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Wissensarbeit in einem Carve-out-Projekt

E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
265 Seiten
Deutsch
Campus Verlag GmbHerschienen am16.08.20181. Auflage
Mandy Schönherr zeigt in ihrer Untersuchung - in ihrer Doppelrolle als aktiv teilnehmende Carve-out-Beraterin und Ethnografin -, dass das betriebswirtschaftliche Verständnis eines Carve-out- Projekts nur einen Bruchteil dessen ausmacht, was in diesem Rahmen von den darin involvierten Unternehmensmitarbeiterinnen und -mitarbeitern praktisch vollzogen wird. Ihre Arbeit demonstriert, wie kulturanthropologische Studien einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Wissens- und Informationsarbeit in der Projektpraxis liefern.

Mandy Schönherr ist Unternehmensberaterin und promovierte am Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie an der Universität Frankfurt am Main.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR46,00
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR41,99

Produkt

KlappentextMandy Schönherr zeigt in ihrer Untersuchung - in ihrer Doppelrolle als aktiv teilnehmende Carve-out-Beraterin und Ethnografin -, dass das betriebswirtschaftliche Verständnis eines Carve-out- Projekts nur einen Bruchteil dessen ausmacht, was in diesem Rahmen von den darin involvierten Unternehmensmitarbeiterinnen und -mitarbeitern praktisch vollzogen wird. Ihre Arbeit demonstriert, wie kulturanthropologische Studien einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Wissens- und Informationsarbeit in der Projektpraxis liefern.

Mandy Schönherr ist Unternehmensberaterin und promovierte am Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie an der Universität Frankfurt am Main.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783593440125
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatPDF
Format Hinweis1 - PDF Watermark
FormatE107
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum16.08.2018
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.14
Seiten265 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4693 Kbytes
Artikel-Nr.17534202
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
InhaltDank 91 Einführung - die Kunst der Trennung 111.1 Carve-out als ein kulturanthropologisches Thema 111.2 Ziele der Arbeit und Forschungsfragen 151.3 Aufbau der Arbeit 182 Theoretische Grundlagen - Entwicklung einer kulturanthropologischen Perspektive 212.1 Das Unternehmen 212.2 Carve-out - ein betriebswirtschaftliches Thema kulturanthropologisch betrachtet 292.3 Das Arbeiten in einem Projekt 382.4 Der Umgang mit Wissen 462.5 Zentrale Arbeitsbegriffe 603 Carve-out - ein ethnografisches Forschungsfeld 723.1 Zugang zum Forschungsfeld 723.2 Die eigene Rolle im Forschungsfeld 763.3 Forschungsphasen 814 Projekt Miranda - Einblicke in das Untersuchungsfeld 934.1 Die Trennung 944.2 Projekt Miranda 994.3 Projektalltag und Zusammenarbeit 1095 Analyserahmen 1166 Der "IT-Jour-fixe" 1236.1 Das Meeting 1246.2 Eine praxeologische Betrachtung des IT-Jour-fixes vom 12. April 2011 1336.3 Zusammenfassung: Routinierte Informationspraxis 1707 Eine praxeologische Betrachtung des eRooms - ein digitaler Arbeitsplatz im Projekt Miranda 1747.1 Der eRoom - eine Begriffsabgrenzung 1747.2 Voraussetzungen für die Arbeit im eRoom 1797.3 Das digitale Arbeiten mit dem eRoom im Projekt Miranda 1877.4 Zusammenfassung: computerbasierte Informationspraxis 2018 Der Projektleiter als zentrale Schnittstelle für das Projekt Miranda 2058.1 Bild eines Projektleiters 2078.2 Der Projektleiter und seine Informationspraxis 2128.3 Wahrnehmungen der Projekt- und Informationsarbeit 2308.4 Zusammenfassung: der Umgang mit Informationen 2359 Zusammenfassung und Ausblick 2389.1 Zusammenfassung 2389.2 Ausblick 245Abbildungen 248Literatur 249mehr
Leseprobe
Dank In meiner bisherigen beruflichen Laufbahn als Unternehmensberaterin habe ich die unterschiedlichsten Projekte betreut. Die vorliegende empirische Untersuchung war für mich jedoch ein ganz besonderes Projekt - eine ganz besondere Herzensangelegenheit. Während meiner bisherigen Projekttätigkeit in verschiedenen Unternehmen habe ich immer wieder den großen Wunsch verspürt, neben den betriebswirtschaftlichen Aspekten der Projektarbeit vielmehr auf die mitwirkenden Projektakteure zu schauen, um den Projektalltag und die immer wieder auftretenden Probleme besser zu verstehen. Dass ich überhaupt die Möglichkeit erhalten habe, mein Forschungsanliegen im Fachgebiet der Kulturanthropologie zu ermöglichen, verdanke ich Prof. Dr. Gertraud Koch. Sie hat von Beginn an mein Thema unterstützt und mich an das Fachgebiet Kulturanthropologie herangeführt. Ich möchte ihr auch für die wertvolle Einarbeitungszeit an der Zeppelin University in Friedrichshafen danken. Auch bin ich ihr sehr verbunden, dass sie mich mit meiner Doktormutter Prof. Dr. Gisela Welz bekannt gemacht hat. Ihr möchte ich danken für die zahlreichen Arbeitstreffen, Kolloquien und Gespräche, in denen ich mein kulturanthropologisches Wissen weiter vertiefen und mit anderen Doktoranden diskutieren konnte. Bedanken möchte ich mich auch für ihre wissenschaftliche und methodische Unterstützung sowie für ihre vielen Impulse und Anregungen während der gesamten Bearbeitungsphase meiner Dissertation. Darüber hinaus möchte ich allen Interviewpartnern - insbesondere Anne - für den wertvollen Input, für die Zeit, aber auch für das meinem Forschungsthema entgegengebrachte Interesse sehr danken. Ein ganz herzlicher Dank gilt auch meinen Eltern Monika und Klaus und meinem Bruder Mario, die stets großes Interesse an meinem Forschungsprojekt gezeigt haben. Vielen Dank Papa, dass Du mir gezeigt hast, auch in schwierigen Zeiten immer wieder aufzustehen und das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Ein ganz besonderer Dank gilt meinem lieben Mann Michael, der mich während der gesamten Zeit in allen Höhen und Tiefen meines Dissertationsprojektes begleitet und vor allem auch immer wieder ermutigt hat, weiterzumachen. Unsere zahlreichen Gespräche und Diskussionen, die mit unseren Dissertationen verbunden waren, haben mir immer wieder neue Anstöße und vor allem auch Ansporn zum Weitermachen gegeben. Nicht unerwähnt lassen möchte ich an dieser Stelle unsere Tochter Hannah Elisabeth. Auch sie hat mir mit ihrem fröhlichen Gemüt immer wieder neue Kraft gegeben, die Arbeit zum Ende zu bringen. Mandy Schönherr Potsdam, April 2018 1 Einführung - die Kunst der Trennung 1.1 Carve-out als ein kulturanthropologisches Thema 'Wenn das Zusammenleben mehr Ärger als Freude verursacht, dann muss man sich trennen.' Auch in der vorliegenden Arbeit geht es um Trennung, allerdings betrifft diese nicht Personen, sondern ein Unternehmen bzw. Unternehmensteile. Das Phänomen, das ich in dieser Arbeit betrachte, ist ein Teil des in der betriebswirtschaftlichen und unternehmerischen Sprache als 'Mergers & Acquisitions' oder kurz als 'M&A' bezeichneten Ansatzes. Seit den 1980er-Jahren hat sich der aus den USA kommende schillernde M&A-Begriff mehr und mehr in Deutschland durchgesetzt. In der Betriebswirtschaftslehre wird darunter allgemein der Kauf und Verkauf von Unternehmen, Vermögenswerten oder Anteilen von Unternehmen verstanden. In der vorliegenden Arbeit geht es konkret darum, dass ein Unternehmen, das sich in der Regel aus Mitarbeitern mit unterschiedlichen Ausbildungshintergründen, die in verschiedenen betriebswirtschaftlich bezeichneten Fachabteilungen (wie Marketing, Personal oder Finanzen) arbeiten, mehreren Tochtergesellschaften, unterschiedlichen Produkten und Verkaufsmärkten zusammensetzt, einen Teilbereich (in der Unternehmenspraxis auch als 'Unternehmensteil' bezeichnet) herauslöst und vom Rest des gesamten Unternehmens (in der Unternehmenspraxis auch 'Mutterunternehmen' genannt) trennt, mit der Absicht, dieses zu verkaufen. Unternehmensteile können beispielsweise Tochterunternehmen oder auch Segmente, die sich auf einen regionalen Markt, auf bestimmte Produkte oder auf eine bestimmte Kundengruppe fokussieren, sein. Die Gründe, warum sich die Geschäftsleitung dazu entschließt, einen Unternehmensteil zu verkaufen, sind in der Unternehmenspraxis sehr unterschiedlich. Motive für den Verkauf können beispielsweise darin liegen, dass sich die Geschäftsleitung auf das Kerngeschäft konzentrieren möchte. Das bedeutet, dass von der Geschäftsführung bestimmte Produkte zu einem Geschäftsfeld eingegrenzt werden und die restlichen Produkte für die weitere Unternehmensentwicklung damit als nicht mehr strategisch wichtig angesehen werden. Ebenso werden Verkäufe von Unternehmensteilen damit begründet, dass einzelne Standorte oder Produkte nicht mehr als lukrativ erachtet werden, da sie aus betriebswirtschaftlicher Sicht keine ausreichende 'Profitabilität' mehr aufweisen, also keinen für die Geschäftsleitung zufriedenstellenden Umsatz und Gewinn erwirtschaften. Mit dem Verkauf eines Unternehmensteils ist zugleich eine Herauslösung des gesamten Geschäftsbetriebs der zu verkaufenden Unternehmenseinheit verbunden. Die in einem Unternehmen existierenden Vorgehensweisen und Arbeitsabläufe sind sehr eng miteinander verbunden, sodass ein ganzheitliches Herausschneiden des betreffenden Unternehmensteils aus dem betrieblichen Alltag des bisherigen Mutterunternehmens stattfindet. Das Herauslösen führt wiederum zu einer erheblichen strukturellen, funktionalen und personellen Veränderung innerhalb des zu verkaufenden Unternehmensteils sowie auch bei dem Mutterunternehmen selbst, was im empirischen Teil dieser Arbeit in Form von Fallbeispielen (siehe Kapitel 6, 7 und 8) dicht herausgearbeitet wird. Die Trennung eines Unternehmensteils von einem Mutterunternehmen wird in der Betriebswirtschaft als 'Carve-out' bezeichnet. Ein Carve-out umfasst ein zum Teil über mehrere Monate andauerndes Ausgliedern, Abspalten und abschließendes Verkaufen eines Unternehmensteils. Ziel ist es, dem herauszulösenden Teilbereich eine sogenannte Stand-alone-Fähigkeit zu geben, um losgelöst vom Mutterunternehmen als ein eigenständiges Unternehmen handeln zu können. Ziel eines Carve-outs ist das alleinige Funktionieren des herausgelösten Unternehmensteils. Dafür benötigt dieser auch alle notwendigen Fachabteilungen, wie Personal, Informationstechnologie (IT), Marketing oder Finanzen. In der Regel gibt es zwischen dem Mutterunternehmen und den einzelnen Unternehmensteilen sehr starke prozessuale Verflechtungen, Leistungsbeziehungen und damit Abhängigkeiten. Daher liegt bei der Herauslösung ein besonderer Fokus auf den über die Jahre angesammelten und dokumentierten Unternehmensdaten und Informationen, die in unterschiedlichen Dokumenten in den informationstechnischen Systemen (IT-Systeme) abgelegt sind, aber auch in den Köpfen der einzelnen Unternehmensmitarbeiter enthalten und damit nicht schriftlich dokumentiert sind. Die Herausforderung liegt unter anderem darin, die betreffenden Daten und Informationen des zu verkaufenden Unternehmensteils aufzufinden, zu identifizieren und anschließend herauszuziehen. Mit der Auflösung der Verflechtung sämtlicher Unternehmensdaten, Informationen und Beziehungen im Rahmen eines Carve-outs wird zugleich auch auf der Arbeitsebene der Unternehmensmitarbeiter die interne Zusammenarbeit beendet. Damit verbunden ist ein neues Ausgestalten von Arbeitsvorgängen, die zuvor die Mitarbeiter des Mutterunternehmens mit denen des zu verkaufenden Unternehmensteils gemeinsam durchgeführt haben. Mit dem Verkauf werden neben den Arbeitspraxen vor allem auch das jeweils spezifische Arbeitswissen und die Arbeitserfahrungen sowie die über die Jahre aufgebauten Netzwerke innerhalb der Kollegenschaft voneinander getrennt. Die Abspaltung eines Unternehmensteils aus dem Mutterunternehmen ist nicht mit dem Arbeitsalltag vergleichbar. Es handelt sich hierbei vielmehr um einen ganz besonderen Vorgang, der im Rahmen eines Projektes abgewickelt wird. Nach betriebswirtschaftlichem Verständnis ist das Projekt ein in der Regel einmaliges Vorhaben mit Aufgaben, die nicht zum normalen Tagesgeschäft gehören und daher eine neue, jedoch zeitlich begrenzte Struktur mit einem festen Beginn sowie einem festgelegten Abschluss bedingen. Aus der kulturanthropologischen Perspektive wird das Projekt dagegen als ein kurzzeitiges Aufeinandertreffen von verschiedenen Praktiken verstanden. Zudem werden Projekte als 'kulturell-kommunikative Netzwerke' betrachtet, die mit einer hohen Informations- und Interaktionsdichte gekennzeichnet sind. Unternehmensverkäufe sind nicht alltäglich und finden für viele Unternehmen nur einmal in ihrer Unternehmensgeschichte statt, sodass die Mitarbeiter und die Geschäftsleitung in der Regel weder Wissen darüber noch Erfahrungen damit haben, wie ein solcher Verkauf verläuft und worauf dabei zu achten ist. Daher werden häufig externe Unternehmensberater von der Geschäftsführung beauftragt, die Belegschaft in diesem ganz spezifischen Prozess zu unterstützen. Einer dieser auf Carve-outs spezialisierten Berater bin ich. Seit nunmehr 10 Jahren arbeite ich als Beraterin in diesem Umfeld und habe in dieser Zeit unterschiedliche Unternehmen bei der Durchführung von Carve-outs begleitet. In dieser Arbeit zeige ich ein konkretes Projekt auf, das ich in meiner Funktion als Carve-out-Beraterin aktiv begleitet habe. Alles begann im Dezember 2010 mit einer E-Mail von einem Kollegen, mit der ich und weitere Beraterkollegen auf den neuen Arbeitseinsatz vorbereitet wurden. Diese E-Mail bedeutete für mich zugleich der Projektstart für das Projekt Miranda, mit dem ich sieben Monate Zeit verbringen sollte. Der Ort dieser Untersuchung ist der in Hamburg liegende Hauptsitz eines internationalen Unternehmens (im Folgenden nur noch als 'Holding' oder 'Mutterunternehmen' bezeichnet). In der Holding arbeiten Mitarbeiter aus verschiedenen Fachabteilungen, wie Rechnungswesen, Marketing oder Logistik, sowie die gegenüber den Fachmitarbeitern weisungsbefugten Bereichsleiter. Ebenso in der Holding beheimatet sind die Mitglieder der Geschäftsleitung (im Folgenden auch als Unternehmensführung oder Unternehmensmanagement bezeichnet), die für die Steuerung des Gesamtunternehmens verantwortlich sind. Die unterschiedlichen Personengruppen werden nachfolgend in dieser Arbeit zusammenfassend auch als Unternehmensakteure bezeichnet. Die Herauslösung der schwedischen Tochtergesellschaft markiert in der Unternehmensgeschichte der Holding einen besonderen Meilenstein, da es bisher noch keinen Unternehmensverkauf gegeben hat. Darüber hinaus war die schwedische die erste Auslandsniederlassung. Trotz der langen gemeinsamen Geschichte und der starken ideellen Verbundenheit zwischen den Unternehmensakteuren der Holding und denen der schwedischen Tochtergesellschaft, im Folgenden auch als Landesgesellschaft bezeichnet, hat die Geschäftsführung des Unternehmens unter rational-wirtschaftlichen Abwägungen die strategische Entscheidung getroffen, ebendiese Landesgesellschaft zu verkaufen. 1.2 Ziele der Arbeit und Forschungsfragen In meiner bisherigen Unternehmenspraxis konnte ich immer wieder beobachten, dass Carve-outs oftmals mit betriebswirtschaftlichen Konzepten, bei denen der einzelne Unternehmensmitarbeiter nur eine untergeordnete Rolle spielt, umgesetzt werden. Die Mikroebene im Unternehmen, also die Interaktion zwischen den Unternehmensmitarbeitern - das heißt das habitualisierte Verhalten sowie die verschiedenen kulturellen Hintergründe, Orientierungen und Umgangsweisen - wird in diesen eher mechanischen Konzepten bisher nur wenig bis gar nicht beachtet. So hat beispielsweise auch die Unternehmensberatung Roland Berger in einer Untersuchung herausgefunden, dass die in einem Unternehmen existierenden informellen Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Akteuren sowie deren Informations- und Wissenspraktiken in Form von Übertragen, Austauschen und Speichern von Informationen und Wissen sowie die damit zusammenhängenden finanziellen, organisatorischen und informationstechnischen Bindungen während eines Carve-outs nach wie vor vernachlässigt werden. Mit der vorliegenden Arbeit soll eine für mich gewöhnliche Arbeitssituation und ein gewohntes Arbeitsfeld, das Carve-out-Projekt, zu einem kulturanthropologischen Untersuchungsfeld gemacht werden. Das vorrangige Ziel dieser Arbeit ist eine mikroanalytische Betrachtung der Projektarbeit eines Carve-outs und der darin stattfindenden Praktiken im Umgang mit Informationen mithilfe des ethnografischen Forschungsansatzes. Gleichzeitig wird versucht zu verstehen, warum Carve-outs auch scheitern können. Gerade mit der ethnografischen Methode kann die Projektarbeit 'in ihrem konkreten Ablauf, ihrem Getan-Werden' am Beispiel verschiedener Praktiken aufgezeigt werden. Der ethnografische Blick fokussiert sich auf das direkt erfahrbare Geschehen und auf die in dem Forschungsfeld befindlichen Akteure und Strukturen. Somit werden auch kleine unscheinbare Momente und das darin enthaltene Informelle durch 'Beschreibungen von nicht verbalisierten oder nicht verbalisierbaren und unsagbar gemachten sozialen Zusammenhängen' transparent, die für das Gesamtverständnis einer Situation und deren Komplexität sehr bedeutsam sein können. Der Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit kann wie folgt zusammengefasst werden: Die Arbeit betrachtet eine spezifische Arbeitssituation - ein Carve-out-Projekt - sowie die darin stattfindenden Praktiken, wobei vor allem die Wissensarbeit und der Umgang mit Informationen unter Berücksichtigung der im Projektalltag verwendeten Informationstechnologie im Fokus stehen. Für eine kulturanthropologische Betrachtung eines Carve-outs ergeben sich eine Vielzahl von Anknüpfungspunkten und Fragen. Wie kann man sich diese Praxis konkret vorstellen? Welche Formen nimmt sie an? Welche Dynamik und Praktiken werden in der Projektarbeit ausgelöst und wie wirken sich diese auf den Verlauf eines Carve-outs aus? Was machen die einzelnen Projektakteure konkret in einem Carve-out-Projekt? Wie kann deren Projektalltag beschrieben werden? Mit welchen Schwierigkeiten (menschlicher, fachlicher oder auch technischer Natur) kämpfen die Projektakteure während ihrer Projektarbeit. Welches Gesicht nimmt das Informelle in der Projektarbeit an? Wie tauschen sich die Projektakteure untereinander aus? Ausgehend von den oben skizzierten Fragen haben sich im Laufe der Feldforschung drei Kernfragen herausgebildet, die sich zugleich als ein 'roter Faden' durch meine Feldforschung gezogen haben. 1. Welche Rolle nehmen die Projektakteure im Alltag eines Carve-out-Projektes ein? Mit dieser Frage sollen primär die Alltagswelten der Projektakteure und generell der Umgang miteinander sichtbar gemacht werden. Dabei spielen insbesondere die individuellen Eindrücke, Erfahrungen und auch Empfindungen eine Rolle. Außerdem sollen auch die Erfahrungen, die die Projektakteure in Zusammenarbeit mit den externen Beratern gemacht haben, berücksichtigt werden. Darüber hinaus soll geklärt werden, inwieweit die Projektakteure die in einem Carve-out-Projekt stattfindende Wissensarbeit erbringen bzw. daran teilhaben. 2. Wie findet der Umgang mit Informationen in einem Carve-out-Projekt statt? Mithilfe dieser Frage sollen die verschiedenen Praktiken, die im Umgang mit Informationen beobachtet werden können, beschrieben werden (was passiert mit den Informationen?). Dabei soll insbesondere darauf geschaut werden, in welchen Situationen bestimmte Informationen aufgenommen, gespeichert, weitergeleitet und ausgetauscht werden, aber auch darauf, warum bestimmte Informationen genau dann festgehalten/gespeichert werden. Wie werden Informationen in projektgebundenen Arbeitsprozessen als eine aktiv über das betriebswirtschaftliche Wissensmanagement gemanagte und doch auch implizit vorhandene Ressource von der Projektgruppe eingesetzt, welche Rolle spielen sie dabei im Hinblick auf die gesamte Projektarbeit und welche Auswirkungen haben sie auf den Projekterfolg? Welche Informationsordnungen können beobachtet werden und wie werden diese im Projektalltag angewendet und modifiziert? Wo können sich Informationen der Steuerbarkeit entziehen? Der Austausch von Informationen findet auf einer kommunikativen Ebene statt. Hierbei ist interessant zu erfahren, welche Probleme dabei in der Kommunikation auftreten können. 3. Welche Instrumente werden für den Projektaustausch genutzt? Diese Frage zielt auf die Anwendung verschiedenster Vermittlungsmedien (bspw. Dokumente, Informationstechnologien), die beim Umgang mit Informationen während der Projektarbeit eine Rolle spielen. Neben der Frage, welche Instrumente genutzt werden, ist insbesondere von Interesse, wie und in welchen Situationen diese von den Projektakteuren genutzt werden und welche Praktiken mit ihnen verbunden sind. Die drei Kernfragen haben mir eine erste Orientierung für die ethnografische Forschungsarbeit gegeben. Im Laufe des Feldaufenthalts haben sich diese gemäß dem ethnografischen Grundgedanken, wonach die Ziele und Maßnahmen nicht vorempirisch definiert werden, schrittweise weiter verdichtet, konkretisiert, verändert oder gänzlich neu ausgerichtet und sich damit den Gegebenheiten in meinem Feld angepasst. Das Sich-Einlassen hat mich auf Zusammenhänge, Entwicklungen und Tatbestände in der Projektarbeit aufmerksam gemacht, die ich in dieser Form in vorherigen Projekten nicht erfahren habe. Das Forschungsziel dieser Arbeit besteht darin, eine angemessen komplexe und dichte Beschreibung der sich entfaltenden Praktiken und Diskurse aus der untersuchten Arbeitssituation zu formulieren und bisher verkannte bzw. in den Hintergrund geratene Zusammenhänge, die in den betriebswirtschaftlichen Konzepten kaum bis gar keine Beachtung finden, sichtbar zu machen sowie über Bedeutungen und Implikationen dieser Praktiken nachzudenken und diese zu hinterfragen. Darüber hinaus soll mit dieser Arbeit ein weiteres betriebswirtschaftliches Forschungsfeld - das Carve-out-Projekt - das in erster Linie mit einer betriebswirtschaftlichen Problemstellung verbunden ist, für die Kulturanthropologie erschlossen werden. Die in dieser Ethnographie gewonnenen Erkenntnisse erweitern das Forschungsfeld der kulturanthropologischen Forschungsströme 'Arbeitskulturenforschung' und 'Business Anthropology'. Mit dieser Arbeit wird deutlich, dass eine kulturanthropologische Betrachtung unternehmenstransaktionsrelevanter Themen, wie der Carve-out, wesentlich dazu beitragen, neuartige Erkenntnisse zu den bereits existierenden betriebswirtschfatlichen Erklärungen zu generieren und insbesondere auf der Ebene der Akteure neue Einsichten zu gewinnen. 1.3 Aufbau der Arbeit Die vorliegende Arbeit gliedert sich in neun Kapitel. Im Anschluss an die Einleitung zeige ich im zweiten Kapitel das in dieser Studie zugrunde gelegte theoretische Verständnis auf. Den Kern der theoretischen Grundlagen bilden die vier für die Untersuchung relevanten Begriffe Unternehmen, Veränderung bzw. Change, Projekt und Wissen. Jeden dieser vier Begriffe betrachte ich jeweils aus einer betriebswirtschaftlichen, soziologischen und kulturanthropologischen Perspektive. Dadurch wird zum einen eine interdisziplinäre Sicht auf diese Begriffe ermöglicht, zum anderen werden die Unterschiede zwischen diesen sichtbar gemacht. Das dritte Kapitel widmet sich meinem Zugang zum Forschungsfeld. Dabei gehe ich insbesondere auf die Besonderheit meiner Rolle im Feld ein. Diese bestand darin, dass ich einerseits aktiv als Carve-out-Beraterin in das Projekt involviert war und andererseits als Kulturanthropologin das Geschehen mit einem ethnografischen Blick verfolgt habe. Zudem gehe ich auf die für mich im Forschungsfeld entstandenen Vorteile, aber auch auf die Herausforderungen ein, mit denen ich mich in der Feldphase auseinandergesetzt habe. Ebenfalls Bestandteil dieses Kapitels ist die Beschreibung meines Forschungsansatzes, der sich in die vier Forschungsphasen teilnehmende Beobachtung, Interviews, Datenanalyse und -interpretation sowie Textualisierung mit Fallbeispielen untergliedert. Das vierte Kapitel bildet den Einstieg in den empirischen Teil dieser Arbeit. Hier zeige ich ausgewählte Einblicke in das Untersuchungsfeld auf. Einleitend gebe ich einen kurzen Abriss zur Untersuchungssituation sowie zu relevanten Hintergrundinformationen, also dazu, warum das Projekt aufgesetzt wurde und wie die einzelnen Mitarbeiter den Verkauf des Unternehmensteils wahrgenommen haben. Außerdem werden die einzelnen Akteure des Projektes vorgestellt. Abschließend gebe ich situative Einblicke in den Projektalltag, um das Untersuchungsfeld greifbarer zu machen. Im Fokus des fünften Kapitels steht die Herleitung eines Analyserahmens für die Beschreibung der Fallbeispiele. Dieser beinhaltet die empirisch hergeleiteten Begriffe Arbeitsinstrumente und Kommunikationsformate, mit denen Projektsituationen aus der Feldphase in Form von Fallbeispielen beschrieben und analysiert werden. Den Kern des empirischen Teils dieser Arbeit bilden die Fallbeispiele IT-Jour-fixe (sechstes Kapitel), eRoom (siebtes Kapitel) und Projektleiter (achtes Kapitel). In jedem dieser Fallbeispiele werden spezifische Situationen aus dem Projekt Miranda gebündelt widergespiegelt, wodurch ein tiefer Einblick in das Projektgeschehen ermöglicht wird und einzelne Praktiken herausgearbeitet werden können. Die Basis dieser Beschreibungen bildet ein umfangreiches Datenmaterial, das ich im Rahmen meiner ethnografischen Feldforschung gewonnen habe. Im Fallbeispiel IT-Jour-fixe wird eine konkrete Meetingsituation mit einem praxeologischen Blick betrachtet und dabei eine routinierte Informationspraxis herausgearbeitet. Auch im Fallbeispiel eRoom wird aus einer praxeologischen Perspektive das Arbeiten mit Informationen betrachtet und dabei insbesondere der digitale Umgang mit Informationen in Form einer computerbasierten Informationspraxis beschrieben. Im Fallbeispiel Projektleiter zeige ich abschließend eine akteurzentrierte Sicht auf die Informationspraxis. Den Abschluss der Arbeit bildet das neunte Kapitel, in dem die Ergebnisse dieser Ethnografie noch einmal zusammengefasst werden. Außerdem zeige ich Anknüpfungspunkte für zukünftige ethnografische Forschungsarbeiten in Unternehmen auf.mehr

Autor

Mandy Schönherr ist Unternehmensberaterin und promovierte am Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie an der Universität Frankfurt am Main.
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