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Geschichte der DDR

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
PapyRossa Verlagerschienen am01.09.20246. Auflage
Jenseits der üblichen Horrorszenarien klärt Jörg Roesler auf über die Geschichte des kleineren deutschen Staates. Sie wird erstens erzählt als Geschichte der Herrschaft der SED. Im Mittelpunkt stehen dabei zwei Gruppierungen, vom Autor als Konservative bzw. Reformer charakterisiert. Dies ist gleichzeitig die Geschichte der Sicherung der Stabilität eines in seiner Existenz ökonomisch und politisch wiederholt gefährdeten Staates. Zweitens wird die Geschichte der DDR als Geschichte der sowjetisch-ostdeutschen Beziehungen erzählt. Es ist die Geschichte von Moskaus 'ungeliebtem Kind', einer durch das Scheitern der sowjetischen Deutschlandpolitik zustande gekommenen Minimallösung, eines schließlich lästig werdenden Vorpostens. Drittens wird die Geschichte der DDR erzählt als Geschichte der Beziehungen zur Bundesrepublik. Sie endet mit der Vereinnahmung des kleineren durch den größeren, sich als stabiler und potenter erweisenden deutschen Staates.

Jörg Roesler, Prof. Dr., *1940, Wirtschaftshistoriker. Studium der Wirtschaftswissenschaften und Geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin, bis 1991 tätig am Institut für Wirtschaftsgeschichte der Akademie der Wissenschaften der DDR, danach Mitarbeit am Zentrum für Zeithistorische Forschungen in Potsdam und Vorlesungen zur deutschen Geschichte und Wirtschaftsgeschichte an der Universität der Künste, Berlin und den Universitäten McGill (Montreal), University of Toronto und Portland State University (USA).
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextJenseits der üblichen Horrorszenarien klärt Jörg Roesler auf über die Geschichte des kleineren deutschen Staates. Sie wird erstens erzählt als Geschichte der Herrschaft der SED. Im Mittelpunkt stehen dabei zwei Gruppierungen, vom Autor als Konservative bzw. Reformer charakterisiert. Dies ist gleichzeitig die Geschichte der Sicherung der Stabilität eines in seiner Existenz ökonomisch und politisch wiederholt gefährdeten Staates. Zweitens wird die Geschichte der DDR als Geschichte der sowjetisch-ostdeutschen Beziehungen erzählt. Es ist die Geschichte von Moskaus 'ungeliebtem Kind', einer durch das Scheitern der sowjetischen Deutschlandpolitik zustande gekommenen Minimallösung, eines schließlich lästig werdenden Vorpostens. Drittens wird die Geschichte der DDR erzählt als Geschichte der Beziehungen zur Bundesrepublik. Sie endet mit der Vereinnahmung des kleineren durch den größeren, sich als stabiler und potenter erweisenden deutschen Staates.

Jörg Roesler, Prof. Dr., *1940, Wirtschaftshistoriker. Studium der Wirtschaftswissenschaften und Geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin, bis 1991 tätig am Institut für Wirtschaftsgeschichte der Akademie der Wissenschaften der DDR, danach Mitarbeit am Zentrum für Zeithistorische Forschungen in Potsdam und Vorlesungen zur deutschen Geschichte und Wirtschaftsgeschichte an der Universität der Künste, Berlin und den Universitäten McGill (Montreal), University of Toronto und Portland State University (USA).
Details
Weitere ISBN/GTIN9783894389093
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum01.09.2024
Auflage6. Auflage
SpracheDeutsch
Dateigrösse649 Kbytes
Artikel-Nr.17512569
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

3.
Wiederaufbau unter antifaschistischem Vorzeichen: Parteipolitik in der SBZ (1945 - 1949/50)

Politische Parteien wurden in der SBZ bereits im Frühsommer 1945 neu gegründet bzw. wieder gegründet. Sie hatten sich im Rahmen der Vorgaben der sowjetischen Besatzungsmacht zu bewegen. Mit der geforderten Zielsetzung eines antifaschistischen, demokratischen, friedliebenden Deutschland hatten die Christlich-Demokratische Union (CDU) und die Liberaldemokratische Partei (LDPD) wohl die geringsten Probleme, eher schon die Sozialdemokratische Partei (SPD), die zunächst den »Sozialismus in Gemeinde und Gesellschaft« propagierte, aber auch die Kommunisten. Diese hatten sich Anfang der 30er Jahre noch als Antwort auf die Weltwirtschaftskrise für ein »Sowjetdeutschland« engagiert. Die Rücknahme der Zielsetzung durch die Komintern Mitte der 30er Jahre hatten nur die im Exil lebenden deutschen Kommunisten mitbekommen können. Der im Gründungsaufruf der KPD proklamierte Verzicht auf die Einführung des Sowjetsystems, die Befürwortung einer »parlamentarisch-demokratischen Republik« sowie die dort geforderte »Entfaltung der privaten Unternehmerinitiative« entsprangen nicht nur dem Versuch, Sympathien für die KPD bei breiten Bevölkerungsschichten zu wecken, sondern waren auch Signale an die eigene Mitgliedschaft. Der seit Februar 1946 von der KPD-Führung vertretene »besondere deutsche Weg zum Sozialismus« half, der Vereinigung von KPD und SPD den Weg zu ebnen. Die »Sozialistische Einheitspartei« (SED) entstand im April gleichen Jahres. Der heute gern als »Zwangsvereinigung« apostrophierte Zusammenschluss war das Ergebnis von Vereinigungswünschen an der Basis - selbst 62 % der Westberliner Sozialdemokraten befürworteten in einer Urabstimmung eine engere Zusammenarbeit beider Arbeiterparteien - sowie von sowjetischem Druck auf den Parteivorstand und widerständige Funktionäre der SPD. (Zimmermann 1162-1163).

Schon ein dreiviertel Jahr vorher, als sich KPD und SPD erstmals auf gemeinsames Vorgehen in wichtigen Fragen geeinigt hatten, war mit LDPD und CDU der »antifaschistisch-demokratische Block« gebildet worden, eine Art Vierparteien-Koalition, die auf einheitliches Handeln bei Durchsetzung des Antifaschismus in Politik und Gesellschaft zielte und kulturell im ersten in Babelsberg gedrehten deutschen Nachkriegsfilm »Die Mörder sind unter uns« ihren klassischen Ausdruck fand. Zu ersten Bewährungsproben für die Zusammenarbeit der Blockparteien wurden die Bodenreform (September 1945) und die Industriereform (Juni 1946). In beiden Fällen handelte es sich um die entschädigungslose Enteignung desjenigen Teils der bürgerlichen Elite, der nach allgemeiner Auffassung dem Faschismus an die Macht verholfen, ihn gestützt und zudem von ihm und vom Krieg profitiert hatte. Die Beseitigung der wirtschaftlichen Machtpositionen der »Junker« (aller Großgrundbesitzer über 100 ha) und der Monopolisten sowie anderer Unternehmer, die nachweislich an Rüstungslieferungen und Zwangs- und Fremdarbeiterausbeutung verdient hatten, wurde von vielen als wichtigste Präventionsmaßnahme gegen ein Wiederentstehen des Faschismus betrachtet, wichtiger noch als die Schaffung parlamentarisch-demokratischer Strukturen, die Hitlers Machtergreifung 1933 ja nicht hatten verhindern können.

Im Ergebnis der Bodenreform erhielten 119.000 Landarbeiter und 83.000 Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten, in der SBZ als Umsiedler bezeichnet, 2,1 Mio. ha Land, nicht nur zur Nutzung, sondern auch - im Unterschied etwa zur Landreform der Bolschewiki 1918 - als verbrieften Besitz.

In staatliches Eigentum (in das der ostdeutschen Länder bzw. ab 1948 in zoneneinheitliches Volkseigentum) gingen dagegen die Betriebe der »Naziaktivisten und Kriegsverbrecher« über. Vorangegangen war ein Volksentscheid in Sachsen, in dem über die Hälfte der in Frage kommenden Betriebe lagen. 77,7 % der Wähler votierten für die Enteignung. Noch im Sommer 1946 wurden entsprechende Konfiskationen auch in der übrigen SBZ durchgeführt. Nach dem Abschluss der Enteignungsmaßnahmen 1948 entfielen 39 % der Bruttoproduktion auf volkseigene Betriebe, der gleiche Anteil auf private Mittelstandsunternehmen und 22 % auf SAG-Betriebe.

CDU und LDPD hatten die Enteignungsaktionen im Sinne des proklamierten Antifaschismus ebenso mitgetragen wie die Ansätze einer (Rahmen-)Planung: Man dürfe die Wirtschaft mit all ihren sozialen Wirkungen nicht einem wild wuchernden Kapitalismus überlassen, sondern müsse sie planender Vernunft unterordnen. Sie wandten sich allerdings gegen die rigorose Art der Durchführung der Enteignungen und wurden in Grenzfällen - häufig vergeblich - zugunsten der privaten Eigner aktiv.

Die nach dem Juni 1946 vorgenommene Einsetzung von Treuhändern in den verstaatlichten Betrieben war aus der Sicht der Arbeiter nur die juristische Konsequenz dessen, was de facto bereits seit einem Jahr Tatsache war - die Entmachtung der bisherigen Unternehmensführungen in den Großbetrieben. Mit dem Zusammenbruch der Naziherrschaft war auch das Führer- und Gefolgschaftsprinzip obsolet geworden. Die Wiederingangsetzung der Produktion in den ersten Nachkriegsmonaten war meist ohne die in die Westzonen geflüchteten Konzernchefs bewältigt worden. Deren vereinzelte Versuche, dem »Herr im Hause-Standpunkt« wieder Geltung zu verschaffen, wurden von den Belegschaften vereitelt. Was seitens der Gewerkschaften bereits in der Weimarer Republik gefordert worden war, aber nie Wirklichkeit wurde, Arbeiterkontrolle auch über Produktionsentscheidungen, echte Wirtschaftsdemokratie also, stand seit 1945 in vielen ostdeutschen Großbetrieben auf der Tagesordnung. »Im Bergbau können die Betriebsführungen, Direktorien, Aufsichtsräte nichts mehr machen ohne die Betriebsvertretungen und Verbandsleitungen (der Gewerkschaften)«, konstatierte im November 1945 der sächsische Wirtschaftsminister Fritz Selbmann. Es gab allerdings bis 1948 eine strikte Begrenzung der Mitbestimmung in den privaten wie in den verstaatlichten Betrieben: Über den Umfang von Reparationslieferungen und vorzunehmende Demontagen bestimmte allein die sowjetische Besatzungsmacht.

Hatte es im antifaschistisch-demokratischen Block auch immer wieder Auseinandersetzungen gegeben, die einzelne führende Mitglieder von CDU und LDPD veranlassten, sich zu ihren »Schwesterparteien« in den Westzonen abzusetzen, zur Zerreißprobe für die Blockpolitik wurde erst der Beschluss der SED-Führung von Ende Juni 1948, mit einem Zweijahrplan (für 1949/50) zur direktiven, d. h. verbindlichen zentralen Planung der Industrie der SBZ überzugehen und angesichts sich häufender Unterbrechungen des Interzonenhandels durch den Westen und ausbleibender Lieferungen von Kohle, Eisen und Stahl aus dem Ruhrgebiet mit der Errichtung einer eigenen schwerindustriellen Basis im Osten Deutschlands zu beginnen.

Durch das Zweijahrplanprojekt wurden grundlegende Interessen von LDPD und CDU gleich zweifach verletzt: Wenn auch durch den Westen erzwungen, konnte der Aufbau schwerindustrieller Strukturen in der SBZ kaum anders denn als Absage an die deutsche Einheit gedeutet werden, die bis dahin unangefochtenes Ziel der Blockpolitik gewesen war. Die Konzentration der Investitionen auf die Schwerindustrie entzog den Konsumgüterindustrien, deren ganz überwiegend noch private Besitzer zum Klientel der beiden Blockparteien gehörten, die Investitionsmittel.

Die LDPD-Führung entschloss sich zum Frontalangriff. Sie lehnte den Zweijahrplan der SED öffentlich ab, da sie »in der Planwirtschaft ein Mittel autoritärer, bürokratischer Bevormundung in Richtung bestimmter Parteiziele sehe.« Die CDU-Führung agierte vorsichtiger. Sie offerierte ein »Wirtschafts- und Sozialprogramm«, das ihr Vorsitzender als »Ergänzungsplan«, teilweise aber auch als »Gegenplan« zum Zweijahrplanvorschlag der SED bezeichnete und der einer ordnungspolitischen Alternative in Richtung »Dritter Weg« gleichkam.

Die SED-Führung reagierte auf die Verweigerungshaltung der Blockparteien taktisch geschickt: Sie ging gegenüber der LDPD in die Gegenoffensive, unterstellte ihr, den Boden der antifaschistisch-demokratischen Ordnung verlassen zu wollen, und bescheinigte gleichzeitig der CDU, dass »eine Reihe von Grundgedanken« in deren Programm als »wertvolle Ergänzungen des Zweijahrplanes« betrachtet würden.

Der LDPD-Vorstand, auch unter dem Druck der Politoffiziere der SMAD zunehmend uneinig in seiner generellen Verweigerungshaltung, hielt den Konfrontationskurs nur bis zum Herbst 1948 durch. Anfang Oktober bekannte sich die Parteiführung, nachdem die heftigsten Widersacher des Zweijahrplanes zurückgetreten waren (und wenig später die SBZ Richtung Westen verlassen hatten), offiziell zum Zweijahrplan. Die CDU-Führung wartete geduldig auf die Übernahme ihrer als »wertvoll« deklarierten Vorschläge. Doch nichts geschah. Ein »Dritter...
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Autor

Jörg Roesler, Prof. Dr., *1940, Wirtschaftshistoriker. Studium der Wirtschaftswissenschaften und Geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin, bis 1991 tätig am Institut für Wirtschaftsgeschichte der Akademie der Wissenschaften der DDR, danach Mitarbeit am Zentrum für Zeithistorische Forschungen in Potsdam und Vorlesungen zur deutschen Geschichte und Wirtschaftsgeschichte an der Universität der Künste, Berlin und den Universitäten McGill (Montreal), University of Toronto und Portland State University (USA).