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Der Flakon

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
360 Seiten
Deutsch
C.H. Beckerschienen am13.07.20231. Auflage
Im August 1756 überfällt Friedrich der Große ohne Kriegserklärung Sachsen. Vor der hochgerüsteten preußischen Armee flüchtet Friedrich August, Herrscher über Sachsen und Polen, zusammen mit seinem Premierminister Heinrich von Brühl, nach Warschau. Aber die Reichsgräfin von Brühl bleibt in Dresden und kapituliert nicht, während das Land geplündert wird. Sie schmiedet einen Plan... Getarnt durch ein Pseudonym, macht sie sich mit ihrer Kammerzofe auf den mühevollen Weg nach Leipzig, wo Friedrich der Große seine Audienzen hält. Kann man durch eine beherzte Tat die Geschichte verändern, einen barbarischen Krieg beenden? In seinem neuen ebenso unterhaltsamen wie kenntnisreichen Roman erzählt Hans Pleschinski von einem wenig bekannten Ereignis der deutschen Geschichte und von heimlichen Heldinnen.

Hans Pleschinski lebt als freier Autor in München. Er veröffentlichte u.a. die Romane "Ludwigshöhe" (2008), "Königsallee" (2013), der ein Bestseller wurde, "Wiesenstein" (2018) und "Am Götterbaum" (2021), den Band "Verbot der Nüchternheit. Kleines Brevier für ein besseres Leben" (2007), gab die Briefe der Madame de Pompadour, den Briefwechsel Voltaire-Friedrich der Große, eine Auswahl aus dem Tagebuch des Herzogs von Croÿ und die Lebenserinnerungen der Else Sohn-Rethel heraus. Er erhielt u.a. den Hannelore-Greve-Preis (2006), denNicolas-Born-Preis (2008), den Literaturpreis der Stadt München (2014) und den Literaturpreis der Konrad Adenauer-Stiftung (2020). Er wurde 2012 zum Chevalier dans L'Ordre des Arts et des Lettres der Republik Frankreich ernannt. Hans Pleschinski ist Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR26,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR19,99

Produkt

KlappentextIm August 1756 überfällt Friedrich der Große ohne Kriegserklärung Sachsen. Vor der hochgerüsteten preußischen Armee flüchtet Friedrich August, Herrscher über Sachsen und Polen, zusammen mit seinem Premierminister Heinrich von Brühl, nach Warschau. Aber die Reichsgräfin von Brühl bleibt in Dresden und kapituliert nicht, während das Land geplündert wird. Sie schmiedet einen Plan... Getarnt durch ein Pseudonym, macht sie sich mit ihrer Kammerzofe auf den mühevollen Weg nach Leipzig, wo Friedrich der Große seine Audienzen hält. Kann man durch eine beherzte Tat die Geschichte verändern, einen barbarischen Krieg beenden? In seinem neuen ebenso unterhaltsamen wie kenntnisreichen Roman erzählt Hans Pleschinski von einem wenig bekannten Ereignis der deutschen Geschichte und von heimlichen Heldinnen.

Hans Pleschinski lebt als freier Autor in München. Er veröffentlichte u.a. die Romane "Ludwigshöhe" (2008), "Königsallee" (2013), der ein Bestseller wurde, "Wiesenstein" (2018) und "Am Götterbaum" (2021), den Band "Verbot der Nüchternheit. Kleines Brevier für ein besseres Leben" (2007), gab die Briefe der Madame de Pompadour, den Briefwechsel Voltaire-Friedrich der Große, eine Auswahl aus dem Tagebuch des Herzogs von Croÿ und die Lebenserinnerungen der Else Sohn-Rethel heraus. Er erhielt u.a. den Hannelore-Greve-Preis (2006), denNicolas-Born-Preis (2008), den Literaturpreis der Stadt München (2014) und den Literaturpreis der Konrad Adenauer-Stiftung (2020). Er wurde 2012 zum Chevalier dans L'Ordre des Arts et des Lettres der Republik Frankreich ernannt. Hans Pleschinski ist Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783406806834
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Verlag
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum13.07.2023
Auflage1. Auflage
Seiten360 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1052 Kbytes
Artikel-Nr.11815118
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Sein oder Nichtsein


Kanonendonner verhallte im Tal.

Es mochte nur ein Scharmützel mit wenigen Toten sein.

Hier oben befand man sich noch in Sicherheit.

Was bereitete sich da in der Tiefe vor?

Der Königstein war umzingelt. Aber die Festung selbst schien uneinnehmbar zu sein.

Von der Kirchturmuhr zwischen den Bollwerken und Bastionen schlug es elf.

Der Regen ließ nach. Die tagelangen Güsse hatten den Fels und die Gemäuer dunkelgrau gefärbt. Von den Dächern rann das Wasser und fand zwischen den Pflastersteinen hindurch seinen Weg in die Zisterne.

Am Burgtor wurde die Wache abgelöst.

Beim Wechsel der Mannschaften trat ein Garnisonsoffizier kurz neben den nachfolgenden Leutnant.

«Meldung von den Österreichern?»

Der Leutnant schüttelte den Kopf.

«Wir sind verloren.»

Wer mit geschultertem Gewehr Dienst am Tor, auf den Schanzen, hinter dem meilenlangen Kranz der Zinnen tat, der spähte oft nach Süden. Nur wenige Kuriere kamen durch. Andere wurden von den Belagerern abgefangen, die Depeschen beschlagnahmten und zu dechiffrieren versuchten. Von Süden her musste die Rettung kommen, aus Böhmen, aus den habsburgischen Erblanden. Vielleicht war das Entsatzheer, waren die Verbündeten unter dem kaiserlichen Feldmarschall Browne bereits im Anmarsch, sogar in Reichweite und würden binnen Kurzem die Umzingelung aufbrechen, den Angreifer in die Flucht schlagen und die alte Ordnung wiederherstellen.

Wald und Gebirge. Die Blicke hoch über dem Flusstal bohrten sich in den Dunst. Noch blieb es im Süden bedrückend ruhig. Keine Marschkolonnen, keine kaiserlichen Banner, die sich auf das Elbsandsteingebirge zubewegten.

Über den Ortschaften der Umgebung, Schandau, Pirna, ragte das Bergmassiv mit der Festung auf seinem Plateau auf. Der schroffe Königstein konnte von Dresdens Türmen aus erahnt werden. Allein der Bruderberg, der Lilienstein, menschenleer, nahm es an Größe und Wucht mit Sachsens Festungsbollwerk auf.

Kein fremdes Heer hatte die Steilwände je erklimmen, kein Beschuss die Artillerie auf den Bastionen treffen können, Trinkwasser und Wasser zum Löschen ließen sich reichlich im Brunnenhaus schöpfen. Nur genug Pulver, Munition und Proviant mussten in den Magazinen lagern.

Vor sechs Wochen, am 29. August, war der Feind ins Land einmarschiert. Ohne Vorwarnung, ohne Kriegserklärung, was beispiellos in der neuen Zeit war. Ein staatlicher Überfall. Und abermals ein Krieg Deutscher gegen Deutsche, eigentlich ein Bürgerkrieg. Siebzigtausend Preußen, Landeskinder und Söldner, waren in drei Kolonnen in Sachsen eingedrungen. Wie hätten nicht einmal halb so viele sächsische Soldaten ihnen an mehreren Fronten Widerstand leisten sollen? Die eigenen Regimenter waren in Richtung Dresden und Elbtal zurückgezogen worden. Sachsens Armee galt zwar als die einzige in Europa, die vollständig mit Perücken ausgestattet war, doch darüber hinaus war zugunsten anderer Prachtentfaltung und der Künste am Militär gespart worden. In der Dresdner Oper agierten und brillierten die exquisitesten und höchstbezahlten Sänger als Feldherren in den Rollen von Alexander und Caesar in Seidenstrümpfen, aber was eine übliche Gefechtsbereitschaft anging, so stand es um die Kursachsens schlecht. Das letzte Manöver, eher eine Schauveranstaltung für den Hof, hatte vor vier Jahren stattgefunden.

«So erkennt alle Welt, dass wir einzig den Frieden wollen», hatte Sachsens Premierminister Heinrich Reichsgraf von Brühl die militärische Schwäche erklärt oder zu beschönigen versucht. Und das, obwohl man mit Preußen einen eifersüchtigen, hochgerüsteten und habgierigen Nachbarn im Norden hatte.

Binnen sechs Wochen hatten die Truppen König Friedrichs II. das Land überrannt. Der gekrönte Eindringling ließ sofort die öffentlichen Kassen Sachsens beschlagnahmen. Er presste Städten Zwangsgelder ab, bevor er deren Ratsherren nach Hause schickte. In Leipzig war die preußische Soldateska sogar während des Gottesdienstes in die Nikolaikirche eingedrungen und hatte die Kollekte geraubt. Und ebenfalls in Leipzig war als Zeichen der preußischen Ordnung auf dem Marktplatz ein Galgen errichtet worden. Pleiße-Athen, die erste Messestadt Europas, nun eine Ödnis.

Die Wolken schoben sich dunkel über das Land.

Jeden Augenblick konnten sich die Regenschleusen wieder öffnen.

Im Tal waren die Äcker und Felder bereits überschwemmt.

Am späten Vormittag dieses Oktobertags 1756 wischte der Wachtmeister Johann Melchior Olbricht mit der Handkante über eine Steinbank der Festungsbrüstung. Er legte einen Lappen auf das Feuchte und setzte sich. Das Gewehr stellte er neben sich ab. Wieso das Bajonett aufgepflanzt sein musste, erschloss sich dem Wachtmeister nicht. Wen sollte er hier oben in Wind und Wetter aufspießen? Wenn man doch Feinde durch Abwarten und Ausharren besiegen könnte. Mit der Gicht in seinen Schultern konnte er den schweren Vorderlader ohnehin nur bis in Brusthöhe anheben und wäre schon vor dem Zustoßen in Atemnot geraten.

Sowohl das Sitzen wie das Abstellen der Flinte waren streng untersagt, aber es beachtete ihn im Moment wohl niemand außer dem Kameraden vom Garnisonsregiment, der ihm mit dem Dreispitz zuwinkte. Sie waren viele Friedensjahre lang eine verschworene Gemeinschaft hier oben auf dem kolossalen Burgberg gewesen, zweihundert, zweihundertfünfzig Mann. Sie waren Patrouille gegangen und hatten gekegelt, sie hatten die Geschütze instand gehalten und abends gewürfelt und gebechert. Dann und wann ein «Lang lebe unser Kurfürst!» hatte die Trinkrunden gewissermaßen staatstragend gemacht. Sie hatten die ledernen Uniformgurte abgelegt, ihre Perücken über die Stuhllehne gehängt und die Westen aufgeknöpft. Nach einer Weile hatte man im Schein der Fackeln an den Gewölbewänden und im Tabaksqualm kaum mehr die Zahnlücken und Pockennarben der Kameraden erkennen können. Alles war überm Bierschaum wohlig verschwommen. Dabei hatten sie an den langen Tischen zwischen den baumdicken Granitsäulen beileibe nicht nur ihre Kriegsanekdoten zum wiederholten Male zum Besten gegeben, sich ein Stelldichein mit den Töchtern des Kommandanten ausgemalt, über die Politik im Allgemeinen und den ausbleibenden Sold geflucht. Nein, insbesondere die Invaliden, die auf dem Königstein Dienst taten, waren mitunter belesen und hatten über das Leben gründlicher nachgedacht. Der einarmige melancholische Musketier Schröter aus Torgau hatte immer wieder kühn angesetzt: «Und ich sage euch, Gott gibt es nicht. Es hat keinen Sinn für die Schöpfung und für einen Heilsplan, dass ein guter Teil von mir im Laufgraben ausgeblutet ist.» Ein Infanterist, durch dessen Leib weiterhin die Zinksplitter eines Streugeschosses wanderten, zitierte gerne aus den Fabeln von Christian Fürchtegott Gellert, dem Lieblingspoeten der Deutschen: «Bei Gütern, die wir stets genießen, wird das Vergnügen endlich matt. Und würden sie uns nicht entrissen, wo fänd ein neu Vergnügen statt?»

Viel Vergnügliches bot das Festungsleben nicht, es sei denn, der Oberleutnant erfreute sich an einer Kirschblüte, die im Frühjahr im Burggarten ihren rosafarbenen Kelch öffnete. Viel Effekt beim abendlichen Zusammensitzen machte ein Franzose, der in sächsische Dienste geraten war. Der ehemalige Dragoner, der in der Schlacht von Kesselsdorf anno 45 mit einem glimpflichen Kopfschuss neben seinem getöteten Pferd liegen geblieben und mit viel Glück aus den Leichenhaufen gezogen worden war, kannte seinen Landsmann Voltaire, der geschrieben hatte, dass das Paradies auf Erden dort sei, wo der Mensch ist. Und zwar dann, wenn der Mensch sich benehme, wohltätig und friedlich sei. «Wenn der Mensch», sagte der Franzose, «das Leben genießt und andere Menschen ihre Leben genießen lässt, dann ist es das Paradies auf Erden. Voilà. Gott braucht es dafür nicht, wie der Kamerad sagt. Das Heil und der Frohsinn des Menschen kann nur der Mensch selbst sein.» - Das klang verführerisch, war allerdings starker Tobak: Sämtliche Religion war sinnlos, wenn man auch ohne Religion Glück empfinden und Glück verbreiten konnte. Wozu brauchte es dann die Kirche und die gottgesalbten Herrscher? Und warum waren einige Menschen durch ihre Herkunft bevorzugter als andere? Doch nur wenn alle gleichrangig waren, konnten die Menschen einander weniger bedrücken. - Irgendwann ließ der Kommandant die Bücher des Franzosen konfiszieren.

Ein paar dicke Tropfen schienen den nächsten Schauer anzukündigen.

Das Schwarzgelb Sachsens wellte sich in einem unmerklichen Windstoß am Fahnenmast ...
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Autor

Hans Pleschinski lebt als freier Autor in München. Er veröffentlichte u.a. die Romane "Ludwigshöhe" (2008), "Königsallee" (2013), der ein Bestseller wurde, "Wiesenstein" (2018) und "Am Götterbaum" (2021), den Band "Verbot der Nüchternheit. Kleines Brevier für ein besseres Leben" (2007), gab die Briefe der Madame de Pompadour, den Briefwechsel Voltaire-Friedrich der Große, eine Auswahl aus dem Tagebuch des Herzogs von Croÿ und die Lebenserinnerungen der Else Sohn-Rethel heraus. Er erhielt u.a. den Hannelore-Greve-Preis (2006), denNicolas-Born-Preis (2008), den Literaturpreis der Stadt München (2014) und den Literaturpreis der Konrad Adenauer-Stiftung (2020). Er wurde 2012 zum Chevalier dans L'Ordre des Arts et des Lettres der Republik Frankreich ernannt. Hans Pleschinski ist Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.