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Eine kurze Geschichte der Gleichheit

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
265 Seiten
Deutsch
C.H. Beckerschienen am25.08.20221. Auflage
Mit seinen voluminösen Bestsellern «Das Kapital im 21. Jahrhundert» und «Kapital und Ideologie» hat Thomas Piketty eine internationale Debatte über die Ursachen sozialer Ungleichheit in Gang gebracht. Sein neues Buch ist eine bewusst komprimierte Weltgeschichte der sozialen Konflikte und Konstellationen und zugleich eine Lektion in globaler Gerechtigkeit: das eine Ökonomie-Buch, das wirklich jeder gelesen haben sollte. Thomas Piketty hat mit seinen Büchern die soziale Ungleichheit wieder zurück ins Zentrum der politischen Debatten gebracht. Er sieht und benennt den Fortschritt in der Geschichte, und er zeigt uns, mit welchen Mitteln er erzielt wurde. Aber zugleich verwandelt er die historischen Einsichten in einen Aufruf an uns alle, den Kampf für mehr Gerechtigkeit energisch fortzusetzen, auf stabileren historischen Fundamenten und mit einem geschärften Verständnis für die Machtstrukturen der Gegenwart. Denn auf dem langen Weg zu einer gerechteren Welt stellt sich für jede Generation die Frage, ob sie ein neues Kapitel der Gleichheit aufschlägt - oder eines der Ungleichheit.

Thomas Piketty lehrt an der École d'Économie de Paris und an der renommierten École des Hautes Études en Sciences Sociales (EHESS) in Paris. Bei C.H.Beck sind von ihm erschienen "Das Kapital im 21. Jahrhundert" (2020), "Ökonomie der Ungleichheit" (2020), "Kapital und Ideologie" (2020), "Der Sozialismus der Zukunft" (2021) und zuletzt "Rassismus messen, Diskriminierung bekämpfen" (2022).
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR25,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR18,00
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

KlappentextMit seinen voluminösen Bestsellern «Das Kapital im 21. Jahrhundert» und «Kapital und Ideologie» hat Thomas Piketty eine internationale Debatte über die Ursachen sozialer Ungleichheit in Gang gebracht. Sein neues Buch ist eine bewusst komprimierte Weltgeschichte der sozialen Konflikte und Konstellationen und zugleich eine Lektion in globaler Gerechtigkeit: das eine Ökonomie-Buch, das wirklich jeder gelesen haben sollte. Thomas Piketty hat mit seinen Büchern die soziale Ungleichheit wieder zurück ins Zentrum der politischen Debatten gebracht. Er sieht und benennt den Fortschritt in der Geschichte, und er zeigt uns, mit welchen Mitteln er erzielt wurde. Aber zugleich verwandelt er die historischen Einsichten in einen Aufruf an uns alle, den Kampf für mehr Gerechtigkeit energisch fortzusetzen, auf stabileren historischen Fundamenten und mit einem geschärften Verständnis für die Machtstrukturen der Gegenwart. Denn auf dem langen Weg zu einer gerechteren Welt stellt sich für jede Generation die Frage, ob sie ein neues Kapitel der Gleichheit aufschlägt - oder eines der Ungleichheit.

Thomas Piketty lehrt an der École d'Économie de Paris und an der renommierten École des Hautes Études en Sciences Sociales (EHESS) in Paris. Bei C.H.Beck sind von ihm erschienen "Das Kapital im 21. Jahrhundert" (2020), "Ökonomie der Ungleichheit" (2020), "Kapital und Ideologie" (2020), "Der Sozialismus der Zukunft" (2021) und zuletzt "Rassismus messen, Diskriminierung bekämpfen" (2022).
Details
Weitere ISBN/GTIN9783406790997
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Verlag
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum25.08.2022
Auflage1. Auflage
Seiten265 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4221 Kbytes
Illustrationenmit 41 Grafiken und Tabellen
Artikel-Nr.9752009
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



KAPITEL 1
DER LANGE WEG ZUR GLEICHHEIT: ERSTE ANMERKUNGEN


Kommen wir gleich zum Kern der Sache. Es gibt menschlichen Fortschritt und der Weg zur Gleichheit ist ein Kampf, der gewonnen werden kann. Aber er ist auch ein Kampf mit ungewissem Ausgang, ein anfälliger sozialer und politischer Prozess, der nie abgeschlossen und gesichert ist. Ich werde zunächst die im Hinblick auf Bildung und Gesundheit erzielten Fortschritte in Erinnerung rufen, bevor ich der hochpolitischen Frage der Wahl sozio-ökonomischer Indikatoren nachgehe. Im nächsten Kapitel werden wir dann erste Elemente und Größenordnungen einer allmählichen Dekonzentration von Macht, Eigentum und Einkommen untersuchen.

Menschlicher Fortschritt: Bildung und Gesundheit für alle


Es gibt menschlichen Fortschritt. Um sich davon zu überzeugen, reicht ein Blick auf die Entwicklung von Gesundheit und Bildung in der Welt seit 1820 (siehe Grafik 1). Die verfügbaren Daten sind lückenhaft, aber an der Tendenz gibt es keinen Zweifel. Die Lebenserwartung bei Geburt ist zwischen 1820 und 2020 von etwa 26 auf 72 Jahre im weltweiten Durchschnitt gestiegen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts fielen der Kindersterblichkeit etwa 20 % der Neugeborenen während ihres ersten Lebensjahres zum Opfer, heute sind es weniger als 1 %. Konzentriert man sich auf die Personen, die das erste Lebensjahr vollendet haben, steigt zwischen 1820 und 2020 die Lebenserwartung von etwa 32 auf 73 Jahre. Vor zwei Jahrhunderten noch konnte nur eine kleine Minderheit hoffen, 50 oder 60 Jahre alt zu werden, heute ist dieses Privileg die Norm.

Die Menschheit erfreut sich heute besserer Gesundheit und hat auch besseren Zugang zu Bildung und Kultur als je zuvor. Informationen aus zahlreichen Studien und Erhebungen belegen, dass zu Beginn des 19. Jahrhunderts kaum 10 % der über 15 Jahre alten Weltbevölkerung alphabetisiert waren. Heute sind es mehr als 85 %. Auch diese Diagnose ließe sich durch trennschärfere Indikatoren bestätigen. So ist die durchschnittliche Zahl der absolvierten Schuljahre von kaum einem Jahr vor zwei Jahrhunderten auf mehr als acht Jahre in der heutigen Welt und auf mehr als zwölf Jahre in den am weitesten entwickelten Ländern gestiegen. 1820 gingen weniger als 10 % der Weltbevölkerung in die Grundschule, 2020 besucht mehr als die Hälfte der jungen Generationen der reichen Länder die Universität: Was einst Klassenprivileg war, steht mehr und mehr der Mehrheit offen.

Natürlich haben sich mit diesem großen Sprung nach vorn auch die Ungleichheiten selbst nur verlagert. Beim Zugang zu elementarer Bildung und Gesundheitsversorgung gibt es weiterhin ein starkes Nord-Süd-Gefälle, und fast überall bleibt dieses Gefälle auf den oberen Etagen des Bildungs- und Gesundheitssystems erheblich, etwa bei der Hochschulbildung. Darin liegt, wie wir noch sehen werden, eine der großen künftigen Herausforderungen. Halten wir fürs Erste nur fest, dass dies die Regel ist: Der lange Weg zur Gleichheit verläuft über Etappenziele. In dem Maße, in dem der Zugang zu bestimmten Grundrechten und Grundgütern (wie Alphabetisierung oder medizinische Grundversorgung) mehr und mehr der gesamten Bevölkerung offensteht, entstehen auf höheren Niveaus neue Ungleichheiten, die neue Antworten erfordern. Die Suche nach der idealen Demokratie ist nichts anderes als der Weg zur politischen Gleichheit in all ihren Formen (soziale, ökonomische etc.), und dieser Weg ist ein laufender, nie abgeschlossener Prozess.

Die wesentlichen Fortschritte bei Lebenserwartung und Alphabetisierung sind, um auch das vorauszuschicken, im 20. Jahrhundert erzielt worden, in einer Phase also, die nach harten politischen Auseinandersetzungen einen starken Ausbau des Sozialstaats und der progressiven Steuer erlebt hat. Wir kommen ausführlich darauf zurück. Im 19. Jahrhundert waren die Sozialbudgets kümmerlich, die Steuer regressiv und die Fortschritte im Hinblick auf diese Indikatoren extrem langsam, ja unerheblich. Menschlicher Fortschritt ist nie eine «natürliche» Evolution, er ist stets an spezifische historische Prozesse und soziale Kämpfe gebunden.

Weltbevölkerung und Durchschnittseinkommen: Grenzen des Wachstums


Um sich die Tragweite dieser historischen Veränderungen bewusst zu machen, muss man sich vergegenwärtigen, dass sowohl die Weltbevölkerung als auch das Durchschnittseinkommen seit dem 18. Jahrhundert um mehr als das Zehnfache gewachsen sind. Erstere ist zwischen 1700 und 2010 von etwa 600 Millionen Menschen auf 7,5 Milliarden gestiegen, während Letzteres, soweit man dies anhand der lückenhaften historischen Lohndaten beurteilen kann, von einer durchschnittlichen Kaufkraft von unter 100 Euro pro Monat (in Euro von 2020 ausgedrückt) und Erdbewohner im 19. Jahrhundert auf eine Kaufkraft von 1000 Euro pro Monat und Erdbewohner im 21. Jahrhundert gestiegen ist (siehe Grafik 2). Auffällig ist, dass es zu einem wirklich bedeutsamen historischen Anstieg des Durchschnittseinkommens erst Ende des 19. Jahrhunderts und vor allem im 20. Jahrhundert gekommen ist. Den verfügbaren Quellen nach scheint der Anstieg der Kaufkraft im 18. und auch über weite Teile des 19. Jahrhunderts unerheblich, ja mitunter negativ gewesen zu sein (das lassen die von Labrousse untersuchten landwirtschaftlichen Löhne im vorrevolutionären Frankreich erkennen). Was die Weltbevölkerung anbelangt, ist das Wachstum im Laufe der letzten drei Jahrhunderte stetiger, beschleunigt sich aber ebenfalls im 20. Jahrhundert.

Kann man angesichts dieser beiden Verzehnfachungen von menschlichem Fortschritt sprechen? Tatsächlich ist die Interpretation dieser Veränderungen schwieriger als im Falle von Gesundheit und Bildung. Im spektakulären Wachstum der Weltbevölkerung sprechen sich gewiss reale Verbesserungen der individuellen Lebensbedingungen aus, die insbesondere den Fortschritten der Landwirtschaft und der Ernährung zu danken sind, durch die sich der Kreislauf von Überbevölkerung und Hungersnöten durchbrechen ließ. Es entspringt auch dem Sinken der Kindersterblichkeit und der Tatsache, die wahrlich eine Errungenschaft ist, dass eine wachsende Zahl von Eltern ihre Kinder aufwachsen sehen konnte.

Leider weist auf kollektiver Ebene alles darauf hin, dass die Erde ein solches exponentielles Bevölkerungswachstum auf Dauer nicht verkraftet. Sollte die demografische Entwicklung der letzten drei Jahrhunderte sich in Zukunft wiederholen, so werden wir im Jahr 2300 mehr als 70 Milliarden Menschen und im Jahr 3000 mehr als 7000 Milliarden Menschen sein, was weder denkbar noch wünschenswert ist. Und diese Verzehnfachung entspricht einem Bevölkerungswachstum von kaum 0,8 % jährlich, allerdings über einen Zeitraum von mehr als 300 Jahren. Das verdeutlicht, dass die bloße Idee eines über Jahrtausende und Jahrmillionen fortgesetzten und eindimensionalen Wachstums völlig abstrus ist und unter keinen Umständen ein sinnvolles Ziel menschlichen Fortschritts sein kann. Derzeit sieht es in Anbetracht des Geburtenrückgangs danach aus, dass das Bevölkerungswachstum im Laufe des 21. Jahrhunderts stark zurückgehen und die Weltbevölkerung sich bis zum Ende des Jahrhunderts bei etwa 11 Milliarden Menschen einpendeln könnte, zumindest dann, wenn man der zum gegenwärtigen Zeitpunkt sehr ungesicherten mittleren Bevölkerungsprognose der UN Glauben schenkt.

Die Wahl sozio-ökonomischer Indikatoren: eine politische Frage


Der spektakuläre Anstieg des Mindestlohns wirft andere Deutungsprobleme auf, die aber zum Teil in dieselbe Richtung weisen. Absolut betrachtet kann der starke Anstieg des Durchschnittseinkommens zweifellos als positive Entwicklung gelten, die übrigens untrennbar ist von der besseren Nahrungsversorgung und Lebenserwartung (die einander verstärken). Mehrere Punkte müssen allerdings geklärt werden. Dabei ist die Wahl der sozio-ökonomischen Indikatoren wie stets eine eminent politische Frage: Kein Indikator darf als unantastbar gelten und welcher Art die gewählten Indikatoren sind, muss selbst Gegenstand öffentlicher Debatten und demokratischer Auseinandersetzungen sein.

Bei Indikatoren wie dem Einkommen ist es zunächst entscheidend, von Durchschnittswerten und Aggregaten wegzukommen und sich der wirkliche Wohlstandsverteilung zwischen sozialen Klassen zuzuwenden, innerhalb einzelner Länder wie auf globaler Ebene. So liegt zwar das weltweite Durchschnittseinkommen zu Beginn der 2020er Jahre bei 1000 Euro pro Monat und Erdbewohner, aber es beschränkt sich auf 100-200 Euro in den ärmeren Ländern, während es in den reichsten Ländern bei über 3000-4000 Euro liegt. Und auch innerhalb der Länder, ob reich oder arm, bleiben die Ungleichheiten...
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