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Von der Wahrscheinlichkeit, dass es dich nicht gibt

Roman
dtv Deutscher Taschenbuch Verlagerschienen am01.07.2018
Es gibt keine Gewissheit ... Alex hört Stimmen, spricht mit Gegenständen und manchmal auch mit Hummern. Als sie neu an die Schule kommt, zählt für sie nur eines: den Abschluss zu schaffen und an einem guten College angenommen zu werden, ohne dass jemand merkt, was mit ihr los ist. Doch dann begegnet sie Miles - und ist geschockt, denn seine blauen Augen erinnern sie an eine Begebenheit aus ihrer Kindheit, die sie für eine Halluzination hielt. Ist Miles der Junge, dem Alex als Kind im Supermarkt begegnete? Mit dem sie gemeinsam Hummer aus einem Aquarium befreite? Und ist es wahr, dass Schuldirektor McCoy einen Mord an ihm plant? Oder hat sie sich ihn und das alles nur ausgedacht?

Francesca Zappia lebt im US-Bundesstaat Indiana, studiert Informatik an der University of Indianapolis und verbringt die meiste Zeit damit zu schreiben, ihre Figuren zu zeichnen, und natürlich mit Lesen. >Von der Wahrscheinlichkeit, dass es dich nicht gibt< ist ihr Debüt.
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Produkt

KlappentextEs gibt keine Gewissheit ... Alex hört Stimmen, spricht mit Gegenständen und manchmal auch mit Hummern. Als sie neu an die Schule kommt, zählt für sie nur eines: den Abschluss zu schaffen und an einem guten College angenommen zu werden, ohne dass jemand merkt, was mit ihr los ist. Doch dann begegnet sie Miles - und ist geschockt, denn seine blauen Augen erinnern sie an eine Begebenheit aus ihrer Kindheit, die sie für eine Halluzination hielt. Ist Miles der Junge, dem Alex als Kind im Supermarkt begegnete? Mit dem sie gemeinsam Hummer aus einem Aquarium befreite? Und ist es wahr, dass Schuldirektor McCoy einen Mord an ihm plant? Oder hat sie sich ihn und das alles nur ausgedacht?

Francesca Zappia lebt im US-Bundesstaat Indiana, studiert Informatik an der University of Indianapolis und verbringt die meiste Zeit damit zu schreiben, ihre Figuren zu zeichnen, und natürlich mit Lesen. >Von der Wahrscheinlichkeit, dass es dich nicht gibt< ist ihr Debüt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783423433464
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum01.07.2018
Seiten340 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse946
Artikel-Nr.2530784
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Zweites
Kapitel


 

 

Am Abend vor meinem ersten Tag in der Abschlussklasse der East Shoal Highschool saß ich hinter der Theke in Finnegan s Diner und meine Augen suchten die dunklen Scheiben nach Anzeichen einer verdächtigen Bewegung ab. Normalerweise war die Paranoia nicht so schlimm. Ich schob es auf die Situation mit dem ersten Schultag. Dass man mich aus der letzten Schule rausgeworfen hatte, war das eine - auf eine neue zu kommen, bedeutete etwas völlig anderes. Ich hatte den ganzen Sommer über im Finnegan s zugebracht und versucht, nicht über den ersten Tag in der neuen Schule nachzudenken.

»Du weißt aber schon, dass Finnegan dich für verrückt halten und zurück an die Arbeit schicken würde, wenn er hier wäre.«

Ich wirbelte herum. Tucker lehnte an der Tür zur Küche, die Hände tief in die Taschen seiner Schürze geschoben, und grinste mich an. Ich hätte ihn angeblafft, wenn er nicht mein einziger Informant über die East Shoal gewesen wäre - und mein einziger Freund. Tucker, ein schlaksiger Junge mit Brille und Haaren so schwarz wie ein Ölfleck und immer perfekt nach vorn gekämmt, war hier im Finnegan s Hilfskraft, Kellner und Kassierer und dazu der klügste Mensch, den ich je getroffen hatte.

Er wusste nicht Bescheid über mich. Deshalb war sein Ausspruch, dass Finnegan mich für verrückt halten würde, reiner Zufall. Finnegan wusste es natürlich; seine Schwester war meine aktuelle Therapeutin, die mir den Job hier verschafft hatte. Aber keiner der anderen Angestellten - wie zum Beispiel Gus, unser stummer, kettenrauchender Koch - hatte eine Ahnung, und ich plante auch nicht, daran etwas zu ändern.

»Ha, ha«, antwortete ich und bemühte mich, cool zu reagieren. Unterdrück das Verrückte, sagte die leise Stimme in meinem Hinterkopf. Lass es auf keinen Fall raus, Knallkopf.

Ich hatte den Job überhaupt nur deswegen angenommen, weil ich unbedingt normal wirken musste. Und vielleicht auch ein bisschen, weil mich meine Mutter dazu gezwungen hatte.

»Sonst noch Fragen?«, forderte Tucker mich auf, kam herüber und lehnte sich neben mir an den Tresen. »Oder ist der Kreuzzug vorbei?«

»Du meinst die Inquisition. Und ja, sie ist vorbei.« Ich unterdrückte mein Verlangen, den Blick zurück zu den Scheiben wandern zu lassen. »Ich war schon drei Jahre auf einer Highschool - so anders als die Hillpark kann die East Shoal auch nicht sein.«

Tucker schnaubte. »Die East Shoal ist anders als alles. Aber das wirst du ja morgen sehen.«

Tucker war der Einzige, der zu glauben schien, dass die East Shoal nicht der Ort war, wo man unbedingt hinmusste. Meine Mutter fand eine neue Schule eine super Idee. Meine Therapeutin beharrte darauf, dass ich mich dort wohler fühlen würde. Dad meinte, die Schule sei okay, doch er klang so, als wenn ihm meine Mutter gedroht hätte. Und wenn er vor Ort gewesen wäre und nicht irgendwo in Afrika, hätte er mir bestimmt erzählt, was er wirklich dachte.

»Egal«, sagte Tucker. »Unter der Woche ist es hier nachts längst nicht so schlimm wie an den Wochenenden.«

Das stimmte. Es war halb elf und der Diner war tot. Und mit tot meine ich, es war so wie mit dem Gesamtbestand der Beutelratten im spießigen Indiana. Tucker sollte mich darauf vorbereiten, abends zu arbeiten. Die Tagschicht hatte ich bloß während des Sommers gemacht, ein Plan, den meine Therapeutin ausgeheckt und meine Mutter umgehend für gut befunden hatte. Doch wir waren uns einig, jetzt, wenn die Schule losging, sollte ich abends arbeiten.

Ich schnappte mir den Magic 8 Ball, der hinter der Kasse des Finnegan s lag. Mein Daumen suchte nach dem roten Kratzer auf der Unterseite und versuchte, ihn glatt zu streichen, so wie ich es immer tat, wenn ich mich langweilte. Tucker war inzwischen damit beschäftigt, eine Pfefferstreuer-Armee gegen ein feindliches Regiment von Salzstreuer-Soldaten in Stellung zu bringen.

»Es werden trotzdem noch ein paar Leute vorbeikommen«, sagte er. »Seltsame Nachtgestalten. Einmal, da hatten wir diesen total Besoffenen hier - erinnerst du dich noch, Gus?«

Eine feine Rauchwolke kroch durch die Schnellservice-Luke und stieg zur Decke hoch. Als Antwort auf Tuckers Frage vernebelten diverse Zigarettenzüge die Luft. Ich war mir fast sicher, dass Gus Zigarette nicht real war. Und wenn doch, dann brachen wir gerade ungefähr hundert Gesundheitsvorschriften.

Tuckers Gesichtsausdruck verdunkelte sich. Seine Augenbrauen verengten sich und seine Stimme wurde flach. »Oh. Und dann gibt es noch Miles.«

»Miles wer?«

»Er müsste gleich kommen.« Tucker schielte seine Gewürz-Armeen an. »Der kommt immer auf seinem Weg von der Arbeit hier vorbei. Er gehört ganz dir.«

Ich verengte meine Augen zu Schlitzen. »Und warum genau gehört er ganz mir?«

»Das wirst du schon sehen.« Er schaute auf, als zwei Scheinwerfer den Parkplatz erhellten. »Da ist er. Regel Nummer eins: Vermeide jeglichen Blickkontakt.«

»Hä? Ist er ein Gorilla? Sind wir in Jurassic Park? Werde ich angegriffen?«

Tucker warf mir einen ernsten Blick zu. »Die Möglichkeit besteht durchaus.«

Ein Junge in unserem Alter kam zur Tür herein. Er trug ein weißes T-Shirt und schwarze Jeans. In der einen Hand baumelte ein Poloshirt mit dem Logo der Meijer-Supermarktkette. Wenn das Miles war, gab er mir keine große Gelegenheit, Blickkontakt aufzunehmen. Er marschierte direkt zu dem Ecktisch in meinem Bereich und setzte sich mit dem Rücken zur Wand. Aus Erfahrung wusste ich, dass man von dem Platz aus den besten Blick über das ganze Lokal hatte. Aber nicht jeder war so paranoid wie ich.

Tucker beugte sich durch die Schnellservice-Luke. »Hey, Gus, hast du das Übliche für Miles?«

Gus Zigarettenrauch kringelte sich in der Luft, als er den Cheeseburger mit Pommes durchreichte. Tucker nahm den Teller, füllte ein Glas mit Wasser und knallte das Ganze neben mir auf den Tresen.

Ich zuckte zusammen, als ich merkte, wie Miles über den Rand seiner Brille zu uns herüberstarrte. Ein Haufen Münzen lag bereits am Rand seines Tisches.

»Stimmt mit ihm irgendwas nicht?«, flüsterte ich. »Du weißt schon â¦ im Kopf?«

»Auf jeden Fall ist er eindeutig nicht wie wir.« Tucker schnaubte und wandte sich dann wieder der Aufstellung seiner Armeen zu. Er ist kein Kommunist. Er ist nicht verkabelt. Schau auf keinen Fall unter seinem Tisch nach, du Schwachkopf! Er ist einfach bloß jemand, der etwas zu essen will.

Miles senkte den Blick, als ich auf ihn zukam.

»Hi!«, sagte ich und zuckte bereits zusammen, als das Wort über meine Lippen kam. Zu forsch. Ich hustete und checkte dabei die Fenster auf der anderen Seite des Tischs. »Äh, ich bin Alex. Ich werde dich bedienen.« Und ich stellte das Essen und das Wasser auf den Tisch. »Kann ich sonst noch was bringen?«

»Nein, danke.« Endlich blickte er auf.

Etliche Synapsen implodierten in meinem Gehirn. Seine Augen.

Diese Augen.

Sein stechender Blick ließ mich erstarren. Er besaß die blauesten Augen, die ich je gesehen hatte. Und sie waren vollkommen unmöglich.

Es juckte mich in den Handflächen, nach der Kamera zu greifen. Ich musste ihn einfach fotografieren. Ich musste das festhalten. Denn die Befreiung der Hummer war nicht real gewesen, genauso wenig wie Blue Eyes. Meine Mutter hatte ihn nie erwähnt. Weder gegenüber den Therapeuten noch gegenüber meinem Dad oder sonst jemandem. Er konnte nicht real sein. In meinem Kopf schrie ich Finnegan tausend Flüche entgegen. Er hatte mir verboten, noch einmal die Kamera mit zur Arbeit zu bringen, nachdem ich einen wütenden Mann mit Augenklappe und Holzbein fotografiert hatte.

Miles schob mir mit seinem Zeigefinger den Haufen Münzen entgegen. »Das Wechselgeld kannst du behalten«, murmelte er vor sich hin.

Ich schnappte mir das Geld und lief zurück zum Tresen.

»Hi«, ahmte mich Tucker mit krächzend hoher Stimme nach.

»Halt die Klappe! So hat das bei mir überhaupt nicht geklungen.«

»Unglaublich, dass er dir nicht den Kopf abgebissen hat.«

Ich schaufelte das Geld in die Kasse und strich mit zitternden Händen die Haare zurück. »Ja«, sagte ich. »Ich kann s auch nicht glauben.«

 

Während Tucker in seiner Pause nach hinten verschwand, befehligte ich seine Gewürz-Armeen. Gus Zigarettenqualm waberte von der Lüftung angezogen zur Decke empor. Der an der Wand hin und her schwenkende Ventilator ließ die Zettel der Angestellten-Pinnwand flattern.

Nach der Hälfte meiner Rekonstruktion der Ardennenschlacht schüttelte ich Finnegans Magic 8 Ball, um herauszufinden, ob der deutsche Salzstreuer mit seiner Offensive erfolgreich sein würde.

Frag noch mal später.

Nutzloses Ding. Wenn die Alliierten diesem Rat gefolgt wären, hätten die Achsenmächte den Krieg gewonnen. Ich hinderte mich so lange wie möglich daran, noch mal zu Miles zu gucken. Doch schließlich wanderte mein Blick zu ihm zurück und ich konnte einfach nicht mehr wegschauen. Er aß mit steifen Bewegungen, so als ob er sich kaum zurückhalten könnte, das Ganze auf einmal in den Mund zu stopfen. Und alle paar Sekunden rutschte ihm seine Brille die Nase hinunter, worauf er sie wieder nach oben schob.

Als ich sein Glas auffüllte, sah er nicht auf. Während ich einschenkte, schaute ich ihm von oben auf seinen Kopf mit dem sandfarbenen Haar und drängte ihn innerlich dazu, doch bitte hochzuschauen.

Ich war so damit...
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Francesca Zappia lebt im US-Bundesstaat Indiana, studiert Informatik an der University of Indianapolis und verbringt die meiste Zeit damit zu schreiben, ihre Figuren zu zeichnen, und natürlich mit Lesen. >Von der Wahrscheinlichkeit, dass es dich nicht gibt