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Treffpunkt Irgendwo

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Arena Verlag GmbHerschienen am01.07.2012
Jana verliebt sich in Len. Doch Jana lebt wohlbehütet in einem Berliner Vorort und Len ist ein Punk und wohnt auf der Straße. Die Liebe trifft Jana und Len ganz unerwartet und stellt sie vor große Herausforderungen. Werden sie die Hindernisse überwinden oder wird ihre Liebe an den starren Konventionen zerbrechen?

Thomas Fuchs, geboren 1964, studierte Geschichte und Politik. Neben Kinder- und Jugendbüchern schreibt er Hörspiele, moderiert Kindersendungen, arbeitet als Radiojournalist und war bis 1999 Kinderfunkredakteur beim DeutschlandRadio Berlin. Der Autor lebt mit seiner Familie in Berlin. www.thomas-fuchs.eu Foto © Hanns Joosten
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Produkt

KlappentextJana verliebt sich in Len. Doch Jana lebt wohlbehütet in einem Berliner Vorort und Len ist ein Punk und wohnt auf der Straße. Die Liebe trifft Jana und Len ganz unerwartet und stellt sie vor große Herausforderungen. Werden sie die Hindernisse überwinden oder wird ihre Liebe an den starren Konventionen zerbrechen?

Thomas Fuchs, geboren 1964, studierte Geschichte und Politik. Neben Kinder- und Jugendbüchern schreibt er Hörspiele, moderiert Kindersendungen, arbeitet als Radiojournalist und war bis 1999 Kinderfunkredakteur beim DeutschlandRadio Berlin. Der Autor lebt mit seiner Familie in Berlin. www.thomas-fuchs.eu Foto © Hanns Joosten
Details
Weitere ISBN/GTIN9783401801469
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2012
Erscheinungsdatum01.07.2012
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1230454
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Kapitel 1

Du, Jana, da hat jemand deinen Klingelton!« Mia stupste mich in die Seite. »Hör doch mal!«

»Stimmt!« Nun bemerkte ich es auch. Von irgendwo weiter vorne im S-Bahn-Waggon war die Titelmelodie von »Drei Haselnüsse für Aschenbrödel« zu hören. Genauso wie bei meinem Klingelton auch auf dem Klavier gespielt. Wir waren auf dem Weg ins Brunnen70, einem neuen, total angesagten Club im Wedding.

»Das ist mein Klingelton!« Ich war mir plötzlich ganz sicher, genau mein Verspielen zu hören. C anstatt F. »Wie, aber, ich⦠ist doch⦫ Meine Hand tastete sich im Gedränge der vollen S-Bahn an das Außenfach meiner schwarzen Handtasche.

»Mein Handy ist weg! Jemand hat mein Handy gestohlen! Hey!« Ich fasste es nicht, das da vorne musste derjenige sein, der mir gerade eben mein neues Smartphone aus der Handtasche geklaut hatte.

Mein Weihnachtsgeschenk.

Die S-Bahn war voll mit schwitzenden, stinkenden Menschen. Samstagabend. Nur unwillig ließen sie mich vorbei, es kam mir fast so vor, als würden sie sich mir mit Absicht in den Weg stellen. Ich quetschte mich zwischen den dampfenden Wintermänteln und Daunenjacken durch.

»Jana! Warte!« Meine Freundinnen Mia und Louisa versuchten, mir zu folgen. Doch ich war schneller. Noch während die S-Bahn in den Bahnhof Oranienburger Straße einfuhr, hatte ich mich bis zum vorderen Teil das Waggons durchgekämpft. An der Tür stand ein Punk mit einem kurzen blonden Irokesenschnitt. Für eine Sekunde trafen sich unsere Blicke. Seine Augen verrieten ihn. Er war der Dieb. Ich war mir hundertprozentig sicher, genau dieser Kerl hatte sich vorhin bei mir und meinen Freundinnen vorbeigedrängelt. Ich hatte ihn nicht beachtet, Punks aller Art gab es unzählige in Berlin. Die Türen öffneten sich. Der Punk hechtete auf den Bahnsteig.

»Halt! Warte!«, rief ich und schob mich ebenfalls hinaus. Der Kerl rannte in einem Affentempo in Richtung Seitenausgang. Ich hinterher. Dass ich mit dieser Aktion Mia und Louisa aus den Augen verlieren könnte, war mir in diesem Moment egal. Das Schwein hatte mein Handy. Ebenso wenig dachte ich daran, was ich mache würde, wenn ich den Kerl erwischen würde. Der Punk war sicher einen Kopf größer als ich.

Ich stolperte die Treppen hinauf und fand mich in einer Nebenstraße irgendwo in Berlin-Mitte wieder. Keine Ahnung, wie die Straße hieß und wo genau sie hinführte. Ich war nicht oft in diesem Teil Berlins. Ich wohnte in Marienfelde. Da stand zwar auch Berlin drauf, aber in Wahrheit war es eher eine eigene Kleinstadt. Den Bezirk Mitte kannte ich natürlich aus Stadtführungen mit Verwandten oder wenn ich mit meiner Mutter mal shoppen ging. Alte Schönhauser Straße, Hackesche Höfe und so. Ein paarmal war ich auch schon allein mit meinen Freundinnen hier gewesen, doch normalerweise gingen wir eher zum Ku damm oder in die Schlossstraße in Steglitz. Im Prenzlauer Berg fand ich mich inzwischen zudem rund um die Schönhauser Allee einigermaßen zurecht, weil da oft die Clubs waren, in die wir gingen. Aber das noch nicht so lange, eigentlich erst seit letztem Sommer.

Es schneite noch immer, die Gehwege waren hier genauso schlecht geräumt wie bei uns. War in Berlin eben so. Mit Schnee kam die Stadt nicht klar. War Berlin auch irgendwie nicht gemacht für. Schnee gehörte in die Berge.

Der Punk schlitterte vor mir den Gehweg entlang. Da meine neuen Chucks eine griffige Sohle hatten, holte ich auf. An der nächsten Straßenecke hätte ich ihn fast verloren. Doch dann sah ich ihn gerade noch in einer Einfahrt verschwinden. Mein Herz klopfte bis zum Hals, dennoch folgte ich ihm in den Hinterhof. Eine Durchfahrt führte in einen zweiten Innenhof. Die Häuser waren frisch renoviert, ich passierte ein kleines Café. Dann erneut ein Durchgang, gleich würde ich ihn einholen, das langjährige Basketballtraining zahlte sich endlich einmal aus.

Das kalte blaue Licht am Ende des Durchgangs war mir zwar schon aufgefallen, dennoch zuckte ich erschrocken zusammen, als ich aus der Toreinfahrt heraus auf eine weitere Straße stolperte und plötzlich inmitten von Polizisten stand. Sie waren links von mir, rechts von mir, und ehe ich mich versah, standen sie auch hinter mir und riegelten die Einfahrt ab, aus der ich soeben gekommen war.

Die Polizisten trugen einheitliche olivgrüne Kampfanzüge, Schilder, bizarre Helme mit Visieren und Schlagstöcke. Mir stockte der Atem. Wo bin ich, was machen die hier und wie komme ich hier wieder weg?

»Hallo!« Meine Stimme klang seltsam heiser. »Herr Polizist!« Ich konnte nicht einmal das Gesicht des Mannes sehen, den ich ansprach. Mit dem heruntergeklappten Visier sah er aus wie aus Star Trek. Keine Reaktion.

Ich sah mich panisch um. Mit mir waren in der engen Straße etwa zwanzig bis dreißig Leute eingekesselt. Ein paar Punks wie mein Handydieb, andere vermummt mit schwarzen Wollmützen oder Tüchern. Autonome. Typen, wie ich sie nur aus dem Fernsehen kannte. Oh shit, ich war in irgend so eine beschissene Polizeiaktion geraten. Kannte man ja aus der Tageszeitung und der Abendschau. Ein Haus wurde geräumt, eine Botschaft besetzt oder einfach nur 1. Mai. Aber irgendwie passierte so was immer nur im Fernsehen und hatte nichts mit mir, dem Mädchen aus Marienfelde, zu tun.

»Entschuldigen Sie!« Erneut wandte ich mich an einen der Polizisten. »Können Sie mir bitte helfen! Ich - der da drüben hat mein Handy geklaut. Hallo!«

Immer noch keine Reaktion.

»Ich gehöre nicht zu denen!«

Der Ring aus Polizisten drängte uns die Straße entlang, weitere Männer in grünen Kampfanzügen stießen hinzu, verstärkten die Reihen.

»Du da!« Endlich, einer der Polizisten hatte mich bemerkt. »Herkommen!« Er packte mich am Arm und zog mich aus dem Kreis heraus. »Deinen Ausweis, kannst du dich ausweisen!«

Natürlich hatte ich meinen Ausweis dabei. Ohne hätte ich ja keine Chance gehabt, ins Brunnen70 reinzukommen. Mir wurde oft nicht geglaubt, dass ich schon siebzehn war. Ich kramte ihn aus der Tasche und gab ihn dem Mann vor mir. Der hielt ihn unter so ein komisches Lesegerät, dann bekam ich ihn zurück. Wir hatten kein einziges Mal Blickkontakt.

»Und kann ich dann jetzt gehen?«, fragte ich. »Obwohl, ich brauche Ihre Hilfe. Der Typ da drüben!« Ich deutete auf den Punk mit dem breiten blonden Iro, der inzwischen nur noch wenige Meter von mir entfernt stand, ebenfalls im Polizeikessel eingesperrt. »Der hat mir in der S-Bahn mein Handy geklaut.«

»Du da! Herkommen.« Die Polizisten kümmerte es gar nicht, was ich sagte. Sie drängten mich zurück in den Kreis und zwei von ihnen packten einen der Vermummten. Nach und nach holten sie die Leute aus der eingekesselten Gruppe heraus.

»Ich sagte, herkommen!«

Der Angesprochene, ein Typ mit schwarzer Kapuzenjacke und schwarzer Jeans, tauchte, anstatt zu antworten, in der Gruppe ab.

»Hallo?! Ich habe Ihnen doch gesagt⦫, versuchte ich erneut, einen der Polizisten für mich zu interessieren, doch denen war ich inzwischen offenbar egal.

»Du da!« Die Polizisten griffen sich einen Jungen mit schwarzer Lederjacke. Der wehrte sich heftig, plötzlich rauften sie neben mir, ich musste ausweichen, dann lag der Junge auf dem Boden, drei Polizisten über ihm. Der Junge schrie laut: »Bullizisten, Mörder und Faschisten.«

Und dann brach plötzlich Chaos aus.

Die Leute um mich herum stürmten wie auf Kommando gegen die Polizeireihen. An einer einzigen Stelle. Ich sah Schlagstöcke niedersausen und Polizisten, die mit kleinen Spraydosen auf die Leute zielten. Es brannte auch mir in den Augen und dann war da auf einmal diese Lücke. Alles um mich herum strömte in Richtung der Öffnung, wie aus dem Nichts tauchte der Punk vor mir auf, der mir mein Handy gestohlen hatte, und packte mich an der Schulter.

»Los, komm!«, sagte er und zog mich mit.

Weg, nur weg, ich muss weg hier, war alles, was ich in diesem Augenblick dachte. Ich hatte Angst, ich wollte rennen, einfach fortlaufen. Wir stürmten die Straße entlang, ein lautes Klirren ließ mich zusammenzucken. Das Schaufenster eines Uhrenladens war gesplittert. Ich sah hinter mir die Polizisten, die uns hinterherjagten. Sie hatten die Schilde gehoben und schwangen ihre Schlagstöcke. Sicher, ich wusste, dass ich nichts getan hatte und einfach nur stehen bleiben müsste, dass mir eigentlich nichts geschehen könnte. Und doch konnte ich es nicht. Alles in mir schrie: Lauf weg! Ich konnte einfach nur flüchten. Und außerdem rannte rechts von mir dieser Junge aus der S-Bahn mit meinem Handy.

Im Gefolge der anderen bog ich erneut in eine Toreinfahrt ein, wir hasteten über eine Tiefgarage, passierten ein Krankenhaus. Über dem Eingang stand »Sankt Hedwig«. Am Ende der Straße stürmten wir einen U-Bahn-Eingang hinab, den Bahnsteig entlang und am anderen Ende wieder hinauf. Wir rannten und rannten, irgendwann verlangsamte sich das Tempo. Polizisten waren schon länger nicht mehr zu sehen und dann standen wir plötzlich im Schnee vor einem besetzten Haus. Die Laternen direkt vor dem Haus waren kaputt, das Haus schimmerte in einem leicht gelben und fahlen Licht.

»Hey, du, gib mir mein Handy zurück!«, forderte ich lautstark, bevor der Kerl den anderen hinterher über die Barrikaden aus alten Möbeln und Metallstangen in dem Eingang verschwinden konnte.

»Hau ab!« Er drehte sich zu mir um.

»Nicht ohne mein Handy!«, beharrte ich und sah dem Jungen zum ersten Mal ins Gesicht. Seine Augen sahen müde aus. »Gib es mir zurück! Sonst⦫

»Was, sonst, holst du die Bullen?«, fragte ein Mädchen...


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Autor

Thomas Fuchs, geboren 1964, studierte Geschichte und Politik. Neben Kinder- und Jugendbüchern schreibt er Hörspiele, moderiert Kindersendungen, arbeitet als Radiojournalist und war bis 1999 Kinderfunkredakteur beim DeutschlandRadio Berlin. Der Autor lebt mit seiner Familie in Berlin.thomas-fuchs.euFoto © Hanns Joosten