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Maybe One Day - Liebe findet dich

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
400 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am01.05.20211. Auflage
Über viele Jahre hat Jess geglaubt, dass der einzige Mann, den sie wirklich liebte, sie verlassen hat, als sie ihn am meisten brauchte. Doch als sie in ihrem Elternhaus eine versteckte Kiste entdeckt mit Karten und Briefen, die sie nie erhalten hat, erkennt sie, dass ihr Leben auf einer Lüge aufgebaut war. Beflügelt von den Worten des Mannes, den sie verloren glaubte, folgt sie seinen Spuren. Obwohl so viel Zeit verstrichen ist, hofft Jess in ihrem tiefsten Herzen, dass sie ihn findet und sie eines Tages wieder zusammen sein werden. Ein zärtlicher und bewegender Roman, der einem das Herz bricht - und es wieder zusammensetzt.

Debra Johnson lebt und arbeitet in Liverpool, wo sie ihre Zeit damit verbringt, zu schreiben, sich um eine kleine Herde von Kindern und Tieren zu kümmern und den Haushalt nicht zu machen. Sie hat viele Jahre als Journalistin gearbeitet, bevor sie beschloss, lieber ihre eigenen Geschichten zu erfinden, als die anderer Leute zu erzählen.
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Produkt

KlappentextÜber viele Jahre hat Jess geglaubt, dass der einzige Mann, den sie wirklich liebte, sie verlassen hat, als sie ihn am meisten brauchte. Doch als sie in ihrem Elternhaus eine versteckte Kiste entdeckt mit Karten und Briefen, die sie nie erhalten hat, erkennt sie, dass ihr Leben auf einer Lüge aufgebaut war. Beflügelt von den Worten des Mannes, den sie verloren glaubte, folgt sie seinen Spuren. Obwohl so viel Zeit verstrichen ist, hofft Jess in ihrem tiefsten Herzen, dass sie ihn findet und sie eines Tages wieder zusammen sein werden. Ein zärtlicher und bewegender Roman, der einem das Herz bricht - und es wieder zusammensetzt.

Debra Johnson lebt und arbeitet in Liverpool, wo sie ihre Zeit damit verbringt, zu schreiben, sich um eine kleine Herde von Kindern und Tieren zu kümmern und den Haushalt nicht zu machen. Sie hat viele Jahre als Journalistin gearbeitet, bevor sie beschloss, lieber ihre eigenen Geschichten zu erfinden, als die anderer Leute zu erzählen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783104906843
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum01.05.2021
Auflage1. Auflage
Seiten400 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1807 Kbytes
Artikel-Nr.5413687
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2. Kapitel

Der Anfang - Der Tag davor

Das Begräbnis meiner Mutter ist eine traurige kleine Angelegenheit, die an einem sonnigen Frühsommertag stattfindet, der das fehlende Trara noch schlimmer macht. Die Natur schmeißt eine Party, und keiner geht hin.

Das Krematorium ist malerisch, die baumgesäumten Zufahrten liegen im Schatten rosa und weißer Kirschblüten, so schwer und voller Leben, dass sie herabfallen und sich über die Wege ergießen. Die Blütenblätter flattern und tanzen im Wind und lassen sich auf dem Leichenwagen nieder, während ich allein im schwarzen Wagen des Bestattungsinstitutes hinterherfahre.

Ich schaue durchs Fenster und sehe Leben und Energie und Wiedergeburt; ich höre die Stimmen der Vögel und das leise Summen der Insekten. Ich spüre die wohltuende Wärme der Sonne auf der Haut und schließe die Augen und versuche, mich nicht daran zu erfreuen. Es erscheint mir respektlos, an einem solchen Tag Freude zu empfinden.

Wir sind nur zu fünft bei der Trauerfeier, die Geistliche eingeschlossen. Oder die Zelebrantin oder wie immer man die Dame mittleren Alters nennt, die vorn steht und versucht, eine Frau, der sie nie begegnet ist, in zusammenhängenden Sätzen zu würdigen. Deren Leben zu klein und eng erscheint, um fünf Minuten mit Plattitüden zu füllen. Sie war meine Mum, und ich habe sie geliebt - aber es gibt nicht viel zu sagen.

Wir bilden eine kleine Reihe, betupft von buntem Licht, das durch die Fenster fällt. Die ganze Welt meiner Mutter: ich, meine Tante Rosemary, mein Onkel Simon und mein Cousin Michael. Meine Mutter hat die Trauerfeier nicht geplant - sie war kein Mensch, der besondere Wünsche für das Ende seines Lebens äußert.

Sie hätte es auch nicht gekonnt, da mehrere Schlaganfälle sie vor vier Jahren außer Gefecht gesetzt hatten. Danach konnte sie kaum allein einen Wackelpudding essen, geschweige denn ihre letzten Wünsche artikulieren.

Die Feier ist zum Glück kurz, die Peinlichkeit schnell vorüber. Wieder wird mir klar, wie eng das Leben meiner Mutter war, wie kontrolliert die Umgebung, in der sie nicht gedeihen konnte. Eine Bühne ganz in Beigetönen. Ich wünschte, es hätte mehr Freude, mehr Ausgelassenheit, mehr Regelverstöße gegeben.

Ich schaue zu Rosemary. Die Schwester meiner Mutter sitzt starr und aufrecht da. Falls sie etwas empfindet, zeigt sie es nicht - sie schnieft nicht in ein fest umklammertes Taschentuch, sie lässt sich nicht von ihrem Mann die Hand halten. Nichts an ihr verrät, dass meine Mutter, mit der sie aufgewachsen ist, mit der sie in einfacheren Zeiten gespielt und gelacht haben muss, nicht mehr ist. Es fällt mir schwer, sie mir als Kinder vorzustellen, sorglos und abenteuerlustig.

Ich wollte immer eine Schwester, habe davon geträumt, wie schön das wäre. Jemanden, mit dem ich meine Erfolge und Sorgen teilen und der mir durch Tage wie diesen helfen könnte. Doch wenn ich meine Tante ansehe, hätte es auch ganz anders kommen können.

Sie ist die verkörperte Schmallippigkeit, und das ist ansteckend. Es gibt den Ton vor und steuert unser Verhalten, als wir uns von einer Frau verabschieden, die eine Ehefrau, eine Mutter, irgendwann wohl mal eine Geliebte, ein angstgeschüttelter Teenager und ein kleines Mädchen mit Zahnlücken gewesen ist. Sie muss Hoffnungen und Träume und wilde Augenblicke und Leidenschaften und Reue erlebt haben - das hoffe ich zumindest.

Ich kann mich an sie nur als Mum erinnern - und Rosemary ist nicht der Typ, der Geschichten erzählt. Vielleicht schmerzt es sie zu sehr. Vielleicht tue ich ihr unrecht, und unter ihrem ruhigen, kalten Äußeren verbirgt sich ein tiefer Schmerz, den sie kaum ertragen kann.

Auch mein Schmerz ist da, meine eigene nur notdürftig zusammengehaltene Hölle. Ich habe mich jahrelang um meine Mum gekümmert; mein Leben wurde von ihren Gewohnheiten, Ritualen und Bedürfnissen bestimmt. Vom Wissen, dass ihr Körper zwar geschädigt und ihre Kommunikationsfähigkeit beeinträchtigt sein mochte, sie aber tief drinnen noch immer meine Mum war.

Ich gebe zu, dass ich dann und wann von Freiheit geträumt habe, losgelöst zu sein von den Zeitabläufen und dem Pflegepersonal und den Krankenhausterminen und dem ständigen Wissen, dass ich mir keinen einzigen spontanen Moment erlauben durfte.

Heute habe ich diese Freiheit, und sie ist ein ungewolltes Geschenk, das ich am liebsten ungeöffnet zurückgeben würde. Das Geschenk der Freiheit erscheint mir überschätzt, vor allem, wenn es in Schuldgefühle gewickelt und mit einer großen, glänzenden Schleife aus Kummer verschnürt ist.

Meine Mutter war nicht mehr jung. Meine Mutter war nicht gesund. Meine Mutter hatte gelitten. Meine Mutter hatte sich nach Frieden gesehnt, wie alle, die sie gepflegt haben, nach ihrem Tod angedeutet oder laut gesagt haben.

Ob man nun glaubt, sie säße auf einer Wolke, umgeben von himmlischen Heerscharen und vereint mit ihren Lieben (ihre Pflegehelferin Elaine), oder sie habe immerhin keine Schmerzen mehr (unser Hausarzt) oder sie lebe in der Geisterwelt (die Dame aus der Apotheke, die Kristallanhänger trägt), man ist jedenfalls einhellig der Ansicht, dass sie - grob gesagt - tot besser dran sei.

Wer weiß, vielleicht haben sie recht. Keiner kann es beurteilen, aber es mischt sich in den Wirbel in meinem Kopf. Ich fühle mich schuldig, weil ich mir Freiheit gewünscht habe. Ich fühle mich schuldig, weil ich möchte, dass sie noch am Leben ist, obwohl sie leiden musste. Um unser beider willen bin ich erleichtert, dass sie tot ist, und fühle mich dennoch schuldig. Ich fühle zu viel und dann auch noch ständig etwas anderes. Es ist wie eine äußerst unangenehme Achterbahnfahrt, aus der ich nicht herauskomme.

Natürlich unterdrücke ich das alles. Ich möchte mich nicht gehen lassen und Tante Rosemary einen Herzinfarkt bescheren. Es ist sicher in meinem Inneren verstaut - ordentlich aufgerollt, doch zornig und wild darauf, aus mir hervorzubrechen.

Ich werde keine Schwäche zeigen. Nicht vor der Geistlichen oder den Kirchenhelfern oder dem Bestatter oder dem, was von meiner Familie übrig ist. Meine Mutter wäre entsetzt, wenn ich öffentlich Gefühle zeigte. Sie sparte sich die Tränen für die Figuren ihrer Seifenopern und weinte mit ihnen um verlorene Lieben und gescheiterte Ehen und miese Schürzenjäger. In der wirklichen Welt war sie bis zu ihrer Krankheit stets präzise, ordentlich und beherrscht.

Und so hätte sie sich das hier wohl gewünscht. Diese Trauerfeier, diesen Abschied. Kein Aufhebens, keine Tränen und Heulereien und Schuldbekenntnisse. Ruhig und würdevoll und schnell. Genau wie sie muss auch das hier präzise, ordentlich und beherrscht sein.

Also unterdrücke ich alles, höre kaum die Worte und zwinge mich, nicht zum Sarg zu sehen, der vor uns emporragt. Wenn ich diese Kiste ansähe, wäre es mit meiner Beherrschung vorbei, denn in dieser Kiste liegt meine Mutter. Diese Kiste beweist, dass sie wirklich tot ist.

Als alles vorbei ist, gleitet der Sarg auf Schienen hinter den magischen Vorhang. Es erscheint mir seltsam und surreal, als passierte es jemand anderem, als stünde ich neben mir und betrachtete es von außen.

Wir verlassen den Raum und bleiben im Schatten des viktorianischen Gebäudes stehen, schützen die Augen mit den Händen gegen das dreiste Sonnenlicht, das sich um Ecken windet und durch die Lücken in der Regenrinne dringt. Wir bilden ein verlegenes Häufchen sozialer Nettigkeit, ganz in Schwarz gekleidet.

Schon rollt die nächste Gruppe auf dem Fließband des Todes an - sie ist gewaltig, ein Konvoi glänzender Autos, begleitet von lautem, nassem Weinen und kolossalen Blumengestecken, auf denen in Lilien und Nelken das Wort »Großvater« steht. Frank Sinatras »My Way« schwebt in der Luft, als die Familie hineingeht. Bei ihnen gibt es danach sicher einen Leichenschmaus - mit Schweinepastete und Schottischen Eiern und viel Alkohol und Tränen und Familienstreit. Sie machen es eben auf ihre Weise.

Ihre Weise ist natürlich nicht die unsere, und Rosemary betrachtet es äußerst missbilligend, als wäre es unverzeihlich vulgär und typisch für die Unterschicht, seine Trauer offen zu zeigen. Sie schnipst schweigend ein verirrtes Blütenblatt von der Schulter ihrer schwarzen Jacke.

Bei uns gibt es keinen Leichenschmaus, keinen Empfang. Kein tränenreiches Karaoke in einem Pub, in dem wir Kriegsgeschichten und kostbare Erinnerungen und trauriges Gelächter teilen. Wir gehen einfach wieder getrennte Wege.

»Immerhin muss sie nicht mehr leiden«, sagt Rosemary.

»Im Grunde ist es ein Segen«, fügt Simon hinzu.

»Ihr habt natürlich recht. Danke, dass ihr gekommen seid«, erwidere ich, weil man das von mir erwartet. Um meiner Mutter willen bleibe ich präzise, ordentlich und beherrscht, wenigstens noch ein paar Minuten.

Meine Tante und mein Onkel umarmen mich höflich, weil man auch das erwartet - so steht es zweifellos im Buch der akzeptablen Umgangsformen für Hinterbliebene. Es ist eine flüchtige Umarmung, die den Körperkontakt auf das gebotene Minimum beschränkt und mit gleichermaßen geringem Enthusiasmus angeboten und angenommen wird. Erleichtert schaue ich ihnen nach, als sie zu Simons Jaguar gehen.

Michael bleibt bei mir. Positiv betrachtet, weil er mir in Zeiten der Not beistehen will. Negativ betrachtet, weil er möglichst wenig Zeit mit seinen Eltern verbringen möchte. Dann kommt mir der Gedanke, dass vielleicht beides zutrifft.

Wir sind alle getrennt zur Trauerfeier gekommen - ich im Wagen des...

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Autor

Susanne Goga-Klinkenberg studierte Literaturübersetzen an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und arbeitet seit 1995 als freie Übersetzerin. Bisher hat sie rund 60 Werke aus dem Englischen und Französischen übersetzt. Unter ihrem Geburtsnamen Susanne Goga veröffentlicht sie ihre Romane. Sie ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland. Debra Johnson lebt und arbeitet in Liverpool, wo sie ihre Zeit damit verbringt, zu schreiben, sich um eine kleine Herde von Kindern und Tieren zu kümmern und den Haushalt nicht zu machen. Sie hat viele Jahre als Journalistin gearbeitet, bevor sie beschloss, lieber ihre eigenen Geschichten zu erfinden, als die anderer Leute zu erzählen.