen, Angst vor Repressalien zu zeigen, sein Paket in einem Winkel allein zu essen, und - über dreckige Witze darf man sich nicht entrüsten, weil man damit gewissermaßen in den natürlichen Fluss der Dinge eingreift, in alte Gewohnheit, in altes Recht und vor allem Bedürfnis. Alles, was im Gegensatz dazu steht, wird als »lobenswert« erachtet. Jeder befindet sich irgendwo auf der Einstufungsskala, außer ein paar einsame Narren und Heroen.

Als ich ganz unvorbereitet auf diese interessanten Dinge in der Untersuchungshaft landete, ahnte ich nicht im Traum, wie viel ich zu lernen hatte. Wie viele Fächer für jede Prüfung zu absolvieren sind! Wie schwer es ist, auf dieser Universität bis zum Diplom zu kommen. Die Anführer Ghanas tragen auf ihren Kappen ein P. G., was prison graduated bedeutet. Das ist verdammt frech. Nehru hat in der Festung Ahmadnagar alles in allem elf Jahre abgesessen. Und in Italien hat man 1950 einen gewissen Giuseppe Baranco entlassen, der fünfzig Jahre heruntergebogen hat. In einem Interview hat er auf die Frage, was ihn beim Herauskommen am meisten überrascht habe, gesagt: Frauen auf Fahrrädern. Wissen Sie, was er sich vorgestellt hat, als er schöne, dralle Frauen auf Fahrrädern strampeln sah? Ein richtiger Arrestant! Prison graduated! Der alte schwindsüchtige Bergmann Meglic, der unter uns im Gemeinschaftsraum der Gefängnisambulanz starb, sagte am Vorabend seines Todes: Ich werdet sehen, ich komm da raus. Ich war schon zweimal mit einem Fuß drüben, und ich werd´s noch einmal schaffen. Und dann verkauf ich das Haus, das Feld und den Wald und alles, was ich hab - und geb das ganze Geld einem jungen Mädel, damit es sich nackt auszieht und auf alle viere geht - und brunzt. Nur das möcht ich sehen, dann kann ich sterben. - Dabei war der alte Meglic ein verdammter Geizhals bei den Essenspaketen, die ihm seine Schwester schickte. Auch Zigarette kriegte man von ihm keine.

In die unsichtbare Schule des Gefängnislebens geht jeder, mag er es wissen oder nicht, und jeder tritt zu den Prüfungen an, schafft sie oder fällt durch, ob es ihm nun bewusst ist oder nicht. Auch der blutigste Anfänger in seiner ersten Untersuchungs-Einzelzelle. Zuerst hielt ich mich für den einsamsten Menschen auf der Welt in diesen vier Wänden, zwei mal vier Meter, hoch an die fünf, ein eisernes Bett mit Strohmatte, ein Klapptisch an der Wand, ein Stockerl, ein Wasserkrug, ein rostiger Kübel im Winkel bei der Tür, ein völlig glattes Türblatt und hoch oben das Fensterloch, doppelt vergittert, mit dicken Kreuzen und dann noch mit einem Netz. Ja, dazu noch der fünfrippige Radiator neben dem Kübel. Draußen mutmaßlich ein sonniger Vormittag. Stille in den Mauern. Druck in den Schläfen. Und keine Zigarette. Die ersten fünf Jahre sind schwer. Aber wo dachte ich damals an die Jahre und Jahre, die wie ein langer schwarzer Gang vor mir lagen, an die Jahre und Jahre der Kerkerhaft, die sich »schwere Zwangsarbeit« nannte? Sie werden mich freilassen - oder umbringen, so überlegte ich. Am wahrscheinlichsten wollen sie mir einen tüchtigen Schrecken einjagen. Wie sollen sie mich denn aufgrund der Witze, die ich gerissen habe, verurteilen? Vor dem Krieg ein rebellischer Student, im Krieg Partisan. Natürlich, wenn sie mich fragen, warum ich diese Witze gerissen habe, wird es schwer sein, eine Antwort zu geben. Wie soll man erklären, was in einem freisinnigen Menschen vorgeht, wenn er diese eitlen Machtprotze sieht? Natürlich war auch etwas Hahnengehabe dabei. Keiner traut sich den Mund aufzumachen. Sind wir nun Helden oder nicht? Und noch ein Cognac! Und weil ich viele kannte, war bald eine ganze Meute hinter mir...
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Autor

Vitomil Zupan (1914 - 1987) war zwei Jahre alt, als sein Vater als Frontsoldat fiel. Die Mutter heiratete in Ljubljana einen Germanistikprofessor, der kurz darauf starb. Als beim Spiel mit einer Waffe ein Freund tödlich verwundet wurde, entfloh Zupan trotz Freispruch der Situation, indem er auf einem Schiff anheuerte. Er bereiste die Welt und schlug sich als Boxer und Gelegenheitsarbeiter durch. Auf Wunsch seiner Mutter kehrte er zurück, um ein Studium des Bauingenieurswesens aufzunehmen. 1933 erschien sein erster Prosatext, bis 1941 schrieb er mehrere Romane und Stücke, die aber erst in den 1970er Jahren erscheinen konnten. 1941 ging er in den Widerstand, wurde 1942 verhaftet und in italienische Lager gesteckt. 1943 schloss er sich den Partisanen an, zuerst im Kampf und dann als Autor und Sprecher für das Partisanenradio. Nach dem Krieg stürzte er sich in ein Leben als Bohemien. Seine Publikationen wurde sowohl kontrovers diskutiert als auch mit Preisen bedacht. 1948 wurde Zupan angeklagt: wegen Unmoral, versuchten Mordes, staatsfeindlicher Aktivitäten. Er wurde zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, die nach Berufung auf 18 Jahre aufgestockt wurden. Nach mehr als sechs Jahren wurde er begnadigt. Er arbeitete als Drehbuchautor für das slowenische Fernsehen, ab 1960 konnte er wieder regulär unter seinem Namen veröffentlichen. Seine autobiographischen Romane »Menuett für Gitarre« (1975), »Die Komödie des menschlichen Gewebes« (1980) und »Levitan« wurden zu Kultbüchern für die junge Schriftstellergeneration Sloweniens und Jugoslawiens.

Bei diesen Artikeln hat der Autor auch mitgewirkt