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Marius Müller-Westernhagen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
256 Seiten
Deutsch
Diogenes Verlag AGerschienen am23.11.20221. Auflage
?Freiheit?, ?Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz?, ?Sexy?, ?Lass uns leben?, ?Wieder hier? sind Songs, die ganze Generationen geprägt haben. Doch wer verbirgt sich dahinter? In diesem sehr persönlichen und facettenreichen Buch erzählt Marius Müller-Westernhagen, was ihn bewegt und zu dem Menschen gemacht hat, der er heute ist. Seine Erinnerungen führen zurück in seine Kindheit, in die junge BRD und zu den ersten Auftritten in der Zeit der Jugendrevolten, als eine neue Art von Musik beginnt, die Welt zu verändern.

Friedrich Dönhoff, geboren 1967 in Hamburg, ist in Kenia aufgewachsen. Er studierte Geschichte und Politik, verfasst Romane und Biografien, u.a. den Bestseller ?Die Welt ist so, wie man sie sieht? und ?Ein gutes Leben ist die beste Antwort?. Friedrich Dönhoff lebt in Hamburg und Berlin.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR25,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR21,99

Produkt

Klappentext?Freiheit?, ?Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz?, ?Sexy?, ?Lass uns leben?, ?Wieder hier? sind Songs, die ganze Generationen geprägt haben. Doch wer verbirgt sich dahinter? In diesem sehr persönlichen und facettenreichen Buch erzählt Marius Müller-Westernhagen, was ihn bewegt und zu dem Menschen gemacht hat, der er heute ist. Seine Erinnerungen führen zurück in seine Kindheit, in die junge BRD und zu den ersten Auftritten in der Zeit der Jugendrevolten, als eine neue Art von Musik beginnt, die Welt zu verändern.

Friedrich Dönhoff, geboren 1967 in Hamburg, ist in Kenia aufgewachsen. Er studierte Geschichte und Politik, verfasst Romane und Biografien, u.a. den Bestseller ?Die Welt ist so, wie man sie sieht? und ?Ein gutes Leben ist die beste Antwort?. Friedrich Dönhoff lebt in Hamburg und Berlin.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783257612639
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum23.11.2022
Auflage1. Auflage
Seiten256 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1198 Kbytes
Artikel-Nr.9961149
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


DÜSSELDORF-HEERDT, IM OKTOBER 1957, die Familie wohnt inzwischen in der Heesenstraße 2. Marius´ Mutter Liselotte ist nervös. Sie hat picobello aufgeräumt, geputzt, eingekauft und stundenlang gekocht. Marius sitzt gekämmt und gescheitelt im Wohnzimmer.

Im Treppenhaus sind Stimmen zu hören, ein Lachen, ein Schlüssel im Schloss. Seine Mutter nimmt ihre Schürze ab.

Hilde Krahl ist groß, schlank und trägt ein enges Kostüm mit Pelzkragen, seidene Handschuhe und glänzende hochhackige Schuhe. Mit ihr hält eine Wolke von Parfüm Einzug in die Wohnung. Die Frau ist nicht nur berühmt, sondern auch wunderschön. Marius stockt der Atem.

Die Schauspielerin beugt sich zu ihm hinunter, berührt seine Wange und schaut ihn mit ihren großen, schönen Augen an und sagt: »Du bist also Marius. Dein Vater hat mir schon viel von dir erzählt.«

Die Erwachsenen sitzen am Esstisch, es wird geraucht, getrunken, erzählt und gelacht. Die Schauspielerin aus Wien, bekannt aus Kino, Fernsehen und großen Theatern, gastiert am Düsseldorfer Schauspielhaus und spielt neben Hans Müller-Westernhagen in einer neuen Produktion. Noch laufen die Proben. Marius´ Vater spricht mit seiner lauten Bühnenstimme, wie so oft, wenn er vom Theater nach Hause kommt. Hilde Krahl ist voller Bewunderung für ihn und seine Schauspielkunst.

Der Junge betrachtet und beobachtet den Gast genau: wie die Hände durch die Luft fliegen, wenn sie etwas erzählt. Wie sie die Finger spreizt und bewegt, wenn sie sich etwas ausmalt. Wie sie sich vorbeugt, wenn sein Vater ihr Feuer gibt, wie sie den Rauch auspustet, die Augen aufreißt, wenn der Vater eine Geschichte erzählt. Und er schaut sich das sorgfältige Make-up auf ihrem makellosen Gesicht an. Er kennt das alles vom Theater, von seinem Vater und dessen Schauspielkollegen, aber bei dieser Frau ist alles perfekt.

Irgendwann kommt es, wie es kommen muss, und Liselotte schaut auf die Uhr. Sie bemerkt sicher, dass der Sohn längst im Bett sein müsste. Aber er hat Glück: Gerade jetzt dreht Hilde Krahl sich zu ihm herum und fragt mit ihrer vollen, warmen Stimme, wie alt er ist und in welche Klasse er geht.

Er läuft rot an und sagt mit klopfendem Herzen, er sei acht Jahre alt und gehe schon in die dritte Klasse. Angespornt von ihrem Lächeln, erzählt er außerdem, dass er bei Fortuna Düsseldorf im Verein in der D-Jugend spielt. Hilde Krahl fragt, ob er das Buch von dem Jungen mit dem roten Luftballon kenne, und erzählt ihm die Geschichte: Ein Junge findet eines Tages einen roten Ballon, verliert ihn, aber er kommt nach Umwegen wieder zu ihm zurück. Marius gefällt die Geschichte, und Hilde Krahl verspricht, ihm das Buch zu schenken.

In dieser Nacht kann er lange Zeit nicht einschlafen. Er denkt an Hilde Krahl, sieht ihre Augen vor sich, riecht ihr Parfüm. Er hört die Erwachsenen im Wohnzimmer und denkt an die Geschichte, die sie ihm erzählt hat. Irgendwann fallen ihm doch die Augen zu.

Auch in den nächsten Tagen geht Marius die Diva nicht aus dem Kopf: Im Unterricht, im Pausenhof, beim Mittagessen zu Hause, auf dem Weg zum Training denkt er an sie. Nur auf dem Fußballplatz, wenn es darum geht, als Kleinster mit dem Ball an den anderen vorbeizudribbeln, Tore vorzubereiten und selbst zu schießen, ist er voll bei der Sache. Von Hilde Krahl hört er nichts, und auch sein Vater verliert kein Wort über das ausstehende Geschenk.

Eines Nachmittags, die Schule ist vorbei, ein Fußballtraining steht nicht an, geht er zum Hotel, in dem Hilde Krahl abgestiegen ist, setzt sich gegenüber vom Eingang auf die Mauer und lässt die Tür nicht aus den Augen.

Taxis fahren vor, Männer mit Hut steigen aus und verschwinden im Hotel, eine Dame in gepunktetem Kleid bleibt auf den Stufen stehen, schaut in die Sonne, setzt sich eine Sonnenbrille auf und geht die Straße hinunter.

Marius sitzt da und wartet. Irgendwann hält eine Limousine. Kurz darauf kommt Hilde Krahl im dunkelblauen Kleid mit weißem Kragen und rotem Gürtel heraus. Sie ist so schön und auch noch so nett, als sie mit dem Mann spricht, der zur Begrüßung aus der Limousine gestiegen ist und den Marius ebenfalls aus dem Theater kennt. Er überlegt, was er jetzt tun soll. Rufen?

Der Mann öffnet den Schlag, Hilde Krahl hält ihren Hut fest - und entdeckt über das Autodach hinweg auf der anderen Straßenseite Marius, der winkt.

»Guten Tag, junger Mann!«, ruft sie überrascht. »Was machst du denn hier?«

Er nimmt seinen ganzen Mut zusammen, kommt herüber und ruft: »Sie haben mir doch ein Geschenk versprochen!«

Hilde Krahl lacht. »Da hast du recht.« Sie lässt die Limousine warten, nimmt ihn bei der Hand, und er folgt ihr ins Hotel. Sie durchqueren das Foyer, die Diva wird bewundernd gegrüßt, sie lächelt, lässt sich aber nicht aufhalten. Mit dem Lift fahren sie ins obere Stockwerk.

Die Suite ist riesig, so groß wie bei den Müller-Westernhagens Küche und Wohnzimmer zusammen, wenn nicht größer. Sie verschwindet, kommt mit einem Buch zurück, setzt sich, zieht einen Füller hervor, schlägt die erste Seite auf und schreibt etwas hinein, bevor sie Marius das Buch überreicht.

Vorne drauf sind ein Junge und ein roter Ballon zu sehen. Er klappt das Buch auf und liest: »Für den lieben Marius von Deiner Freundin Hilde«.

Marius geht auf die Volksschule, gilt als intelligent und begabt, macht unter dem sanften Druck seiner Mutter seine Hausaufgaben und spielt weiter begeistert Fußball.

Alle zwei Wochen sonntags darf er zu den Heimspielen seines Vereins ins Rheinstadion gehen. An diesen Festtagen zieht er mit der großen, selbst genähten Vereinsfahne los, die größer ist als Marius selbst. Mit seinen Sportsfreunden feuert er die Mannschaft auf dem Spielfeld an. Er kann, wenn er will, ungewöhnlich laut rufen und schreien - eine Fähigkeit, mit seiner Stimme umzugehen, die er vielleicht von seinem Vater geerbt hat und die er durch das regelmäßige Anfeuern im Stadion noch ausbaut und perfektioniert. Noch kann sich niemand vorstellen, dass Marius in ferner Zukunft hier, im Düsseldorfer Rheinstadion, seine eigenen Lieder singen wird, vor Zehntausenden Fans, die jedes Wort mitsingen. Der Junge hat zu diesem Zeitpunkt auch nicht die geringste Ahnung davon, welch große Rolle die Musik in seinem Leben einmal spielen wird.

Aber eines Tages passiert ihm ausgerechnet nach einem Fußballspiel etwas, das er sein Leben lang nicht vergessen wird. Das Spiel ist vorbei, die Zuschauer strömen zu den Ausgängen des Stadions. Es ist voll, es ist eng, es ist heiß. Seine beiden Freunde hat Marius in der Menge der Schlachtenbummler verloren. Der Junge wird inmitten der riesigen grölenden Männer an eines der hohen Eisentore gedrückt. Die Leute können nicht weiter, andere drücken von hinten. Marius merkt, wie klein er neben all den Männern ist. Er kann den Himmel nicht mehr sehen. Am Boden liegen Glassplitter in der Bierpfütze, es stinkt nach Urin. Die Menge drückt ihn gegen das Gitter. Marius versucht sich irgendwie herauszuwinden, er ist eigentlich wendig, geschickt und sportlich, er kennt es vom Fußball, aber jetzt kann er nichts mehr tun. Er wird von fremden Körpern an das große Eisentor gedrückt, bekommt keine Luft, versucht zu schreien, aber niemand hört oder achtet auf ihn. Sein Gesicht am Tor, er bekommt keine Luft, im Kopf stechende Schmerzen. Man hatte das große Tor nicht geöffnet, sondern nur eine kleine Tür.

Die Situation löst sich im letzten Moment auf, als endlich das große Tor geöffnet wird und die Masse zügig herausströmen kann, Platz entsteht, der Junge bekommt wieder Luft.

Das Erlebnis trübt seine Begeisterung für das Fußballspiel nicht. Nur bei Massen wird er in Zukunft vorsichtig bleiben.

 

Außer Fußball liebt er Eishockey und besonders die Mannschaft und Spiele der Düsseldorfer Eishockey Gemeinschaft. Die DEG ist Kult, nicht nur wegen des Sports, sondern vor allem wegen der fantastischen Stimmung im Eissportstadion an der Brehmstraße, dem größten Stadion Deutschlands, wo bei jedem Heimspiel Tausende Düsseldorfer ihre Mannschaft anfeuern, nach jedem Tor Feuerwerk zünden, Lieder singen und Kuhglocken läuten. Das Spektakel sucht seinesgleichen und findet regelmäßig statt, obwohl die Mannschaft immer wieder den Aufstieg in die Eishockey-Bundesliga verpasst. (Als die DEG es Mitte der Sechzigerjahre endlich schafft, wird Düsseldorf alle zwei Wochen, bei jedem Heimspiel, von einer regelrechten Hysterie erfasst, und auch Marius lässt sich jedes Mal mitreißen.)

Weil die Spiele meistens abends stattfinden, ist seine Mutter dagegen, dass Marius loszieht und ins Stadion geht. Sie hat, wie immer, Angst um ihn. Aber sein Vater gibt ihm die Erlaubnis, und noch hat im Hause Müller-Westernhagen, wie in den allermeisten deutschen Haushalten, der Mann das letzte Wort.

Viel lieber sieht die Mutter ihren Sohn im heimischen Düsseldorf-Heerdt Gitarre bei der Lerngruppe spielen, bei der sie ihn angemeldet hat. Dort sitzt er nun einmal die Woche im Kreis mit zwanzig anderen Schülern und muss über die Saiten der Lerngitarre streichen. Er hat zu dem Instrument ein ambivalentes Verhältnis. Er wollte Gitarre spielen lernen, aber die Lerngruppe langweilt, ja ekelt ihn geradezu an. Er bricht die Sache ab und will mit der Gitarre einstweilen nichts mehr zu tun haben.

Musik - das sind für den angehenden Jugendlichen die Lieder aus dem Theater, die er aus seiner Kindheit kennt und liebt, Lieder von Bertolt Brecht und Kurt Weill, Lieder aus dem Faust, Es war einmal ein König, von Gustaf Gründgens intoniert. Tief berührt ihn Goodbye Johnny, gesungen von Hans...
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