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Ein Prinz aus Silber und Gold

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
dtv Verlagsgesellschafterschienen am13.03.20201. Auflage
Sie tanzte sich in sein Herz, er nahm ihr die Freiheit ... Zu Ehren des Thronfolgers veranstaltet die Kupferstadt jedes Jahr ein rauschendes Fest. Und wie jedes Jahr sind auch die Steandler mit dabei, ein wanderndes Volk, das nichts mehr liebt als seine Freiheit. Sofija Rea Linn ist ihre Erbin. Mit ihrem atemberaubenden Tambourintanz verzaubert sie den jungen Herrscher, König Lucius - der sie in seinen Palast bringen lässt, damit sie nur für ihn tanzt. Widerwillig stimmt sie zu, seine Königin zu werden, um ihr Volk zu schützen. In Wahrheit hat sie für Lucius nichts als Verachtung übrig - bis sie ihn näher kennenlernt. Doch auch sein Bruder Eric lässt ihr Herz höherschlagen ...

Viviana Iparraguirre De las Casas ist 1994 in Frankfurt am Main geboren. Sie studiert Buchwissenschaft und Theaterwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Neben dem Schreiben sind das Rollkunstlaufen und Tanzen ihre großen Leidenschaften, die sie zu ihrem Debütroman inspiriert haben.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR10,95
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextSie tanzte sich in sein Herz, er nahm ihr die Freiheit ... Zu Ehren des Thronfolgers veranstaltet die Kupferstadt jedes Jahr ein rauschendes Fest. Und wie jedes Jahr sind auch die Steandler mit dabei, ein wanderndes Volk, das nichts mehr liebt als seine Freiheit. Sofija Rea Linn ist ihre Erbin. Mit ihrem atemberaubenden Tambourintanz verzaubert sie den jungen Herrscher, König Lucius - der sie in seinen Palast bringen lässt, damit sie nur für ihn tanzt. Widerwillig stimmt sie zu, seine Königin zu werden, um ihr Volk zu schützen. In Wahrheit hat sie für Lucius nichts als Verachtung übrig - bis sie ihn näher kennenlernt. Doch auch sein Bruder Eric lässt ihr Herz höherschlagen ...

Viviana Iparraguirre De las Casas ist 1994 in Frankfurt am Main geboren. Sie studiert Buchwissenschaft und Theaterwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Neben dem Schreiben sind das Rollkunstlaufen und Tanzen ihre großen Leidenschaften, die sie zu ihrem Debütroman inspiriert haben.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783423437073
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum13.03.2020
Auflage1. Auflage
SpracheDeutsch
Dateigrösse3134 Kbytes
IllustrationenFormat: EPUB
Artikel-Nr.4937719
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Eins

Sofija


Wir Steandler waren Parasiten, die keinen Schaden hinterließen - zumindest bezeichneten wir uns mit einem Augenzwinkern selbst so. Wir waren gern gesehen zu Festtagen, doch sobald diese vorbei waren, nahmen wir wieder die Rolle der Randgestalten ein, die die Welt für uns vorhergesehen hatte. Wir würden nie ein Zuhause finden, einen Ort, wo wir mit all unseren Farben, wallenden Tüchern, Instrumenten und heidnischen Gesängen akzeptiert würden. Wir Steandler liebten unsere Freiheit und unsere eigenen Regeln. Die anderen Reiche, Smaratka im Osten, Friole im Norden, Lealo im Westen und eben Kupfoa im Süden, lebten nach den Regeln ihrer Königinnen und Könige. Ich kannte ihre Gesetze nicht. Aber ich stellte es mir ziemlich öde vor, in ein Korsett gezwängt zu werden, in dem man nicht atmen konnte. An die Regeln anderer hatte ich mich noch nie gehalten. Vielleicht lag es daran, dass ich eine der Erben unseres Volkes war. Vielleicht lag es aber auch an dem Dickkopf, den mir meine Mutter vermacht hatte.

Mein Vater hatte es geliebt, Geschichten von ihr zu erzählen, die sie lebendig werden ließen. So lebendig, dass ich meinte, sie tatsächlich gekannt zu haben, bevor der Wind ihre Asche mitgenommen hatte. Noch heute hörte ich die Reibeisenstimme meines Vaters, die sich mit dem Knistern des Lagerfeuers vermischte, als er von ihr erzählte. Der einzigen Frau, die er jemals geliebt hatte.

Jetzt waren seine Geschichten stumm - und meine Mutter für immer fort.

Geschichten bleiben, sagte Zan Zahray immer, wenn ich mich nach seiner Stimme sehnte.

»Geschichten bleiben, solange es jemanden gibt, der sie erzählen kann.«

Und so lebten ihre Geschichten in mir - Sofija Rea Linn - weiter.

Meine Vorfahren zählten zu den Gründerfamilien des wandernden Volkes, die sich irgendwann als Steandler zusammentaten. Die Familie meines Vaters Rea, die Familie Zahray, zu der unsere Stammesälteste gehörte, und die Familie Lean mit ihrem stolzen Erben Elia.

Die anderen Familien verzichteten auf ihren zweiten Familiennamen. Doch ich hielt die beiden fest zusammen. Als gäbe es endlich keine Distanz mehr zwischen den Menschen, die ich in meinem Herzen trug: Ooley Rea und Lorena Linn.

Jeder Steandler kannte die Geschichten.

Und jeder lebte nach den Prinzipien längst verstorbener Idealisten.

Freiheit war das oberste Gebot.

Freiheit und Familie.

Mein Vater Ooley hatte diese Philosophie bis zu seinem Tod vertreten und ich trug sie im Herzen weiter. Vermutlich würde ich meinen Kindern irgendwann das Gleiche auftragen.

â

Es dauerte nicht lange, bis wir Steine unter die Räder unserer Wagen geklemmt und die Zelte vor ihnen errichtet hatten. Ein leises Raunen wie das des Wasserfalls in Smarakta, der in einen ruhigen See mündete, ging durch die Reihen der tüchtigen Steandler. Sie entluden das Gepäck oder hielten sich am fließenden Wasser auf, um die Tiere zu beaufsichtigen, die gierig das Süßwasser tranken.

Ich ließ die Blicke über unser farbenprächtiges Lager wandern und band eines meiner Tücher an meinen Wagen. Es war blutrot. Die Farbe der Familie Rea, zu Ehren meines Vaters Ooley.

Mein Vater hatte immer gesagt, dass wir die Vielfalt der Nationen repränsentierten. Wir waren das Bindeglied zwischen den vielen Orten, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Das sah ich stetig in den vielen Farben im Wind, wenn wir unser Lager an einem neuen Ort errichteten. Zuletzt waren wir in Friole, dem Eisreich im Norden, gewesen. Anders als hier bestanden die Türme dort aus massivem Eis. Sie rammten ihre langen und krallenartigen Finger in den Himmel, als könnten sie die Wolkendecke brechen, die die Sonne verbarg - vergebens. Stattdessen schneite es ununterbrochen.

Auch wenn die Kälte meinen Schmerz betäubt hatte, war der Gedanke an Friole stets ein scharfes Messer in meiner Brust. Die Kupferstadt stattdessen das Pflaster, das die Wunde heilte. Ich hätte meinen Vater dort nicht zurücklassen sollen, tadelte ich mich, als ich an den Türmen der Kupferstadt hinaufsah. Ich hätte seine Asche hier mit dem Wind ziehen lassen sollen. Hier, wo wir uns schon immer wohlgefühlt hatten.

Ich legte meinen Hut und den Schleier ab und wischte mir den Schweiß von der Stirn. Der Sonntag machte seinem Namen alle Ehre. Es war etwas anderes, sich die legendäre Hitze Kupfoas in Erinnerung zu rufen als sie schließlich wieder am eigenen Leib zu spüren. Ich hoffte, die verwinkelten Gassen der Stadt würden mich nicht ebenso überrumpeln. Oft hatten Elia und ich in ihnen Verstecken gespielt, während unsere Eltern das Geld mit ihren Kunstschätzen und Auftritten verdienten. Und genauso oft hatten wir uns an den gefüllten Geldbeuteln der vermögenden Kupferstädter bereichert. Wenn man erwischt wurde, wurde einem im Namen des Königs ein Finger, wenn nicht sogar die ganze Hand abgehackt. Ich wurde nie erwischt, weswegen Zan Zahray mir den Spitznamen Elster gegeben hatte. Elia hingegen fehlte seit zehn Jahren der rechte Zeigefinger.

Ich erinnerte mich noch an das klägliche Weinen meines Freundes, während die Klinge ihn verstümmelte. Heute war seine fehlende Fingerkuppe sein Markenzeichen. Er prahlte nicht selten damit bei jungen Damen, die ihm schöne Augen machten. In seinen abenteuerlichen Geschichten war immer ein blutiger Kampf schuld, niemals seine eigene Dummheit. Er wusste, wie man die Frauen verführte. Die hübschen Grübchen um seine Lippen taten ihr Übriges, wenn man nicht zuvor schon in seinen grünen Augen versunken war. Elia war schon immer ein unglaublich hübscher Junge gewesen, auch wenn er zu gerne mit den Geschichten in seinem Gesicht spielte. Damit hatte er mich oft zur Weißglut getrieben.

Doch dann hatte er sich verändert. Er hatte sich mir entfremdet.

Wir verbrachten unsere Abende immer seltener damit, zusammen um die glühenden Flammen des Lagerfeuers zu tanzen. Er hörte auf, mich zu fragen, ob ich gemeinsam mit unseren Vätern auf die Jagd gehen wollte.

Ich hatte mich lange gefragt, warum, auch wenn die Stammesälteste meinte, eine ganz einfache Erklärung dafür zu haben: Er war ein Mann und ich eine Frau. Und er hätte ein Auge auf mich geworfen.

Sicherlich wäre diese Vereinigung bei vielen der Steandler gern gesehen.

Doch was genau würde dann geschehen? Wer würde dann mein Erbe weitertragen? Das Erbe der Familie Rea, das ich so gerne als rote Farbe an meinem Leib trug?

Während ich meinen Gedanken nachging, folgte ich dem Lauf des Flusses. Ich setzte mich, abgelegen von den anderen, auf einen Felsen am Ufer und hielt die Füße ins Wasser. Es war klar und rein, wenn auch ein beißender Metallgeruch mit der Kühle an mich herangetragen wurde. Früher hatte ich mit meinem Vater hier gesessen und die Türme der Kupferstadt bewundert, die sich so herrlich im späten Sonnenlicht wärmten und in ihm funkelten. Ja, sie funkelten, als bestünden die hohen Dächer aus Sternen, die unsere Nächte erleuchteten.

Ich seufzte, als sich das gewohnte Ziehen in meiner Magengrube bemerkbar machte. Es fühlte sich an wie ein Messer, das langsam und qualvoll in meiner Mitte verschwand.

Der Verlust meines Vaters hatte mich schwer getroffen. Und es war das erste Mal, dass ich allein auf diesem Felsen saß und schweigend den Anblick genoss - ein stummes Ritual, das wir zelebriert hatten, seitdem ich mich erinnern konnte. Ja, ich hätte seine Asche mitnehmen sollen.

»Woran denkst du?« Zan Zahray hatte sich mir genähert und sah mit betrübter Miene auf mich hinab. Ihre Geschichten waren in tiefen Falten in ihre Haut gebrannt. Fast schon so, als wären ihre Linien Bilder von dem, was sie in den vielen Jahren erlebt hatte. Ich wandte den Blick ab und sah meinen Füßen zu, die im klaren Wasser auf und ab tanzten, ohne die Wasseroberfläche zu berühren.

»Ich habe nachgedacht«, erwiderte ich.

»Und worüber?«

Zan Zahray ließ nie locker. Wenn sie etwas wissen wollte, dann war sie hartnäckig. Traurig schmunzelnd stellte ich fest, dass sich dies wohl niemals ändern würde.

»Ich habe an Vater gedacht«, sagte ich also wahrheitsgemäß und wappnete mich für den Stich, der sich in meiner Magengrube ankündigte. Nur ein kleines Messer, dachte ich. Es schmerzt wie ein kleines Messer, das sich in meine Mitte drückt.

»Es ist das erste Mal, dass ich die Kupferstadt ohne ihn bereise. Es ist komisch, verstehst du?«

»Ja, das kann ich verstehen«, sagte Zan Zahray und ließ sich schwerfällig neben mir nieder. Auch sie hob ihren langen Rock an, um die alten, schrumpeligen Füße neben mir im klaren Wasser verschwinden zu lassen.

»Es ist immer schwer, Menschen loszulassen, die wir lieben. Doch, kleine Elster, das ist nun mal der Lauf der Natur. So war es schon immer. Die Welt atmet dich aus und dann atmet sie dich wieder ein. Ganz natürlich.«

Ich schätzte Zan Zahrays weise Worte. Nicht selten, weil sie recht damit hatte. Doch leider ließ sich der Sturm in mir nicht milde stimmen.

Ich war nun auf mich allein gestellt. Die letzte Erbin der Familie Rea, die diesen Stamm zur Zeit des hundertjährigen Krieges formiert hatte. Ich hatte eine ganz andere Last zu tragen als Zan Zahray, die sich dieses Erbe mit den Geschichten in ihrem Gesicht verdient hatte. Sie hatte keine Erben hinterlassen. Ihr Geist würde auf ewig in unseren Reihen spuken, wenn sie von der Welt eingeatmet werden würde.

Meine Geschichten waren siebzehn Jahre alt. Mein Gesicht hatte das wahre Leben noch nicht wirklich kennengelernt. Ich erinnerte mich an Geschichten der schlimmen Jahre des Krieges, wo die Steandler als Barbaren bezeichnet, gejagt und ermordet wurden. Wie sollte...
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Autor

Viviana Iparraguirre De las Casas ist 1994 in Frankfurt am Main geboren. Sie studiert Buchwissenschaft und Theaterwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Neben dem Schreiben sind das Rollkunstlaufen und Tanzen ihre großen Leidenschaften, die sie zu ihrem Debütroman inspiriert haben.
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Iparraguirre de las Casas, Viviana