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TonträgerCompact Disc
Sprachlos
NAXOSerschienen am28.05.2021

Es ist ein Trend in der Klassikwelt seit einigen Jahren: Berühmte Orchester gründen ihre eigenen Labels. So können sie selbst übers Repertoire bestimmen. Außerdem veröffentlichen selbst die Major Labels kaum noch Orchesteraufnahmen, seit der Tonträgermarkt im Sinkflug ist. Nun haben auch die Bayerische Staatsoper und das Bayerische Staatsorchester ein eigenes Label gegründet. Und es startet gleich mit einem Highlight: Kirill Petrenko, der umjubelte Ex-Chef, der mittlerweile die Berliner Philharmoniker leitet, dirigiert das Bayerische Staatsorchester in Mahlers Siebter Symphonie.

Manchmal treffen einen Aufnahmen wie ein Blitz. Mit dieser Einspielung von Mahlers Siebter Symphonie unter Kirill Petrenko ist es mir so gegangen. Woran das liegt? Ganz sicher daran, dass dies eine herausragend gelungene Interpretation ist. Vielleicht aber auch daran, dass mir Mahlers Musik so sehr fehlt. Konzerte sind ja immer wieder mal möglich gewesen seit Beginn der Pandemie. Aber so gigantomanisch besetzte Werke wie Mahlers Symphonien waren einfach nicht machbar – zu eng wär's in den Sälen geworden.

Im Münchner Nationaltheater gibt es leider keine wirklich gute Akustik für Orchesterkonzerte. Und das ist auch der einzige Wermutstropfen dieses ansonsten großartigen Albums: Die Toningenieure haben für die problematische Raumakustik kein rundum überzeugendes Konzept gefunden. Das Klangbild ist etwas dumpf und zu trocken. Umso größer muss die Bewunderung sein für die spieltechnische Brillanz des Bayerischen Staatsorchesters: Hier kann sich keiner verstecken.

Die Riesenbesetzung der Siebten umfasst unter anderem zwei Harfen, Gitarre, Mandoline, Tamtam, Rute, tiefe Glocken und Herdenglocken. Also richtige Kuhglocken. Natürlich nicht als bloß naturalistischer Soundeffekt, sondern als Symbol. Mahler verglich seine Symphonie mit einer nächtlichen Bergwanderung – und dieses Bild wiederum steht symbolisch für den Lebensweg, für die großen Fragen: Hat dieser ganze Riesentrubel, den wir Leben nennen, irgendeinen Sinn? Hat die nächtliche Wanderung ein Ziel? Und wann kommt der Tag?

Anders als in seiner düsteren Sechsten Symphonie, in der Mahler ein klares, hartes und verzweifeltes Nein formuliert, endet die Siebte mit Jubeltamtam. Dieses Finale mit seiner Volksfeststimmung gilt vielen Mahler-Fans als ihr schwächster Satz. Aber er wird auch allzu oft missverstanden. Er ist alles andere als harmlos. Die gute Laune ist wie eigentlich immer bei Mahler komplett überzogen und schon damit doppeldeutig. Bei Kirill Petrenko wird dieses ominöse Jubelfinale zum wilden Ritt. Scharfe Schnitte, schneidende Akzente, plötzliche Einbrüche von Chaos, die sich in Wohlgefallen auflösen, pompöse Fanfaren, die mit Pauken und Trompeten in die Sackgasse führen – wer das Doppelbödige bei Mahler schätzt, wird diese Aufnahme lieben.

Die angebliche Lebensbejahung ist dermaßen überdreht, dass Petrenkos Mahler streckenweise fast schon an Schostakowitsch erinnert. Der musste seine Symphonien ja aus politischen Gründen mit erzwungenem Jubel beenden, ließ aber seine Zweifel und seinen Sarkasmus in jedem Takt spürbar werden. Wie schafft es Petrenko, diesen doppelten Boden hörbar zu machen? Vor allem durch die fantastische Disziplin, mit der er Mahlers Spielanweisungen umsetzt. Das Theatralische, Übergeschnappte dieser Musik ist ja minutiös in der Partitur notiert. Doch viele Dirigenten runden ab, was überzeichnet werden muss. Oder begnügen sich einfach mit einer guten Organisation der Abläufe, was weiß Gott schwer genug ist.

Petrenko dagegen stürzt sich kopfüber und mit schwindelerregender Risikobereitschaft in Extreme – was er sich wegen seiner detaillierten Probenarbeit und einer von keinem lebenden Kollegen übertroffenen Schlagtechnik leisten kann. Man erlebt hier quasi eine außer Rand und Band geratene Präzisionsmaschine, irrwitzig betriebsam und völlig übertourig: Die Musik ist auf Speed. Und genau das gibt ihr jene Bedrohlichkeit, die Mahler vorschwebte. Eine herausragende Einspielung – und eine, die, bei mir jedenfalls, wahnsinnige Vorfreude weckt: Hoffentlich können wir das bald wieder live erleben. Wenn ich diese Aufnahme höre, kann ich's kaum erwarten.

(Bernhard Neuhoff ; br-klassik.de)

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Klappentext

Es ist ein Trend in der Klassikwelt seit einigen Jahren: Berühmte Orchester gründen ihre eigenen Labels. So können sie selbst übers Repertoire bestimmen. Außerdem veröffentlichen selbst die Major Labels kaum noch Orchesteraufnahmen, seit der Tonträgermarkt im Sinkflug ist. Nun haben auch die Bayerische Staatsoper und das Bayerische Staatsorchester ein eigenes Label gegründet. Und es startet gleich mit einem Highlight: Kirill Petrenko, der umjubelte Ex-Chef, der mittlerweile die Berliner Philharmoniker leitet, dirigiert das Bayerische Staatsorchester in Mahlers Siebter Symphonie.

Manchmal treffen einen Aufnahmen wie ein Blitz. Mit dieser Einspielung von Mahlers Siebter Symphonie unter Kirill Petrenko ist es mir so gegangen. Woran das liegt? Ganz sicher daran, dass dies eine herausragend gelungene Interpretation ist. Vielleicht aber auch daran, dass mir Mahlers Musik so sehr fehlt. Konzerte sind ja immer wieder mal möglich gewesen seit Beginn der Pandemie. Aber so gigantomanisch besetzte Werke wie Mahlers Symphonien waren einfach nicht machbar – zu eng wär's in den Sälen geworden.

Im Münchner Nationaltheater gibt es leider keine wirklich gute Akustik für Orchesterkonzerte. Und das ist auch der einzige Wermutstropfen dieses ansonsten großartigen Albums: Die Toningenieure haben für die problematische Raumakustik kein rundum überzeugendes Konzept gefunden. Das Klangbild ist etwas dumpf und zu trocken. Umso größer muss die Bewunderung sein für die spieltechnische Brillanz des Bayerischen Staatsorchesters: Hier kann sich keiner verstecken.

Die Riesenbesetzung der Siebten umfasst unter anderem zwei Harfen, Gitarre, Mandoline, Tamtam, Rute, tiefe Glocken und Herdenglocken. Also richtige Kuhglocken. Natürlich nicht als bloß naturalistischer Soundeffekt, sondern als Symbol. Mahler verglich seine Symphonie mit einer nächtlichen Bergwanderung – und dieses Bild wiederum steht symbolisch für den Lebensweg, für die großen Fragen: Hat dieser ganze Riesentrubel, den wir Leben nennen, irgendeinen Sinn? Hat die nächtliche Wanderung ein Ziel? Und wann kommt der Tag?

Anders als in seiner düsteren Sechsten Symphonie, in der Mahler ein klares, hartes und verzweifeltes Nein formuliert, endet die Siebte mit Jubeltamtam. Dieses Finale mit seiner Volksfeststimmung gilt vielen Mahler-Fans als ihr schwächster Satz. Aber er wird auch allzu oft missverstanden. Er ist alles andere als harmlos. Die gute Laune ist wie eigentlich immer bei Mahler komplett überzogen und schon damit doppeldeutig. Bei Kirill Petrenko wird dieses ominöse Jubelfinale zum wilden Ritt. Scharfe Schnitte, schneidende Akzente, plötzliche Einbrüche von Chaos, die sich in Wohlgefallen auflösen, pompöse Fanfaren, die mit Pauken und Trompeten in die Sackgasse führen – wer das Doppelbödige bei Mahler schätzt, wird diese Aufnahme lieben.

Die angebliche Lebensbejahung ist dermaßen überdreht, dass Petrenkos Mahler streckenweise fast schon an Schostakowitsch erinnert. Der musste seine Symphonien ja aus politischen Gründen mit erzwungenem Jubel beenden, ließ aber seine Zweifel und seinen Sarkasmus in jedem Takt spürbar werden. Wie schafft es Petrenko, diesen doppelten Boden hörbar zu machen? Vor allem durch die fantastische Disziplin, mit der er Mahlers Spielanweisungen umsetzt. Das Theatralische, Übergeschnappte dieser Musik ist ja minutiös in der Partitur notiert. Doch viele Dirigenten runden ab, was überzeichnet werden muss. Oder begnügen sich einfach mit einer guten Organisation der Abläufe, was weiß Gott schwer genug ist.

Petrenko dagegen stürzt sich kopfüber und mit schwindelerregender Risikobereitschaft in Extreme – was er sich wegen seiner detaillierten Probenarbeit und einer von keinem lebenden Kollegen übertroffenen Schlagtechnik leisten kann. Man erlebt hier quasi eine außer Rand und Band geratene Präzisionsmaschine, irrwitzig betriebsam und völlig übertourig: Die Musik ist auf Speed. Und genau das gibt ihr jene Bedrohlichkeit, die Mahler vorschwebte. Eine herausragende Einspielung – und eine, die, bei mir jedenfalls, wahnsinnige Vorfreude weckt: Hoffentlich können wir das bald wieder live erleben. Wenn ich diese Aufnahme höre, kann ich's kaum erwarten.

(Bernhard Neuhoff ; br-klassik.de)

ZusatztextKonzertmitschnitt Nationaltheater München, 28./29. Mai 2018
Details
ISBN/GTIN4028098000036
ProduktartTonträger
EinbandartCompact Disc
Verlag
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum28.05.2021
SpracheSprachlos
Artikel-Nr.1600372
Rubriken
GenreKlassik

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
Gustav Mahler (1860-1911) - Symphonie Nr. 7mehr

Autor

Gustav Mahler (* 7. Juli 1860 in Kalischt (heute Kaliště), Böhmen; † 18. Mai 1911 in Wien) war ein österreichischer Komponist am Übergang von der Spätromantik zur Moderne. Er war nicht nur einer der bedeutendsten Komponisten der Spätromantik, sondern auch einer der berühmtesten Dirigenten seiner Zeit und als Operndirektor einer der bedeutendsten Reformer des Musiktheaters. (Wikipedia)
Symphonie Nr. 7, 1 Audio-CD