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Krieg um die Erinnerung

E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
422 Seiten
Deutsch
Campus Verlag GmbHerschienen am13.09.20101. Auflage
Seit dem Zerfall Jugoslawiens tobt in den Nachfolgestaaten ein 'Krieg um die Erinnerung'. Ljiljana Radonic untersucht erstmals den Umgang mit dem Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust in Kroatien seit 1990. Sie weist nach, dass nach dem Revisionismus der 1990er-Jahre eine Annäherung an europäische 'Erinnerungsstandards' erfolgte, die jedoch nicht nur positiv zu beurteilen ist. Damit ist Kroatien ein Beispiel für die 'gespaltene' Erinnerung in Ost- und Westeuropa.

Ljiljana Radonic verfasst ihre Habilitation über den 'Zweiten Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen' an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und lehrt am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR50,00
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR45,99

Produkt

KlappentextSeit dem Zerfall Jugoslawiens tobt in den Nachfolgestaaten ein 'Krieg um die Erinnerung'. Ljiljana Radonic untersucht erstmals den Umgang mit dem Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust in Kroatien seit 1990. Sie weist nach, dass nach dem Revisionismus der 1990er-Jahre eine Annäherung an europäische 'Erinnerungsstandards' erfolgte, die jedoch nicht nur positiv zu beurteilen ist. Damit ist Kroatien ein Beispiel für die 'gespaltene' Erinnerung in Ost- und Westeuropa.

Ljiljana Radonic verfasst ihre Habilitation über den 'Zweiten Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen' an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und lehrt am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783593409740
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatPDF
Format Hinweis1 - PDF Watermark
FormatE107
Erscheinungsjahr2010
Erscheinungsdatum13.09.2010
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.949
Seiten422 Seiten
SpracheDeutsch
Illustrationen18 Abbildungen, 4 Tabellen
Artikel-Nr.17533594
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
1;Inhalt;6
2;Danksagung;8
3;Vorwort;10
4;1. Einleitung;14
4.1;1.1. Fragestellung und Gliederung;14
4.2;1.2. Theoretische Zugänge und Begriffsklärung;25
4.3;1.3. Methodologische Vorüberlegungen;36
4.4;1.4. Die historisch-diachrone Analyse kroatischer Vergangenheitsdiskurse;45
5;2. Europäischer Kontext: Post-sozialistische Geschichtsdeutungen und die Europäisierung des Holocaust;54
5.1;2.1. Von Entschädigungsfragen zur symbolischen Erinnerung;58
5.2;2.2. Enthistorisierung der Holocaust-Erinnerung;61
5.3;2.3. Identitätsstiftung und politische Instrumentalisierung;67
5.4;2.4. Holocaust vs. Gulag - Konkurrierende Erinnerungen in »West« und »Ost«?;71
5.5;2.5. Resümee: Transnationale Praktiken statt eines europäischen Geschichtskanons;76
6;3. Geschichtlicher Überblick: Der Zweite Weltkrieg (1941-1945);79
6.1;3.1. Der »Unabhängige Staat Kroatien« - Die NDH;79
6.1.1;3.1.1. Die Ideologie der Ustascha-Bewegung;80
6.1.2;3.1.2. Die NDH und der Widerstand gegen den Massenmord;82
6.1.3;3.1.3. Der Bürgerkrieg;83
6.2;3.2. Vom Boykott zur Vernichtung: Shoa und Genozid in Kroatien;87
6.2.1;3.2.1. Rechtliche Grundlage der Verfolgung;88
6.2.2;3.2.2. Deportation, erste Todeslager und die Rolle der Italiener;90
6.2.3;3.2.3. Der Lagerkomplex Jasenovac;93
6.2.4;3.2.4. Jüdinnen und Juden bei den PartisanInnen;96
6.3;3.3. Bleiburg und der »Kreuzweg«;99
7;4. Jugoslawien: Vom »supra-nationalen« Gründungsmythos zum nationalistischen Kampf um die Erinnerung (1945-1990);105
7.1;4.1. Rechtliche und justizielle Vergangenheitspolitik;105
7.2;4.2. Eckpunkte des antifaschistischen Vergangenheitsnarratives;109
7.3;4.3. Institutionen des konkurrierenden Erinnerns;119
7.4;4.4. Schulbücher: letzte Residuen der »Brüderlichkeit und Einheit«;125
7.5;4.5. Der vergangenheitspolitische Diskurs 1985-1990;128
8;5. Die Tu?man-Ära: »Nationale Versöhnung« zwischen Jasenovac und Bleiburg (1990-1999);136
8.1;5.1. Defizite in demokratischen Kernbereichen;136
8.2;5.2. Justizielle und symbolische Vergangenheitspolitik;154
8.3;5.3. Der vergangenheitspolitische Diskurs im Detail: Die Gleichsetzung von Jasenovac und Bleiburg;168
8.3.1;5.3.1. Jasenovac als »nationale Versöhnungsstätte«;168
8.3.2;5.3.2. Exkurs: Der Prozess gegen Dinko Saki? (1998-1999);215
8.3.3;5.3.3. Bleiburg: »Die größte Tragödie des kroatischen Volkes«;230
9;6. Nach den Wendewahlen: Annäherung an europäische Standards unter sozialdemokratischer Führung (2000-2003);267
9.1;6.1. Justizielle und symbolische Vergangenheitspolitik;267
9.2;6.2. Der vergangenheitspolitische Diskurs ohne manichäische Feindzuschreibungen;271
9.2.1;6.2.1. Jasenovac: Abrechnung mit revisionistischen Zuschreibungen;271
9.2.2;6.2.2. Bleiburg: Kein »serbischer Ausrottungsversuch« mehr;290
10;7. Die europäische Integration und eine »neue« HDZ (2003-2008);319
10.1;7.1. Justizielle und symbolische Vergangenheitspolitik;319
10.2;7.2. Der Europa-kompatible vergangenheitspolitische Diskurs;322
10.2.1;7.2.1. Jasenovac: Kontinuität nach dem Wahlsieg der HDZ?;322
10.2.2;7.2.2. Die neue Jasenovac-Ausstellung und die »Europäisierung des Holocaust«;349
10.2.3;7.2.3. Bleiburg: »schuldige« und »unschuldige« Opfer;365
11;8. Ergebnisse;385
12;9. Literatur;405
13;Abbildungs- und Tabellenverzeichnis;422
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Leseprobe
5. Die Tuman-Ära: »Nationale Versöhnung« zwischen Jasenovac und Bleiburg (1990-1999) (S. 135-136)

Zur Kontextualisierung der anschließenden Analyse der Vergangenheitspolitik wird hier zunächst die politische Entwicklung Kroatiens seit dem Wahlsieg von Präsident Tuman bei den ersten freien Wahlen im Frühjahr 1990 dargestellt. Danach wird der Umgang mit der Vergangenheit auf der justiziellen, symbolischen und vor allem diskursiven Ebene untersucht, was Rückschlüsse auf den Zusammenhang zwischen Demokratieentwicklung und Vergangenheitspolitik erlauben soll.

Wie schon im Theorieteil dargelegt, ist davon auszugehen, dass der Fokus auf gesetzliche Maßnahmen und Symbolpolitik, wie etwa Straßenumbenennungen sowie die Errichtung und Entfernung von Denkmälern, ohne Einbeziehung des diskursiven Wandels der Vergangenheitspolitik die Gefahr von Fehlschlüssen birgt. Dies kann insbesondere im Exkurs über den »Fall ?aki«, das Gerichtsverfahren gegen einen ehemaligen Kommandanten des KZ Jasenovac, verdeutlicht werden, wo der justizielle Aspekt, die Verurteilung ?akis zur Höchststrafe, dem verschwörungstheoretischen und antisemitischen Diskurs in jener Phase gegenübergestellt wird.

5.1. Defizite in demokratischen Kernbereichen

Wie sich die Vergangenheitspolitik eines Landes gestaltet, hängt zweifelsohne mit dem jeweiligen politischen System zusammen. Jeder Umgang mit der Geschichte ist zwar instrumentell in dem Sinne, dass die vergangenen Ereignisse gegenwärtigen Bedürfnissen entsprechend erinnert und vergessen, betont oder tabuisiert werden. Dennoch unterscheidet sich der Umgang mit der Geschichte in einem demokratischen Land von jenem in einer Diktatur - vor allem in der Durchsetzung hegemonialer Deutungen, in der Befestigung von Tabus und der Reaktion, wenn diese gebrochen werden. Deshalb erscheint es logisch, dass der Zusammenbruch des Sozialismus in allen betroffenen Staaten auch mit einer neuen Geschichts- und Vergangenheitspolitik einherging.

Da jedoch ferner davon auszugehen ist, dass auch das unabhängige Kroatien in den neunziger Jahren erhebliche Demokratiedefizite aufwies, wird im Folgenden die politische Entwicklung des Landes unter besonderer Berücksichtigung der für die anschließende Diskursanalyse relevanten Situation der Medien untersucht. Die vorhandene Sekundärliteratur legt dabei die Annahme nahe, dass in Bezug auf die Demokratisierung erst nach Tumans Tod und der Abwahl der HDZ im Jahr 2000 entscheidende Fortschritte erzielt wurden.

Die Herausforderungen, denen sich Kroatien zu stellen hatte, waren in vielen Punkten typisch für postkommunistische Staaten. Eine Besonderheit ist jedoch auch im Verhältnis zu anderen Staatsbildungen durch Sezession483 die gleichzeitige Herausforderung durch Demokratisierung und Staatsbildung einerseits und Krieg484 andererseits. Unter TransformationsforscherInnen besteht Einigkeit darüber, dass Krieg und demokratische Veränderungen nicht zusammengehen. Laut Schmitter muss die Festlegung einer nationalen Identität und territorialer Grenzen der demokratischen Entwicklung vorangehen. Kroatien hingegen war der erste postsozialistische Staat, der international anerkannt wurde, ohne dass er bis 1995 die Kontrollgewalt über seine Grenzen und sein Territorium besaß.
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Kritik
01.08.2011, Kilby2Wer sich aus kritischer Sicht mit europäischer Geschichtspolitik und der Geschichte Jugoslawiens befasst, kommt um dieses Buch kaum herum.mehr