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Die Unbestimmbarkeit der Dichterin

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
308 Seiten
Deutsch
BoD - Books on Demanderschienen am20.08.20241. Auflage
Auf der Suche nach Inspiration verbringt die Schriftstellerin Esme einige Monate in einem Kloster im Harz. Bald ist es nicht mehr ihr größter Wunsch, ihr Leben weiter wie bisher auf den Seiten zwischen zwei Buchdeckeln zu platzieren, sondern sich der Wirklichkeit zu stellen. Ein Roman über die Macht des Schreibens und die noch größere Macht der Liebe.

Insa Segebade, geboren 1969 in Leer, hat Literatur und kreatives Schreiben bei Hanns-Josef Ortheil sowie Musik an der Universität Hildesheim studiert. Als Stipendiatin der Hans-Böckler-Stiftung hat sie am Musikinstitut der Universität Hildesheim darüber promoviert, wie Rockstars im Spielfilm und in Printmedien dargestellt werden. Mit Rockmusik beschäftigt Insa Segebade sich schon seit langem - nach einem längeren Aufenthalt in Paris war sie im Musikmanagement tätig, hat Tourneen organisiert und begleitet. Seit 1999 arbeitet Insa Segebade hauptberuflich als Schriftstellerin, Kultur-Journalistin und Dozentin für kreatives Schreiben an verschiedenen Hochschulen u.a. Bildungseinrichtungen im In- und Ausland. Sie ist Mitglied im PEN Zentrum deutschsprachiger Autoren im Ausland und in der Künstlerinitiative GILS.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR24,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextAuf der Suche nach Inspiration verbringt die Schriftstellerin Esme einige Monate in einem Kloster im Harz. Bald ist es nicht mehr ihr größter Wunsch, ihr Leben weiter wie bisher auf den Seiten zwischen zwei Buchdeckeln zu platzieren, sondern sich der Wirklichkeit zu stellen. Ein Roman über die Macht des Schreibens und die noch größere Macht der Liebe.

Insa Segebade, geboren 1969 in Leer, hat Literatur und kreatives Schreiben bei Hanns-Josef Ortheil sowie Musik an der Universität Hildesheim studiert. Als Stipendiatin der Hans-Böckler-Stiftung hat sie am Musikinstitut der Universität Hildesheim darüber promoviert, wie Rockstars im Spielfilm und in Printmedien dargestellt werden. Mit Rockmusik beschäftigt Insa Segebade sich schon seit langem - nach einem längeren Aufenthalt in Paris war sie im Musikmanagement tätig, hat Tourneen organisiert und begleitet. Seit 1999 arbeitet Insa Segebade hauptberuflich als Schriftstellerin, Kultur-Journalistin und Dozentin für kreatives Schreiben an verschiedenen Hochschulen u.a. Bildungseinrichtungen im In- und Ausland. Sie ist Mitglied im PEN Zentrum deutschsprachiger Autoren im Ausland und in der Künstlerinitiative GILS.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783759774538
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum20.08.2024
Auflage1. Auflage
Seiten308 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1357 Kbytes
Artikel-Nr.17359366
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

II

Esme wusste nicht, wie sie sich ein Kloster genau vorgestellt hatte. Trotzdem, oder auch deshalb, hatte sie bewusst darauf verzichtet, sich Fotos vom St. Johannes Kloster im Internet anzuschauen. Die Bilder, die ihr durch den Kopf gingen, waren immer düster. Von schweren Gewitterwolken oder einer mondbeschienen Nacht. Düster war auch das Gebäude selbst in ihren Vorstellungen. Aus schwerem, klobigem Stein gebaut, dunklem Stein selbstverständlich, inmitten eines undurchdringlichen Waldes. Wenigstens den gab es, wenn auch in angemessener Entfernung, registrierte sie, als das Taxi mit elegantem Schwung vor dem Eingangsportal des weiß getünchten, hufeisenförmigen Baus hielt, dass der sorgfältig geharkte Kies aufspritzte. Das schlichte Gebäude mit einem Quadrat unter einem roten Spitzdach an der Stirnseite und zwei Rechtecken an jeweils einer Seite bot kaum etwas, woran sich das Auge festhalten konnte. Als Esme ausstieg und ihr Gepäck aus dem Kofferraum wuchtete, den der Fahrer von innen öffnete und gleich wieder schloss, ließ sie ihren Blick über den Parkplatz streifen, auf dem ein knappes Dutzend Autos standen, allesamt SUVs. Sie verloren sich auf dem gepflasterten Platz, waren aber doch, nach Esmes Empfinden, noch immer zu viele.

Esme stieß die in Indigoblau gestrichene Holztür auf und trug ihren Koffer über den frisch gebohnerten Parkettboden dahinter. Sie wagte es nicht, ihn hinter sich herzuziehen. Nicht auszudenken, wenn die zwei Rollen schwarze Schlieren auf dem Holz hinterlassen würden. Außerdem schreckte sie vor dem Lärm zurück, der dadurch entstanden wäre. Nachdem die Tür hinter ihr krachend ins Schloss gefallen war - zu schnell, als dass Esme eine Chance gehabt hätte, sie selbst zu schließen, und zwar leise - drang kein Laut in den Eingangsbereich mit seinen schmucklosen, verputzten Wänden. Vielleicht diente er der ersten Kontemplation, dachte Esme, verwarf den Gedanken aber sofort wieder, als sie nach wenigen Minuten eine zweite Holztür öffnete, die sie weiter ins Innere des Hauses führte. Und das hatte weniger etwas gemein mit der inneren Einkehr, die man in einem sakralen Raum empfindet, als mit dem geschäftigen Treiben einer Hotellobby.

Auch einen Empfangstresen gab es hier, über dem ein metallenes Schild mit der Aufschrift »Rezeption« an zwei Messingketten von der Decke baumelte. Und es war kein Mönch in braunem Habit, der dahinter stand und die Gäste begrüßte, sondern ein Mann in den Zwanzigern, in dunkelblauer Livree, die Haare oberhalb der Ohren abrasiert, das kurze Deckhaar mit Gel zu einer orangefarbenen Bürste aufgestellt. Esmes aufkeimende Enttäuschung wurde rasch von der Erleichterung darüber verdrängt, dass die sechs Leute, die vor ihr an der Rezeption standen, allesamt auschecken und abreisen wollten, auch wenn sich das bei dem letzten Gast in die Länge zog. Kurz hörte Esme ihn von zu kaltem Duschwasser, lichtdurchlässigen Vorhängen und zu hellen Sternen, die die Nachtruhe empfindlich störten, gluckernden Abflüssen im Nebenzimmer und Vogellärm vor den Fenstern reden.

Dann gelang es ihr, die Stimme auszublenden und sich auf ein in dunklen Farben gehaltenes Ölgemälde rechts vom Empfangstresen zu konzentrieren, das Porträt eines Mannes im seitlichen Profil. Obwohl der schmallippige Mund an den Seiten leicht nach oben gezogen war, wollte der Mann nicht so recht freundlich wirken. Woran lag das? An dem stark ausgeprägten Kinn, der schmalen Raubvogelnase, den hohen Wangenknochen, die zwei tiefe Furchen ins Gesicht des bartlosen Mannes gemeißelt hatten?

»Und womit kann ich Ihnen helfen, Frau ...? ... Hallo?« Esme zuckte zusammen. So tief war sie in den Anblick des düsteren Porträts versunken gewesen, dass sie nicht bemerkt hatte, längst an der Reihe zu sein. »Entschuldigen Sie«, sagte sie und bemühte sich um ein Lächeln. »Esme Lang. Ist das der Namensgeber?« Sie wies mit dem Kopf zum Bild. »Von was?« »Na, vom Kloster.« Die Schultern in der dunkelblauen Livree wurden nach oben gezogen und gleich wieder fallen gelassen. »Ich weiß nicht, was Sie meinen.« »Vom Sankt Johannes Kloster«, half Esme nach. »Äh, ja, vermutlich. Das müsste der heilige Johannes sein.« »Und welcher Johannes? Von denen gibt es in Ihrer Kirche ja viele.« »Also, ehrlich gesagt ist das nicht meine ...« »Das ist Johannes, oder auch Johann, Geiler von Kaysersberg«, beendete eine Baritonstimme in ihrem Rücken den abstrusen Dialog.

Esme drehte sich um. Ein großer, schlanker Mann in weißer Hose und weißem T-Shirt blickte von einem Stapel Papieren auf, den er in einer Hand trug und mit der anderen durchblätterte. Er hatte feine, ja, asketische Gesichtszüge, die streng gewirkt hätten, wären da nicht die dunkelgrauen Augen gewesen. Von dichten Wimpern umkränzt, unter dem feinen Bogen der Augenbrauen, die von einem tiefen Schwarz waren, wie es vermutlich einst auch die kurzgeschnittenen Haare gewesen waren, durch die sich nun ein paar graue Strähnen zogen. An der rechten Seite gleich oberhalb der Stirn war ein Wirbel, der einen Scheitel andeutete und zugleich die Haare an der Stelle hochstehen ließ. Hielte der Mann nicht die Papiere, hätte Esme vermutet, er käme direkt vom Tennisplatz. Seine Gesichtshaut hatte einen Bronzeton, der auf einen häufigen Aufenthalt im Freien schließen ließ. Aber er schien hier zu arbeiten, trug jedoch keinen Habit.

Esme versuchte, einen verstohlenen Blick auf seinen Hinterkopf zu werfen. War da eine Tonsur? Der Blick war nicht verstohlen genug, da der Mann das Rätsel um seine Identität nun selbst löste. »Bruder Antonius«, stellte er sich vor, »zuständig für alles Medizinische.« Ein Satz, den er wohl ausschließlich Gästen gegenüber sagte, vermutete Esme. Einfach gehalten, frei von klösterlichem Vokabular. Noch ehe sie dazu kam, sich selbst vorzustellen, war Bruder Antonius hinter den Empfangstresen gegangen, wo er seinen Papierstapel ablegte und einen dicken Aktenordner durchschaute, der in einem offenen Schrank an der Wand lag. Dabei wandte er ihr den Rücken zu, und Esme konnte erkennen, dass keine Tonsur in seinen Haarschopf rasiert war. Dafür schienen die grauen Strähnen in seinem Haar auf einmal zu leuchten, so dass Esme unwillkürlich nach oben schaute und nach einer Lichtquelle an der Decke spähte, jedoch nichts entdeckte.

»Haben Sie sich bereits unser Programm angeschaut?«, meldete sich der Rezeptionist wieder zu Wort und fuhr, ohne eine Antwort abzuwarten, fort: »Weil die Hauptsaison bereits vorbei ist, ist es nicht mehr ganz so umfangreich, bietet aber doch noch so viel, dass dass Sie sich in den kommenden sechs Monaten, die Sie bei uns sind, nicht langweilen müssen.« »Da sehe ich keine Gefahr.« »Müssen Sie auch nicht. Unser Yoga- und Meditationslehrer ist das ganze Jahr über hier. Die Töpferkurse finden ebenfalls weiter statt. Zwar nicht hier im Kloster, aber unten im Dorf, nur fünf Kilometer entfernt, das ...« »Nein, nein«, unterbrach Esme den Redefluss. »Ich möchte nichts von alledem. Ich möchte einfach ... Ruhe. Schön wäre allein, wenn ich hin und wieder die Klosterbibliothek benutzen könnte, um ...« »Bedaure«, unterbrach der Rezeptionist nun seinerseits ihren Redefluss, »die ist allein den Brüdern vorbehalten. Aber es gibt einen Leseraum für unsere Gäste. Mit aktuellen Zeitschriften, der Tagespresse, allerlei leichter Lektüre und ...«

»Okay, schon gut«, bedauerte Esme ihre Frage, unterschrieb rasch das Anmeldeformular, das schon auf dem Tresen bereitlag, und griff nach dem Zimmerschlüssel gleich daneben. In den Messinganhänger, an dem er hing, war eine Neun eingestanzt. Das Gästehaus und alles andere, was sie benötigte, würde sie schon ohne Hilfe finden. Für den Moment wollte sie einfach nur eines: So schnell wie möglich diese Hotellobby verlassen. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann sie zuletzt so lange mit jemandem gesprochen hatte, der ihr gegenüberstand. Am Telefon, ja, mit ihrem Lektor Sven, der fragte, an welcher ihrer Serien sie gerade schrieb. Ob sie eine neue anfangen wollte, einen Krimi vielleicht. Diese Fragen am Telefon zu beantworten, war anstrengend genug. Aber den Gesprächspartner vor Augen zu haben, seinen Blicken ausgesetzt zu sein, nein, das war etwas anderes.

Das Gästehaus befand sich hinter dem linken Flügel, durch eine metallene Pforte mit diesem verbunden. Und bestens ausgeschildert. Es war definitiv jüngeren Datums als das Hauptgebäude und besaß den Charme einer Jugendherberge, wie Esme sie aus ihrer Schulzeit kannte. Oder doch eher eines Krankenhauses? Eines Sanatoriums? Esme versuchte, sich von der bedrückenden Stimmung abzuschirmen, die sie befiel, als sie den langgestreckten Gang betrat, von dem die Zimmer der Gäste abgingen. Wieder trug sie ihren Koffer. Wieder hatte sie Angst, die Rollen könnten schwarze Schlieren auf dem Boden hinterlassen, hier hellgrauer Linoleumboden. Zu den verblichenen...
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Insa Segebade, geboren 1969 in Leer, hat Literatur und kreatives Schreiben bei Hanns-Josef Ortheil sowie Musik an der Universität Hildesheim studiert. Als Stipendiatin der Hans-Böckler-Stiftung hat sie am Musikinstitut der Universität Hildesheim darüber promoviert, wie Rockstars im Spielfilm und in Printmedien dargestellt werden. Mit Rockmusik beschäftigt Insa Segebade sich schon seit langem - nach einem längeren Aufenthalt in Paris war sie im Musikmanagement tätig, hat Tourneen organisiert und begleitet.

Seit 1999 arbeitet Insa Segebade hauptberuflich als Schriftstellerin, Kultur-Journalistin und Dozentin für kreatives Schreiben an verschiedenen Hochschulen u.a. Bildungseinrichtungen im In- und Ausland. Sie ist Mitglied im PEN Zentrum deutschsprachiger Autoren im Ausland und in der Künstlerinitiative GILS.