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Das Schweigen meiner Schwestern

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
432 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am24.05.20231. Auflage
Ein dramatischer Roman über vier Schwestern und ein großes Familiengeheimnis Vor über zwanzig Jahren waren Jenni, Mona, Sonja und Kaja das letzte Mal gemeinsam auf Langeoog. Jetzt kehren sie als erwachsene Frauen zur Beerdigung ihrer Mutter zurück auf die Insel. Zuverlässig wie das Rauschen des Meeres und der Geruch von Salz, sind alle Erinnerungen an ihre Sommer auf der Insel wieder da: Zwischen ausgelassene Strandtage, Mutproben und erste Küsse mischen sich die heftigen Auseinandersetzungen ihrer Eltern und die Frage nach Schuld und Sühne. Denn die Schwestern eint ein dunkles Geheimnis, das sie hat verstummen lassen, das keiner von ihnen Ruhe lässt, bis heute nicht ...

Stine Volkmann wurde 1991 in Detmold geboren - wie die vier Schwestern in ihrem Buch. Genau wie sie verbrachte Stine Volkmann die Sommer ihrer Kindheit auf Langeoog, wohin sie es auch heute als Wahlbremerin nicht weit hat. Stine Volkmann studierte Literarisches Schreiben an der Universität Hildesheim, sie arbeitet als Journalistin und Drehbuchautorin.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR22,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR16,99

Produkt

KlappentextEin dramatischer Roman über vier Schwestern und ein großes Familiengeheimnis Vor über zwanzig Jahren waren Jenni, Mona, Sonja und Kaja das letzte Mal gemeinsam auf Langeoog. Jetzt kehren sie als erwachsene Frauen zur Beerdigung ihrer Mutter zurück auf die Insel. Zuverlässig wie das Rauschen des Meeres und der Geruch von Salz, sind alle Erinnerungen an ihre Sommer auf der Insel wieder da: Zwischen ausgelassene Strandtage, Mutproben und erste Küsse mischen sich die heftigen Auseinandersetzungen ihrer Eltern und die Frage nach Schuld und Sühne. Denn die Schwestern eint ein dunkles Geheimnis, das sie hat verstummen lassen, das keiner von ihnen Ruhe lässt, bis heute nicht ...

Stine Volkmann wurde 1991 in Detmold geboren - wie die vier Schwestern in ihrem Buch. Genau wie sie verbrachte Stine Volkmann die Sommer ihrer Kindheit auf Langeoog, wohin sie es auch heute als Wahlbremerin nicht weit hat. Stine Volkmann studierte Literarisches Schreiben an der Universität Hildesheim, sie arbeitet als Journalistin und Drehbuchautorin.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783104914756
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum24.05.2023
Auflage1. Auflage
Seiten432 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1877 Kbytes
Artikel-Nr.9988037
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1998

Kaja berührte die gebräunte Haut ihrer Mutter, als sie über den Verlobungsring strich. Er funkelte im Sonnenlicht und blendete in Kajas Augen. Ein kleines Sandkorn hatte sich in der Fassung verfangen. Kaja bohrte ihren Fingernagel zwischen Metall und Stein.

»Lass das, Schatz.«

»Aber da ist Sand drin.«

»Das macht nichts.«

Sie saß auf dem Schoß ihrer Mutter im Strandkorb. Zu ihren Füßen lag Sonja im Sand, das lange Haar zu einem Zopf geflochten, und war in ein riesengroßes Buch mit rotem Einband und teils vergilbten Seiten vertieft. Noch war Kaja sechs Jahre alt, aber sobald auch sie dreizehn wurde, durfte sie endlich die Geschichte lesen, die Jenni und Mo schon lange verschlungen hatten. Der Roman handelte von einem Clown, der in der Kanalisation lebte und Kinder fraß; deshalb durfte Sonja ihr nicht daraus vorlesen, aber manchmal tat sie es heimlich, wenn sie abends im Bett lagen. Kaja gruselte sich nur leicht, es war ja bloß eine Geschichte und nichts, was wirklich passiert war - wie der Spuk des Klabautermanns.

»Papa kommt gleich mit dem Essen. Hol schon mal deine Schwestern.« Kaja hüpfte vom Schoß ihrer Mutter und sprang über Sonja, die ein Bein in die Höhe hob. Kaja blieb daran hängen und landete mit dem Gesicht voran im Sand.

»Das ist gemein!« Kaja rieb sich die Körner von Stirn und Wange, darauf bedacht, keines in die Augen zu bekommen. Sonja hatte sich auf den Rücken gedreht und hielt sich lachend den Bauch.

»Sei nett zu deiner Schwester.«

»Das sah so witzig aus!«

Kaja stiegen Tränen in die Augen.

Sonja kroch auf sie zu und wuschelte ihr durchs Haar. »War doch nur Spaß. Musst auch mal über dich selber lachen.«

Kaja nahm eine Handvoll Sand und warf ihn Sonja ins Gesicht. Sie sprang auf und rannte zum Meer, während sie Sonja fluchen und ihre Mutter schimpfen hörte. Im Pudersand fiel es ihr schwer zu laufen, die pelzige Luft drang in ihre Lungen. Erst als der Sand fester wurde, kam ihr die kühle Meeresbrise entgegen und trocknete die Schweißperlen auf ihrer Stirn.

Vor ihr standen Jenni und Mo bis zur Hüfte im Wasser und warfen sich einen Ball zu. Kaja bewunderte ihre großen und schlanken Körper, Jennis Becken war etwas breiter und ihre Brüste größer. Die dunkelblonden Haare waren hinten kürzer geschnitten und reichten vorne bis zum Hals. Im Frühling war sie achtzehn geworden. Mo war drei Jahre jünger, einen Kopf kleiner und drahtiger. Sie hechtete dem Ball entgegen, das schulterlange silberblonde Haar, das dem ihrer Mutter ähnelte, schimmerte in der Sonne. Der Ball berührte ihre Fingerkuppen und rollte darüber hinweg, und Mo tauchte der Länge nach im Wasser unter.

»Essen!«, schrie Kaja, doch die beiden reagierten nicht. Das Wasser kroch auf Kaja zu, umspülte ihre Füße. Der blaue Himmel mit den Wolkenfetzen spiegelte sich makellos auf den glatten Ausläufern, färbte die graugrüne Nordsee südseeblau - die Illusion wurde nur durch die Gischtflocken getrübt. Das Salzwasser lief zurück, zerrte an Kajas Füßen und nahm den Sand unter ihr mit, als würde es seine Untertanen zusammentrommeln und in Tritons Palast rufen. Sie sank leicht im Boden ein.

»Jenni! Mo!«

Der Wind trug ihre Stimme und die Jubelrufe ihrer Schwestern zu den Strandkörben.

Sie ging zwei Schritte weiter. Die Wellen waren höchstens für Babys groß. Sie konnte ja schwimmen, musste im Meer aber noch die verhassten Schwimmflügel tragen. Kaja watete ins Wasser, immerhin hatte sie einen Auftrag zu erfüllen, da durfte man Regeln brechen. Sie rief nicht noch mal nach ihren Schwestern.

Vor ihr glitzerte das Sonnenlicht wie Diamanten auf der Oberfläche. Sie sprang auf sie zu, das Wasser stob auseinander, und die Juwelen funkelten schwankend um sie herum. Keines ließ sich fangen. Kaja stand jetzt bis zur Brust im Wasser. Die Vorfreude, etwas Verbotenes zu tun, ließ ihr Herz höherschlagen. Sie legte sich auf die Oberfläche, konzentrierte sich auf die Arm- und Beinzüge und glitt wie ein Frosch hindurch.

Jenni wandte den Kopf in ihre Richtung. »Was machst du hier?«

»Gibt Essen«, keuchte Kaja.

»Du darfst doch ohne Flügel nur in den Priel.«

»Ihr habt mich aber nicht rufen gehört!«

Jenni griff ihrer Schwester unter die Arme und hob sie im Wasser hoch und runter, wie auf einem Karussellpferd.

»Zeig mal, ob du auch ohne Flügel fliegen kannst. Eins.« Kaja begann zu quieken. »Zwei.« Ihr Herz schlug schneller. »Drei!« Sie flog durch die Luft, schrie vor Aufregung, durchbrach mit dem Rücken voran die Oberfläche - das kühle Wasser umspielte ihren Kopf. Sie fühlte den Boden nicht, wusste nicht, in welche Richtung sie schwimmen musste - dann fanden ihre Füße den Sand, sie stieß sich ab und kam heraufgeschossen.

Jenni und Mo nahmen je eine Hand von ihr und zogen sie bis ans Ufer.

»Sagt Mama nicht, dass ich im Wasser war!«, rief sie.

»Und wie willst du erklären, dass du nass bist?«, fragte Mo.

»Vielleicht trocknest du noch, wenn du ganz schnell rennst.«

Kaja sah skeptisch zu Jenni.

»Das ist wie ein Föhn«, erklärte ihre Schwester.

Das leuchtete ein. Mit ausgebreiteten Armen lief Kaja zum Strandkorb, wo Sonja noch immer auf dem Handtuch lag und las.

Ihre Mutter lehnte sich nach vorne und sah über den Rand hinweg. »Kaja! Du warst im Wasser.« Mit einer Umarmung wurde sie in ein Handtuch gewickelt, es roch nach Salz und Liebe.

»Jenni und Mo haben aufgepasst.«

Inzwischen waren die beiden fast am Strandkorb angelangt. Mos weiße Haut unterschied sich kaum vom Sand. Kaja sah auf ihre Hand, der olivfarbene Teint hob sich deutlich vom gelben Handtuch ab.

»Mama, ich muss noch mal eingecremt werden.«

»Du wurdest schon zweimal eingecremt.«

»Aber jetzt war ich im Wasser.«

»Das macht nichts. Zu viel ist auch nicht gut.«

Kaja wand sich aus der Umarmung und ließ sich auf den Boden plumpsen. Mit dem Handtuch bedeckte sie möglichst viel ihres Körpers, über die Beine schob sie eine dicke Sandschicht.

»Du bekommst keinen Sonnenbrand, Kaja.«

Trotzig schob sie die Unterlippe vor. Ihre Mutter verstand gar nichts!

»Papa kommt!« Sonja sprang auf.

Lachend versuchte ihr Vater, die Pommes nicht fallen zu lassen, als Sonja ihre Arme um seine Hüften schlang. »Vorsicht, Sonni.«

Sonja grapschte die erste Schachtel aus seinen Händen, Mo und Jenni ließen sich auch nicht bitten.

Ihr Vater beugte sich zu Kaja und hielt ihr eine Schachtel hin. »Passt auf die Möwen auf, Kinder. Die klauen euch das Essen aus den Händen.«

Kaja sah sich um und entdeckte drei Möwen, die auf den Strandkörben hockten und mit entschlossenem Blick patrouillierten. Die eine reckte ruckartig den Kopf zur Seite, verharrte, zuckte in eine andere Richtung, blieb starr - die perlenförmigen Augen taxierten ein altes Ehepaar, das über den Holzsteg flanierte und an einem Eis schleckte. Das Tier flatterte mit den Flügeln, erhob sich schwerfällig in die Luft und segelte im Sturzflug über die Köpfe hinweg. Die Frau schrie und blickte auf die halbe Waffel in ihrer Hand.

»Gibt es denn im Meer keine Fische?«, fragte Kaja und überlegte, ob sie ihr Essen mit den Tieren teilen sollte.

»Doch, aber Möwen sind faule, dicke Biester.« In diesem Fall entschied sie, die Pommes für sich zu behalten, und aß, so schnell sie konnte, denn neben den Vögeln boten auch ihre Schwestern eine hungrige Gefahr. Sobald sie aufgegessen hatten, würden sie sich über Kajas Portion hermachen, allem Zetern zum Trotz.

 

Sonja setzte sich mit ihrer Familie an den großen Tisch auf der Restaurantterrasse. Am Abend war sie stets ausgebucht, doch jetzt, am frühen Nachmittag, gab es weniger Kundschaft. Ihre Mutter zog einen Stuhl hervor und setzte sich Sonja gegenüber. »Ich verstehe nicht, warum ihr immer hier hinwollt.«

»Nur hier gibt es den Elefantenbecher!«, rief Kaja.

»Aber wir können doch auch zu einer richtigen Eisdiele gehen, das hier ist doch mehr ein Restaurant.«

»Mama, du hast gesagt, wir dürfen entscheiden!« Sonja stampfte mit dem Fuß auf.

»Ja, ja schon gut.«

»Ich verstehe nicht, warum du nie hier hinwillst«, sagte Jenni und schnappte Mo die Eiskarte vor der Nase weg.

»Ah, die große Familie!« Der großgewachsene Kellner mit den buschigen Augenbrauen bediente die Neumanns, seit Sonja denken konnte. Mit seinem osteuropäischen Dialekt und dem breiten Grinsen war er ihr von Anfang an sympathisch gewesen.

Er zeigte mit dem gezückten Kugelschreiber auf Kaja: »Elefantenbecher, nur mit Schokoeis.« Dann weiter auf Sonja: »Elefantenbecher, zweimal Stracciatella, einmal Schoko.« Und dann deutete er auf Mo und Jenni: »Zwei Elefantenbecher, wie sie in der Karte stehen.«

»Für mich nicht«, sagte Jenni und klappte die Karte zu. »Ich nehme den Amarettobecher.«

»Keinen Elefantenbecher?!« Sonja war entsetzt. Ihre Schwestern wurden älter, und manche Gewohnheiten veränderten sich, aber sie hatte immer geglaubt, sie würden ihn noch von der Kinderkarte bestellen, wenn sie achtzig waren.

Der Kellner zog anerkennend die Augenbrauen hoch.

»Dann schließe ich mich mal meiner Tochter an«, sagte ihr Vater und zwinkerte Jenni zu.

»Und für die schöne Dame?«

Ihre Mutter sah kurz von der Karte auf und senkte den Blick dann wieder. »Einen Kaffee.«

»Oh, Mama!«, schimpfte Mo. »Jetzt iss man tüchtig.«

Sonja kicherte. Wie oft hatte sie diesen Satz von ihrer Mutter gehört.

»Den Schwedenbecher.« Sie reichte ihm...
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Autor

Stine Volkmann wurde 1991 in Detmold geboren - wie die vier Schwestern in ihrem Buch. Genau wie sie verbrachte Stine Volkmann die Sommer ihrer Kindheit auf Langeoog, wohin sie es auch heute als Wahlbremerin nicht weit hat. Stine Volkmann studierte Literarisches Schreiben an der Universität Hildesheim, sie arbeitet als Journalistin und Drehbuchautorin.
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