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Gras drüber

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Blatt Verlagerschienen am02.09.20241. Auflage
- Zwei Hausmeister, die im Hotel ein Chaos anrichten - vier Frauen, die beim Doppelkopf nicht nur den nächsten Stich planen - ein Klassentreffen, das alles andere als nostalgisch verläuft - ein Zufall, der das Leben verändert (mit dem Glauser- Preis ausgezeichnet) - ein Hund, der eine Beziehung belastet - ein Leichenwagen, der leer ist - ein Priester, der sich fromm gibt - und weitere packende Geschichten

Kathrin Heinrichs wurde bekannt mit ihren Sauerland-Krimis um Vincent Jakobs und der Reihe um den alten Anton und seine polnische Pflegerin Zofia. Sie verfasste außerdem Kurzkrimis, Theaterstücke und Alltagssatiren. 2022 erhielt sie den Glauser-Preis für die beste Krimikurzgeschichte. Sie hat drei erwachsene Kinder und lebt mit ihrem Mann im sauerländischen Menden.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR11,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR7,99

Produkt

Klappentext- Zwei Hausmeister, die im Hotel ein Chaos anrichten - vier Frauen, die beim Doppelkopf nicht nur den nächsten Stich planen - ein Klassentreffen, das alles andere als nostalgisch verläuft - ein Zufall, der das Leben verändert (mit dem Glauser- Preis ausgezeichnet) - ein Hund, der eine Beziehung belastet - ein Leichenwagen, der leer ist - ein Priester, der sich fromm gibt - und weitere packende Geschichten

Kathrin Heinrichs wurde bekannt mit ihren Sauerland-Krimis um Vincent Jakobs und der Reihe um den alten Anton und seine polnische Pflegerin Zofia. Sie verfasste außerdem Kurzkrimis, Theaterstücke und Alltagssatiren. 2022 erhielt sie den Glauser-Preis für die beste Krimikurzgeschichte. Sie hat drei erwachsene Kinder und lebt mit ihrem Mann im sauerländischen Menden.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783934327665
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum02.09.2024
Auflage1. Auflage
SpracheDeutsch
Dateigrösse1349 Kbytes
Artikel-Nr.17532936
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Gras drüber

Es liegt zwar kein Schnee, viel zu warm für die Jahreszeit, aber der Song im Radio macht mich trotzdem sentimental. Driving home for Christmas , Chris Rea. Mein Elektro-BMW schnurrt durch die geschwungene Landschaft, an Weihnachtsbaumkulturen vorbei, und plötzlich kommen Erinnerungen hoch. Wie Papa für einen guten Zweck Weihnachtsbäume schlug in seinem winzigen Wäldchen. Wie Conni und ich sie oben am Sportplatz verkauften. Wie wir verfroren nach Hause kamen, um von Mama mit duftendem Christstollen und heißem Kakao empfangen zu werden. Glückliche Kindheit im Sauerland. Meine Tochter Lynn würde sich garantiert nicht für zwei D-Mark die Stunde in die Eiseskälte stellen. Für uns war es toll.

Das ist alles weit weg. Mama ist vor vier Jahren gestorben, Papa hat sie bis zuletzt gepflegt. Meine Schwester Conni wohnt in der Schweiz, ich in Hamburg, aber Papa klagt nie, obwohl er durch Bandscheibenvorfälle eingeschränkt ist. Ich komme zweimal im Jahr in meine alte Heimat, einmal im Sommer, einmal im Dezember, und dann meckert meine Cara auch schon, weil eigentlich etwas anderes ansteht.

Dabei fahre ich inzwischen ganz alleine nach Hause. Ich habe mir abgewöhnt, die Familie ins Auto zu packen, das Genöle bin ich leid. Wenn ich da bin, regle ich ein paar Sachen, die Papa nicht hinkriegt, aber das meiste hat er im Griff. Umso erstaunlicher, dass er diesmal extra nachgefragt hat.

Du kommst doch am Samstag? , hat er vorgestern am Telefon gefragt.

Na klar, zweites Adventswochenende, haben wir doch besprochen. Steht etwas an?

Ja. Nein. Vielleicht.

Ein technisches Problem?

Die Technik macht ihm am meisten zu schaffen. Einmal hat er über Wochen die Fernbedienung seines Fernsehers nicht benutzt. Ist doch nicht schlimm , meinte er, als ich sie im Sommer instandgesetzt habe, was heißt instandgesetzt. Ich habe die Batterien ausgetauscht. Es ist gesund, mal aufzustehen und am Apparat das Programm einzustellen.

So ist mein Vater. Bescheiden. Pragmatisch. Das Gegenteil von bequem.

Nicht direkt technisch , hat mein Vater am Telefon gemurmelt und dabei zum ersten Mal ein bisschen verzweifelt gewirkt. Aber so ähnlich.

Ich kümmere mich , hab ich gesagt, am Samstagmittag bin ich bei dir.

Cara hat natürlich geunkt. Wetten, das Klo ist verstopft. Und bis es wieder heil ist, geht er in den Garten.

Cara ist ungerecht, wenn es um meine Familie geht. Als sie noch mit ins Sauerland fuhr, hat sie darauf bestanden, im Hotel zu übernachten.

Mir war das peinlich. Ist mein Elternhaus nicht gut genug für uns?

Ich finde, ich kann dankbar sein, dass mein Vater nichts von mir erwartet. Er kocht jeden Tag und hat soziale Kontakte. Mit seinen Nachbarn Ortwin und Friedhelm hat er bis vor kurzem jeden Freitag Karten gespielt. Friedhelm allerdings ist vor ein paar Wochen gestorben, vielleicht setzt ihm das zu.

Äußerlich ist alles tipptopp, als ich in die Einfahrt einbiege. Der Bürgersteig gefegt, die beiden Mülltonnen akkurat nebeneinandergestellt, der kleine Corsa meines Vaters, mit dem er nur noch zum Supermarkt fährt, unter dem Carport. Dahinter stelle ich meinen Flüster-SUV ab und bitte Siri, eine Nachricht an Cara zu schreiben, dass ich gut angekommen bin. Cara antwortet gleich: Vergiss im Sauerland die guten Vorsätze nicht!

Cara macht gerade ein Coaching. Jeden Tag Sport, Meditation und schlaue Sprüche zum Finden der Balance. All das reicht sie an mich weiter, ob ich will oder nicht. Das geht mir ziemlich auf den Geist.

Ja klar , diktiere ich Siri. Aber das Sauerland ist ja sowieso für Ruhe und Frieden bekannt.

Noch bevor ich klingeln kann, öffnet mein Vater die Haustür, so kenne ich ihn nicht.

Stephan , er zieht mich ins Haus. Du bist doch alleine gekommen?

Und dann steht da auch noch Ortwin im Flur, Papas bester Kumpel. Was ist hier los?

Junge , Ortwin klopft mir auf die Schulter, was ihm nicht leichtfällt. Ortwin ist klein.

Ortwin , ich möchte zurückklopfen, aber ich fürchte, das Persönchen bricht dann zusammen.

Also dann , sagt mein Vater, das Problem liegt im Keller.

Mein Vater ist wackliger auf den Beinen als beim letzten Besuch. Während ich hinter ihm die Kellertreppe hinabsteige, gehe ich in Gedanken die Worst Cases durch. Wasserrohrbruch? ... Oder doch ein Problem mit der Toilette und die Fäkalien sammeln sich unten? ... Oder geht es um Nager? Sehen mich gleich ein paar Rattenaugen an? Was auch immer. Gut, dass Cara nicht hier ist.

Ich werde in den hintersten Raum des Kellers geführt, wo nur Krimskrams herumsteht. Der Apfelpflücker, das ausrangierte Aquarium, die Kettensäge.

Und? , frage ich.

Es ist Ortwin, der es ausspricht. Wir haben eine Leiche im Keller. Und dann zeigt er zum Einnetzer hin. Das Einnetzgerät ist ein Teil meiner Kindheit. Damit haben Conni und ich damals die Weihnachtsbäume verpackt. Und tatsächlich steckt auch jetzt ein eingenetzter Baum in der Trommel. Äh - Moment, ist das wirklich ein Baum?

Was ist das? , stammele ich - und weiß schon, dass ich anders fragen müsste. Nicht was, sondern wer.

Der Neffe von Friedhelm , sagt mein Vater verlegen. Er ist die Treppe hinuntergestürzt.

Das ist völlig verrückt, sowas passiert einfach nicht. Wenn einer die Treppe hinunterstürzt, liegt er verkrümmt am Fuße der Treppe, der Notarzt kommt, dann die Polizei, und das Ganze nimmt seinen tragischen Gang.

Und plötzlich wird mir klar, dass die beiden alten Männer mich veräppeln. Dass irgendwo eine versteckte Kamera läuft, deren Aufnahme für den nächsten runden Geburtstag gedacht ist. Energisch trete ich zum Baumtrichter hin und versuche das Netz aufzureißen. Hinter mir höre ich einen Aufschrei, als ich sehe, was ich plötzlich in den Händen halte: ein Büschel Haare.

Tragischerweise summt plötzlich mein Handy. In einer Art Schockzustand schaue ich drauf. Cara natürlich. Wie läuft es? Hast du schon nette Bekanntschaften gemacht?

Ich schaue auf die Haare in meiner Rechten. Und wie , raune ich. Und mit Ruhe und Frieden läuft´s auch.

Sie haben mich aufs Sofa verfrachtet und mir Schnaps eingeflößt. Tatsächlich geht es mir nach zwei Obstbränden besser.

Sie können überhaupt nichts dafür, sagen die beiden alten Männer, der Neffe ist die Kellertreppe hinuntergestürzt, ein tragischer Unfall, irgendwie.

Warum habt ihr dann die Polizei nicht gerufen?

Ich wusste, dass er das fragt , wendet sich Ortwin vorwurfsvoll an meinen Vater.

Weil ich normal bin! Jeder normale Mensch ruft die Polizei, wenn ein tragischer Unfall passiert.

Ortwin guckt ein wenig beleidigt. Mein Vater hebt hilflos die Arme. Es ist ein bisschen komplizierter. Irgendwie.

Dieses Irgendwie an allen möglichen Stellen. Haben die beiden Alten tatsächlich einen Menschen umgebracht?

Habt ihr einen Menschen umgebracht? , frage ich nach.

Nein! , kommt es von beiden wie aus der Pistole geschossen. Und dann fangen sie an zu erzählen.

Dass dieser Kerl - sie sagen es mit Abscheu - ein brutaler Grobian sei. Nie habe er sich um Friedhelm gekümmert, aber jetzt, da sein Onkel tot sei, wolle er ans Erbe. Obwohl Friedhelm das doch Ana geben wollte, die ihn gepflegt hat.

Wo ist diese Anna? , erkundige ich mich.

Ana , verbessern mich die beiden Herren im Chor. Sie kommt aus Mazedonien , erklärt Ortwin bemüht. Über zwei Jahre hat sie Friedhelm wie ein Engel gepflegt.

Ana scheint eine Heilige zu sein, so wie die beiden über sie sprechen. Davor war ein Drache am Werk, wenn ich mich richtig erinnere. Ein Drache, der sich über Nacht aus dem Staub gemacht hat, Ignatia, oder so ähnlich.

Okay , halte ich fest, wo ist Ana jetzt?

Sie hat sich eine Weile zurückgezogen , sagt mein Vater verschwommen. Das klingt wieder verdammt nach Irgendwie.

Wir mussten befürchten, dass dieser Kerl sich an ihr vergreift , erläutert jetzt Ortwin. Zweimal ist es fast zum Äußersten gekommen. Da konnte sich Ana gerade noch retten.

Wir brauchten eine Lösung , sagt mein Vater lapidar. Und dann überfällt mich plötzlich Panik. Ich stecke hier in etwas drin. Meine Spuren sind im Keller und an der Leiche.

Wir müssen die Polizei rufen!

Wo denkst du hin? , mein Vater schüttelt unwillig den Kopf. Für einen Moment bin ich der kleine Junge, der nach Schokolade fragt, obwohl es in zehn Minuten Mittagessen gibt. Du weißt doch, wie es auf dem Land ist. Die Polizei braucht vierzig Minuten.

Ja und? , frage ich. Wie lange steckt dieser Kerl schon in diesem Netz?

Vier Tage , pariert Ortwin. Aber keine Sorge, da unten ist es kühl.

Ich sinke zurück auf mein Sofa.

Vermisst den denn niemand? , kommt es mir in den Sinn.

Nee!! Synchrones Kopfschütteln, wieder sind sich beide Oldies einig. Keine Familie. Der ist ein Krimineller, hat schon Friedhelm gesagt....
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Autor

Kathrin Heinrichs wurde bekannt mit ihren Sauerland-Krimis um Vincent Jakobs und der Reihe um den alten Anton und seine polnische Pflegerin Zofia. Sie verfasste außerdem Kurzkrimis, Theaterstücke und Alltagssatiren. 2022 erhielt sie den Glauser-Preis für die beste Krimikurzgeschichte. Sie hat drei erwachsene Kinder und lebt mit ihrem Mann im sauerländischen Menden.