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Die Verschwörung

Benjamin Coleman 2
BuchKartoniert, Paperback
297 Seiten
Deutsch
Grohsebner, Veronikaerschienen am06.09.2018
Nach dem Mord an einem VIP ist der Täter rasch gefasst: Er ist Mitglied einer Gang. Daraufhin entführt der Bandenchef einen Polizisten und droht mit dessen Ermordung. Benjamin Coleman, Rekrut der Special Troops, nimmt an der fieberhaften Suche nach dem Entführten teil. Plötzlich wird Ben in eine unerwartete Rolle gedrängt ⦠Die Verschwörung ist der zweite Band der Benjamin Coleman-Reihemehr

Produkt

KlappentextNach dem Mord an einem VIP ist der Täter rasch gefasst: Er ist Mitglied einer Gang. Daraufhin entführt der Bandenchef einen Polizisten und droht mit dessen Ermordung. Benjamin Coleman, Rekrut der Special Troops, nimmt an der fieberhaften Suche nach dem Entführten teil. Plötzlich wird Ben in eine unerwartete Rolle gedrängt ⦠Die Verschwörung ist der zweite Band der Benjamin Coleman-Reihe
Details
ISBN/GTIN978-3-200-05792-0
ProduktartBuch
EinbandartKartoniert, Paperback
FormatPaperback (Deutsch)
ErscheinungsortWien
ErscheinungslandÖsterreich
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum06.09.2018
Seiten297 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.45743057

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
Verschwunden7Einsatzbesprechung24Der verschollene Cop37Auf der Suche46Eine schräge Begegnung54Eine heiße Spur65Das Clubhaus78Eichhörnchen, Wiesel und Fuchs91Chillen mit Kumpels108In der Hand des Djinn123Aufschub141 Sie sind wieder da! 153Ein frischer Blickwinkel167Höhere Mächte180Die sonderbarsten Freunde202Schwerwiegende Folgen215Das Gefängnis235Gerüchte245Ein kühner Plan255Eine andere Art von Konferenz271Die Arbeit beginnt288Anhang295Zitate295Anmerkungen297mehr
Leseprobe
VerschwundenDer Mann saß an seinem schönen und teuren Mahagonischreibtisch. Abwesend wanderte sein Blick über den fein säuberlichen Stoß an Schriftstücken auf der linken Seite des Schreibtischs, dem etwas kleine-ren Stoß auf der rechten Seite, dem Telefon im nostalgischen Design, das an die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts erinnerte, und der dazu pas-senden Schreibtischlampe. Kein Computerbildschirm verunstaltete den Tisch und kein fortschrittliches Gerät störte das altmodische Flair des Zimmers.Bis auf das Wegwerfhandy in seiner Hand natürlich. Für dieses Ge-spräch musste er von dem hässlichen Ding Gebrauch machen. Soeben hatte er seinen Bericht beendet und nun, noch immer mit diesem lächer-lichen kleinen Telefon am Ohr, wartete er auf Anweisungen. Bei dem Gedanken biss er die Zähne zusammen. Das war überhaupt die größte Unverschämtheit. Eigentlich gebührte es ihm, Anweisungen zu erteilen, denen unbedingt Folge zu leisten war, jeder seiner Äußerungen musste mit Hochachtung und Ehrfurcht gelauscht werden. Wie auch immer, in diesem Fall war er machtlos gegen den Rollen-tausch. Angst hatte er nicht oft im Leben verspürt. Aber im Umgang mit dem Mann, den er soeben angerufen hatte, war er mit dem Gefühl rasch vertraut geworden.Sein Blick schweifte zu der Standuhr, die aus demselben Holz ge-fertigt war wie der Schreibtisch, gefesselt von dem unermüdlichen Hin und Her des Pendels. Das rhythmische Ticktack wirkte normalerweise beruhigend auf ihn. Nun jedoch machte es ihn nervös. Das langgezoge-ne Schweigen des Mannes am anderen Ende steigerte die Nervosität ins Unerträgliche.Endlich ergriff dieser das Wort, in ruhigem und eiskaltem Tonfall: Sieht so aus, als hätten Sie Mist gebaut. Haben Sie den Mann nicht gründlich durchleuchtet, bevor Sie ihn aufgenommen haben? Natürlich habe ich das getan. Wie angeordnet habe ich den Bericht eingeschickt und Ihre Leute gaben das Okay. Sie sind unverschämt , gab die Stimme am anderen Ende scharf zurück. Der Mann klang gebildet, sein Akzent entstammte der Ostküste. Wollen Sie mir zu verstehen geben, dass unser Mitarbeiterstab versagt hat? Wenn ein offensichtlich labiler Mann genehmigt wurde, dann nur deshalb, weil Ihr Bericht nicht vollständig war. Wie tief haben Sie die Persönlichkeit des Mannes ausgelotet? Mir scheint, Sie haben es der Bequemlichkeit halber als gegeben angenommen, er wäre genauso füg-sam wie sein Vater, ohne gründlich nachzuforschen. Der Mann presste die Lippen zusammen. Nur zu gerne hätte er dar-auf hingewiesen, dass die anderen Leute, die an diesem Projekt arbeite-ten, seinem Ergebnis zugestimmt hatten. Es war ja nicht so, als hätte nur er die erforderlichen Gespräche geführt. Ob der Bequemlichkeit halber oder nicht, der Mann schien für die Arbeit ideal geeignet. Überdies hatte die Vereinbarung einige Jahre hinweg perfekt funktioniert. Niemand hätte die jüngste Entwicklung vorhersehen können.Die Stimme fuhr fort: Wenn ein Mann einmal damit beginnt, For-derungen zu stellen, hört er nicht mehr damit auf. Er muss eliminiert werden. Tun Sie mir den Gefallen und erledigen Sie das möglichst unauffällig. Denken Sie daran: Sie könnten der Nächste sein, der zur Liquidation freigegeben wird. Also rate ich Ihnen zu effizienterer Arbeit. Damit endete das Gespräch. Der Mann am Schreibtisch umklam-merte das Wegwerfhandy weiterhin und starrte mit gehetztem Blick ins Leere. Vor Jahren hatte er seine Seele verkauft. In Augenblicken wie diesem fragte er sich, ob es das wirklich wert gewesen war. Aber die Zweifel waren nie von langer Dauer, und so war es auch jetzt. Als er über die Ereignisse nachdachte, die ihn in seine gegenwärtige Lage gebracht hatten, wusste er, dass er nichts anderes hätte tun können. Hätte er in diesem Moment die Wahl, würde er genau dieselbe Entscheidung wieder treffen.Nachdem der Mann in diesem Punkt erneut Klarheit gewonnen hat-te, ging er entschlossen daran, die nächsten Schritte zu planen.* * *Dwayne Roscoe, ein hochgewachsener und schlanker Afroamerikaner um die achtzehn, saß am Sofa, die Füße am Couchtisch, einen Arm um seine Freundin Alisha Moss gelegt. Sie war sechzehn, nicht sehr groß und mollig, ihre schulterlangen Haare trug sie in einer Vielzahl schmaler Zöpfchen. Drei Stunden hatten die beiden bereits Game of Thrones gestreamt und dabei Popcorn gegessen, Bier getrunken, mit-einander geredet und gekuschelt.Dwaynes Handy summte in der Hosentasche; eine Nachricht war angekommen. Er seufzte ein wenig, als er sie las. Tut mir leid , sagte er, wir müssen Schluss machen. In einer halben Stunde gibt s ein Tref-fen. Ach, komm schon, könntest du nicht wenigstens einmal nicht hin-gehen? , schmollte Alisha. Gerade jetzt ist es so gemütlich. Aber klar doch. Ich sag s dem Djinn, er versteht das sicher , nickte Dwayne. Oder vielleicht erschießt er mich auch das nächste Mal, wenn er mich sieht. Komm, Baby, wir machen eben morgen weiter, okay? Zur Hölle mit dem Djinn , grollte Alisha.Dwayne stand auf. Vorher bringe ich dich aber noch nach Hause. So wie die Leute von der 49th in der letzten Zeit in unser Revier ein-dringen, mag ich das gar nicht gerne, wenn du so spät allein unterwegs bist. Alisha lächelte zu ihm hoch. Du bist süß. Aber ich bin ein großes Mädchen und kann schon selbst auf mich aufpassen. Das haben wahrscheinlich alle Leute gedacht, die während der letzten Monate verschwunden sind , sagte Dwayne grimmig. Im nächsten Moment lächelte er verschmitzt. Wie dem auch sei, dich nach Hause zu begleiten, ist nur eine weitere Möglichkeit, länger zusammen zu sein. Das Treffen ist im Keller von Trevons Sozialbau, also ist es sowieso nur ein kleiner Umweg. Hast du nicht etwas von einem kleinen Umweg gesagt? , kicherte Alisha etwas später, als sie gemächlich schlendernd in eine weitere Sei-tengasse einbogen. Reine Vorsichtsmaßnahme , erwiderte Dwayne. Es ist sehr gut möglich, dass die Hauptrouten von Spionen der 49th ausgespäht wer-den. Die liegen dort sicher auf der Lauer nach leichter Beute. Herumalbernd und kichernd wie eben ein junges verliebtes Pärchen, setzten sie ihren Weg in einem planlosen Zickzack fort, der sie schließ-lich und endlich zu dem schäbigen Wohnblock führen würde, wo Alisha mit ihrer älteren Schwester lebte.Auf halbem Wege dorthin ließ Dwayne plötzlich verlauten: Einen Moment, Schätzchen, ich muss mal pinkeln; war wohl zu viel Bier. Ich geh nur schnell um die Ecke. Dwayne war kaum in der Sackgasse verschwunden, als Alisha be-merkte, dass sich eins ihrer Schuhbänder gelöst hatte. Sie setzte sich auf die oberste der Stufen, die zu einer Haustür führten, und begann den Schuh wieder zuzubinden, aber plötzlich hielt sie in der Bewegung inne.Von der Sackgasse her ertönte ein erschrockener Ausruf, dann hörte sie einen dumpfen Schlag, einen Aufprall, als ob etwas Schweres zu Boden fiel, dann einen unterdrückten und zornigen Wortwechsel mehrerer Männer. Seltsame Geräusche, die sie nicht einordnen konnte, die Tür eines Vans wurde zugeschoben, ein Motor startete, im nächsten Moment kam ein schwarzer Lieferwagen um die Ecke, bog in die Straße ein, wo sie im Dunkel des Hauseingangs saß, und dann beschleunigte das Fahrzeug und geriet außer Sichtweite.All das war so schnell vorüber, dass Alisha noch kaum erfasst hatte, was sie gesehen und gehört hatte. Vorsichtig rief sie aus: Dwayne? Keine Antwort.Hastig band sie den Schuh zu und stand auf. Dwayne? , rief sie wieder, ein wenig lauter diesmal, und näherte sich zögernd der Sackgasse.* * *Die Luft in dem Kellerraum war dick vom Zigarettenqualm, und Joints wurden herumgereicht. Jedes Mal trafen sie sich woanders, der Ort wurde nur eine halbe Stunde zuvor per WhatsApp oder SMS bekanntgegeben. Dieses Mal war es der Keller eines Sozialbaus.Der große Raum war ursprünglich als Treffpunkt für die Hausbe-wohner gedacht. Diese kamen zwar kaum hierher, dennoch wurde der Keller oft als Versammlungsort genutzt. Etwa dreißig junge Afroameri-kaner waren in dieser Nacht zusammengekommen. Die Mitglieder der Gang lungerten auf alten Sofas, manche saßen auf roten Kunststoffstüh-len, wieder andere hatten sich auf schäbigen dünnen blauen Matten am Boden niedergelassen. Vier junge Männer spielten Tischfußball und hatten ihren Spaß daran, die Plastikfiguren herumzuwirbeln. Ein Tisch-tennistisch ohne Netz stand in einer Ecke. Aus einem Ghettoblaster dröhnte Rap von Snoop Dogg.Der Anführer der East Side Crew, bekannt unter dem Namen Djinn, lehnte in einem abgenutzten Sessel mit zerschlissenem grünem Stoffbezug und ließ seinen Blick über die Homies schweifen, wie ein König von seinem Thron aus die Untergebenen betrachtete. Er war groß und massig gebaut, mit beeindruckenden Muskeln. Seine Haare trug er kurz geschnitten, und er wirkte generell eher gepflegt. Obwohl er der Anführer war, trug er nirgendwo an seinem Körper die Gangtätowie-rung: den Buchstaben E. Die meisten seiner Homies präsentierten ihn gut sichtbar am Handrücken zwischen Daumen und Zeigefinger, manche wiederum am Nacken. Hinter dem Sessel lehnten seine drei engsten Vertrauten lässig an der Wand: Honduras, K-Lock und Malik. Honduras war nicht sehr groß, dafür aber außerordentlich muskulös, der Ausdruck auf seinem Gesicht war gewöhnlich mürrisch und sein Temperament vulkanartig. Die Leute fürchteten ihn beinahe mehr als den Djinn selbst. K-Lock war klein, feingliedrig gebaut und drahtig. Wie sein Spitzname andeutete, war er ein Experte darin, Schlösser aller Art zu knacken. Malik war von durchschnittlicher Größe und unauffälligem Körperbau und wirkte absolut unscheinbar. Bei Bedarf konnte er sich flink und so gut wie geräuschlos bewegen, außerdem besaß er ein ausgeprägtes Gehör. Ihn setzte der Djinn am liebsten als Spion auf feindlichem Gebiet ein. Die meisten Männer in dem Raum waren noch Teenager, der jüngste vierzehn. Nur ganz wenige, darunter der Djinn und Honduras, waren knapp über zwanzig. Ist Dwayne noch immer nicht hier? , fragte der Djinn ungeduldig. Egal, ich warte nicht länger. Er gab dem Mann, der dem Ghettoblaster am nächsten saß, einen Wink und dieser stoppte die Musik. Daraufhin brachen sämtliche Gespräche ab, auch die vier Leute beim Tischfußball hörten damit auf, die Stangen zu drehen, aller Aufmerksamkeit war auf den Anführer gerichtet.Der Djinn überflog die Mitglieder seiner Gang mit festem Blick. Ihr wisst alle, worum es bei diesem Treffen geht. Die 49th , nickte einer der jungen Männer, der auf einer Matte saß. Sie sind viel zu dreist geworden , fuhr der Djinn fort. Die Dreckskerle dringen in unser Territorium ein, Menschen verschwinden spurlos und während der letzten Wochen wurden Überfälle und Schie-ßereien aus fahrenden Autos heraus immer häufiger. Es ist an der Zeit, dem ein Ende zu bereiten. Seine Leute nickten grimmig. Zumindest eine Weile waren sie ja etwas vorsichtiger, nachdem wir Monster C und seinen Homies vergolten haben, was sie Jaylen angetan haben, aber ⦠Wir hätten sie kalt machen sollen , ließ Adam Perry ärgerlich ver-lauten und strich sich über den Kinnbart. Ich meine, die Schweine versuchen, deinen kleinen Bruder umzulegen, und kommen damit da-von? Kein Wunder, dass sie den Respekt verlieren. Zustimmendes Gemurmel erhob sich in der Menge.Die Augen des Djinn blitzten zornig. Was willst du damit sagen? Dass ich eine falsche Entscheidung getroffen habe? Wütend starrte er die Homies einen nach dem anderen an, als Letz-ten Adam Perry. Niemand wagte es, dem Anführer in die Augen zu schauen, alle senkten die Köpfe. Sogar Adam hielt es für klüger, nichts zu sagen. Stille senkte sich auf den Raum. Erst dann begann der Djinn mit barscher Stimme zu sprechen. Die Kerle umzulegen wäre zu einfach gewesen. Sie wurden halbtot geprügelt. Die Lektion werden sie nie vergessen. Wie ich höre, hat Monster C seitdem Angst, das Haus allein zu verlassen. Lachen durchlief die Reihen der Männer, aber der Djinn stimmte nicht mit ein. Den Feind in Angst und Schrecken zu versetzen ist ein viel größe-rer Sieg, als ihn einfach zu töten. So wird er entmutigt, es schwächt ihn und er verliert sein Urteilsvermögen. Er legte eine kurze Pause ein und sah seine Leute weiterhin fest an. Niemand gab einen Laut von sich. Erst dann gestattete sich der Djinn ein leichtes Lächeln. Außerdem war ich dem Mann, der Jaylen gerettet hat, etwas schuldig. Er war ganz und gar nicht dafür, die Typen zu töten. Adam schnaubte verächtlich. Lässig lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und drehte den großen Goldring am Finger seiner Linken. Ein Weißer? Wen zum Teufel interessiert s, was einer von den Dreckskerlen will? Urplötzlich hätte man die Stille mit dem Messer schneiden können. Der Djinn sprang auf und zog gleichzeitig seine Pistole, im nächsten Moment stand er direkt vor Adam und drückte ihm den Lauf der Waffe mitten an die Stirn.Adam hielt sich regungslos. Sein Atem ging rasch und flach, und er brach am ganzen Leib in Schweiß aus. Er war kein Feigling, aber der unerwartete Angriff des Djinn hatte ihn erschreckt und der Ausdruck auf dem Gesicht seines Anführers jagte ihm noch mehr Angst ein. Adam war genauso groß wie der Djinn und auch stark, aber gegen den Djinn hatte er keine Chance; dieser besaß nicht nur reine Muskelkraft, sondern auch echte Kampffertigkeiten. Obwohl, mit der Pistole an Adams Stirn waren keine besonderen Fertigkeiten vonnöten. Verrat mir eines, Adam , zischte der Djinn. Hättest du den Mumm gehabt, so zu handeln, wie es der weiße Dreckskerl tat? Wenn ich dich jetzt so sehe, bezweifle ich das ernsthaft. Du hast ja total Schiss! Der Mann, wer auch immer er war, hat Jaylen gerettet, und zwar unter Einsatz seines eigenen Lebens. Was er getan hat, macht ihn zu meinem Bruder, ganz egal, welche Hautfarbe er hat. Verstanden? Jetzt schweifte sein Blick über alle Anwesenden. Die meisten wag-ten es nicht, ihm in die Augen zu schauen. Als Antwort kam bloßes Kopfnicken oder hier und da ein gedämpftes: Klar! Die Anspannung in der Haltung des Djinn ließ etwas nach. Aber als er wieder Adam ansah, war sein Blick immer noch streng und kalt. Bedächtig schob er mit dem Daumen die Sicherung der Pistole zurück und steckte die Waf-fe in den Hosenbund.Adam schloss kurz die Augen und atmete tief durch.Der Djinn kehrte zu seinem Sessel zurück. Tiefe Stille herrschte im Raum. Die strenge Hand des Djinn war der Grund, warum die East Side Crew im Ghettoviertel von Sedgeville die Führungsposition eingenommen hatte und diese nun schon seit mindestens drei Jahren beibehielt. Er war hart und aufbrausend, aber auch gerecht.Nun begann der Djinn wieder zu sprechen, als wäre nichts Außer-gewöhnliches vorgefallen. Die 49th. Darum geht s jetzt. Es gibt ein paar Ideen, die ich mit euch ⦠was zum Teufel! , unterbrach er sich selbst, ernsthaft verärgert.Schritte näherten sich der Tür von draußen, Stimmen wurden hör-bar, das Schluchzen eines Mädchens. Im nächsten Moment wurde die Tür aufgerissen und Alisha Moss stürzte in den Raum, einer der Türste-her kam mit gehetztem Blick hinterher. Tränen liefen dem Mädchen über die Wangen und Angst stand ihr ins Gesicht geschrieben. Djinn ⦠Djinn ⦠, stammelte sie mit erstickter Stimme.Honduras, K-Lock und Malik machten sich daran, sie aufzuhalten, aber der Djinn winkte ab. Rasch stand er auf, ging ihr entgegen und packte sie fest an den Armen. Alisha, was ist los? , fragte er. Wo ist Dwayne? Mit leerem Blick starrte sie ihn an und wiederholte weiterhin: Djinn ⦠Djinn ⦠Er schüttelte das Mädchen heftig. Reiß dich zusammen. Was ist passiert? Hat jemand Dwayne umgebracht? Nein ⦠ich weiß nicht ⦠er ist weg ⦠er ⦠sie haben ihn fortge-bracht ⦠Wer hat ihn fortgebracht? Ich weiß nicht ⦠er ist einfach weg ⦠Das Mädchen atmete stoßweise, als hätte sie Schwierigkeiten, genug Luft in die Lungen zu bekommen. Der Djinn drängte sie in seinen Ses-sel. Holt mir jemand einen Drink? Honduras drückte ihm eine Whiskeyflasche in die Hand, Malik brachte ihm ein Glas und der Djinn zwang das Mädchen, von dem star-ken Alkohol zu trinken. Sie hustete und ihre Augen tränten noch mehr, aber nach einigen Minuten normalisierte sich ihre Atmung. Noch einmal, Alisha, was ist los? Wir haben alle verstanden, dass Dwayne etwas zugestoßen ist. Am besten fängst du von vorn an. Ihr zwei wart offensichtlich zusammen? Alisha nickte. Ihre Stimme bebte, aber sie versuchte, sich zu beherrschen. Wir beide waren in der Wohnung seiner Tante, als er deine Nachricht bekam. Er sagte, dass er mich vor eurem Treffen nach Hause begleiten wollte, weil die 49th in der letzten Zeit so frech geworden sind, vielleicht würden sie mich entführen oder so was. Ich dachte, dass er nur Spaß machen würde ⦠Ihre Stimme schwankte und sie biss sich auf die Lippen, bis ein Blutstropfen hervorquoll. Ruhig, Mädchen , sagte der Djinn fest, und dennoch erstaunlich sanft.Mit bebenden Fingern wischte sie eine Träne von der Wange. Wir haben nicht den kürzesten Weg genommen. Es war noch genug Zeit und wir hatten so viel Spaß. Ihre Stimme wurde ständig lauter, wäh-rend sie alles erzählte, was sie gehört und gesehen hatte. Und dann, als ich mich in die Sackgasse geschlichen hatte, war niemand da! Dwayne war einfach weg! Sie haben ihn fortgebracht! , beendete sie ihre Ge-schichte und begann wieder zu schluchzen.Völlig überrascht von dem Gehörten schwiegen die Männer. Selbst der Djinn war für einen Augenblick sprachlos, aber plötzlich stieß er einen Wutschrei aus. Das ist zu viel! Die 49th wird das büßen! Hört zu, ich sage euch, was wir heute noch machen! Schnell teilte er ihnen seinen Plan mit und die Gangmitglieder konnten es kaum erwarten aufzubrechen. Alle waren voller Wut, Hass und Rachedurst. Der Djinn sandte sie in Gruppen aus, bis nur mehr seine engsten Vertrauten und Alisha zurückblieben. Weiß es seine Tante schon? , fragte der Djinn abrupt. Noch nicht. Sie war von der Arbeit noch nicht nach Hause ge-kommen, als wir aus der Wohnung gingen. Innerlich wand er sich, aber äußerlich betrachtet hätte niemand erraten, dass sich der starke Bandenchef davor scheute, der Frau mit einer solchen Nachricht gegenübertreten zu müssen. Dennoch war es seine Pflicht. So sehr er es auch wünschte, konnte er sie niemand ande-rem aufhalsen. Einer der Gründe, warum Leute ihm so bereitwillig folgten, war seine Entschlossenheit, unangenehme Aufgaben selbst zu erledigen. Und das hier gehörte dazu. K-Lock, bring Alisha nach Hause und warte an der Ecke Wilson Road und 42nd auf mich. Ich gehe selber zu Mrs. Roscoe , knurrte er. Ich komme mit dir, Djinn , sagte Alisha leise. Zenya braucht je-manden, der nachher bei ihr bleibt. Erleichtert darüber, der Frau nicht allein gegenübertreten zu müssen, widersprach der Djinn nicht.Zenya Roscoe öffnete ihnen die Tür. Dwaynes Tante war eine dünne Frau Mitte vierzig, sah aber mindestens zehn Jahre älter aus. Sie arbeitete als Kellnerin in einem Diner und war erst eine halbe Stunde zuvor müde und mit schmerzenden Füßen zurückgekommen.Beim Anblick des Bandenchefs zogen sich ihre Augenbrauen zu-sammen, aber sie trat doch zur Seite, um ihn einzulassen. Ein wenig überrascht war sie, als sie Alisha hinter dem Mann entdeckte. Dwayne ist nicht hier , sagte sie. Ihr könnt in seinem Zimmer auf ihn warten. Damit wollte sie sich schon abwenden, nur darauf bedacht, die Füße hochzulagern und sich auszuruhen, aber da sagte der Djinn: Ich weiß, dass Dwayne nicht hier ist. Wir müssen reden. Ohne ein weiteres Wort führte Mrs. Roscoe die beiden ins Wohn-zimmer. Der Tisch und die Sessel waren vollgeräumt. Die Frau hatte zwei Jobs und wenn sie nach Hause kam, war sie viel zu müde, um noch aufzuräumen. Tat Dwayne seinen Teil der Hausarbeit nicht, wurde er eben nicht erledigt. Und da Dwayne nicht nur Mitglied einer gefährlichen Gang, sondern auch ein völlig normaler junger Mann war, der Unordnung ganz einfach nicht bemerkte, wurde die Wohnung nur selten aufgeräumt.Der Djinn und Alisha befreiten zwei Sessel von Magazinstößen und allerlei Krimskrams und setzten sich. Zenya Roscoe sank auf den Rand des einzigen freien Sitzes am Sofa nieder, der übrige Platz war von einem Haufen frisch gewaschener Wäsche belegt, die darauf wartete, zusammengelegt und an Ort und Stelle gebracht zu werden. Ist Dwayne etwas zugestoßen? , fragte sie dumpf.Es war nicht das erste Mal, dass jemand kam, um schlechte Nach-richten zu überbringen. Die Anzeichen waren offensichtlich. Der Djinn begann zu sprechen, und dann erzählte Alisha ihre Geschichte noch einmal. Mrs. Roscoe hörte sich alles regungslos und schweigend an. Als sie fertig waren, schlang sie ihre Arme eng um den eigenen Körper und wiegte sich auf dem Sofa vor und zurück. Noch immer gab sie keinen Laut von sich, aber in ihren Augen stand abgrundtiefe Trauer. Mein Gott, hört das denn nie auf? , flüsterte die Frau schließlich. Es ist zu viel. Alle drei Kinder habe ich verloren. Mein Mädchen ist verschwunden, die Söhne sind tot. Und jetzt wurde mir auch noch Dwayne genommen. Alisha liefen Tränen über die Wangen. Sie ging zu Mrs. Roscoe hinüber, setzte sich auf die Armlehne des Sofas und legte den Arm um die Schultern der Frau. Ich schwöre, damit kommen die Dreckskerle nicht davon , sagte der Djinn betont drohend, um sein Unbehagen zu verbergen.Langsam hob Mrs. Roscoe den Kopf und starrte den großen jungen Mann an. Nur allmählich schien sich ihr Blick auf ihn einzustellen. Was hast du also vor, allmächtiger Djinn? , fauchte sie. Bringst ein paar Leute um, egal, ob sie mit Dwaynes Verschwinden zu tun ha-ben oder nicht, nur um der Welt eine Lektion zu erteilen? Fängst im Viertel Krieg an? Kämpfst du um dein Revier, damit du weiterhin Dro-gen und Waffen verticken kannst? Ist das alles nicht schon weit genug gegangen? Dem Bandenchef blieb der Mund offen stehen. Die Frau stand auf, ihr Blick voll Schmerz und Zorn. Meine Söhne, jetzt auch Dwayne, alle sind sie Opfer deiner ver-fluchten Gang geworden. Einen Helden machen die jungen Leute aus dir! Sie wollen deine Anerkennung gewinnen, nehmen Drogen, geraten von einer Schwierigkeit in die nächste, brechen Gesetze und begehen immer schlimmere Verbrechen unter dem Vorwand, dass die Welt euch etwas dafür schuldet, dass ihr hier geboren wurdet! Als ob es nicht möglich wäre, in dem Viertel ein anständiges Leben zu führen! Natür-lich ist es nicht möglich. Weil du hier bist und das ganze Unglück verursachst! Du und all die anderen verfluchten Bandenchefs! Ihr habt doch nie auch nur die geringste Anstrengung unternommen, aus eurem Leben etwas Gutes und Wertvolles zu machen! Keuchend brach sie ab. Alisha legte eine Hand über den Mund, voller Angst, wie der Djinn reagieren würde. Aber der junge Mann sah Mrs. Roscoe nur an. Tat-sächlich wusste er nicht, was er tun sollte. Der Angriff dieser gewöhn-lich so ruhigen und zurückhaltenden Frau hatte ihn kalt erwischt. Mach schon, mir ist das inzwischen egal! , schrie ihn Mrs. Roscoe an. Bringt euch doch alle gegenseitig um, dann wird im Viertel endlich Ruhe und Frieden einkehren! Die Ruhe und der Frieden eines Friedhofs! Und jetzt, raus hier! Ich will dein verfluchtes Gesicht nicht mehr sehen! Der Djinn stand auf, machte am Absatz kehrt und verließ wortlos die Wohnung. Mrs. Roscoe sank auf die Knie und begann wild zu schluchzen. Alisha kniete an ihrer Seite und nahm sie in die Arme, und so trauerten die beiden Frauen gemeinsam.* * *Der Djinn konnte nicht sofort zurückkehren. Er zog die Kapuze seines Sweaters, den er unter der Jacke trug, so tief ins Gesicht, dass nur mehr Mund und Kinn sichtbar waren, und dann lief er in den Straßen umher, um sich zu beruhigen. Die Worte von Mrs. Roscoe hatten ihn tief getroffen. Als ob er es nicht versucht hätte, dem Teufelskreis zu entkommen, dem man im Viertel ausgesetzt war! Wie sehr hatte er darum gekämpft, nicht in die Gangs hineingezogen zu werden! Da sein Vater und seine beiden älteren Brüder zur East Side Crew gehörten und sie ganz selbstverständlich angenommen hatten, dass auch er der Gang beitreten würde, war der Kampf wirklich hart gewesen. Bis er auf die harte Tour gelernt hatte, dass es keinen Ausweg gab. Für niemanden. Das Bild seines Vaters und seiner Brüder stand ihm jetzt klar vor Augen, wie er sie gefunden hatte, einen nach dem andern, erschossen von Männern der Latin Kings. Da war ihm klar geworden, dass er sich von seinen Wurzeln nicht lösen konnte. Er schnaubte bitter. Der Djinn. Das war aus ihm geworden. Eine Straßenlegende. Furchtlos und unbesiegbar, mysteriös und geheimnis-umwoben. Einfach nur, weil er die Gesetze, die er im Gefängnis aus-wendig gelernt hatte, in die Tat umsetzte. Sie stammten aus der Bibel der Straße: Die Kunst des Krieges von Sun Tzu. Die meisten Gangmit-glieder lasen das Werk und fühlten sich gut, wenn sie daraus zitierten. Jede Kriegsführung gründet auf Täuschung. Das war das allgemeinbe-kannte Lieblingszitat. Aber niemand machte sich dessen Weisheit so konsequent zunutze, wie er es tat. Mit Hilfe des alten Meisters hatte er herausgefunden, wie einfach es war, den Feind zu besiegen.Greif ihn an, wo er unvorbereitet ist, tauche auf, wo du nicht erwar-tet wirst. Und: Halte deine Armee ständig in Bewegung und schmiede unerforschliche Pläne.Er hatte die Leitsprüche zu seinen persönlichen Grundprinzipien gemacht. Seine ersten erfolgreichen Überfälle gründeten auf diesen Regeln, und seither war er nicht mehr aufzuhalten.Inzwischen wussten nur mehr wenige Leute seinen echten Namen, sogar die meisten Mitglieder seiner Gang kannten ihn nur als den Djinn . Es war auch gut so, dass sein Name in Vergessenheit geraten war. Daran hatte er vom ersten Moment seit seiner Rückkehr vom Ge-fängnis gearbeitet. Schließlich war er auch nicht mehr dieselbe Person wie vorher. Er hatte aufgehört, sich gegen seine Bestimmung aufzuleh-nen, sondern er hatte sie angenommen. Also war es passend, dass er jetzt auch einen anderen Namen trug. Nur die ihm am nächsten stehen-den Homies nannten ihn manchmal noch Djimon, wenn sie unter sich waren. Jedenfalls hatte er schwere persönliche Verluste erlitten, und nur deshalb war er zu dem geworden, der er jetzt war. Die Ungerechtigkeit, als die Ursache für all die üblen Dinge im Viertel beschuldigt zu wer-den, traf ihn bis ins Mark und erfüllte ihn mit Zorn.Es brauchte eine Weile, bis er sich so weit beruhigt hatte, dass er zurückkehren konnte. Auf halbem Weg zum Sozialbau erreichte ihn eine Nachricht von Honduras: Haben ihn. Bringen ihn zum heutigen Treffpunkt. Als der Djinn den Kellerraum betrat, fand er einen jungen Afroamerikaner um die zwanzig vor, der schlapp auf einem Stuhl hing. Er war von durchschnittlicher Größe, aber genauso muskulös wie der Djinn. Sein Kopf war kahlgeschoren und glänzte wie dunkle Schokolade, und er trug einen kurzgetrimmten Vollbart. Die Hände waren ihm am Rücken mit einem Kabelbinder zusammengebunden, und jedes seiner Fußgelenke war an ein Stuhlbein gefesselt. Ein Kratzer auf seiner Wange blutete leicht und auch ein Mundwinkel war blutverschmiert. Er sah benommen und wütend aus. Die meisten Mitglieder der East Side Crew waren inzwischen zurückgekommen. Sie standen in einem losen Kreis um ihren Gefangenen herum und tauschten abfällige Bemerkungen über ihn aus. Der Mann ignorierte sie betont, setzte sich jedoch beim Eintreffen des Anführers auf. Djinn! , rief er aus. Was zum Teufel soll das? Möchtest du einen Krieg vom Zaun brechen? Wenn es das braucht, um meinen Mann zurückzubekommen? Die Worte von Mrs. Roscoe hallten noch immer in ihm wider, und so klang seine Stimme besonders wild.Verwirrt sah der junge Mann zu ihm hoch. Was? Spiel nicht den Unschuldigen, Reggie , sagte der Djinn verächt-lich. Vermutlich weißt du überhaupt nichts von all den Leuten, die ständig aus meinem Territorium verschwinden? Hast nicht den blasses-ten Schimmer, dass der Letzte, den deine Kerle entführt haben, Dwayne Roscoe ist? Meine Männer entführen Leute von deinem Territorium? Reggie Freeman, der Anführer der 49th Street Gang, starrte seinen Feind mit großen Augen an, offenbar völlig verblüfft. Bist du verrückt? Offen-sichtlich ist es genau umgekehrt. Ich meine, hier bin ich, von deinen Homies aus meinem Revier heraus entführt, verdammt! Und was ist mit all den anderen? Wohin sind die verschwunden? Der Djinn bellte: Treib keine Spielchen mit mir. Seit Monster C plante, Jaylen umzulegen, bin ich nicht scharf auf deine Frechheiten. Ich hab dir schon gesagt, dass er das ohne meine Genehmigung ge-tan hat, und ganz sicher hab ich nicht den Befehl dazu gegeben! , erwi-derte Reggie genauso scharf. Kinder umbringen, das ist nicht meine Art, eine Gang zu führen. Jedenfalls hast du dich schon gerächt. Gleich nachher hatten wir einen Waffenstillstand vereinbart, jeder sollte in seinem Territorium bleiben, weißt du noch? Und warum brichst du dann den Waffenstillstand andauernd? Wo ist Dwayne? Wie zum Teufel soll ich das wissen? , schrie Reggie, völlig verär-gert. Wo wir schon davon sprechen, dann wüsste ich nur zu gerne, wo du die ganzen Leute versteckt hältst, die in der letzten Zeit aus meinem Gebiet verschwunden sind! Oder hast du sie einfach abgeknallt und die Leichen in den Fluss geworfen? Zorniges Gemurmel erhob sich und finstere Blicke trafen den Mann. Der Djinn trat ganz nah an ihn heran und starrte ihm unverwandt ins Gesicht. Außer dich, jetzt eben, ließ ich noch nie jemanden aus deinem Gebiet entführen. Das schwöre ich. Reggie Freeman starrte den großen jungen Mann, der sich drohend vor ihm aufgebaut hatte, ebenso intensiv an. Dasselbe gilt für mich. Der Djinn wirkte verdutzt. Du schwörst, dass du Dwayne nicht hast? Was zum Teufel sag ich dir denn die ganze Zeit? Ich hab den Mann nicht, verdammt! , schrie Reggie. Zum Geier, Djinn, du kannst das dem Dreckskerl doch nicht ein-fach so abkaufen, nur weil er sagt, dass er s nicht war! , protestierte Malik angewidert, und die meisten Mitglieder der East Side Crew nick-ten. Mach ich nicht , gab der Djinn zurück, ohne den Blick von seinem Gefangenen zu wenden. Erneut blitzte Zorn in Reggies Augen auf, aber der Djinn fuhr fort: Reggie und ich kennen einander schon lange. Des-halb glaube ich ihm. Ich weiß, wann er lügt und wann nicht. Jetzt eben hat er die Wahrheit gesagt. Reggie entspannte sich ein wenig. Der Djinn verschränkte die Arme vor der Brust und dachte nach. Du hast also Dwayne und all die anderen nicht gekidnappt, und ich habe keine Leute von deinem Gebiet entführt. Wer dann? Ich weiß es nicht! Würdest du mich endlich losschneiden? Oder bestehst du darauf, einen Krieg anzufangen? Denn wenn ich nicht sehr bald zu meinen Homies zurückkehre, wird genau das passieren! Der Djinn schien ihn nicht gehört zu haben. Glaubst du, es sind die Latin Kings oder die Vatos Locos? Eine von den beiden Gangs, oder haben sie sich zusammengetan, um gegen uns Krieg zu führen? Und erst entführen sie unsere Leute, um uns zu demoralisieren? Wollen uns zu blinder Wut reizen, damit wir unvorsichtig werden? Reggie war wider seinen Willen interessiert. Klingt total verrückt. Aber nicht absolut unmöglich. Wenn das der Fall ist, sollten wir etwas dagegen tun. Wie zum Beispiel uns gegen diese Schweine zu verbün-den? Obwohl, jetzt eben bin ich ganz und gar nicht in der Stimmung, mit dir zusammenzuarbeiten. Lieber würde ich dich auf der Stelle er-schießen. Die Männer um ihn herum stießen zornige Bemerkungen aus, der Djinn jedoch ließ ein raues Lachen hören. Verflucht, Reggie, glaubst du etwa, ich möchte mit dir arbeiten? Schneide die Fesseln los, Jell-O. Gegen uns alle hier kann er nichts ausrichten. Mit mürrischem Gesicht rieb sich Reggie die Handgelenke. Du möchtest im Viertel den Frieden bewahren? Dann schicke ich jetzt eine Nachricht an meine Homies aus. Du kannst gerne mitlesen, während ich schreibe. Der Djinn stellte sich dicht hinter Reggie und schaute ihm über die Schulter, dabei hielt er den Griff seiner Pistole fest in der Hand. Sehr langsam, damit die überspannten Gangmitglieder nicht auf die Idee kamen, ihn zu erschießen, zog Reggie sein Handy hervor und schrieb: Alles cool. Bleibt, wo ihr seid. Bin bald zurück. Sobald die Nachricht abgeschickt und die drohende Gefahr eines Krieges zwischen den beiden Gangs vorerst gebannt war, fiel die meiste Anspannung vom Djinn ab. Er fühlte sich ernüchtert und hilflos, sogar verwirrt, und diesen Zustand konnte er nicht ausstehen. Immer wieder verschwanden Menschen spurlos, und er war sich so sicher gewesen, dass die 49th dahinter steckte. Vor allem hatte er erwartet, Dwayne noch in dieser Nacht zurückzubekommen. Nun wusste er nicht, was er tun und wo er nach seinem Homie suchen sollte. Obwohl er selbst den Verdacht geäußert hatte, dass die Latinogangs hinter den seltsamen Vorkommnissen stecken könnten, glaubte er nicht ernsthaft daran.Wie auch immer, er musste sich darum kümmern, dass Reggie rasch in sein Gebiet zurückkehrte.Und dann meldete sich K-Lock zu Wort. Er war im Hintergrund gesessen, mit seinem Smartphone beschäftigt, die Daumen beim Spielen ständig in Bewegung, das Geschehen rund um ihn hatte er ausgeblendet. Aber jetzt hielt er die Finger still und er sah fassungslos aus. Hört euch das an, Leute. Er drehte die Lautstärke höher und die Stimme eines Nachrichtensprechers ertönte. ⦠In Sedgeville, Colorado, wurde die Leiche eines bekannten Ge-schäftsmannes gefunden, der Mann wurde ermordet und ausgeraubt. Das Opfer wurde identifiziert als Nolan Symes, der Eigentümer einer großen Baufirma. Der mutmaßliche Täter, ein junger Afroamerikaner, wurde an Ort und Stelle verhaftet. Nach seiner Tätowierung zu schlie-ßen, gehört er einer der örtlichen Gangs an, der sogenannten East Side Crew. Was? , stieß der Djinn hervor. Er stürzte hinüber zu K-Lock und schaute ungläubig das holprige Video am Display an. Es zeigte Dwayne, wie dieser aus einem Polizeiauto gezerrt und in die Wache geführt wurde. Er wirkte mitgenommen, trotzig und verwirrt. Der Djinn sah auf und versuchte, die Nachricht zu verdauen. Um ihn herum waren die Mitglieder seiner Gang erst still und genauso fas-sungslos wie er, aber dann begannen zornige Ausrufe. Die Cops! ⦠Verfluchte Schweine! ⦠Also stecken die dahinter? ⦠Aber wie zur Hölle ⦠und warum â¦? Schließlich brüllte der Djinn: Ruhe! Allmählich legte sich der Lärm und alles schaute auf den Anführer.Seine dunklen Augen waren schmal, die Hände hielt er zu Fäusten geballt, und er atmete schwer. Als er zu sprechen begann, bebte seine Stimme und sie klang heiser. Ein solcher Zorn lag darin, dass sogar das letzte Gemurmel verebbte, und alle lauschten darauf, was der Djinn zu sagen hatte. Diesmal sind die Cops zu weit gegangen. Sie glauben, dass sie die ganze Stadt beherrschen und tun können, was sie wollen? Sie glauben, dass Schwarze misshandelt und unterdrückt werden können, wie es ihnen eben einfällt? Dass wir Leute aus den Ghettovierteln bequeme Sündenböcke sind, denen man jedes Verbrechen anhängen kann, und sie können sich die Mühe sparen, nach dem echten Mörder zu suchen? Jetzt nicht mehr. Ich hab die Nase voll davon, einfach nur dabei zuzusehen, wie wir schikaniert werden. Er überflog seine Männer mit hartem Blick und sah den Zorn auch auf ihren Gesichtern. Das bedeutet Krieg, Homies. Der Djinn wandte sich dem anderen Bandenchef zu. Als erstes bringen wir dich in dein Gebiet zurück, Reggie. Das andere Problem, das mit den Leuten, die einfach so spurlos verschwinden, damit befassen wir uns später. Was mit Dwayne gesche-hen ist, dürfte doch nichts damit zu tun haben. Und im Moment ist das für mich wichtiger. Reggie erwiderte seinen Blick fest. Sein Zorn und die Demütigung darüber, dass ihn seine Feinde so mühelos gefangen nehmen konnten, machten ihm immer noch schwer zu schaffen. Schließlich sagte er: Na gut, Djinn. Weil du vorhast, Krieg gegen die Cops zu führen, lasse ich die Sache einstweilen auf sich beruhen. Aber glaub nicht, dass ich das vergessen werde, was du mir heute angetan hast. Der Djinn lachte nur. Tu dein Schlimmstes. Ich hab keine Angst vor deinen kümmerlichen Straßenkämpfern. Seit der Sache mit Monster C verkriechen die sich bloß ängstlich, sobald sie meinen Namen hören. Reggie warf ihm einen wütenden Blick zu, aber im Moment war er machtlos. Vier der Gangmitglieder führten ihn ab und die übrigen Män-ner hielten Kriegsrat.mehr

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Veronika Grohsebner (*1966) stammt aus Oberösterreich. Ihre Leidenschaft gilt dem Lesen und Schreiben von englischsprachigen Thrillern, ihre Bücher übersetzt sie selbst ins Deutsche. Die Verfasserin des Bestsellers Johnny Designed und der Alan Jason-Trilogie lebt mit ihrem Mann und den vier Kindern in Wien.